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stberrö-stusgabe 10S. ^lchrgaag Nr. 597 Schrislleilung und Velchügjstell«^ Zohanaitgasi« Nr. 8 Dienstag, den 23. November Frralprrch-Nnlchloh Nr. 14892. 14V9Z und 14«94 ISIS Lebensmittelsragen im Landtag Weitere 8500 Serben gefangen Der deutsche Tagesbericht Das Wolfffche Büro meldet amtlich: Gröhes Hauptquartier, 23. November. Westlicher Kriegsschauplatz Auf verschiedenen Stellen der Front hielt, durch das klare Wetter begünstigt, die lebhafte Feuertäliqkeit an. Im Priesterwalde blieben zwei feindliche Sprengun gen erfolglos. Ein französischer Doppeldecker stürzte bei Au re (in der Champagne) nach Lufkkampf ab. Oestlicher Kriegsschauplatz Keine wesentlichen Ereignisse. Dalkankriegsschauplatz Nördlich von Mitrowiha sowie nördlich und nordöstlich von Prlstina wurde der Feind in Nachhutkämpfen geworfen. Ueber 1500 Gefangene, sechs Geschütze wurden eingebracht. Auch die südöstlich von Pristina kämpfenden bulgarischen Kräfte drangen erfolgreich vorwärts. Es wird von dort die Ge fangennahme von 8000 Serben und eine Beute von 22 Maschi nengewehren und 44 Geschützen gemeldet. Oberste Heeresleitung. Der verlorene Valkanfeldzug Eigene Drahtberichte (r.) Wien, 23. November. Das «Achtuhrblatt" meldet aus Amsterdam: Obwohl ins besondere die Pariser Presse das alte Spiel wiederholt und Sie gesbotschaften aus dem Balkan veröffentlicht, halten Londoner und Pariser Amtskreise ganz Serbien für ver loren, ebenso die Rettung des Serbenheeres über Montenegro oder Albanien für unmöglich. Alle Berichte, die hierherkommen, bestätigen, daß sowohl in Paris als auch in London der ganze Balkanfeldzug als völlig verloren angesehen wird, weshalb die Entente zu den dringen den Maßnahmen gegen Griechenland übergegangen ist, um die kläglichen Reste des vor dem Ueberkritt auf griechisches Gebiet stehenden Serbenheeres zu retien. l-.) Zürich, 23. November. Der Preßtelegraph meldet aus Mailand: .Sera' ver öffentlicht ein zweites langes Telegramm aus London, worin nicht nur die Lage der Serben, sondern auch die der Mon tenegriner als kritisch geschildert wird. Die Truppentransporte auf der Donau Eigener Drahtbericht (r.) Wien, 23. November. Die «Wiener Allg. Ztg." meldet aus Bukarest: Aus dem rumänischen Hafenort Kalafat wjrd berichtet, daß dort vor gestern ein ungarischer und ein österreichischer Dampfer mit drei Schleppern vorübergcsahren seien. Auf dem ungarischen Dampfer waren nur Soldaten und Offiziere, auf dem österreichischen Dampfer und den Schleppern Geschütze und Automobile. Gestern gingen durch Kalafat der Donau dampfer «Traf an' mit einem Schleppschiff und der bulgarische Dampfer «Belgrad'. Dieses Schiff hakte Medizin, Sa nitätspersonal und Rote-Kreuz-Schwestern an Bord und führte die Rote-Kreuz-Flagge. Kuropatkin Oberbefehlshaber gegen Bulgarien Telegraphischer Bericht nib. Paris, 23. November. «Motin" erfährt, daß General Kuropatkin zum Oberbefehlshaber der russischen Streitkräfte gegen Bulgarien ernannt worden sei. Kitchener geht nicht nach Serbien Telegraphischer Bericht tu. London, 23. November. Entgegen allen anderen Berichten behaupten amtliche Mel dungen auS London, daß von einer Sendung Kitcheners nach Serbien schon deshalb keine Rede sein könne, weil es dort für ihn nichts zu tun gibt. Dagegen wird in London ver sichert, Kitchener wird zunächst die militärischen Operationen leiten, die den Deutschen den Weg nach Konstantinopel und Aegypten verlegen sollen, sodann die Verteidigung des Nil-Landes selbst, wenn die Deutschen bis dahin vordringen. Die Bedrohung Skutaris Eigener Drahtbericht (r.) Lugano, 23. November. Mailänder Blättern zufolge wird das diplomatische Korps beim serbischen und montenegrinischen Hofe auch Skukari in aller Kürze verlassen, weil eine Bedrohung der Stadt bei Fortdauer der österreichischen Offensive gegen Montenegro nicht ausgeschlossen sei. Das diplomatische Korps we'de alsdann auf Einladung Essad Paschas nach dem sicheren Dui: azzo übersiedeln, wohin auch die montenegrinischen Behörden und Kaffen übergeführt würden. Die Mailänder Banken nehmen bereits Zahlungsaufträge auf monte negrinische Plätze mit Ausnahme von Cektinje nicht mehr an. (r.) Wien, 23. November. Das «Volksblakk" meldet aus Athen: Auf bulgarischem Boden sind bisher 30 000 gefangene Serben eingebrachl worden. Die Forderungen des Diervsrbands an Griechenland Eigene Drahtberichte (r.) 