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MdMerÄRbla« Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend Postscheckkonto Leipzig LS 614 Skjcheim lägttch ml! Ausnahme der Sonn- und Festlage nachmittag« r Uhr für den folgenden Tag. Bezugspreis bei «eldflabhoiung monatlich 4 MH, durch unsere Austräger zugetragen in der Stadt monatlich 4.40 MI., auf dem Lande 4^0 MI., durch die Post bezogen vierteljährlich ir MI. ohne Zustellungsgebühr. Alle postanstaltcn und Postboien sowis unsne Austräger und Geschäftsstelle nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. Zm Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Bezieher leinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Erscheint seit Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger und Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke» beide in Wilsdruff. 79. Jahrgang. Nr. 233. Freitag den 8. Oktober 192V. Amtlicher Teil. FleifchversorMug. Vom 1. dieses Monats ab hat die Zwangsbewirtschaftung des Frischfleisches aus gehört. Damit kommt die bisherige Verteilung einer bestimmten Kopfmenge Frischfleisch in Wegfall. Der Kommunalvsrdand wird aber bemüht sein, auch weiterhin eine gewisse Menge Auslandsfleisch oder Wurstkonservsn sicherzustellen. Der Bezug erfolgt auf den bisherigen Fleischbezugsschein von demjenigen Fleischer, bei dem dis Verbraucher bisher zur Kundenliste angemeldet waren. Auf die verteilte Menge hat jeder Verbraucher Anspruch. Für die Woche vom 4. bis 10. Oktober werden 125 Rindergefrierfleisch verteilt, soweit diese Menge nicht bereits in der vorigen Woche über die festgesetzte Wochen- menge von 125 8 mit ausgegeben worden ist. Der Preis des Rindergefrierflsisches beträgt 9,25 Mark für das Pfund. Dis zur Verteilung gelangenden Mengen Auslandsfleisch — Carned beef, Wurst- konserven und Rindergefrierfleisch — werden auch künftig wöchentlich bekanntgsgeben werden. Meißen, am 6. Oktober 192V. Nr. 597 III.. iri Kommunalverband Meißen-Land. Grumbach. Die diesjährigen Nacheichungen, bei denen alle Wagen, Gewichte und Meßgeräte vorzulegen find, finden im hiesigen Gasthofe zu folgenden Zeiten statt: Hausnummern 1 bis 10 Montag den 11. Oktal )sr vormittags 8 bis 9 Uhr 11 , 20 , , , „ , 9 „ 10 , 21 , 30e , , , „ „ 10 , 11 , 3! , 4V , , , , , 11 „ 12 , 4l , 50 , „ , , nachmittags 2 , 3 , 5l , 60 , „ „ „ , 3,4, 61,70 ,, , 4,5, 71 , 80 , , , , , 5,6, 81 „ 90 Dienstag den 12. „ vormittags 8 , 9 „ 91 , 100k „ , , , , 9 , 10 , 101 , 110 , , , , , 10 , 11 , 111 , 120 , „ , , , 11 , 12 , 121 , 130 „ „ , „ nachmittags 2 „ 3 „ 131 , 140 „ , , , , 3,4, 141 , 151 , , , , „ 4,5, Für ortsfeste Gegenstände erfolgt die Nacheichung Mittwoch den 13. Oktober 1920 vormittags von 8 bis 12 Uhr und nachmittags von o /,2 bis ^4 Uhr. Die Besitzer der letzteren Haden die Gegenstände bis Sonnabend den 9. Oktober im Gemeindeamts an- zumelden. Versäumnis wird bestraft. Grumbach, am 7. Oktober 1920. Der Gemeindeoorftand. irr Kleine Zeitung für eilige Leser, * Oberschlesien soll, wenn die Abstimmung günstig für Deutschland ausfüllt, Autonomie erhalten. * Der Reichstag wird voraussichtlich am 1d. Oktober wieder zusammentreten. "Der Geschäftsordnungsausschuh.des bayerischen Land tages bat einen Antrag der Unabhängigen auf Freilassung des wegen Hochverrats verurteilten kommunistischen Abgeord neten Eisenberger mit allen gegen sechs sozialistische Stimmen abgelehnt. * Lloyd George besteht auf der Wiedergutmachung^ ikonferenz