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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.08.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192308111
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19230811
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19230811
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-08
- Tag 1923-08-11
-
Monat
1923-08
-
Jahr
1923
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Ur. 189 117. Isdrg. Durch die Poft tu Deutschland monatlich Bezugspreis, M. 200000: Au4l«nd M. 4SOOOO etnscdl. Porto. Erschctnt tü-ltch morsen«. außer Montags. HSHcre Gewalt schließt Srsüllung aus. Dchrtstlett.. Gefch»»t«st., Dructeret: Letpjia. JohanntSaasse 8 iyernsprecher Ori-gesprSche Dammrl-Nr.: 708811, rierngesprache 17089-17092); ebenda u. in allen Filialen Anzeigen, u. Abonnement-Annahm«; auch nimmt tedcs Postamt Bestellungen an. bie WeiuMl- (Ttadt- u. Post-> N»k- rrrrzeHgenpre»». lag«: Einsp.24wmdr. ww^-xtleM.7YOO, auSW.Jnserenl.M.12000. Sonderpreise: Familienanz v. P>,v. wln-ZrtieM.2SOO. Gelegenheitsan,, tpriv. Natur) u.Gtellenangeb.mw Zeile M.S000. Stellenges mm Zeile M. 2500. amtl. Bekanntm.Doppel- mw-Zl.M.14000.s.auSW M.240ls!1.Rckl 72wwbr.min.Zl.M.44OOO« auSw. M.6lX)00Au-landSan,.m.Valutaau»schl. DelWiederd.Nachiaß Play- u.Daienvorsch.unverbtndl.Trfall.-LrtLeipzig. PostschecN.Letpz.3004. »g» Lrivziger Tagevlgtt enthält die amtliche« vekanntmaehnngen de» Baltseiveitsidinn»« Lewst« einrelnummvr soso 8oaoadenä, üen 11. Lugusl 1922 ^srn-^uszsads Beratung -er Steuer-Gesetze Niesenandrang zu -en Abgeordneten 1.. o. Leipzig, 10. August. Die Rede des Außenministers v. Rosen- berg hat einiges nachgetragen, was man in den Ausführungen des Reichskanzlers vermißt hatte. Freilich wäre zu wünschen gewesen, daß nament lich in der Darlegung der bisl)erigen deutschen . S' rparation: leistungen ein weniger bureaukrati- scher Ton geherrscht hätte. Hier bot sich, wie uns dünkt, die Gelegenheit, der Welt die Fülle der Leiden und Entbehrungen vor Augen zu führen, die für das deutsche Volk mit solchen Leistungen verbunden sind. Der Fremde, der nur flüchtige Eindrücke gewinnen kann, pflegt davon wenig zu merken. Von den Luxus- und Vergnügungsstät ten, die er vorzugsweise besucht, kann er nur ein gänzlich falsches Bild vor: der wirtschaftlichen Lage der deutschen Bevölkerung mitnehmen. Ein Bild, in dem nichts zu sehen ist von den Sorgen der deutschen Frau, von ihren mit jedem Tag verzweifelteren Bemühungen um die Aufrecht erhaltung eines Halbwegs erträglichen Haus wesens; von der Menge der Kranken und Lei denden, denen nicht mehr die erforderliche Pflege, die nötigen Arzneimittel beschafft werden ! können; von der furchwaren Not, die in der be ständig anschwellenden Ziffer der Kindersterblich keit zum Ausdruck kommt. Kurz, es fehlte qe- miß nicht an eindrucksvollen Belegen für die bös- artige Verlogenheit der von den Franzosen ae- flissntlich verbreiteten und von Allzuvielen auf oberflächlichste Wahrnehmungen hin geglaubten Bhauptung, daß die Deutschen sich den Folgen der Niederlage listig zu entziehen wissen und sich eines Wohlstandes erfreuen, um den sie die Sie- ger beneiden müssen. Nach dem Kanzler hat auch der Minister bedauerlicherweise nicht den rechten Ton gefunden, der geeigner wäre, die ebenso unsinnige wie der deutschen Sache schäd- liche Legende zu zerstören, die den Zustand der , deutschen Volkswirtschaft nach den Geschäften und