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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 26.02.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-02-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120226029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912022602
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912022602
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-02
- Tag 1912-02-26
-
Monat
1912-02
-
Jahr
1912
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Bezugt-fpreiS flr Vrlviia und «orort« durch «nkr, Iiäaei und Sprdtteur« ümal täaltch in» vau» gebracht » PI. monatl.. r.7V wt. vienrltadrl. B<» untern stilialen u. Nn» nadmefteüen adardoll Vt. monatl, 2.S Bit. orerleltahrl. Durch dl« V-It: innerhalb Deuitchland» und der deutschen Kolonien vlerteliährl. SS» Mt., inonatl. 1LV!vlk. auoschl. Poltdeftellaeld Ferner in Lelglen, Dänemark, den Donauitaalen. Italien, ».'u^embura, iliirderiand« Ror» wegen. Lehrreich - Ungarn, itiutzland, Echweben, Schare» » Spanien. 2n allen übrigen Staaten nur buekt durch di« ibelchaitoslell« de, Blatte» erhällitch. La, Letpeige» Tageblatt «rtchein« Lmat täglrch. Sonn» a. Feiertag» nur morgen». Äbonnemenr».Ännadm« Iodanni.gall» 8, der unteren Tragern. Filialen. Epedtteurea uud LnnadmejieUen, toar>« Pogamrern »ad Lrteslragern. St»»«lo»rkaut,pr«t» w P- Abend-Ausgabe. MMgerTagtblaN s,4 «92 Machtauschlutz) l rei.-lln,chi Hauveiszeltung. Ämtsvkatt des Nates «nd -es Vokizeramtes -er Ltadt Leipzig. Anzeigen Preis «lr Inserat« au» r!«,pj,a »nd Umg«bun« dl« lIpaltlg«Peti>«»ile N Ps .dii pieNam«, ,«tl, I Atk. »an auswan» »> Pt. ««Namen ILlI Mk. Inserat« oon «eddrden im amt lich«» T«U di« Petit.,«l» Lt> Pt »«>chast»ant«»aen mit Pla,o»rlchris1r« ,m Brett« «rdödt. Skadat« nach Iuris Peila,«»,düdr Gesamt» autlag« S Äk. p Tauiend erki Postgebühr. T«tld«tli>g, hoher. Feftettellt« Puslrüa« t-n»,n nicht .urüik. ge.ogen werden. Für da» «richeinen an belttmmlen Togen und Planen wird k«i»« Garant!« übernommen. Anzeigen, «nnnhin«: 2«d«»nt»g»Ise I, del iämliichen Filialen ». allen «nnonren» Ltvedttionen de» 2r» «nd «»»land«» Drott und »t,rl«g o«, Fisch«« L KSeP« änhade,^ Paul «liest«». Pedattion und chrsch>st»tt«I«r Iodannirgais« S» Honpt-Filiale Dre.de»! Seeitrage 4, l (Telephon <8211 llr. 104 Momsg. üen 26. Mrusr 1912. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 10 Serien. Das Wichtigste. * InLeipzig ist heute früh der Streik der Spsdit ionsarbe-iter ausgebrochen. (Siehe Leipzig und Umgeb.) Der deutsche Botschafter in Kon stantinopel soll nach einer italienischen Mel dung bei der Pforte gegen die Ausweisung der Italiener aus Syrien protestiert haben. (S. bes. Art.) * In Lawrence sind erneut Streik unruhen ausgebrochen. (S. Ausl.) Bergsrbeiteriühne unü Ls- ttteüsiiderlchiiHe. Man schreibt uns: In der sozialdemokratischen Arbeiterpresse wird stets behauptet, die Entwickelung der Bergarbeiter löhne habe mit der Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse in der Kohlenindustrie nicht gleichen Schritt gehalten. Die Kohlenzechen erzielten glän zende Belriebsergebnisse, während den Arbeitern eine entsprechende Aufbesserung der Löhne vorent halten werde. Diese Behauptung