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m. L»s SI. Jllhrg. Fernsprecher; Redaktion 32723 — Geschäft-ftelle 32722 Postscheckkonto: Dresden Nr. 14797 Donnerstag, 1. Juni 1922 Redaktion und Geschäftsstelle: Dresden «A. 16, Holbeinstratze^S °, ^^rteliltbktlck! Irrt bi» öa»s SS iwrtmonaUick) S1.S0 t Anzeigenpreisi Die eingespoltene Penizeile Z> jür Familien- und HercoiS.! ^ Zlellen. und Kieigenich« -t.SN -V. monatlich t l ^i.aurschlteblich je 4 ^k gulchlag für Mai und Juni 19L2. Einzel- I lionellen Teil, 89 mm breit. 18 Für Inserate mit besonderer PlazienmgSvorschrtft ans obige Preise SS Pro,ein ,'i»sch>-'g. > Minimer I Die Sächsische BotkSzenung ericheuu ivbcheiMtch sechsmal. s Selbstabholer S bei Uebersendung durch die Post außerdem Porlozuichlag. Ji» Falle höherer ipewalt oder beim Ausbleiben der Papierlieiernngen ustv. erlischt jede Berbflichtung auf Erfüllung von Anzcigen-Auftrügen und Lcisitnig von Ichadenersog. Sprechstimd« der Redaktion: S—N Uhr nachm. Nicht auSdrülklich »irülkverlmigtc nnd I Für undeuUich geichriebene sowie durch Femiprecher autgegebene Anzeige mit Rückporto nicht versehene Einsendungen an dteRedaNIon werden nicht anibewahr!. > ionnen wir dte Verantwortlichkett <ür die Nichiigkeil des Texte» ntchl übsrnehmo Annahme von TeschüstSanzeige» bi» 10 Uhr. vo» Famtltenanzetge» bi» tt Uhr vormittags. — Annahmestellen in Dresden, Tchmibt'lche Bnchhandlnng. Inhaber P. Deck. Schlohltratze 5. In Bannen, grau« kkn> a! A» der iv Pelriilrche » ff " Tagesschau Am 20. Mai sand in der Prtrrskirche zu Rom die Schlutz- sricr des Eucharistijchen Kongresses statt. Der Papst zelebriert« am Hauptaltar ej„ Hochamt mit Tedeum und wurde dann, Legen spendend, bis zum Eiugangstor getragen. 80 Kardinale 400 BischSfe und das diplomatische Korps beim Heiligen Stuhl waren anwesend. Im Abgeordnetenhaus« zu Prag erklärte der «dg. Nirsch Mutsch»,,at.-soz. Arbeiterpartei- tu Fortsetzung der Debatte über die Lrklät-ung des Ministerpräsidenten Dr. Bcnesch. aus zuverlässiger Quelle wisse er von einem franzüsisch tschechischen Kehrimvcrtrag, tu dem sich Dr. Benesch verpflichtete, bei einem militärischen Konflikt 50V 000 Mann gegen Deutschland z» stellen. Der Stand der englisch-irische» Verhandlungen wurde im Untcrhause von Churchill als sehr ernst bezeichnet. Seit letztem jSonnavcud sind in Belfast 10 Häuser angrziindet worden, der Hörige Sachschaden ist sehr gross. Mehrere Abgeordnete haben im Reichstag die Aiifrage ringe- reicht nach dem Grund der in drn letzten Tage» sprunghaftere Ateigenmg der Vntterprcise i» Berlin von 62 Mark auf 04 Mark. In Petersburg tritt die Cholera epidemisch auf, auch aus Moskau wurden in de» letzten Tagen 27 Fälle gcincldet. Bei einem Eisenbahnnnglück vor dem Hauptbahnhof Köln ^wurden 50 Personen schwer verletzt. 