Belustigungen jener kleinen Schicht beurteilt, deren Angehörige der Italiener sehr zutreffend als „Haifische" bezeichnet. In gewissem Maße ist damit auch schon oie Kritik an den Bemerkungen ausgesprochen, die Herr v. Rosenberg über das Martyrium des Schweigens gemacht hat, das die Pflicht, diplomatische Geheimnisse zu wahren, dem Außenminister des Deutschen Reiches auferlege. Es gibt so unendlich vieles, was er, im Wett- bewerb mit den unermüdlichen Sachwaltern Frankreichs, der Welt immer und immer zu sagen Hütte, ohne irgendein diplomatisches Geheimnis verletzten zu müssen. Ganz abgesehen davon, daß der Raum, den heute die Gcheimdiplomatie in den Beziehungen der Völker einnimmt, doch schon recht gering geworden ist. Im großen und ganzen gehören die wichtigsten Elemente, die den Ablauf der internationalen Angelegenheiten be stimmen, durchaus der Öffentlichkeit und es klingt etwas antiquiert, wenn der deutsche Außenminister mit geheimnisvoller Gebärde den Finger auf den Mund legt, um dem gewöhn lichen Untertan zu bedeuten, was für abgrnüdige Gründe ihm verborgen bleiben müssen. Der höchst unwillige, ja geradezu verbitterte Ton, in dcm die in unserer gestrigen Ausgabe veröffent lichte Reuternote von den deutsch-englischen Be- Ziehungen spricht, läßt auf alles eher schließen, als auf britische Dankbarkeit für die bis zu völli- ger Stummheit gehende Diskretion unser außen- politischen Führung. Vielmehr kann man aus jener Note ein gut Teil Mißvergnügen darüber heraushören, daß die Leiter der deutschen Außen- wlitik sich nicht darum bemüht haben, auf die europäische Öffentlichkeit den Einfluß zu ge- winnen, der ihnen durchaus erreichbar gewesen wäre. Cs ist klar, dnß der Erfolg der Schritts, die geegn die französische Vorherrschaft unter- nommen werden, durch die Schaffung einer den Franzosen ungünstigen öffentlichen Meinung in Europa beträchtlich gefördert werden kann. Mit seinen Ausführungen über das diplomatische Schweigen, aus denen ein merkwürdig geringes Verständnis für die modernen Methoden der Außenpolitik spricht, hat Herr v. Rosenberg auf jeden Fall nicht den Beweis erbracht, daß er der zu jener wichtigen Arbeit geeignet Mann sei. Indessen, so viele verwundbare Stellen das Ministerium Euno der kritischen Bettachtung bieten mag, es hat einen Verteidiger, durch dessen Bemühung es sich einer geradezu uneinnehm- baren Stellung zu erfreuen scheint. Es sind die Kommunisten, die es mir der ihnen eigenen politischen Kindhaftigkeit für angezeigt finden, den Sturz des Kabinetts Euno mit der Er richtung einer (mit getreulicher Nachahmung des Sowjetsjargons, obwohl für deutsche Verhält- nisse mit offenkundiger Sinnwidrigkeit so be- nannten) „Arbeiter-Bauernregierung" zu ver- quicken. Auch wer im übrigen der Meinung ist, dotz diK bisherige unzulängliche Amtsführung des Ministeriums durch die Ausführungen des Kanz- lers und des Ministers keineswegs als gerecht- fertigt gelten könne und daher nach parlamenta- rischer Regel ein Regierungswechsel am Platze sei, sieht sich durch die kommunistische Erklärung in unmögliche Gesellschaft gedrängt und auf die offenbar auch von der Mehrzahl der Abgeordne- ten gehegte, obzwar schwache Hoffnung angewie- sen, daß das Kabinett Euno seine Sache künftig besser machen möge. Oie Aussprache Berlin, 10. August. (E i g. Te I.) Dao Haus ist sehr schwach besetzt. Die Regierungstische sind zu Beginn der Sitznug leer. Dagegen drängen sich vor den Portalen des Reichstages