Volltext Seite (XML)
WglläMäicr Anzeiger. Amtsblatt für das Königliche Bezirksgericht zu Plauen, sowie für die Königlichen Gerichtsämter und Stadträthe zu Plauen, Pausa, Elsterberg, Schöneck und Mühltroff. DreiulWekenzigfler Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Moritz Wieprecht in Plauen. Diese- Blatt erscheint wöchentlich viermal, und zwar Dienstag«, Mittwochs, Donnerstag« und Sonnabend«. Jährlicher Ubouuemeut-Prei«, welcher vrL»«M»- zu entrichren ist, auch bei Beziehung durch die Post, 1 Thlr. 26 Ngr. — Annoncen, die bis Vormittags 11 Uhr eingehen, werden in die Tag« darauf erscheinende Nummer aufgenommen, später eingehende Annoncen finden in der nächstfolgenden Nummer Aufnahme. — Inserate werden mit 1 Nar. für die gespaltene Lorpus-Zeile berechnet. Einzeilige mtt 2 Ngr. — Für die auswärtigen König!. GerichtSämter und Stadträthe, für welche der Boigtländische Anzeiger Amtsblatt ist, bestehen die Geschäftsstellen in Pansa bei Herrn Bürgermeister Lehmann, in Elsterberg der Herrn E. A. Diezel, in Schöneck bei Herrn Eduard Meyer, in Mühltroff bei Herrn Lhaufseegelder-Ejuaehmer Holzmüller. Donnerstag. 20. Februar 1862. Könnte die Einheit Deutschlands mittelst Papier gefördert und hergestellt werden, so wäre sie wahrscheinlich in den verflossenen Tagen fertig geworden, denn Noten und Staatsschriften flogen da hinüber und herüber, wie Flocken im Schneesturm, und die Zeitungen hatten zu setzen und zu drucken, was das Zeug hielt, so daß die Pressen ächzten und stöhnten, um die vielen schriftlichen Ausarbeitungen der Herren Diplomaten und Minister an die große Glocke zu bringen uud zu verbreiten, soweit die deutsche Zunge klingt, und noch ein tüch tiges Stück Weges darüber hinaus. Aber leider! will es scheinen, als ob durch das viele Schreiben und Drucken eher die deutsche Uneinigkeit gefördert werde ; wenigstens hat auf die von uns erwähnte Schrift Oesterreichs und der deutschen Mittelstaaten an Preußen, worin geschrieben stand, aus einer Preuß, diploma tischen und militärischen Führerschaft Preußens und einem deutschen Bundes staat könne nun und nimmermehr etwas werden, Preußen flugs geantwortet und erklärt, zu einer Verwahrung gegen die Preuß. Absichten liege kein Grund vor, eine Verbesserung, wie sie Oesterreich und die Mittelstaaten anstrebten, sei nicht auszuführen und Preußen werde auch nicht mit über eine solche Verbesserung berathen. Wie uns scheinen will, ist Preußen durch die gemeinschaftliche Er klärung Oesterreichs und der Mittelstaaten überrumpelt worden; es hatte sich so etwas nicht träumen lassen. Daher auch der ziemlich scharfe Ton der Preuß. Erwiderung und selbst der Preuß, amtlichen Zeitung, während die freisinnigen preußischen und preußisch-bundesstaatlich gesinnten Blätter Feuer gegen Oester reich und die Mittelstaaten speien. Da ist von nichts Geringerem die Rede, als Preußen müsse schleunigst das Königreich Italien anerkennen, seine Truppen in Kurheffen einrücken lassen und dort die Verfassung von 1831 wieder Her stellen, aus dem deutschen Bunde treten rc., das sei die richtige Antwort auf die österreichisch-mittelstaatliche Erklärung. Die äußersten demokratischen Blätter in Preußen kommen dabei auf ihr altes Thema zurück, daß erst im preußischen Ministerium selbst reine Wirthschaft gemacht, der aus der Manteuffelschen Zeit noch stammende und dieser gesinnungsverwandte Theil des Ministeriums (v. der Heydt, Roon rc.) ausgemerzt, ein vollständig freisinniges Ministerium hergestellt, das Herrenhaus (1. K.) von den Junkern gereinigt, wohl gar abgefchafft werden müsse rc., dann erst könne Preußen moralische Eroberungen in Deutschland machen rc. Genug, es brennt an allen Enden rothenloh, und wir können nicht absehen, wie so gänzlich widerstrebende Ansichten geeinigt werden sollen. Unter dessen geht der bisherige Zustand der Dinge in Kurheffen seinen Gang. Den zwei Landtagsabgeordneten, die für die Regierung gestimmt haben, hat diese die Diäten und Reisekosten auszahlen lassen, die andern 44 haben nichts bekommen. In manchen Orten, z. B. in Hanau, fing man an, die Steuern zu verweigern, so daß Militär mit Gewalt auspfänden, Schränke erbrechen mußte rc., und Kladdaradatsch witzelt, in Kurheffen brauche