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Esped. « Redaktion rre»de««Reuftadt v Meißner Gasse 4. kie Zeitung erscheint Dienstag, Lauuersta, und e,«nahen» früh. Ahanaement»- Pret»: sttNrljährl. Mk. IFO. Zu beziehen durch tu kaiserlichen Post« galten und durch unsere Boten. kci freier Lieferung wi HauS ergebt die »ssi noch eine Ge- Mr von 25 Pfg. ach fische A ochnluG Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und Landmann. Amtsblatt für die kgl. AmtSharrptmannschasten Dre-den-Altstadt und Dresden-Neustadt, für die Ortschaften de- kgl. Amtsgericht- Dresden, sowie für die kgl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. verantwortlicher Redakteur und Verleger Kerr«-«» MüLer in Dresden. Inserate »oerden bi» Montag, Mittwoch n. Freitag Mittag angenommen und kosten: dte1spalt.Ze«le15Pfg. Unter Eingesandt: SO Pfg- Inseraten« Nnnatzmeftelenr Die Arnoldische Buchbandluna, Jnvalidcndanr, Haasenstein LBogler, Rudolf Mosse, ! G. L. Daub« « Co. in Dresden, Leipzig, Hamburg, Berlin, Frankfurt a/M. u. f. w. Ar. 94. Donnerstag, den 11. August 1887.49. Jahrgang. Politische Wellschau. Deutsches Reich. Sonntag Mittag 12'/, Uhr hat Kaiser Franz Joseph Gastein wieder verlaffen. Vorüber derselbe mit dem Kaiser Wilhelm während deS Mündigen Zusammenseins verhandelt hat, daS entzieht sich vorläufig natürlich noch unserer Kenntniß. Nur so viel scheint festzuftehen, daß die beiden Monarchen die allgemeine politische Lage besprochen und die Ver sicherung auSgetauscht haben, unentwegt zu einander zu stehen und vereint die Erhaltung deS Friedens anzustreben ; im Nothfalle aber Seite an Seite die Angriffe der anderen Staaten abwehren zu wollen. Mit diesem Versprechen dürften die beiden kaiserlichen Freunde von einander geschieden sein. Nachdem der eigentliche Ab schied ohne Zeugen stattgefunden hatte, geleitete Kaiser Wilhelm seinen Alliirten bis zur Treppe, wo beide sich umarmten und küßten. Die beiden Herrscher waren derartig vom Rührung übermannt, daß während mehrerer Augenblicke keiner ein Wort hervorzubringen vermochte. Endlich sagte Kaiser Franz Joseph mit feuchtem Blicke und in innigem Tone: „Gott schütze Dich!", worauf Kaiser Wilhelm mit zitternder Stimme erwiederte: „So Gott will, auf Wiedersehen!" Rasch und warm ant wortete Kaiser Franz Joseph: „Gewiß und sicher!" Nochmals überwältigte beide die Rührung und wieder lagen sich die verbündeten Monarchen in den Armen, die letzten AbschiedSküffe wechselnd. AlS dann noch Kaiser Wilhelm den Kaiser Franz Joseph in daS Vestibül be gleiten wollte, rief letzterer: „Ich bitte Dich, Wilhelm, bleibe!^ — Dan« „mit Gott" und „Adieu" rufend, schritt Gaffer Franz Joseph die Treppe hinab; seine gerötheten Augen wurden allgemein wahrgenommen. Kaiser Wilhelm trat auf den Balkon hinaus, dem abfahrenden österreichischen Kaiser so lange als mög lich mit seinen Blicken folgend und ihm nochmals zum Abschiede zuwinkend. Selbst als der Wagen deS Kaisers Franz Joseph bereits auS dem Gesichtskreise ent schwunden war, verblieb Kaiser Wilhelm noch auf dem Balkone, indem er die österreichische Volks Hymne biS zu ihrem letzten Verklingen stehend anhörte. Mittwoch Mittag 3'/, Uhr hat auch Kaiser Wilhelm Gastein ver lassen, um nach Babelsberg zurückzukehren. Weitere Nachrichten über die Kaiser-Zusammen kunft in Gastein besagen: Die Militärs, welche im persönlichen Dienste deS deutschen Kaisers stehen, hatten beim Empfange