ist unrichtig. Aus den jetzt vorliegenden Abschlußziffern der Zechen Les rheinisch-westfälischen Zndustriebezirks geht viel mehr hervor, Latz der Ertrag der meisten reinen Kohlenzechen im letzten Geschäftsjahr eine Ein- buße erliten hat, während die Löhne erhöht worden sind. Von insgesamt 33 Gesellschaften bzw. Gewerkschaften haben 8 ungefähr die gleichen Uober- schiisse wie im vorhergehenden Geschäftsjahr (nicht mehr bzw. weniger als 5 Prozent) aufzuweisen, elf Werke tonnten Den Usderschuß um mehr als 5 Pro zent erhöhen, während 14 Werke «inen Rück gang des Be t r ie b s ge w i n n e s um mehr als 5 Prozent zu verzeichnen haben. Dagegen sind vom 1. Quartal 1910 bis zum 4. Quartal 1911 die Eesamtdurchschnittslöhn« von 4,48 Mark auf 4,75 oder um 27 Pfennige und die Hauerlöhne von 5,29 auf 5,63 oder um 34 Pfennige für die Schicht gestiegen. Der Jahres- üurchschnitislohn aller Bergarbeiter hat »ein« Er höhung von 4,54 -K im Jahre 1910 auf 4,69 «tl in 1911 erfahren. Dennoch machen die sozialdemokratischen Zeitungen jetzt den Versuch, eine „rücksichtslose Profitpolitik der Grubenherren" zu beweisen. In Nr. 6 der „Berg- arbeiler-Zeitung", des Organs des sozialdemokra tischen Verbandes, ist unter der lleberschrift „Lohn- erhöhungen für die Grubenherven" ein Artikel ver öffentlicht, in der die von 24 industriellen Werken des rheinisch-westfälischen Jndustriebezirks in den beiden letzten Geschäftsjahren erzielten Betriebs überschüsse mit der inzwischen eingetretrnen Lohn steigerung verglichen werden. Nach der Berechnung des sozialdemokratischen Organs, die auch in Nr. 43 des „Vorwärts" vom 21. Februar und in Nr. 7 des Hirsch-Dunckerschen Organs „Der Bergarbeiter" vom 17. Februar abgedruckt ist, ergibt sich für das Ge schäftsjahr 1911 bzw. 1910/11 ein Gesamtüberschuß öeacvten Sie den Kleinen cokalanreiger aus Seite». Sie finae« Sarin sicher etwas, Sar Sie interessiert. von 182,63 Millionen Mark gegen 163,56 Millionen Mark im vorhergehenden Jahre. Der Mehrgewinn betrage somit 19,07 Millionen Mark oder 11,7 Pro zent, während die Löhne nur um 18 Pfennige oder 3,9 Prozent gestiegen seien. So sehe Las Wohlwollen der Grubenherren bei Licht betrachtet aus. Diese Berechnung der „Bergarbeiter-Zeitung" ist grundfalsch. Der sozialdemokratische Rechenkünstler hat nämlich, um zu dem für die Lohnentwickelung ungünstigen Ergebnis zu kommen, die von den gemischten Betrieben (Eisenwerke, die mit Kohlenzechen verbunden sind) infolge der guten Be schäftigung in der Eisenindustrie erziel ten Mehrgewinne in die Berechnung einbe zogen. Von den angegebenen 24 Werken sind nur 14 reine Kohlenzechen: 17,18 Millionen Mark von den insgesamt errechneten 19,07 Millionen Mehr- Überschuss entfallen allein auf die gemischten Betriebe. Hätte die „Bergarbeiter-Zeitung allein die Ueber- schüsse der in ihrem Artikel bezeichneten 14 Kohlen zechen in Vergleich gezogen, so wäre sie zu einem wesentlich anderen Ergebnis gelangt. Aber auch diese Berechnung würde noch kein richtiges Bild ergeben. Will man nach dem System der „Bergarbeiter-Zei- tung" die Frage prüfen, wie sich die Bergarbeiter lehne im Vergleich ^u den Zechenüberschüssen ent wickelt haben, so müssen selbstverständlich auch mög lichst