man nicht mehr feuer-, sondern steuer feste Geldschränke! Auf dem Preuß. Landtage hob man bei der Ver handlung über die kurheff. Frage besonders hervor, daß es 1850 bei Bronzell und später in Ollmütz nicht allein um die Beseitigung der kurheff. Verfassung von 183 l, sondern ganz besonders um die Demüthigung Preußens sich gehan delt habe, dieß solle jetzt wieder so werden rc. Genug, uns scheint, der Riß zwischen Preußen und Oesterreich sei weiter uud klaffender, als je. Dieß wäre aber eben kein sonderlich erfreuliches Ergebniß der jüngst verflossenen Tage. viFilantibus sunt sorixta, d. h. auf Deutsch: Gesetze und Rechte sind für die, welche sie achtsam benutzen. Unter Hunderten ist aber günstigen Falls Einer, der das Gesetz- und Verordnungsblatt liest, und unter denen, die es lesen, giebt's wieder Manche, die das Gesetz nicht verstehen und emsehen, also — auch nicht darauf achten und nicht Gebrauch davon machen. So ist kürzlich, am 30. Dezember v. I., in unserem Vaterlande ein neues Gesetz er schienen, das den nächsten l. März in Kraft tritt und das Rechtsverfahren in Prozessen oder Rechtsstreitigkeiten abkürzt, vereinfacht und weniger kostspielig macht. Bisher vererbte mancher Advocat manchen Prozeß, wenn auch nicht seinem Urenkel, doch nicht selten seinem Sohne, ohne daß er daran schuld war; denn das ganze Rechtsverfahren nahm sich entsetzlich viel Zeit, die Fristen waren lang und zahlreich, dadurch aber zerrte sich ein Prozeß Jahre lang hinaus und kostete verzweifelt viel Geld, selbst wenn es sich nicht gerade um Tausende von Thalern handelte. Diesen Uebelständen soll und wird freilich erst eine neue Ordnung für den bürgerlichen Prozeß gänzlich und gründlich abhelfeu; da diese aber immer noch nicht zu Stande ist^ so ist unterdessen obiges Gesetz erschienen, das vorläufig dasselbe thut und nützt. Weil es aber, wie gesagt, erst der Hundertste liest und der Zehnte versteht, so wollen wir versuchen, unsern Lesern dasselbe nach Kräften deutlich zu machen. Zuerst ist die Summe für den sogenannten Bagatellprozeß oder kleinere Schuldforderungen erhöht. Bisher war Bagatellforderung, was sich auf höchstens 20 Thlr. belief; künftig ist dieß jede Forderung bis 50 Thlr. Kommt nun in einem Rechtsstreite (vom 1. März an) über eine solche Bagatellforderung gleich im ersten Termine ein Vergleich zu Stande, so haben die Gerichts- ämter dann von den streitenden Parteien gar keine Gerichtsgebühren zu fordern, nur baaren Verlag, Botenlöhne und Bestellgebühren müssen die Parteien bezahlen. Wer freilich dazu einen Advocaten nöthig hat, muß diesen bezahlen, und wer Unrecht behält im Prozeß, kann auch nach Befinden der Gegenpart die Prozeßkosten zurückerstatten müssen. In solchen Bagatellsachen darf der Advocat, wenn der Streitgegenstand nicht mehr als 20 Thstr. Werth hat, nicht mehr als 20 Ngr. bis zur Bescheidsertheilung verlangen; beträgt aber der Streitpunkt zwischen 20 und 50 Thlr., so kann er die Hälfte des niedrigsten Gebührensatzes liquidiren, der in wichtigen Rechtssachen gestattet ist. Außer den Bagatellsachen giebts nun auch noch geringfügige Rechts sachen. Das waren bisher solche, die einen Werth von nicht über 50 Thlr. hatten, oder wenn es sich um Lasten und Leistungen handelte, die sich taxiren ließen, und deren Nutzen nicht über 2 Thlr. jährlich abwarf. Weil nun der streitige Gegenstandswerth in einem Bagatellprozeß von 20 auf 50 Thlr. er höht worden ist, so mußte der Gegenstandswerth in geringfügigen Sachen auch erhöht werden, und so ist denn vom 1. März an eine germgfügige Rechtssache eine solche, in der es sich um eine Geldforderung bis zu 100 Thlr., oder eine Leistung von jährlich bis zu 4 Thlr. handelt. In diesen Streitsachen bleiben aber Stempel- und Gerichtskosten, wie sie bisher waren, auch darf der Advocat in solchen Sachen eben so liquidiren, als wenn eS wichtigere wären. Das Gesetz vom 30. Dezember 1861 hat aber nicht bloS den kleinen Leuten uud kleinen Geldforderungen Erleichterung verschafft, eS hat auch in größeren Rechtssachen Abkürzungen in der Zeit geschafft. Denn bisher Advocat und Gerichtsamt 6 Wochen und 3 Tage Zeit ließen und hätten, um eine Schrift einzureichen rc., sind ihnen jetzt nur 3 Wochen gestattet. Zur