in Genf und lehnt alle anderen Vorschläge ent schieden ab. * Der Eröffnungssitzung des Völkerbundes in Genf wird der frühere belgische Außenminister Hymans präsidieren. * Nach einer Meldung aus Riga ist zwischen Polen und Rußland ein Vorfrieden unterzeichnet worden. GtaaisauLorM. Von Deutschen, die im Ausland gewesen sind, in den : Ländern der ehemaligen Kriegsgegner nicht minder wie in den im Kriege neutral gebliebenen, hört man immer wieder die auffällige Tatsache, daß das Vertrauen in Deutschlands Zukunft, zu seiner wirtschaftlichen und politischen Auferstehung, dort erheblich stärker ist als bei uns im Lande selbst, wo uns so manche Zerfalls-und Zersetzungserscheinungen täglich auf der Seele lasten. Das stärkere Vertrauen des Aus landes auf unsere Wiederaufrichtung scheint vor allem darauf zu beruhen, daß man sich dort, aus der Überlieferung der Vorkriegszeit, die deutsche Staatsautorität immer noch er- i Heblich stärker vorstellt als sie uns selbst erscheint. Wir wissen, wie bedauerlich und wie tief sie gesunken z ist. Zu einem nicht unwesentlichen Teil ist dieser Verfall älter als die Revolution. Die Zwangswirtschaft, die der Krieg und die Blockade mit ihrem Mangel an Lebensmitteln und Rohstoffen an sich erforderten, hat schon damals zum Sinken der Staatsautorität beigetragen, weil niemand, selbst mit dem besten Willen, in der Lage war, allen diesen Zwangsgeboten und Verboten zu entsprechen, wenn er nicht verhungern wollte. Die einen lernten mit Vergnügen, die andern mit Bedauern dem Gesetz ein Schnippchen zu schlagen, geschehen ist es aber überall, und das Ansehen des Staates, der täglich neue Gesetze und Verordnungen erließ, die nur zum Teil oder gar nicht befolgt wurden, litt schon damals darunter. Die Regierungen, die nach der Revolution kamen, erst die der Volksbeauftragten, dann die sozialistisch geleiteten Ministerien der Nationalversammlung, mußten froh sein, zu lavieren und durch Nachgeben gegenüber allen möglichen Anforderungen und Ansprüchen schwerere Verwicklungen zu vermeiden. Aber trotz aller Verfallserscheinungen braucht man jedoch die Widerstandskräfte der gewohnten Ordnung und der staatlichen Autorität nicht zu unterschätzen. Z. B. hat gerade der.Kapp-Putsch und seine Überwindung gezeigt, wie stark die Hinneigung der Deutschen zur Ordnung, sei es auch einer Ordnung revolutionären Ursprungs, ist. Als Reichstagswahlen vom 6. Juni dieses Jahres das zahlenmäßige Übergewicht der bürgerlichen Elemente an den Tag gelegt hatten, konnte die neu gebildete bürgerliche Regierung, trotz ihrer schmalen parlamentarischen Dans daran denken, die Staatsautorität wieder entschiedener zu pandhaben. Nicht nach außen, wo der Gewaltfriede von Verchmes seine notwendige Folge in dem Diktat von Spa hatte, aber doch nach innen, wo ungesetzlicheEingriffe und Über griffe immer entschiedener abgewehrt worden sind. Das gilt vom Reiche wie von einzelnen Ländern. Als vor kurzem in Stuttgart und Umgegend der Kampf gegen den gesetzlichen Steuerabzug ausgenommen wurde, der sich dann zu einem Kampfe um die Macht in der Wirtschaft überhaupt und im j Staate auszuwachsen schien, da hat die Entschiedenheit der ; württembergischen Regierung obgeflegt. An der voll ein- l gesetzten Autorität der Staatsregierung ging der Streik ver- ! loren. Die Forderung der Eisenbahner auf Kontrolle der z Munitions- und Waffentransporte fand die Reichsregierung zunächst nachgiebig. Dann stärkte die Ausschreitung