verschiedene De putationen. Nachdem Präsident Loebe die Sitzung eröffnet hat, erhebt vor Eintritt in die Tagesordnung Abg. Koen en (Komm.) Einspruch gegen die Ver fügung des Präsidenten, die den Zulaß zum Reichs- tagsgebäude unter strenge Kontrolle stellt. Er be- streitet, daß im Hause Verkehrsschwierigkciten durch die zahlreichen Deputationen entstanden seien. Die Arbeiten des Reichstages seien bisher noch nicht ge stört worden. Vielleicht störe aber der Geruch der Männer in der Arbeitsbluse die empfindlichen Nasen der Herren von rechts. (Unruhe rechts.) Der Redner verlangt sofortige Aufhebung der Verfügung des Präsidenten. Präsident Loebe erwidert, das; der Zutritt von Deputationen keineswegs verhindert werden solle. In den letzten Tagen sei der Andrang aber so stark geworden, daß er sich zu der Anordnung genötigt gesehen habe, daß jeder Abgeordnete auf einmal nur drei Gäste empfangen dürfe. Es lägen bereits Klagen von Abgeordneten über Behinderung durch diesen Andrang vor. Die Verfügung müsse dah« aufrechterdalten werden. Die fremden Gaste seien sogar in fremde Fraktionszimmer gedrungen. Der Abg. Maltzan habe zugegeben, allein 80 bi» 60 Gäste empfangen zu haben. Als ihm die Ver- fügung des Präsidenten bekannt wurde, habe er sich trotzdem nicht danach gerichtet. Abg. Koenen (Komm.) entgegnet, man solle sich freuen, wenn die Arbeiter nach dem Reichstage kom- men. Diese unsoziale Verfügung des Präsidenten müsse aufreizend wirken. Abg. Müller-Franken (Soz.) stellt fest, daß infolge der im Reichstage erzeugten Unruhe der Dollar an der Berliner Börse schon wieder auf 4 Millionen ge- stiegen sei, während er aus New Pork heute schon mit 1F Millionen gemeldet war. Der Redner billigt die Verfügung des Präsidenten durchweg. Hierauf wird die politisch: Aussprache beim Ruhr- opfer und den anderen Steuergesetzen fortgesetzt. Sr. Petersen (Dem.) Außenpolitisch wünscht das deutsche Volk kn seiner überwiegenden Mehrheit mit dem französischen Volk eine Verständigung, wünscht eine Politik, ge baut auf das Recht, einen Ausgleich der Interessen in Zusammenarbeit, wünscht einen Ausbau des Völkerbundes im Sinne der Abrüstung, der Be- fricdung Europas. Wir geben unserer Befriedigung darüber Ausdruck, daß der Minister des Auswärtigen sich gestern ausdrücklich zu dieser Politik Frankreich gegenüber bekannt hat. In der Frage der Repara- tioncn ist ein weitcrgehenderes Entgegenkommen, als die letzte Note der deutschen Regierung erkennen ließ, schlechterdings unmöglich. Hier ist doch ein An- gebot gemacht, das weit über den Friedens- vertrag von Versailles hinausgeht. Demgegen über wird von Frankreich der Versuch gemacht, deutsche Arbeiter und Angestellte einfach der fran zösischen Militärdiktatur zu unterwerfen. Stets ist gesagt worden, daß im Rohmen des Fricdensvertrages von Versailles Deutschland in seinen ihm gelassenen Grenzen erhalten, daß die Freiheit der Rheinlande nicht angetastet werden soll. Das ist bezeichnend. D e Besitzung soll erst aufhören, wenn die letzte Goldmar? bezahlt ist- Das bedeutet die Verewigung der Besetzung. Erfreulicherweise sieht man jetzt auch außerhalb Deutschlands mehr und mehr ein, wi" die französische Politik zu be- urteilen ist. Selbst England, der stärkste Bundes- genösse Frankrc chs, muß jetzt an Frankreich die Frage richten: Was willst du eigentlich im Ruhr gebiet? Müssen wir Deutsche nicht von allergrößtem Mißtrauen gegen Frankreichs Absichten erfüllt wer den, wenn selbst England die Antwort auf seine offiziell gestellte Frage umsonst erwartet? Verlangen aber können wir von England, daß es an den geschlossenen Verträgen festhält. Wo bleibt die Achtung vor der englischen Unterschrift, wenn englische Kronjur'.sten die Nuhrbcsctznng als einen Schritt gegen den Vertrag erklären? Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika hat von A b s Z beim Zustandekommen des Vertrages mitgewirit. Wo bleibt die Achtung vor der Unter- schrift dieses Vertragegaraut-'n? Der Kampf an Saar, Rhein und Ruhr stellt nur die Fortsetzung einer Jahrhunderte lang betriebenen französischen Politik dar. Die deutsche Regierung und das deutsche Volk müssen alles tun, um die Durchführung des Kampfes bis zum bitteren Ende unseren Volksgenossen zu erleichtern. Die letzte, tiefste, entscheidende Quelle unserer Not sehen wir darin, daß von der Regierung und auch vom Reichstage die Fiktion aufrcchterhalten wird, daß Mark gleich Mark sei. Wir dür fen nicht bloß an den Symptomen kurieren, daher fordern wir ^eute wie seit langer Zeit die Eta führung wenigstens einer festen Rech nungsführung (der Reichskanzler Dr. Cuno und Wirtschaftsminister Dr. Becker erscheinen im Saal). Ist es möglich, die vom Reichskanzler pro pagierte Politik jetzt rücksichtslos und schnell durch- zuführen? Der Finanzminister muß ein energischer Mann sein, der vor allem keine Unpopularität scheuen darf. Ich appelliere an den Reichskanzler im Auftrage meiner Fraktion, sich diese Frage mtt Ernst zu überlegen. Wir wünschen, daß er in seiner Politik unterstützt wird von Männern, die absolut in Uebereinstimmung mit ihm diese Dinge regeln. Steuern allein genügen nicht. Wir müssen auch eine große und starke Goldanleihe bekommen. Ihre Aussichten stehen und fallen mit dem Willen, eine feste Währung zu schassen. Diese Maßnahmen müssen getroffen werden. Wir werden die Politik der Regierung, wie sie von Dr. Euno und Dr. von Rosenberg gestern und vorgestern dargelegt worden ist, mit aller Kraft u n ter st Ütze n, aber wir ver- langen auch, daß sie zum Heil des deutschen Vater landes mit aller Rücksichtslosigkeit durchgefiihrt werde. Abg. Böhm (Bayr. Vpi.) Di« Rede des Reichskanzlers hat nicht alle be- friedigt. Aber jeder gerecht Denkende in Deutsch land würdigt die schwierige Lage der Rcichsregre- rung. Nicht nur in Deutschland als Folge unserer Erdrosselung, sondern auch in allen Ländern der Welt ist eine Nerveimttacke zu beobachten. Die ge samte internationale Politik ist zurzeit auf einem toten Punkt angelangt. Wie steht es mit unserer Selbsthilfe? Wir haben ein Land ohne Währung. Die leichtsinnige Bemer kung, so lange noch Papiergeld gedruckt werde, könne man es aushalten, wird heute durch die rapide Geld entwertung zuschanden gemacht. Sowohl die Ein kommens- und Körperschafts, wie auch die Kraftfahr- zeugstduer und da« Rhein- und Ruhropfer bedeuten zwar einen Lindriff in die Substanz, und doch muß dieses außergewöhnliche Opfer gebracht werden. Ich stimme mit Herrn Strescmann darin überein, daß für die Freiheit jedes Opfer berechtigt ist. Hof fentlich teilen die von den neuen Steuern betroffenen Kreise diese Auffassung und bringen die Opfer. Abg. Fröhlich (Kommunist) wirft, während dos Haus sich fast vollständig geleert hat, den Arbeitgebern planmäßigen Verrat der Volks- interessen vor. Das Resultat der unfähigen Politik dieser Cuno-Negierung wird für Deutschland verhäng, nisvoll sein, und da kommt jetzt