deS österreichischen Monarchen von ihren Gala-Uniformen keinen Gebrauch gemacht; sie er schienen gleich ihrem Gebieter im Civilkleide. Kaiser Franz Joseph selbst regte den Gedanken an, dem greisen deutschen Fürsten die Anlegung der beengenden Uniform zu ersparen. Noch bevor die Equipage deS Kaisers Franz Joseph in Gicht kam, begab sich die Suite deS Kaiser- Wilhelm biS an den Fuß der Treppe. Kaiser Franz Joseph reichte den älteren Herren die Hand; an die Uebrigen richtete er eine kurze Ansprache. Am Längsten verweilte der Kaiser im Gespräche mit dem Leibarzte deS deutschen Herrschers, vr. v. Lauer, um über den Gesundheitszustand seines kaiserlichen Freunde- Erkundigungen einzuziehen. Unter Vorantritt deS Ober- HofmarschalleS Grafen Perponcher und begleitet vom Statthalter Grafen Thun und dem Generale v. d. Gcltz schritt Kaiser Franz Joseph sodann die Treppe hinan und war kaum in daS Vestibüle deS BadeschloffeS getreten, als er dem deutschen Kaiser gegenüber stand. Der greise Monarch hatte in dem Augenblicke, als die BegrüßungS- ruf« zu ihm gedrungen waren, seine Appartements ver laffen und war seinem Besucher entgegen gegangen. Zwischen Flur und Treppe wurde der erste Handschlag, der erste FreundschaftSgruß gewechselt; dann begaben sich beide Herrscher in die Appartement-. Hier um armten sie sich und tauschten den FreundschaftSkuß auS. Kaiser Wilhelm sagte, seinem hohen Freunde in'S Ge sicht sehend, lächelnd: „Du hast nicht geglaubt, mich noch einmal hier zu sehen." Der Aageredete ergriff die Rechte deS greisen Fürsten und erwiederte: „Du kannst versichert sein, daß ich mich über dieses Wiedersehen herzlichst freue." Kaiser Franz Joseph verblieb eine halbe Stunde im Badefchloffe und begab sich dann in da- „Hotel Straubinger". Kurz nachdem der österreichische Monarch sich in seine Appartement- begeben hatte, gingen drei von seiner Hand ge schriebene Depeschen ab, welche sein glückliches Ein treffen io Gastein und öle vortreffliche Gesundheit deS Kaisers Wilhelm der Kaiserin Elisabeth, dem Kron prinzen Rudolf und der Kronprinzessin Stephanie meldeten. Um 4 Uhr fanden sich die beiden Kaiser an der Tafel im Badefchloffe wieder zusammen. Die Toilette war Frack und weiße Kravatte. Kaiser Franz Joseph ging ohne Ueberrock mit Ehapeau- Claque, begleitet vom Grafen Thun und dem Grafen Paar um 4 Uhr in'S Badeschloß Gegen '/. 6 Uhr kam ein Jäger deS deutschen Kaisers in daS „Hotel Straubinger" mit der Meldung, daß der Wagen zur Aus fahrt bereit sei. Kaiser Franz Joseph stieg in den Wagen und sagte, den Ueberrock über die Knie legend, gleich sam wie warnend: „Man muß hier vorsichtig sein." — „Nach Böckstein!" rief Kaiser Wilhelm dem Diener zu und der Wagen setzte sich unter den stürmischen Zurufen der Menge in Bewegung. AlS eS dunkelte, gingen die Gasteiner daran, ihre Freuden feuer anzuzünden Der Bürgermeister bat den Kaiser Franz Joseph, die Huldigung von Berg und Thal entgegennehmen zu wollen. Der Kaiser sagte sofort zu und als er unter der Führung deS Gasteiner Temeiade-OberhaupteS auf den Platz trat, flammte und leuchtete eS allerwärt- in lichterloh«« Feuerzauber. Gleich Meteoren zuckte eS von den ent fernten gigantischen Obelisken auf und eine Kette leuch tender Sterne, auS den einsamen Sennhütten kommend, verband die flammenden Feuerzeichen. Der Kaiser blickte auf zu dem Lichtmeere, daS von den Tauern glänzte, er sah hinab in'S Thal zu den