18 Personenwagen sind stark beschädigt. Die neue Postgebührenordnung wurdc gestern im Reichstag behandelt, ohne zum Abschluss gekommen zu sein. > Ein zweistündiger Wolkcnbruch hat in der Eliteraue bei Halle die Felder verwüstet, viel Vieh kam '.n den Stallungen um. Scheunen und Stallungen stürzten ein. Das Erwachen In den beiden Ländern des am gründlichsten entwerteten Ueldes, in Polen und Oesterreich, setzte am ersten jene Entwicklung ein. an deren Anfang jetzt Deutschland steht. Me antreibend: Kraft der Inflation hat ihre Wirkung verloren jtlnd der Unterschied zwischen der inneren und äußeren Kaufkraft !deS Geldes nin mt ab, Löhne und Teuerung gehen rascher in die «Höhe, als die Mark fällt. Noch ist einstweilen in Deutschland nichts von d'v Arbeitslosigkeit zu spüren, die jetzt die Tiefvaluta- länder fast eleu so wie die Höchstvalutaländer umfaßt hat; doch die Vorzetch'.n mehren sich unheimlich; alle Sachkundigen sind sich einig, daß die Wirtschaftskrise innerhalb einiger Monate mit voller Wcwt in Deutschland einsetzen muß. Ein sicheres Kennzeichen dafür sind die fallenden Ziffern der Rohstoffen.fuhr, welche eine Minderbeschäftigung der Verarbci- tuugS'udnstr'.en mit Sicherheit vorausschen lassen. Infolge der finkenden Nachfrage nach fremden Zahlungsmitteln tritt einige Monate hindurch ein Beharrungszustond in den Notierungen am Valntamarkte ein, während jedoch im Inlands die Teuerungswelle anschw'llt. Die Mark hatte vor wenige» Monaten >n verschiede nen Teilen Deutschland noch eine Kaufkraft von fünf bis acht Rappen. Heute bewegt sich ihre Kaufkraft nur zwischen drei bis vier Rappen, das ist mit Ausfuhrabgaben, Steuern und Lohn erhöhunzen zu wenig, um neue Aufträge noch ans dem Auslande hereinzuholen. Im Jnlande aber hatten sich die kaufkräftigen Teile des Publikums schon eingedeckt; und die breiten Massen wer- den immer weniger kauffähig. Die günstigeren Meldungen aus manchen Zweigen der amerikanischen Exportin)ustrie deutschen schon darauf, daß das deutsche Dumping bereits überwunden ist. Das Erwachen ans dem geträumten Reichtum wird noch in diesem Jahre sich vollziehe». Es ist kein Zweifel, daß in dem sehr in dustrialisierten und mit Reparationslasten behafteten Deutschland diese Entwicklung noch viel bedenklicher sein muß als in Oester reich und Polen. Mit der zunehmenden Arbeitslosigkeit wird kein Preisabbau einsetzen, weil eS dabei an sachlichen Voraussetzungen fehlt. Denn die Rohstoffe und Lebensmittel aus dem Auslande werden teurer, die Steuern »nd Herstellungskosten zugleich mit Kohle und Transportkosten höher, und die Arbe'ts'osigkeit der. ringert sowohl die direkten wie indirekten Steuern, während die Ausgaben unausgesetzt rapid ansteigen müssen. Der Staat wird genötigt, für Unterstützungen neue Milliarden zu drucken und der Notendruck kommt nicht mehr nach. Die seltsame Geldnot, die wir jetzt zugleich in allen Schlechtgeldländern sehen, ist am mächtig sten in Rußland, aber sie hindert auch in Deutschland jede Börsen. Hausse, trotzdem die papierenen Umlaufmittel in einer einzigen Woche um nicht weniger als sieben Milliarden zunehmen. Auf eine Formel gebracht, kann man für jede Jnflations- gpoche ein Gesetz auffiellen: Anfangs sinkt der Geldwert im Aus lande stärker als im Jnlande; die Folge davon ist Kntastrophen- hauffe, Vollbeschäftigung und Scheinkonjunktur mit Ausverkauf tzer JnlandSgüter. Im zweiten Stadium aber finkt der Geldwert