von Erfurt, wo ein Waffentransport der Entente unter größter Gefährdung unserer Beziehungen zum Auslande vernichtet wurde, der Reichsregierung den Rücken. Auch hier genügte entschlossene Festigkeit, um unberechtigte Ansprüche zur Seite zu schieben. Es darf gehofft werden, daß, wenn auf diesem Wege fortgeschritten und jeder gesetzwidrige Eingriff irgend welcher Kreise und Parteien immer zurückgewiesen wird, die Autorität des deutschen Staates eine wesentliche Stärkung ersahren wird. Von dieser Stärkung hängt unsere Wieder genesung nicht zum wenigsten ab. Die Hebung der Staatsautorität ist das dringendste Er fordernis auch für die Erhaltung der Einheit des Reiches. Schon murrte der Süden allzu lebhaft gegen den Norden, gegen Preußen, gegen Berlin. Schon konnten Pläne wie die Abtrennung der Rheinlande vom Reich, wie die Bildung eines katholischen süddeutschen Staates mit Einschluß von Österreich ernsthafte Erörterung und Beachtung finden. Sie kamen nicht von innen, sondern von außen: sie find dazu erdacht, den Franzosen die Beherrschung eines willenlos zersplitterten Deutschlands zu sichern, wie in den Zeiten des Rheinbundes und Ludwigs XIV. Der demokratische Abgeordnete und vormalige Reichsminister Schiffer hat neulich nachdrucksvoll darauf hingewiesen, wie sehr solche Abtrennungsbestrebungen durch ein Wanken der Staats- autorität gefördert und wie sie durch ihre Befestigung zu wesenlosen Schemen werden. In der letzten Zeit taucht wieder ein neuer Plan vom gleichen Ursprünge auf: die Lostrennung Oberschlesiens von Preußen und womöglich auch vom Reiche, seine Ausgestaltung zu einem selbständigen Pufferstaat zwischen Deutschland und den slawischen Rand staaten. Der Plan hat keinen anderen Zweck, als unsere Nachbarn im Westen gegen ein ihnen unerwünschtes Er gebnis der Volksabstimmung im Voraus zu sichern. Er konnte nur auf dem Boden der erschütterten Staats autorität erwachsen und Anhänger finden. Oberschlesien ohne das Reich ist ein haltloses Gebilde, das rettungslos polnischen, französischen, englischen Einflüssen anheimfallen würde. Selbst, wenn eine künftige Neugestaltung des Reiches zum Verzicht auf den alten preußischen Rahmen, zur Ein teilung des Reiches in eine Anzahl selbständiger Stammes und Wirtschaftsdezirke führen sollte, so bliebe immer noch Oberschlesien mit dem übrigen Schlesterlande durch Über lieferung, Sitte, Sprache und Wirtschaft aufs engste ver bunden. Daß der Gedanke ausgesprochen werden konnte, liegt an der Schwachheit der preußisch-deutschen Staats autorität gegenüber der fremden Zwangsverwaltung und dem polnischen Aufruhr. Wenn diese Autorität sich wieder durchzusetzen vermag, und die Anzeichen dafür find vor handen, so wird der Versuch der Abtrennung Oberschlesiens ebenso ein reines Hirngespinst bleiben, wie die Lockung der Franzosen auf Losreißung West- und Süddeutschlands. (7. X. Eine Abfuhr! Lloyd George gegen Belgien und Frankreich. In wenigen Wochen soll bekanntlich in Genf die soge nannte Wiedergutmachungskonferenz zusammentreten mit der Aufgabe, die Verpflichtungen Deutschlands gegenüber der Entente, namentlich Frankreich und Belgien, festzustellen. Frankreich und Belgien paßt diese Konferenz indessen schon seit einiger Zeit nicht mehr und sie versuchen, auch Lloyd George umzustimmen. Daß sie sich aber bei diesem eine Abfuhr holen würden, war vorauszusehen und wird jetzt amtlich durch folgende Havas-Reuter-Melduna bestätigt: »der die nächste