die Ueberschüsse aller Werke zur Berechnung herangezogen werden. Die bereits oben erwähnten 33 Gesellschaften hatten aber im letzten Geschäftsjahr emen Gesamtüberschuß von 75,784 Millionen Mark gegenüber 75,758 Millionen Mark im vorhergehenden Jahre aufzttweisen. Das Gesamtergebnis ist mit hin ungefähr dasselbe geblieben, während nach den zutreffenden Angaben der „Bergarbeiter-Zeitung" der Eesamtdurchschnittslöhn von 4,54 im Mittel des Jahres 1910 auf 4,72 -K im 3. Quartal 1911 oder um annähernd 4 Proz. gestiegen ist. Hierbei ist noch zu berücksichtigen, daß der flotte Dezember versand zweifellos das geldliche Jahreserqebnis noch günstig beeinflußt hat. In den Löhnen wird aber diese Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse voraussichtlich erst im Januar zum Ausdruck kommen. U Vor dem Streik? Aus Essen wird gemeldet: Die zahlreichen am Sonntag im Ruhrgebiet abgehaltenen Bergarbeiterversammlun« gen, in denen die von dem alten, dem Hirsch- Dunckerschen Verbände und der polnischen Berufs vereinigung eingeleitete Lohnbewegung, der sich, wie berichtet, der christliche Gewerkverein nicht ange- schlossen hat, besprochen wurde, waren durchweg sehr stark besucht. Nach der in den Versammlun gen zum Ausdruck gekommenen Stimmung scheint die große Mehrheit der Ruhrbergleute hinter der Aktion Ker drei genannten Verbände zu stehen und sie zu billigen. Am nächsten Sonntag sollen neue Bergarbeiterversammlungen stattfinden zu dem ausgesprochenen Zwecke, namentlich auch den unoraanisiertrn Bergleuten Gelegenheit zu geben, ihre Ansicht über die neue Lohnbewegung zu äußern. Die oon vielen Tausenden von Bergleuten besuchten Versammlungen stellten sich einmütig auf den Standpunkt, daß die Forderungen der drei Der- bandsleitungen, die ja den Zechen mit dem Ersuchen, darauf bis zum 5. März zu antworten, zugestellc worden sind, durchaus berechtigt seien. In der in den Versammlungen angenommenen Resolution wird daraus hingcwie;en, daß der gegenwärtige Zeit punkt für die Verwirklichung der wahlberechtigten Forderungen der Bergleute der denkbar günstigste sei. Der Durchschnittsocrdienst ter Gcsamtbelcgsckait habe im letzten Quartal 1911 noch immer 24 Ps. unter dem Lohnsatz oon 1907 gestanden, der Häuer lohn sogar noch 51 Pf. darunter, obwohl seitdem die gcuize Lebenshaltung bedeutend teurer geworden sei, während anderseits der Kohlenabsatz fortgesetzt steige und die Preiserhöhungen des Kohlen- syndikates den Zechen außerordentlich erhöhte Einnahmen sicherten. Der Vorsitzende des alten Berg arbeiterverbandes, oer sozialdemokratische Reichstags abgeordnete Sachse, der erst in diesen Tagen an einer in London abgehaltenen Sitzung des Aus schusses der' internationalen Bcrgarbeitervcrbändr teilgenommen hatte, sprach in der Versammlung in Oberhausen. Er wandte sich gegen den vom christ lichen Eewerkverein erhobenen Vorwurf, die Lohn- bewegung soll« nur dazu dienen, den englischen Bergarbeitern die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Die englischen Bergarbeiter hätten gelegentlich der letzten Ausschußberatungen in London gar nicht den Versuch gemacht, außer englische Organisationen zu bewegen, ihnen durch einen Sympathiestreik zu Hilfe zu kommen. Man