im Jnlande rascher als im Auslande; die Folge hiervon ist ab- schwellende Konjunktur, Arbeitslosigkeit, Ende der Dumping. Geldnot, träge Börsen, hoffnungsloses Sinken der Staatseinnah. «ren und steigende Staatsausgaben. In diesem zweiten Stadium befindet sich gegenwärtig Oesterreich. Und Deutschland steht an dessen Schwelle. Davon sind politisch und wirtschaftlich bedeu- iWÜ.e WAuMen zu evwarien. Qsuttliunagrbung M vbmcdlttlrn Der Reichstag über Oberschlesien Berlin. 81. Mai. In der gestrigen VormittagSsitzuug dcs Reichstages stcmd der Gesetzentwurf über das am 15. Niai 1022 in Geirf abgeschlossene deutsch-polnische Abkommen über Lberschle- sie», ferner ein Abkommen mit Polen über den Postscheckverkehr. über die Ucberleitung der Rechtspflege im oberschlesischen Abstim mungsgebiet und über die Grenzübergangsbahiihöfe zur Beratung. Die NcickStagsfahne war aus Halbmast gezogen. Von der Mittel- tribüne des Sitzungssaales King eine große Fahne in den weiß- gelben obcrschlesische» Farben mit dem oberschlcsische» Adler her ab. Zu beiden Seiten waren schwarze Trnnerbänder befestigt. Sitzungsbericht vom 3V. Mai Präsident Loebe eröffnet 11.15 Uhr die Sitzung. Die erste Beratung des Abkommens wird ohne Anssvrache formell erledigt. In der zweiten Beratung berichtet Abg. Hoetzsch (Deutschnat.) über die Beratungen des Aus schusses für auswärtige Politik. Die bon der Entente diktierte Lösung der oberschlefischeii Frage sei von allen Parteien als ein Bruch des Friedensvertrages bezeichnet worden, gegen den feier licher Protest eingelegt worden ist. Der Ausschuß dankt den deut schen Unterhändlern in Elens, vor allem auch dem Leiter der Un. terhandlmigcii, dem Schweizer Staatsmann Ealonder. Die Gen fer Verhandlungen standen unter dem tragischen Zwang kür Deutschland, deutsche Kraft und wirtschaftliche Leistungsfächgtelr dem von Deutschland losgerissenen Lande zugute kommen zu lassen, im Interesse der deutschen Bevölkerung dieses Landes, das unter polnische Herrschaft gekommen ist. Der Berichterstatter geht dann auf den in der Presse schon mitgeteilten Inhalt des Genfer Abkommens ein. Der Ausschuß ruft den Deutschen in dem jetzt polnisch gewordenen Gebiet zu: Bleibt in diesem Lande. Nutzt die großen rechtliche» Sicherungen aus, die hier in mühseliger Arbeit gegeben worden sind. Stellt damit die Grundlage des kulturelle" und wirtschaftlichen Deuischiu-mS in dem jetzt polnisch gewordenen Lande dar. Ter Ausschuß empfiehlt die Annahme des Abkom- j mens und spricht dabei die bestimmte und ernste Erwartung aus, I daß die polnische Negierung das Abkommen mit derselben Lokali tät durchführen werde, wie die deutsche. Er schloß unter allge meinem Beifall seinen Bericht unter herzlichen Abschiedsworten an die von Deutschland loSgerissene Bevölkerung OberschleiienS, mti der Deutschland immer geistig verbunden sein werde. Schließ lich beantragte der Ausschuß, die von Dr. Schiffer in Elens und vem Reichsrat auSgcsvrochene RechtSverwahrnny gegen die Los- veißung Oberschlesiens zu wiederholen. (Beifall.) Im Aufträge der Reichsregierung nimmt dann der mit den Verhandlungen