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Gegensatz zu den ersten drei Sinfonien, wo besonders die Bläser bedeutsam eingesetzt werden) seinen Ausdruck findet. Es ist für uns kaum zu begreifen, daß gerade die unproble matische 4. Sinfonie — heute vielleicht das be liebteste und am häufigsten zu hörende sin fonische Werk Mahlers — bei den Zeitgenos sen größtenteils auf Ablehnung und Unver ständnis stieß und vom Komponisten als „Stiefkind" angesehen werden mußte. Deutliches Anknüpfen an die Traditionen der Wiener Klassik kennzeichnet gleich den von musikantischem Frohsinn durchdrungenen, in klar überschaubarer Sonatensatzform gearbei teten einfallsreichen ersten Satz mit seinem Jfcikteristischen (später mehrfach wiederkeh- rSroen) Schellengeläut zu Anfang. Themati sches Material bildet das von den Violinen an gestimmte frohe Hauptthema, das Mahler wie einen Wiener Walzer begonnen haben wollte, und ein kantables Seitenthema der Violoncelli. Auch der zweite Satz, ein Scherzo in Rondo form, bringt trotz des ursprünglichen Unter titels „Freund Hein spielt auf" keine grund sätzliche Trübung. Wenn auch durch eine Solo violine, deren Saiten um einen Ton höher ge stimmt sind (die „Fiedel" des Todes), unheim liche, fahle Klangwirkungen erzielt werden und einige spukhaft-phantastische Episoden zu verzeichnen sind, mischen sich doch bald mehr und mehr fröhliche, ja ausgelassene Klänge höchst irdischen, dörflichen Musizierens im Rhythmus eines Ländlers in den Tanz. Friedvolle Ruhe und innige, reine Schönheit lassen das folgende Adagio, das Mahler für seinen besten langsamen Satz überhaupt hielt, zum tiefen Erlebnis werden. Der Satz, von ge teilten Violoncelli und Bratschen in zarten, weichen Tönen begonnen, wobei den oberen Violoncelli die Melodie anvertraut ist, wurde als kunstvolle Verbindung von Variationssatz und Sonatensatzform aufgebaut. Gegen den Schluß hin erscheint bereits einmal verhei ßungsvoll das Thema des Finales. Im reizvollen letzten Satz schließlich wird wie derum die menschliche Stimme in das musika lische Geschehen einbezogen: nach einem kurzen Orchestervorspiel berichtet ein Sopran- Solo — wie bei der 2. und 3. Sinfonie auf einen Text aus der Liedersammlung „Des Knaben Wunderhorn" — in einer schlichten, von instru mentalen Zwischenspielen unterbrochenen Strophenliedkomposition von den Freuden des Paradieses, die hier auf eine recht ergötzliche, kindlich-naive Weise geschildert werden. Eine „christliche Cocagne" (Schlaraffenland) nannte Goethe die Darstellung des Paradieses in diesem Wunderhorn-Text, in dem die „himm lischen Freuden" durch so irdische Vergnügun gen wie gutes Essen und Trinken ausgemalt werden. Mahler ist es ausgezeichnet gelun gen, in seiner musikalischen Gestaltung des Gedichtes an dessen Ende die Musik als höchste der Freuden gepriesen wird, der naiv poetischen Stimmung des Vorwurfs gerecht zu werden; er fand für die Wiedergabe dieser lichten Freudengedanken echt volkstümliche, humorvolle und dabei innig-zärtliche Töne. Thematische Beziehungen bestehen sowohl zu allen vorangegangenen Sätzen des Werkes als auch zur 3. Sinfonie, als deren Schlußsatz das „Lied von den himmlischen Freuden" ur sprünglich gedacht gewesen war. Prof. Dr. habil. Dieter Härtwig Text zur 4. Sinfonie von Gustav Mahler Wir genießen die himmlischen Freuden, drum tun wir das Irdische meiden. Kein weltlich’ Getümmel hört man nicht im Himmel! Lebt alles in sanftester Ruh. Wir führen ein englisches Leben, sind dennoch ganz lustig daneben. Wir tanzen und springen, wir hüpfen und singen, Sankt Peter im Himmel sieht zu. Johannes das Lämmlein auslasset, der Metzger Herodes drauf passet! Wir führen ein geduldig's, unschuldig's, geduldig's ein liebliches Lämmlein zu Tod! Sankt Lucas den Ochsen tät schlachten ohn’ einig's Bedenken und Achten. Der Wein kost' kein’ Heller im himmlischen Keller. Die Englein, die backen das Brot. Gut Kräuter von allerhand Arten, die wachsen im himmlischen Garten! Gut Spargel, Fisolen und was wir nur wollen! Ganze Schüsseln voll sind uns bereit', gut Äpfel, gut Birn’ und gut Trauben! Die Gärtner, die alles erlauben! Willst Rehbock, willst Hasen, auf offener Straßen sie laufen herbei. Sollt' ein Fasttag etwa kommen, alle Fische gleich mit Freuden angeschwommen I Dort läuft schon Sankt Peter mit Netz und mit Köder zum himmlischen Weiher hinein. Sankt Martha die Köchin muß sein! Kein’ Musik ist ja nicht auf Erden, die uns'rer verglichen kann werden. Elftausend Jungfrauen zu tanzen sich trauen. Sankt Ursula selbst dazu lacht! Kein' Musik ist ja nicht auf Erden, die unserer verglichen kann werden. Cacilia mit ihren Verwandten sind treffliche Hofmusikanten! Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen! Daß alles für Freuden erwacht! VORANKÜNDIGUNG: Sonnabend, den 11. Juni 1988, 19.30 Uhr Sonntag, den 12. Juni 1988, 19.30 Uhr Festsaal des Kulturpalastes Dresden (Anrecht (Anrecht V 9. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Anton Kolar, SFR Jugoslawien Solistin: Annerose Schmidt, Berlin, Klavier Werke von Schubert, Prokofjew und Dvorak Programmblätter der Dresdner Philharmonie Redaktion: Dipl.-Phil. Sabine Grosse Chefdirigent: Jörg-Peter Weigle — Spielzeit 1987 88 Diuck: GGV, BT Heidenau 111-25-16 2,85 JtG 009-19-88 EVP -.25 M 8. PHILHARMONISCHES KONZERT 1987/88