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Wcchcnlljch erscheinen drei Nummern. PrLnumerciions- Prcis 22 j Sgr. (^ Thlr.) vicnetjihriich, Z Thaler für daS ganze Jahr, ohne Er höhung', in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man pränumcrirt auf diese« Beiblatt der Allg-Pr. Staats- Zeitung in Berlin in der Expedition (Mohren - Straße Nr. 34); in der Provinz so wie im AuSlande bei den Wohllöbl. Post-Aemtcrn. Literatur des Auslandes. LS. Berlin, Mittwoch den 8. Mai 1833. Ostindien. Der König" und sein Minister. Scrnrn aus einem Indischen Drama. Von Ö. Milmans. Herr O. L. B. Wolff iheilte in seiner Uebenetzung des Hieskre ob kli« liinckus (Weimar, 1829 u. 31. 2 Bde. 8.) von den 6 durch Wlisou übertragenen Schauspielen nur 4 mil. Sctldem find die Indischen Texte zu Kalkutta gedruckt, und nun schien cs mir von doppeltem Interesse, dem Publikum auch die beiden anderen Stücke in einer getreuen Ucdersetznng aus der Ursprache vorzuiegen, ihres inneren Wcrthcs wegen, Und um den des Sanskrit unkundigen Deutschen Leser aus den Standpunkt zu versetzen, rin entschiedenes Unheil über die Mlson'schc Bearbeitung und damit, als dem Haupt- Dalum sür Indische dramatische Poesie, auch über diese insgesamml fällen zu können. Denn Wilson ist der Untreue beschuldigt, und nicht Lanz mit Unrecht, da er mehr ausirägl als überträgt, mehr als Dichter sich zeigt, denn als Ucbcrsetzer. Namentlich Hal er, ohne den Leser zu warnen, die ganze äußere Gestalt der Dramen verwischt, ein großer Mißgriff, da gerade hierin die Indier sich in allen Dichtungs- Zweigen als vom feinsten Knnstgcfühl geleitet beweisen, so daß wir Formen, die heule als Neuerungen gepriesen werden, mir Erstaunen in 2000 Jahre alten Werken wicdcrfindcn. So ward ^neuerdings durch Tsgncr, Grün, u. A., vermöge der Mischung epischer, lyrischer und dramatischer Elemente, unser sür das Epos" fast abgestorbener Geschmack wiederum gereizt-, und ganz Achnllckem begegnen wir in Indien. Hier treffen wir schon in den ältesten Hcldcii-Gedichtc» zwei Maße ei» ruhigeres sür die mehr erzählenden Stellen, ein hr^N sendes kriegerisches sür aufgeregtere Zustände, beide z. B. aus das glücklichste gemischt in Draupad'i, Savitri, (herauSg. von Bopp, in letzterem Gedicht tritt auch das dramatische Prinzip bedeutend hervor von S. 25 — 33) und anderen. Das spätere Kunst-Epos aber bleibt dabei nicht flehen; neue rein lyrische Meira werden in seinen Kreis aus genommen, und so aus anmuthige Weise selbst ein starrer Stoff, wie z. B. in Naghnvansa, heiler belebt. Ganz gleich das Drama; an die Prosa als Grundfarbe im Vordergründe reihen sich je nach den verschiedenen Stimmungen verschiedene lyrische und epische Maße als Nebentinten, dazu im Munde der gebildeten Männer das stolze Sanskrit mit seinem harmonischen Wechsel von Konsonant und Vo kal, im Munde der Weiber und niederen Stände das zarte Prakrit, eine Sprache, deren Milde alle konsonantische Weichheit aus den mannigsaliigen Italiänischcn Dialekten, verschmolzen mit der vokali schen Süße des Portugieflschen, nicht erreichen würde, und diese Sprache wieder in seinen Schattirungen je nach Stand, Bildung und Vaterland der Sprechenden — so bildet sich das bewegteste zwar, aber auch treueste Gemälde östlichen Lebens, denn nicht als Un- nalnr erscheint hier der Vers, da dem Orientalen sehen Augenblick scv es ein alter, scy es ein improvistner Dichter-Spruch zu Gebote steht. So wird der Natur und der Kunst gleichmäßig ihr Recht, und wenigstens der Form nach fleht das Indische Drama einzig da. Wilson hatte willkührlich, der eingesührten Englischen Weile fol gend, den Personen durch das ganze Stück entweder Prosa oder Verse zugethrill; in den zwei von mir übersetzten Dramen habe ich, aus ihr inneres Wesen mich stützend, zwiefach verfahren. Im ersten (des Ministers Siegel), wo auch im Original größere Einfachheit in den Meircn herrscht, die Sprache stolzer und kräftiger einhcrschrciiet, bediene ich mich, außer in einigen rein lyrischen Stellen, abwechselnd des 5 und flfüßigcn Jambus, dagegen suche ich im zweiten (Ra mas Leben) dem bewegten Wogen lyrischer Maaßc entweder in glei chen oder entsprechende» mich möglichst getreu anzufchmiegen, denn sie ganz bkizubchallen, weigert sich cheijs unser Ohr, khcils unsere Sprache wegen der überwiegenden Anzahl kurzer Silben im Sanskrit. Des Mi nist"S Siegel, dem die mitzulhriiende Probe emtehnt ist, steht an lyrischem