Herr Cuno und pre digt Hebung der Steuermoral, er, der das Schwinden dieser Eteucrmoral geduldet, ja durch seine Unter- lassungesünden direkt die Unmoral ermutigt hat. Die neuen Steuervorlagen werden das Unheil nicht wen- den. Der Staatsbankrott ist da. Was in Bayern geschaht, ist Herrn Cuno wohlgefällig-, gegen Sachsen und Thüringen aber macht er mobil und genießt dabei die Unterstützung des Herrn Hcrgt. Schon ver- lautet, wie der sächsische Ministerpräsident Zeigner enthüllt hat, von der Bildung einer schwarzen Reichs- wehr, die gerade so wie die Technische Nothilfc den Zweck hat, im Bürgerkrieg gegen die eigenen Genossen verwendet zu werden. Herr Geßler weiß natürlich von alledem, aber er hat ja nur die einzige Aufgabe, alles und jedes zu dementieren. Der Bürgerkrieg ist unvermeidlich geworden. Wir fordern, daß die Re gierung Cuno vor einen Staatsgerichtshof gestellt wird. Von den Kommunisten ist inzwischen folgender Antrag eingegangen: „Der Reichstag wolle beschlie ßen: Die Ausführungen des Reichskanzlers entspre chen nicht den Anschauungen des Reichstages. Der Reichsregicrung wird das Vertrauen entzogen." Abg. von Gräfe (Oivölk. Freih.-Part.) Nach dieser Revolutionserklärung vertagen wir unsere Angriffe auf die Regierung. Wir wollen den Spießbürgern nicht Veranlassung geben, zu sagen: Da seht ihr wieder, die Extreme von recht und links gxben sich die Hände." Die Regierung besitzt nicht die Kraft; aber in diesem Augenblick rufe ich: Kanzler, werde hart, denn wir brauchen einen harten Kanzler. Hoffentlich werden nicht wieder r '.e Züge über Dresden nach Stuttgart benutzt (Hei terkeit). Don der Rede des Reichskanzlers muß man sagen: Vor Tische las man's anders. Aus alledem klingt eine Umkehr heraus, aber auch ein entsagungs volles Klagelied. Nachdem alle versöhnlichen Ver suche gescheitert sind, hätte der Reichskanzler die Konsequenz zu einem entschiedenen nationalen Wi- verstand ziehen müssen. Die Dcutschvölkischen können niemals mit de» Kommunisten zusammengehen. Es ist ein echt orientalischer Trick, wenn seitens gewisser Kommunisten versucht worden ist, die völkischen Mit glieder von ihren Führern zu trennen, indem man ihnen vorgaucelte: ohne uns könnt ihr eure Ziele nicht verwirklichen. Die höheren Offiziere, die dar auf hineingekallen sind, sind keine Völkischen. Srtzung dauert an.) Köln, 10. August, (E i g. Tel.) Gestern nach mittag kam es in Krefeld zu Tumulten, die auf die Lebenemittelnot und die Erregung der Arbeiterschaft über den Verlaus von Lohnverhano- lungen zurückzuführen sind- Die Polizei mußte mit der blanken Waffe einschreiten, wobei es zu einigen nicht ernsten Verletzungen kam. Die Erregung tn der Stadt dauert fort. -- , Die Börse rvi-erftarr-sfähig Nachdem gestern Vie Mark in New York bisauf 0.00003 gestiegen war, was einer Parität von 3,3 Millionen Mark sür Ven Dollar entspricht, hatte man für Henle erwartet, vasz Vie Börse mit Abgabe neigung vagieren würve. Aber es kam in Ven Morgenstunven nur wenig Devisen material heraus, so vah ver Dollar bei Börsenbeginn bereits wievcr mit 4,.» Mil lionen gehanvelt wurve. Die wenigen Effekten, Vie vom Publikum angeboten wurven, waren von ver Börse schnell ausgenommen, Veren Tenvenz sich im Ver laufe weiter befestigte. Sechsfache Erhöhung der Eisenbahntarife Berlin, 10. August. (Eig. Tel.) Wie wir erfahren, wirv Vie bevorstehende Erhöhung oer Eiseubahntarife mehr als 0 00 Prozent ver bestchenven Tarife ausmachcn. Die