'sGravenhage,23. November. Der «Nieuwe Rotterdamsche Courant" meldet aus London: Wie verlautet, steht die Forderung der Entente an Griechenland bevor, daß dieses den Bezirkvon Salo niki in einem Umkreis von 50 Kilometern von allen seinen Truppen entblöße und den Betrieb der Eisenbahnen von Saloniki nach Serbien in englische Hände gebe. tu. Genf, 23. November. Das Pariser Auswärtige Amt erwartet morgen den voll ständigen Text der A k h e n e r P r o t e st n o t e, die von Briands Pressebureau mit den Worten gekennzeichnet wird: Diese Protest note wird ernster zu nehmen sein, als die seinerzeit von Venizelos. Ueber den Inhalt des Protestes verlautet, Griechen land sehe sich durch die im Namen des Vierverbandes ausge sprochene Drohung Kitcheners nicht zur Eröffnung der Feind seligkeiten gegen Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Bulgarien und die Türkei veranlaßt. Es ziehe die Zurück ziehung seiner Beobachtungstruppen aus den Grenzgebieten in der von Kitchener angegebenen Ausdehnung vor. Die Pariser Regierungskreise sind von dieser dem Cochinschen Vermiktlungsvorschlag stark widersprechenden Wendung kei neswegs befriedigt, besonders darum nicht, weil General Sarrail von der solcherart erlangten Erweiterung des Opera tionsfeldes der Verbündeten wenig taktische Vorteile, dagegen die Möglichkeiten unliebsamer Zwischenfälle erwartet. tu. Scheveningen, 23. November. Die Gesandten Griechenlands in Paris und Lon don gaben eine Erklärung ab: Die Athener Regierung werde nach wie vor die Ausschiffung' der Ententelruppen in Saloniki in keiner Weise belästigen, könne jedoch den Ueberkritt bewaff neter Serben nach Griechenland nicht zulasten. Somit bleibt das Ultimatum der Entente wirkungslos. Die Handelsblockade gegen Griechenland Telegraphischer Bericht "tb. Rotterdam, 23. November. «Nieuwe Rotterdamsche Courant' meldet aus London: Fast olle Blätter legen die Erklärung der britischen Gesandtschaft in Athen dahin aus, daß sie die Ankündigung einer Handelsblockade gegen Griechenland bedeutet. Sie hoffen, daß dieser Schritt dem Zögern der griechischen Regierung ein Ende machen werde. «Daily News' schreibt, eine vollstän dige Blockade würde Schwierigkeiten mit den Neutralen zur Folge haben. — «Times' schreiben, die Berichte über die Blockade Griechenlands seien stark übertrieben. Da die Haltung der griechi schen Regierung noch immer zweifelhaft sei, sei es natürlich, daß die Alliierten die Frage erwägen, die weitere Zufuhr für militä rische Zwecke bestimmter und anderer Vorräte aufzuhalken. Prak tische Schritte werden hoffenlich vermieden werden können. Die Verbandsmächte erkennten an, daß sich KönigKonstantinin sehr schwieriger Lage befindet. Menn der König und seine Ratgeber einen verständigen Weg einschlügen und die grie chischen Truppen demobilisierten, würde die Lage sofort erleichtert werden. Deutsche Verwaltung in Polen k. ll. In der vergangenen Woche sah der Chef der deutschen Zivilvcrwaltung in Polen, Exzellenz von Kries, einige Herren der deutschen und amerikanischen Presse bei sich, um ihnen auf ihren Wunsch hin Gelegenheit zu geben, sich ein Bild von der Arbeit der deutschen Verwaltung in Polen zu machen. Russisch-Polen ist bekanntlich in ein deutsches und öster reichisches Verwaltungsgcbict geteilt, wobei auf Deutschland die ganze nördliche Hälfte des Landes und außerdem ein ziemlich schmaler Streifen entlang der schlesischen Grenze mit Sosnowice und Ezenstochau entfällt. In diesem weiten Gebiet, das mit einer Einwohnerzahl von zirka 7 Millionen Belgien an Größe etwa um das Doppelte übertrifft, sah sich die deutsche Verwaltung vor eine Fülle von völlig neuen und zum Teil außerordentlich schwie rigen Problemen gestellt. Eine der Hauptaufgaben der neuen deutschen Verwaltung war die Versorgung des Landes mit Lebensmitteln. Hier lagen die Verhältnisse ungleich schwieriger als in Belgien, wo infolge der Intcrzcssion der französischen und englischen Regierung Ame rika die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln über nommen hat. Auch für Polen wurde von deutscher Seite aus das gleiche versucht, doch konnte Amerika unserem Wunsche nicht entsprechen, da von