zerstreute» Glühlämpchen und lenkte dann seine Schritte dem brausenden Wasserfalle zu Hier stand er still. Wa da tosend in die jähe Tiefe schoß, war nicht da- Gletscherwaffer der Alpeowände, sondern flüssiges Feuer, eia leuchtender Goldstrom, der seine Wogen dem Thale zuwälzte. Erst als der Zauber ausgeglüht war und prasselnde Raketen zum Schlußeffekte aufstiegen, verließ der Kaiser die Stelle und kehrte nach Gastein zurück. Die seitens deS preußischen Finanzministerium- festgesetzten Bestimmungen bezüglich der Durchführung deS neuen BranutweiuSsteuergesetzes haben die Zustim mung deS Fürsten BiSmarck gefunden und werden so mit in dieser Gestalt dem BundeSraihe sofort nach seinem Wiederzusammevtritte zur Begutachtung zu gehen. Für die betheiligten Kreise wäre die möglichst baldige Veröffentlichung deS Wortlautes jener Bestim mungen ohne Zweifel von hohem Werth», damit auf diese Weise Gelegenheit geboten würde, rechtzeitig etwaige Bedenken gegen Einzelheiten geltend zu machen. Mit Bezug auf die in Spanien in Scene gesetzte Agitation gegen den Import von deutschem Brannt weine schreibt man von officiöser Seite au- Berlin: Daß diese Bewegung nicht etwa deutscherseits provocirt wurde, weiß Jeder, der dem Verlaufe der Ange legenheit aufmerksam gefolgt ist. Die deutschen Zeitungen haben sich von Anfang an darauf beschränkt, di« von der französischen Presse gebrachten falschen Mitthei- lunge« über die neue deutsche BranntweinS-Gesetzgebang in objektiver Weise zu berichtigen. Auch die Behaup tung, man wolle Spanien mit deutschem Branntweine überschwemmen, beruht auf Uebertreibung. Wir haben schon einmal hervorgehoben, daß die Erhöhung der Aus fuhrvergütung auf Branntwein nur eine nolhwendige Folge der ebenso großen Erhöhung der Steuer und wie diese nur eine ganz vorübergehende, auf drei Monat« beschränkte ist. UeberdieS hat die Erfahrung bereit- gezeigt, daß der deutsche Spriterport nach Spanien in der letzten Zeit nicht nur nicht zugenommen, sondern gegen früher sogar abgenommen hat und daß unsere Spritbestände äußerst gering sind. Für jeden Unbefangenen ist eS von vorn herein klar gewesen, daß die Hetze der französischen Presse gegen den deutschen Sprit nur den Zweck hatte, Deutschland mit Spanien zu verfeinden und der Monarchie in letzterem Lande eine Falle zu legen. ES geht dies schon Feuilleton. Schatten! Kriminal-Novelle von N. I. Anders. <14. Fortsetzung.) ES war Mitte August, al- eines Abends ein statt licher Herr in einem Gasthofe niedrigsten Ranges, einer Art Ausspannung, in der U.-Straße zu Halle sich ein- lvgirte. Der Fremde, eS war der Kriminal-KommiffariuS Kühn, stach so sehr von den übrigen Besuchern de- HauseS ab, daß der Wirth glaubte, er habe sich verirrt und nur, al- er ein Zimmer für die Nacht verlangte, sich daran gewöhnen konnte, einen so feinen Gast zu beherbergen. „Freilich, fein gekleidete Leute haben ja auch Geld." DaS war die Erwägung, welche den Wirth mit dem ungewöhnlichen Ereigniß auSsöhnte. Neugierig aber war er. Deshalb legte er dem Herrn, noch bevor er ihm da- verlangte GlaS Bier gebracht hatte, da- da mals in allen Gasthäusern übliche Fremdenbuch vor, mit dem Ersuchen, Namen und Stand einzutragen. Gleich darauf prangte in dem für die städtische Obrig- k»it so wichtigen Journal Folgende-: Schlicht, bevoll mächtigter Agent der Brandenburgischen ViehversicheruagS- bank auS Berlin. Der Wirth lächelte befriedigt. Nicht allein seiner