in Genf betraute ReichSkommijsar Dr. Schiffer das Wort. Der Vertrag sei natürlich kein vollkommenes Instru ment, wie eS überhaupt unmöglich sei, die durch Gewalt dem deu-t schien Volkskörper zugesügte Wunde durch juristisch: Medikamente zu heilen. Wenn es den unlauteren Elementen des Wirtschafts lebens gelinge» sollte, durch die Maschen des deutsch-polnischen Vertrages zu schlupfen, so sei das nicht auf den Vertrag zurückzu führen, sondern auf die Voraussetzungen des Vertrages. Mit der Unterzeichnung des Vertrages könne die Vergangenheit nicht aus gelöscht werden. Diese Unterzeichnung beoeutc keinen Abstrich von unserer RcchtSverwahrung gegen die Ententeentscheidnng über Oberschlcsicn. Dr. Schiffer schildert sodann »och einmal das Zu standekommen der LoSreißung und Teilung Oberschlesiens und sagt dazu: Ich muß diese Dinge hier nochmals besprechen, weil nicht GraS wachsen darf über all diese Dinge. Der Gedanke der Bölkerversöhnung und des Friedens darf nicht dazu benutzt wer den, aus Unrecht Recht zu machen, darf nicht mißbraucht werdet, als Deckmantel für krasse Gewalt. Ich darf das sagen, weil ich in Genf gezeigt habe, daß ich kein Gewalt- und Katastrophenpoli tiker bin. Wir rufen den von uns loSgcrissencn Volksgenossen zu: Erfüllt eure StaatSpflicht unter polnischer Negierung, aber un beschadet dieser Pflicht könnt ihr euer deutsches Leben weiter- sübren, nicht nur in wirtschaftlicher, sondern auch in kultureller und ideeller Hinsicht. Arbeitet weiter, aber bleibt auch im frem den Lande gute Deutsche. Als einer der Abgeordneten, die durch die LoSreißung Oberschlesiens zu polnischen Staatsbürgern werden, erklärte der Abg. Szczeponik- Nicolai (Oberschlesieip, Zentr.l: Im Odainen der deutschen Bevölkerung Oberschlesiens habe ich einige Worte des Abschiedes zu sagen: Wir haben unser Vaterland lieb und deshalb auch für Deutschland gestimnit. Der Völkerbundscat hat den Willen der deutschen Mehrheit mißachtet und den lebendigen einheitlichen Organismus Oberschlesiens zerrissen, lieber 400 900 deutschfühlende Bewohner werden durch eine willkürlich gezogene Grenze zu polnischen Staatsbürgern gemacht. Wir werden unsere Staatsbürgerpflicht erfüllen, aber unser deutsches Volkstum wer den wir nicht aufgoben. Die Zugehörigkeit zinn deutschen Volks tum werden wir nicht aufgeben. Die Zugehörigkeit zum deutschen Volkstum kann uns kein Machtspruch aus dem Herzen reiße». Abg. Konsky (Sog.) schließt sich dem Protest gegen die LoSreißung oberschlesischen Gebietes an. Abg. Ulitzka (Zentr.): Das Zentrum wird für das Abkom men stimmen, wiederholt aber bei dieser Gelegenheit seinen ent schiedenen Protest gegen die Teilung Oberschlesiens, die juristisch ein Ncchtsbruch, politisch eine Torheit und wirtschaftlich ein Per- brechen sei. Reichskanzler Dr. Wirth spricht in kurzen AuSfüh- rmigen den Dank der Reichsregierung für die Arbeit der dent- schen Unterhändler in Genf aus. Er dankt den Kollegen Schisser. Lewald und Dr. Simon. Sie alle hätten sich von dem Gedanken leiten lassen, daß in Mitteleuropa genug Ruinen geschaffen wor- den seien und daß eS jetzt gelte, dieses