russischer Seite in Washington unser Antrag in keiner Weise unterstützt wurde: Neben der Niederbrennung und Verwüstung des ganzen Landes östlich der Weichsel ein zweiter Beweis, wie brutal die russische Regierung sich über die Not ihrer ehemaligen polnischen Untertanen hinwcgsetzk. Die deutsche Regierung war infolgedessen gezwungen, da eins Zufuhr von Getreide aus Deutschland unmöglich war, mit den eigenen Vorräten des besetzten Landes auszukommen. Diese Vorräte aber waren außerordentlich gerinn, und trotz der von den deutschen Behörden in ihrem Vcrwaltungsbereich glänzend durch geführten Bestellung der Felder waren auch die Mengen, die in folge der Ernte dieses Jahres zur Verfügung standen, nur knapp ausreichend. Man darf nicht vergessen, daß Polen in normalen Zeiten zwar immer eine Ausfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse gehabt hat, aber nur deshalb, weil die großen Industriezentren des Landes in erster Linie von Rußland versorgt wurden. Da diese Versorgung naturgemäß jetzt fortgefallen ist, ist der unserer Verwaltung unterstehende Teil Polens, der reichlich 2>L Mil lionen städtischer Industriebevölkerung aufweist, in Wahrheit ein U n t e r schußgcbiet. Es ließ sich deshalb nicht vermeiden, daß die deutsche Verwaltung bei der Bemessung der täglichen Brot menge pro Kopf der Bevölkerung auch auf dem Lande auf ein ziemlich niedriges, für polnische Verhältnisse sehr niedriges Maß zurückgehen mußte. Technisch ist die Frage so gelöst, daß die Landbezirke, die Ucberschußgcbiet sind, die Getreidemengen, die über zwei Zentner pro Kopf und Jahr der Bevölkerung hinaus geht, an die deutsche Verwaltung abführen müssen, die sie in großen Mühlen an der deutschen Grenze vermahlen läßt und so der Bevölkerung der polnischen Städte zuführt, wo ebenso wie bei uns Brotkarten eingcführk wurden. Selbstverständlich lassen sich bei diesem System weite Trans porte und dadurch eine immerhin nicht unbeträchtliche Ver teuerung nicht vermeiden: aber man war dazu infolge der Unzu länglichkeit der polnischen Mühlen für diese Zwecke gezwungen. Nur um einen Begriff davon zu geben, mit welchen Schwierig keiten bei der Lebensmittelversorgung die deutsche Verwaltung zu Kämpfen hatte, sei erwähnt, daß infolge der geringen Vorräte nach dem Abzug der Russen eine vorübergehende Zeit der Knapp heit der Lebensmittel, die an Hungersnot grenzte, nur dadurch vermieden werden konnte, daß man mit der deutschen Reichs- gekrcidestelle eine Art Vorschußgeschäft abschloß. Die Verhält nisse bei den übrigen Lebensmitteln liegen günstiger; Kartoffeln sind reichlich vorhanden, und für die Fleischversorgung stehen vor läufig noch ziemlich beträchtliche Viehbestände zur Verfügung, in die man allerdings ziemlich tief hineingeht, da ihre Erhaltung in folge der Futtermiitelknappheit sowieso schwierig ist. Jedenfalls ist es diesem Teil der deutschen Verwaltung, die dem anscheinend außerordentlich tüchtigen Landrat von Conrad untersteht, voll ständig gelungen, die Ernährung der Bevölkerung sickerzuslellen, wenn natürlich auch nicht alle Wünsche der Polen erfüllt werden konnten. Mit äußerlich vielleicht noch glänzenderen Resultaten wurden weiterhin die in Polen ganz besonders schwierigen sanitären Fragen gelöst. Obwohl im Lande fast kein ärztliches Personal mehr vorhanden war, da die Russen, auch wieder in unglaublich rücksichtsloser Vergewaltigung der Interessen der Bevölkerung, die meisten Aerzte mit fortgcführt kalten, gelang cs doch, mit Hilfe deutscher und aus der Kriegsgefangenschaft entlassener rus sisch-polnischer Aerzte binnen kurzer Zeit eine so treffliche Orga nisation zu schaffen, daß Seuchen in größerem Maße bisher nicht ausbrachcn. Um diese Erfolge zu erzielen, war natürlich ein ziem lich energisches Vorgehen gegen den bisher in Polen auf hygieni schem Gebiet herrschenden Schlendrian vonnöten. Durch das Verschwinden des meist mehr historischen als malerischen Schmutzes in den polnischen Städten und Ortschaften ist hier ganz Besonderes geleistet worden. Auch sonst wurden prophylaktische Maßnahmen in einem in Polen bisher unbekannten Maße durch geführt. Es sei hier nur an eine scharfe Nahrungsmittelhyglene, Maßnahmen gegen die sehr verbreitete Tollwut der Hunde (die berühmte Hindenburgsche Hundesteuer hatte letzten Endes den