Neugierde war Genüge geschehen, er hatte nun auch die Erklärung dafür gefunden, weShalb der feine Mann gerade sein GasthauS gewählt hatte. Sicher lich wollte derselbe hier, wo während der Viehmärkte in der Umgegend fast alle Händler und Kommissionäre verkehrten, geschäftliche Erkundigungen einziehen. ES schien so! Nachdem der Bevollmächtigte der Brandenburgischen ViehverficherungSgesellschaft sein Bier getrunken, betheiligte er sich an der Unterhaltung der Anwesenden so lebhaft, al- wäre zwischen Viesen und ihm kein Unterschied DaS Gespräch drehte sich um daS Geschäft. Die Viehpreise wie die Beschaffenheit deS VieheS überhaupt wurden lang und breit besprochen und Jeder theilte vertrauens voll dem Andern mit, wo er zuletzt sein vortheilhafteS Geschäft abgeschlossen habe oder ein solches abzuschließen gedenke. Da endlich, die Leute mochten wohl schon eine Stunde geplaudert haben, theilte ihnen ein dicker, be häbig aussehender Händler mit, daß er Vorladung zum ersten September nach W. erhalten habe, um als Zeuge in der Sache gegen den Mörder Hinzmann'S vernommen zu werden. Da- gab neuen Stoff zur Unterhaltung, die jetzt so animirt wurde, daß Einer den Anderen fast überschrie. Jeder wußte neue Momente auS dem Leben deS Ermordeten zu erzählen, Jeder behauptete, daß er allein sein bester Freund gewesen, Jeder hatte dem armen Mann neidlos da- Glück, da- ihn bei seinen Geschäften zu verfolgen schien, gegönnt und hätte Hinzmann so viele Freunde im Leben gehabt, wie man nach diesen Aeußeruogen ver- muthen mußte, so wäre er unstreitig der glücklichste Mensch auf Erden gewesen. AlS Kühn nach kurzer Zeit sich an der Unterhaltung betheiligte und mittheilte, daß er bei der Einlieferung d,S Mörder- in W. zugegen war, da ließ man nicht nach, bi- man all« Einzelheiten diese- wichtigen Ereig nisse- erfahren hatte und besonder- über die Erscheinung deS Mörder- vollständig orientirt war. Auch eine Fluth von Schmähungen ergoß sich über die wandernden Hand, werkSburschrn, so daß die zwei zufällig anwesenden, diesem Stande angehörigen Reisenden still und beschämt da- Gastzimmer verließen, um ihr Lager zu suchen. „Ich kann mich noch nicht in den Gedanken finden", nahm Kühn da- Gespräch wieder auf, „daß Hinzmann, dieser lebenslustige, heitere Mensch, «uf so schändliche Weise endigen mußte." „Wie, Sie kannten Hinzmann?" riefen fast alle Anwesenden zugleich, mit dem Zeichen lebhaftester Ver wunderung. „DaS nicht allein, sondern ich verdanke ihm manch' guten und vortheilhaften Handel und noch kurz vor seinem Tode hat er mir gesprächsweise ein Geschäft mit einem bedeutenden Engroshändler hier in H. nachgewiesen. Er pflegte bei unS feinen Transport zu versichern und kam auch wohl zu diesem Zweck ab und zu nach B. B«i seiner Anwesenheit daselbst, eS kann so im April gewesen sein, machte er mir den Vorschlag, mit einem hiesigen Hause in Verbindung zu treten. ES war da- aber in einem Bierlokal und obgleich ich sonst auf Namen sehr genau achte, ist mir gerade dieser Name entfallen. Ich werde wohl morgen ganz H. absuchea müssen, um den betreffenden Herrn au-findig zu machen." „Na, da sieht man wieder: von Reden kommt Reden!" nahm der Wirth da- Wort. „Sie werden nicht zu suchen haben, denn ich kann Ihnen sagen, wie der Herr heißt, mit dem Hinzmann seine Geschäfte machte. ES ist der Engroshändler Heinrich in der G . . . straße. Sie ' haben von hier kaum fünf Minuten zu laufen und da