Mitteleuropa vor Zerrüt tung und Zusammenbruch zu retten. Daß sie in endlosen Ver handlungen auch des Volkes Schutz und Sicherung der sozialen Errungenschaften für die oiberschlesische Arbeiterschaft gewahrt hätten, dafür werde ihnen nicht nur das deutsche Volk, sondern auch ganz Europa zu Dank verpflichtet sein. Diesen Dank dehne er aus auf die gesamte oberschlesische Bevölkerung. Dias sie rm Laufe der Jahr« «Duldet habe, sei ein Leidensweg ohnegn-.chen gewesen. Das beule vorliegende Gesetzeswerk stnt de:. Frieden »> Oberschlesien und dem Gedanken der Verständigung in ganz Mit- lelenrnpa dienen. Er bitte, das Gesetz anzunchmen, um auch dec ooenchli fische» Bevölkerung, die keine Katastrophe n oll-, nicht n>.:? Ruinen, sondern d, '. Frieorn zu geben. Lebhafter ''eiiall Ab.,. Frau S-..'cr (Unavh-, üe'-efte:- gegen die Teilung Ober'chlcsiens, durch die über Menscheu wie über Waren verfügt werden sei. AIS die Rednerin erk.ärc ihre P.n:e bc!>>: den JmberiaftSmuS in alle» Ländern, auch D,>üi nlc. kommt aus d:r Deutschen Volkspariei lauter W'.dersp neh 2'S sie frühere dentstbe Regierung für die Schäftung t>:S Kö"igr,'!chs Voten vor aniwcrtlich macht, verlassen die meisten iZbgevrdneten der Rechte» den Saal. Die Nednerin stimm! dem Abkomme» zu. lebni aber dt« Nechtsverwabrung mit der Begründung ab, One Pa>,e.' Katze für ihren Protest ganz andere Motive Abg. .H o >'i; s ck> ^Denischnat. ' 'enn! die Arbeit der deu> schen Vertreter in Gent an, >:ü»i .chex den Vertrag ab wegen grundsätzlicher Bedenken. Abg. von Rbcin haben Deutsche Vnlksp.) lebni eS ab, dem dnrcb da? Diktat der Bolftv.tftcrkon'".enz entstandenen V.,'- teag von Genf zuzusiimmeii. Abg. K ob l mann (Dem.) wiederholt die seierliche Rechls- vrrii ahrung, die ftm? Partei gegen die Entscheidung der Votschaf- terkonferenz über Lkerschlesien eingelegt habe. Er dankte der jetzt ven Deutschland g-tct nnlen ober schlesischen Bevölkerung ftir die Dintschland b.'w.ctein Treue, die über die staatsbürgerliche Tren nung hinaus lanern werde. Dem Vertrag stimmte der Redner zu. Ahg. Höllein (Komm.! erklärt, daß seine Partei den Gen fer Gewaltver -ag ebenso ablehne, wie sie den Versailler Ranbvcr trag abgelebnt habe. — Damit 'ckdießt die AnSsvrachr In zwetzcr und dritter Beratung wird hieraus der deutsch- polnische Vertrag mit Zweidrittelmehrheit gegen die Rechte und die Kominuttiitc i. angenommen. Präsident Loebe knüpf: an die Feüü- Unug o.r Annahme nochmals Worte der Trauer übe! den Verlust Etz'>nblesiens, die von d,n Avgc, rdnelen und RcgierungSvertreter» üeh ud angehör! werden. Nur die Kommun,sie» und Unabhängigen vleiben sitzen. Präsident Loebe schließ! mit den Worten: ..o» Not geltennt, in Treue vereint." Nach dcbatteioscr Annahme der mit dem Vertrag zilsamine»- hängenden Rccbtsabkommen wird nach 12 lihr Re Vormittags- ,'chb.ssen. Fortsetzung der Genuadebatte Sitzung vom 81. Mo, Abg. Dr. Hoetzsch (Deutschnat.): ES sieht ans, als wenn die Regierung nicht den Mut hätte, ihre Absichten vor den, Reichs tag zu vertreten. Diese Verhöknung des parlamcn - t a r i s ch e n S h st e m s machen wir nichi mit. wir