Zusammenkunft von Delacroix und Lloyd George in London erfahren wir, daß Lloyd George dem Vorschläge, die Deutschen durch die Wieder- gukmachnngskommissio« zu hören und auf diese Weise ein neues Verfahren an die Stelle der Konferenz i« Genf treten zu lassen, nicht günstig gegenübersteht. Millerand und Delacroix hätten ihre angeblichen An sprüche an Deutschland am liebsten auf dem üblichen Wege des Diktats erledigt, da ihre Forderungen im einzelnen offenbar das Licht der Öffentlichkeit scheuen. Hierdurch hat ihnen Lloyd George nun einen dicken Strich gezogen. Er besteht auf der kontradiktorischen Verhandlup" in Genf unter Zuziehung Deutschlands." * Stimmungsumschwung in Frankreich? Seit der Reise des Staatssekretärs Bergmann nach Varis und der Unterhaltung, die der deutsche Botschafter Dr. Mayer mit dem französischen Ministerpräsidenten bei seinem Antrittsbesuch hatte, ist die Pariser Presse auf einen auffallend anderen Ton gestimmt, als bisher. Sie bemüht sich offenbar Lem guten Willen Deutschlands zur Erfüllung des Versailler Vertrages gerecht zn werden und scheint sich Mühe zu geben, an ein ersprießliches Zusammenarbeiten der beiden Nationen zur Wiederherstellung der zerrütteten euro päischen Volkswirtschaft zu glauben. Man merkt ihr freilich trotzdem an, daß sie von ihren übertriebenen Hoff nungen auf die großen finanziellen und wirtschaftlichen Leistungen Deutschlands nicht verzichten möchte, und die "Angst vor einer Zukunft, in Ler man nicht rest los alle Lasten und Mühen auf das besiegte Deutschland abschieben könnte, ist überall deutlich zwischen den Zeilen zu erkennen. Man kann eigentlich nicht annehmen, daß die Äußerungen Dr. Mayers an diesem Umschwung schuld sein könnten, denn er hat nichts anderes gesagt, was die deutsche Regierung sowohl wie die deutsche Presse in ihrer über wiegenden Mehrheft von Anfang an betont haben: »Daß es uns nämlich durchaus ernst ist mit der Erfüllung des Friedensvertrages, ernst bis zur Grenze der Möglichkeit." Aber gerade über diesen Begriff des Möglichen gehen die An sichten bisher weit auseinander, denn die französische Presse wollte absolut nicht glauben, daß wir nicht mehr das reiche Land von ehedem sind, und daß man sich in Parts ganz übertriebene Vorstellungen von unserer Leistungsfähigkeit macht. Russisch-polnischer Vorfriede. Annahme der polnischen Bedingungen. Auf der Konferenz in Riga haben die russischen und polnischen Delegierten Lie Friedenspräliminarien unter- fchrieben: Die Abschließung des Präliminarfriedens kam selbst für die TeUnehmer der Konferenz ziemlich überraschend, da die Führer der beiden Delegationen Joffe und Dombski in aller Stille verhandelten. Beide Parteien haben sich verpflichtet, den Frieden und den Waffenstillstand bis Freitag zu unter zeichnen und sich für die sofortige Gültigkeit einzusetzen. Jedoch ist eine endgültige Einigung noch nicht in allen Fragen erzielt. Für die Kündigung des Waffenstillstandes haben die Russen eine Frist von 2ö Tagen gefordert, die Polen schlugen eine Frist von nur 36 Stunden vor. In den territorialen Fragen ist es zu einer Einigung ge kommen, nach ihr ist die alte galizische Grenze beibehalren worden. Litauen ist hingegen von Rußland durch einen Korridor getrennt. Die Polen haben in den Verhand lungen alles erreicht, was sie sich zum Ziele gesetzt hatten. Die innere Lage Rußlands muß jedenfalls sehr schlecht sein, wenn die Russen alles erfüllten und die Abjchnürung Litauens zugaben.