Schwung den Dramen Kalidasa's weu nach, aber vor allen bekannten Stücken der Indier zeichnet es sich ans durch scharfe Eharakicristik. Mit welch' markigem Pinsel hat der Dichter schon in diesem Bruchstück den ehernen gewaltigen Priester Tschanakya, den schwachen bigotten Fürsten, den ängstlich geschmei dige» nach Art des Alters mit allgemeinen Maximen um sich wer fende» Höfling gemalt! Es ist ein ächt historisches Schauspiel und gewährt als solches die reichste Ausbeute sür Sittengeschichte, die verborgensten Tiefe» des öffcnilichcn Lebens werden uns en'ichleiert, die geheimsten Fäden de- seinen Gewebes, womit Indische Hierarchie Volk und Fürst umsponnen, liegen klar vor unseren Augen. Zugleich ist es eine wichtige Quelle für ein bedeutendes Ereigniß, wo sich zu erst die Autoren des Westens und Ostens die Hände reichen, und das dem Gebäude Indischer Geschichte, wenn cs sich je erheben soll, zunächst als Grundlage dienen muß. Der Brahmane Tschanakya (auch Kautilva) hatte dem Fürstcn- Hause der Nandas, als Rache für eine von iyncn erlittene Schmach, den Untergang geschworen, und durch ihn ward mit Hülse des Par- waiaka, eines nordischen Fürsten, dem dafür ein bedeutender Theil des Reiches verhießen war, nach jener Vertilgung Tschan- dragupta (auch Maurya ober Wrischala, bei den Griechen Sandrakepio«) aus den Thron erhoben. Um jenem Versprechen zu entgehen, wurde Parwalaka ermordet, aber sein Sohn Malaya- kctu entfloh; zu ihm begab sich der erfahrene treue Minister der Nandas, Rakschasa, und dem neuen Herrscher erstand in ihnen ein gewaltiger Gegner. Diesen Rakschasa, dessen Treue fast sprüchwört- lich geworden, den erbitterten Feind Tschandragupta'«, nicht etwa zu unterdrücken, »ein, zu versöhnen, das ist die'Intrigue, an deren Faden das Stück hinglcilct. Beide Minister agiren gegen einander, wie zwei geschickte Mineure, aber zuletzt gelingt es dem überlegenen Geiste Tscbanakya's, jenen mit seinem Listen,setze so zu umgarnen, daß er, vereinsamt, a» seinem edelsten Gefühle, der Freundesliebe, angegriffen, endlich, als Opfer für einen gefährdeten Freund, sich ihm in die Arme wirft. — Der Abfall der Beamten, deren Erwäh nung geschieht, und der Bruch mit Tschandragupta, der den Haupt- Inhalt des milgciheiltcn Akts bildet, sind nur Verstellung, um zu diesem Ziel zu gelangen. Dritter Akt. (Vor dem Suganga-Palast z» Kusumapura.) Ein Kammerhcrr Tschandragupta's tritt auf. K a m m erhcr r. Erstorben ist den Sinnen, die der Wollust einst Stoff brachten von der Außenwelt, die Reizbarkeit; Die Glieder, incincm Willen sonst gehorsam, sind Erstarrt,, der Fuß ward gleichsam aus das Haupt gesetzt, Dir, meine. Lust, vom Älter; fruchtlos rasest du. Ho! ho! Ihr Hüter des Suganga-Palafle«, Fürst Tschandragupta wohlerwählten Namens entbietet Euch: Die durch das große Herbst, fest verherrlichte Blumenstadt wünsche ich mir anzusehe», drum müssen die Gemächer auf dem Palast meines Blickes würdig geschmückt wer den. Wick Was sag! Ihrs „Dcm Herrn ist also Fürst Tscha»- dragupta's Verbot der große» Hcrbstscier unbekannt k" O, Ihr Schicksalsgeschlageucii, was bedeutet solch' lebenraubender Rede schwalls Ans! Die Säulen, mit Gewinden prangend, strotzend von Des Weihrauchs Dust, umschlinge schnell der Fächer Pracht Mit Hellem Lichte, gicich des Vollmonds Strahlenkranz; Die Erde, vor dem Schreckensbild des Löwenthrons In langen Starrkramps hingesimken, wecke jetzt Zn neuer Lust des Sandclwasscrs blum'gcs Naß. Was sagt Ihrs „Wir eilen schon." Gut, eilt Ihr Herren, denn dort nabt schon Tschandragupta. Der Erde Last, die mächt'ge, die so lange Mit kräsl'gcn Gliedern das gewalt'ge Thier»), Nie wankend, selbst auf steilem Weg, erhob, Hal Er, ein Jüngling »och von Jahren, muthig Sich ansgebürdct, und im Iugrndmulh, Wenn schwankend gleich, erliegt er nie dem Schmerz. (Hinter der Bühne.) Diese» Weg, o Fürst- (Der König und eine Dienerin treten «us.) König. (Leise.) Der Tbron ist sür den Fürsten, der ganz der Erfüllung seiner Königlichen Pflichten lebt, ein wahrer Sorgenplah. Dcn» eigner Vortheil zwinget ja den Fürsten Den Vortbeil Andrer stets nur ausznsühren, Und der nur ist ein wahrer Fürst zu nennen, Der seinem eignen Vortheil stets entsagt; Doch wem der Vortheil Andrer höher fleht Als eigner Vortheil, der ist Andrer Diener, Und wie vermag ein Mann, der Andern frohnt, Der Freude Vorgeschmack nur je. zu kostens ') Die Indier denken sich di« Erd« von einem Elephanten gewogen.