mache denn auch in der Tat hier keine Lohn bewegung englischen Bergleuten zuliebe. * Die Situation in Ennland. Aus London liegt folgendes Telegramm vor: Die Konferenz der Bergarbeiter, die am Dienstag rn London Zusammentritt, wird entweder in eovpors oder durch «in« Kommission direkt mit dem Premierminister in Verbindung treten. Man erwartet, daß ein Teil der Bergarbeiter in Derbyshire bereits heute in den Ausstand treten wirk. In verschiedenen Bezirken laufen Vie Kündigungstermine morgen oder Mittwoch ab. Im großen und ganzen aber werden die Leute bis Don nerstag bet der Arbeit bleiben, so daß der allge meine Streik am Freitag beginnen würde. In Aldershot sind 16 000 Mann Kavallerie und In fanterie bereit, binnen wenigen Stunden zur Unter drückung etwaiger Unruhen abzurücken. Die Auslieferung. —* Zu dem im Reichstage vorliegenden Anträge auf Einbringung einer Vorlage für ein deut- scheSAuslieferungsgesetz schreibt man uns: Tie Forderung nach einer reichsgcsetzlichcn Rege lung der Auslieferung von verurteilten oder ange» schuldigten Personen an fremde Regierungen hat lvs. liuhrgsns. schon mehrfach den deutschen Reichstag beschäftigt, zum erstenmal im Jahre 1892 durch einen Antrag von Bär, der die Auslieferung der ausschließlichen Zuständigkeit des RcichSübcrmeiscn und die Bewilli gung der Auslieferung von der Mitwirkung der Gerichtshöfe abhängig machen wollte; die bestehen den Verträge der Einzelstaatcn sollten aufgehoben werden. Ter Antrag fand die Zustimmung der Mehr heit des Reichstages nicht. Im Jahre 1905 gelangre jedoch ein neuer Antrag zur Annahme, der in seinen Forderungen nicht so weit ging, als der vom Jahre 1892, indcni er einmal die Ausgestaltung des Ver» fahrens überhaupt nickt berührte und ferner nur eine materielle Rechtsgrundlage von Reichs wegen verlangte. Ter Antrag wurde vom Reichstage an» genommen, ohne das; es bisher zur Vorlage eines Entwurfes für ein Auslieserungsgesetz gekommen wäre. Um die Schwierigkeiten eines solchen zu ver stehen, muß man fick vergegenwärtigen, daß in Deutschland neben einer Reihe von Verträgen deS Reiches auch solche zwischen einzelnen Bundesstaaten mit fremden Staaten bestehen Tie Auslieferungs verträge des Reick)s haben durch Zustimmung des Bundesrates und Reichstages die formelle Gültig keit von Reichsgefetzen erlangt. Sehr verschieden liegen die Verhältnisse bei den Verträgen der Einzel staaten. Tiefe sind auch heute noch zum Abschluß neuer Verträge berechtigt, solange das Reich mit solchen Staaten keinen Vertrag absckließt. Tie Aus lieferungsverträge Preußens bedürfen nach der Ver fassung nicht der Zustimmung des Landtages; sie mußten aber, um Gesetzeskraft zu erlangen, in der Gesetzsammlung verkündet werden. Ter Vertrag mit Rußland vom Jahre 1885 ist jedoch nur im Reichs anzeiger bekannt gemacht: er hat daher Gesetzeskraft nicht erlangt. TaS Deutsche Reick hat bisher folgende Ausliefe rungsverträge abgeschlossen: Mit Italien 1871, Groß britannien 1872, mit Belgien und der Schweiz 1874, Luxemburg 1876, mit Spanien, Schweden und Norwegen 1878, Uruguay 1880, Serbien und Korea 1883, Kongo-Staat 1890, Columbien 1892, Japan und den Niederlanden 1890, und mit Griechenland 1907. Zwischen deutschen