Neuorvnung vürfte ab 20. Slugust in Kraft treten. Der Rcichs- eisenbahnrat hat heute getagt unv Vie Richtlinien sür Vie Wertbcstänvigrnachung ver Tarife, bestehen!» aus einer Grnnv- zahl und einem Multiplikator, angenom men, Vie Schlüsselzahl wirv baldmöglichst festgesetzt wcrvcn. Sum Verfassungstag Von Prof. 0r. Waltvr Sostr, M. d. R. Die Zeit ist nicht zum Festeseicrn geeignet. Und ein Freudenfest braucht der Verfassungstag nicht zu sein. Aber ein Tag der Feiert des Nach denkens, des Gelöbnisses sollte er für unser gan zes Volk sein. Denn er muß, und gerade in der Zeit der schwersten Not, uns a'ic daran erin- nern, daß ein Volk ohne Staat des Halles ent behrt, der allein das Volkstum dauernd zu sichern vermag. Wer Deutschland helfen und retten will, muß den Staat stützen, der uns ge blieben ist. Wer heute Verfassungskämpfe be ginnen will, reißt den Staat in den Sirudel hinein, aus dem cs vielleicht keine Rettung mehr gibt. Vaterlandsliebe heißt S taa c streue, und wer sic nicht betätigen will oder nun gar dcm heutigen ringenden Staat den Gnadenstoß zu geben bereit ist, treibt bewusst oder unbewußt Hochverrat am deutschen Volke. Aber wenn man diesen repuvlikanischsn Staat nicht lieben kann, in iym die Wurzel alles Unheils sieht und die Gesundung nur von der Wiederherstellung der Monarchie erwartet? Dec Irrtum solcher Anschauung ist schwer ent- schuldbar, denn die Republik ist nicht die Ur sache, sondern die Folge des Zusammenbruches, und der Wunsch nach Wiederherstellung der Mon- archie ist heute nichts anderes als der Wunsch nach Bürgerkrieg. Denn jeder politisch den- kende Kopf müßte es jetzt, nach vier Jahren, er kennen, daß die Republik getragen wird sowohl vom Willen der großen Massen in Deutschland, als auch von der Zustimmung sehr erheblicher Teile derjenigen, die mau die Gebildeten in Deutschland nennt. Haben die Wahlen der letz ten vier Jahre uns einen irgendwie bedeut samen Umschlag nach rechts gezeigt? Es sind im Gegenteil mehrfach offensichtliche, auch von den Rechtsstehenden zugestandene Niederlagen der monarchistischen Parteien erfolgt; im ganzen bleibt das Bild, wie es l!)20 war: die Republik hat eine sichere Mehrheit, Und statt einer stoß- kräftigen Front sehen wir vielmehr eine Zer setzung der monarchistischen Par teien: ihre einsichtigen Teile haben sich der Republik genähert oder sich sogar loyal ihr zur Verfügung gestellt, ihre unbelehrbaren Schich ten haben Absplitterungen erlebt, die ihr parteipolitisches Dasein gefährden und den immer gleichen Weg jeder verlorenen Sache mit zunehmender Zersetzung zeigen. Der Abgeord- nete Strese mann, der zu den einsichtigen Politikern gehört, hat vor wenigen Tagen im Reichstag aufgesordert, den Verfassungstag in Eintracht zu begehen und an den Staat dabei zu denken, nicht aber an Sonderwünsche hin sichtlich der Staatsform. Die Demokratische Partei darf in solchen Acußcrungen den Siel, der Gedanken sehen, für die sie seit dem Zu sammenbruch gekämpft hat, und sie möge sich nicht darüber bekümmern, daß solche Gedanken, wenn sie sich jetzt durchsctzm, zu guter Letzt als eine verdienstvolle Erkenniuis anderer Leute und anderer Parteien gcpne'cu w'rden. Wer sofort den klaren und notwendigen W:g gegangen ist, lommt auch ohne die>'e Anerkennung zum Ziel. Klar und notwendig war der Weg zur Re- publik. Denn es gibt, soweit man in die Zu- kunst sehen kann, keine Möglichkeit zur Er-
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