stellen folgenden Antrag: Der Reichstag »tisitulligt, daß die Regierung bei den Ver- lmitdlnitgc» über die Rrvarationsi'lng: in einer Weist vergeht, die nnt de,, Rechten und mit der Verantworllichicit des Reichs tages nicht vereinbar ist. Unter Viesen Umsiiiive» versagt ver Reichstag der Regierung das nach der Verfassung erforderlickr Vcrj rannt. lieber den Zusammenhang gviscven Ante-Vc »nd Renaranon haben wir noch nichts gekört. Wir vrotestieren gegen die Revara- ttoiiSahmackungen in der Richtung- wie sie setzt i» Paris einge schlagen ist. Geldzahlungen sind für uns ievr mnnöglich. Die Regierung aber ist bereit, auch stet wieder Verni!;ch:ungen ans sich zu nehmen, die sie nicht erfüllen kann. Das lehnen wir ab und wir sprechen in dieser Frage der Regierung n » ser s ch ärs- stes Mißtrauen ans. Bei der Genuakonferenz hat die deutsche Preise mit vollem Recht Beschwerde geführt übei da?- Ver sagen des großen Apimrates des annlichen Pressedienstes. «Sehr richtig!) Es ist. wie Llovd George selbst zugegeben trat, nicht rich tig. daß Deutschland und Rußland in Genna als gleichberechtigt mit den übrigen Mächten behandelt worden sind. Die einladenden Mächte habe» Genna eigentlich als eine große Glänbigcrversamm- lung betrachtet. Von dem schonen Gottesfrieden haben wir gar nichts, denn Sanktionen werden ia nickt als kriegerische Maßnah. men angesehen. Abg. Erisplen ftlnablio mack den dentschcn Kapitalisten den Vorwurf, sie wiiniclüen hübst die Veietzung des RrhrrevierS. Die Heiinlichinerei der Diplomatie habe nur schädliche Wirkungen. Abg. Dr. Becker (Hesien, Deutsche Vollsp.) bestreuet dem Abgeordneten Marx gegenüber, daß die ftir Deutschland erzielten Fvrrichntte Erfolge der ErfüllnngSpoliftk seien. Er weist die An griffe des Ak>geordnete» Eriespien geigen die Deutsche VolkSpanci zurück und erinnert daran, daß der Vorredner in Leipzig selbst er klärt ba-be, er kenne kein Vaterland, das Deutschland beißt Es gibt sogar Leute, die um einen Centime ihr Vaterland in :en. (Abg. Dr. Breitscheid «llnabh.): Wen meinen Sie?! Den, der sich getrosten fühlt. (Abg. Br eit scheid: Haben Sie doch den Mut, zu sagen, wen Sie meinen!) Das Mißtrauensvotum der Deutschnaiionalen soll dock) wohl die Regierung verhindern, überhaupt in Paris weiter zu verhandeln. lRnfe bei den Deutsch- nationalen: Ohne Zustimmung des Reichstages!) Es wäre ein nngwöhnlicheS Verfahren des Reichstages, in dieser Weise in die schwebenden Verhandlungen einzugreifen. Wir bestallen nnS un sere Abstimmung vor, bis wir klarer festen können. Der zu un serem großen Bedauern durch Krankheit am Erscheinen verhin derte Abgeordnete Dr. Strescmann hat von Anfang an keine gro ßen Hoffnungen auf Genua gesetzt. Die Ausscheidung der Re parationsfrage mußte der Konferenz ihren Hauptwcrt nehmen. Wem: der Reichskanzler die den Deutschen in den Kommissionen getvährte Gleichberechtigung rühmt, so zeigt das nur, wie kehr bescheiden wir geworden sind. (Sehr richtig!) Schließlich sind wir doch immer noch ein Großstaat. Der Ravallovcrtrag ist eigcnv lich auch kein Erfolg von Genna, denn er ist ja schon früher vor)