Bundesstaaten und aus- ländischen Staaten bestehen folgende Verträge: Preußen. Bayern und Hessen mit Rußland, Preußen mit Oesterreich-Ungarn, Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen, Mecklenburg, Olden burg, Sachsen-Weimar, Waldeck, Lübeck, Hamburg und Bremen mit Frankreich, sowie Preußen, Bayern, und Baden mit den Bereinigten Staaten von Nord amerika. Tie Nichtauslieferung wegen politi sch e r D e 1 i k t e ist fast allen Verträgen gemeinsam; sie gilt auch für Verträge, in denen — wie in den Verträgen Preußens und Bayerns mit Nordamerika — sie nicht ausdrücklich erwähnt ist. Eine Ein schränkung erfuhr das Prinzip in den Verträgen zwischen Preußen und Bayern mit Rußland vom Jahre 1885, in denen sestgestelll ist, daß der Um stand, daß ein Verbrechen in einer politischen Ab- sicht begangen wird, in keinem Fall als Grund dienen soll, die Auslieferung abzulehnen. Man kann wohl annehmen, daß in diesen beiden Vertragen eine er hebliche Schwierigkeit für eine reichsgeseyliü c Rege lung der Auslieferungsfrage liegt. Tie sogenannte Ättentatsklausel des Belgischen Auslieserungsgejetze-S, nach der ein Angriff aus das Oberhaupt einer frem den Regierung nicht als politisches Verbrechen an- zusehen ist, ist von vielen Staaten in ihre Aus- lieferungsverträgc ausgenommen; andere, wie Eng. land, Italien und die Schweiz haben sich ablehnend dagegen verhalten. Li Lremüe Srüe. Roman von Richard Nordmann. „Barmherziger Himmel, Ingenio, bist du von Sinnen?" Elena umklammert« ihn mit ihren Händen „Was habt Ihr?" fragt« Alexander näher kommend. „Kamillo Persich hat mich gefordert," sagte In genio finster und mit einem seltsamen Blick auf seinen Bruder. „Wer —? Kamillo, Sie?" Es war Nafaela, die herangetommen war und diese Worte ausgestoßen hatte. „Mein Gott, weshalb?" fügte sie, totenbleich im Gesicht, hinzu. „Weil du dich verlobt hast, Ingenio?" warf Epaminandos achselzuckend dazwischen. „Du hättest ihm einfach sagen sollen, daß. . Lin jäher Blick aus Ingenios und «in finsterer, strafender aus Alexanders Augen machten ihn ver stummen, und Ingenio versetzte hastig: „Epaminandos, du und dein Bruder werdet meine Sekundanten sein!" Rofaela schmiegte sich zitternd an Alexander und suchte verwirrt in Ingenios Augen zu lesen. War der Streit ihretwegen ausgebrochen? Hatte Ka millo Alexanders und Ingenios Namen verwechselt, von ihrer Verlobung mit einem Gerhardos gehört, ohne zu wissen, mit welchem, und hatte er Ingenio beleidigt und gefordert, weil er diesen für ihren Bräutigam hielt? Hatte er Ingenio etwas gesagt, wußte di«s«r nun von ihren früheren Beziehungen? Schlug er sich jetzt für die angegriffen« Ehre seines Bruders und war er diskret genug, nichts davon zu verraten? Sie fieberte darauf, mit Ingenio allem zu sprechen, aber es gelang ihr nicht, denn schon schritt er wieder mit Elena voraus, und Alexander ging im leisen Gespräch mit Epaminandos, während sie, vibrierend vor Angst und Ungewißheit, mit Fräulein von Knörcke vorlieb nehmen mußt«. „Dieses Du«ll darf nicht statkfinden. geliebter Ingenio," sagte Elena leise und zärtlich. „Man fetzt sein Leben nicht aufs Spiel, wenn man in vier Wochen Hochzeit machen soll." Ingenio sah si« «rstaunt an. „In vier Wochen? Seit wann ist das beschlossen?" „Seit heute ,,. Ich will so rasch al« möglich Hochzeit machen und mit dir nach Deutschland reisen, wo wir dann für immer bleiben wollen. Das alles werde ich dem Leutnant Persich sagen, «r muß und wird seine Beleidigung und seine Forderung Zurück nahmen." „Du für mich bitten?" „Keineswegs. Ich werde Kamillo bloß das Un sinnige seiner Handlungsweise vorstellen —" „Kamillo? Du nennst ihn Kamillo?" unterbrach sie Ingenio heftig. „Ich bin es von Kindheit an gewöbnt." „Ihr habt Euch aber seit einem Jahrzehnt nicht mehr gesehen." „Nicht doch. Wir trafen uns vor drei Jahren in Venedig und zuletzt vor drei Wochen, als ich hier her fuhr." „Ei . . .?" Ingenio blieb stehen. „Ihr reistet also zusammen. Was spracht Ihr denn?" Seine Stimme klang ein wenig unsicher. »Hch teilte ihm meine Verlobung mit." „Und wie nahm er das auf?" Elena schwieg. Dor ihren Augen tauchte mit einem Male das verstörte Gesicht des jungen Leut- nants auf; seine Worte über Ingenio schwirrten in ihren Ohren, und schließlich entsann sie sich wieder aufs neue ihrer Beobachtungen, ihres Verdachtes, daß zwischen Kamillo und Nafaela irgendwelche Beziehungen bestanden. Ueber all das vergaß sie, ihrem Bräutigam auf seine Frage zu antworten, und plötzlich fühlte sie sich oon ihm am Arme gefaßt. „Er liebt dich!" preßte er hervor. „Was fällt dir ein!" stammelte Elena. „Leugne nicht, du weißt es, ich höre es am Klange deiner Stimme, ich sehe es an deiner Ver wirrung. Er liebt dich und trachtet mir nach dem Leben, er will mich toten, um dich zu gewinnen." Elena starrt«, sprachlos über diese unerwartete Wendung, in Ingenio« erregte Züge, aber da trat Alexande heran und sagte mit einem Elena rätsel haften Tone: .Last das. Ingenio!" Mit blutiq rotem Scheine war di« Sonne ins Meer versunken, und es trat d«r Mond hervor, blaß und durchsichtig, kaum wahrnehmbar auf dem Hellen Grunde de« Firmamentes. Erst später füllte sich die Scheib« mit Licht und Glan- und übergoß die KM« mit magischen Farben. Lus der schwarzen Erde der Insel stieg ein betäubender Duft in die Höhe, er erfüllt« die Luft, berauschte die Köpfe und Seelen, und drunten auf der Spianata, in der Strada Kyoiako, am Strande und in den Weinbergen wandelten di>e Mädchen und di« Burschen in der warmen, duftenden Frülingsluft lachten und plau derten und sangen lockende, klagende und fröhlich« Weisen. Elena wandelte zwischen Ingenio und Alexander dahin, keiner sprach ein Wort, und nur um dieses peinliche Schweigen zu unterbrechen, sagte Doktor Gerhardos in leichtem Tone: „Fräulein Elenas Vat«r hat mir heute das Beamtenhaus zu Schal zwecken geschenkt, und Malten wird Vorstand der Schule." „Wahrhaftig?" rief Ingenio. „Du haft es also doch durchgesetzt, Elena? Da gratuliere ich dir. Aber ... ein Deutscher, das erkläre ich dir, darf unter keinen Umständen Leiter der neuen Schule werden." „Wie . . ?" fragte Elena betroffen. „Nie!" rief Ingenio in befehlendem Ton«. „Das wäre «in Fauststhlag für alle griechischen Lehrer, «ine . . «ine Ueberstellung deutschen Geistes über d«n unseren!" „Beruhige dich doch, Ingenio", raunte Alexander, und Elena sagt«: „Ich bin bin zu dem Schlüsse ge kommen, daß allen auf unserer Insel lebenden Par teien so ziemlich ihr Recht werden könnte, wenn wir folgenden Lehrplan aufstellen —" „Nichts, nichts — wenn du schon „Parteien" ge recht werden willst, ist die Sache von vornherein un sinnig! Uebrtgens, gut — ja — rede meinetwegen, entwickl« dein«n Lehrplan! Gründ« eine Schule, wo Deutsch und Italienisch im Vordergründe stehen und di« Griechen nur geduldet find. Ich bin oereits auf alle» gefaßt." „Es ist selbstverständlich, daß ich mich mit so un. möglichen Ideen nicht tragen werde, die Landes kinder gegen die der Ein gewanderten zurückzustellen oder zu wünschen, daß die kleinen Deutschen und Italiener die griechische Sprach« nicht ebenfalls zu der ihrigen machen sollten Im Gegenteil. Je mehr Sprachen der Mensch beherrscht, um so reicher ist er — au» diesem Grunde also möchte ich nicht, daß die deutschen Kinder eine Weltsprache und die kleinen Italiener eine d«r schönsten Sprachen, die wir be sitzen, vergessen." „Aha' Es läuft also doch darauf hinaus, daß in deiner Schule eine Dreisprachenpolitik getrieben wer den soll?" unterbrach si« Ingenio nervös. „Das sind bereits di« Früchte deines Verkehrs mit Her mann Malten, der sein ganzes Leben an ähnliche Phantome und Schrullen verzettelt hat. Was du da auskramst, ist doch nichts anderes als National politik, deutjchtllmliche Phrasen, die du irgendwo aufgeschnappt hast —" „Ich muß dich bitten ... dich mindestens anders auszudrücken", unterbrach ihn El«na leichthin, und mit einem überlegenen Lächeln fügte sie hinzu: „Ein Mädchen, das wie ich Las Glück gehabt hat, von einer freidenkenden Mutter erzogen zu werden, und seit ihrer frühesten Kindheit Gelegenheit hatte, die Größe der Welt und in ihr die verschiedensten Na tionen kennen zu lernen, konnte nicht in engherzi gen. nationalen Begriffen stecken bleiben. Ich bin keine Dcutschtümlerin in dem so lächerlichen Sinne: nur der Deutsche hat recht. Ich bin in meinen Ge fühlen deutsch, weil ich di« deutsche Kultur als di« edelste, höchste und mächtigste erkenne und mich vor allem beuge, was groß und edel ist." „Darin kann ich Ihnen nur beistimmen", mischte sich Alexander ins Gespräch, und Ingenio schrie: „Was —? Du — du gibst ihr recht? Weißt du, was du damit sagst? Daß wir Griechen, die wir die älteste, edelste, die klassische Nation sind, unter den Deutschen stehen!" „Mein lieber Ingenio, es wäre ein ganz müßiges Vorgehen, auf den heutigen Trümmern unseres Vaterlandes darüber zu streiten. Was war, ist tot und kann non und nimmer sei eigenes Leben leben, sondern nur im anderen wciterleben. Seien wir stolz auf den Glanz der Vergangenheit unseres Landes, aber versuchen wir es nicht, uns an Phan tome zu hängen. Das größt« und edelste Volk der Vergangenheit ist in seiner jetzigen Gestalt «in armes, leidendes, ein überwundenes Volk, das kaum mehr mitzählt in der großen Kultur, und es wäre mehr als engherzig, das Neu«, Große, das uns von wo anders herüberstrahlt, nicht sehen, anerkennen zu wollen, und so den Fortschritt und die Entwickelung zu hemmen, die sich nicht nur über einen T«il, son- Lern über die ganze Erde erstrecken soll " (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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