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r-ichciiit täglich nachm, mit Ausnahme der Sonn- und stelltage. «,i»a«preis r Lienelj. I ^ S« ^ (ohne Bestellgeld), für Oester- rcich 2 l» >»-'» l>. Bei a. a. Poslanstalten l. HeitimgSprciSIiste Nr. Sluzeliutmmer 10 Pf. — NedaltionS-Eprechstuiide: LI—IS Uhr. Inserat»werden dieNgespall.Pettlzetle ob derenRaum mit l!» L, Reklame» mit t»<» ä die Zeile berechn . b. Wiederh. bedeut. Rada». Buchdruchcrci, Redaktion und ltleschästsstelle > DreSVe», Pillnther Strafte 1!t. — sterusprecher Nr. 1306. r. Tie Auflösung des Reichstages. Als wir gestern i»i Schlußsatz unseres zweiten Artikels niederschrielen, das; wir über Nackt vor der großen Schlackt ^eben können, ertrarteten wir nicht, das; unsere Vorhersage der Reichstagsauslösnng schon einige Stlmden später in Er füllung gegangen sein werde. Bis sMtestens 1>. Februar >007 mus; die große Schlacht geschlagen und die Neick>siags- w-ahlen vollendet sein-, bis spätestens am 13. März mus; der neue Reichstag eröfsnet werden. Die Auslösung des Reichs tages hat ihren wahren Grund nicht in der Ablehnung des Nachtragsetats für Südwestafrika. Schon der teinperainent- volle Borstos; des Kolonialdirektors an: 3. Dezember, der mit Zustimmung deS Reichskanzlers erfolgte, lies; den Wunsch der Regierung dnrchblicken, sich kes lästigen Mahners lind Anklägers, deS Zentrums, zu entledigen. Nicht diese Partei bildet eine Nebenregierung, sondern sie hatte lediglich di.' Rolle tines Voltstribunen nbetnon.men, de? gewissenhaft daraus achtete, das; die Kolenialttandal? ihre gerechte Sühnung fänden, und das; im Interesse der d,urschen Steuerzahler die Regierung der Geld- lind Men- 'chenversclsw'nduiig ttir eine Sandwüste ein Ziel setze. Noch nnige Jage vorher hatte der Reichskanzler verkündet, das; > r Allsstand niedergewonen sei, mai> erfuhr auch, das; viel- le'-ätt noch !i00 bewaffnete Hottentotten im Felde stehen, oder 'agen wir lieber, in kleinen Trupps in den Bergen und Mischen herumlungern; trotzdem wollte die Regierung, das; eine größere Truppenmacht als nötig dort erhalteil dlenbe. Im Reichstage erklärte Oberst Deimling wenn mir nicht irren -- das; auf jeden Feind vier Soldaten wannen mühteni gut, dann würden auf 300 Feinde l200 7Rann im Felde genügen. Tie Negierung forderte wieder nind 30 Millionen Mark; das Zentrum wollte 20 Millioneil bewilligen, aber es forderte, das; die Vorbereitungen so ge- nassen werden, das; künftig nur 2000 Mann in Südwest- attlka bleiben sollten. Dabei hat Tr. Spahn eigens erklärt, das; das Zentrum „jeden Mann und jeden Groschen" be willigen werde, aber es fordere eine billigere Kriegs- kührung-, es kbolle statt der io teueren Schutztruppe kl Mann kettet 10 000 Mark im Jahre) eine billigere Polizeitrnppe laben, zumal der Ausstand niedergeworfen sei. Aber mail achtete auf die gründliche Auseinander- utzung des Zentrmnsführers kaum-, es lag vielmehr eine vorbereitete hochgradige politische Spannung in der Luft, die nur auf den ersten Konflikt wartete, um sich zu ent laden: mail fühlte, das; alles gut inszeniert war, um den Srküag zu führen, der das Zentrum treffen sollte. Das Zentrum wird die Verantwortung für sein Ver- va.ren gern tragen. Es hat wahrlich Millionen genug für Südwestasrika bewilligeil Helsen, und nachdem der Ausstand '-ist gänzlich niedergeworfen ist, konnte und mußte es im Interesse des Volkes verlangen, das; endlich die Zahl der Truppen auf das unbedingt notwendige Mas; herabgesetzt werde. Es hat nicht die Kolonie preisgeben wollen, son dern nur darauf bestanden, das; die Negierung endlich den ernsten Willen betätige, der Geld- und Menschenverschwen dung ein Ziel zu setzen. Die Regierung berief sich aus „militärische Autori täten". Was wurde nicht alles von diesen bereits verlangt? Wieviel tausend Mann müßte der Steuerzahler mehr in den Kasernen unterlialten, wieviel Schisse würden mehr in den .Häfen liegen, wieviel neue Waffenstücke hätten wir be reits zu bezahleil gehabt, wenn es nach den Forderungen der „militärischeil Autoritäten" gegangen wäre! Diese find nicht allein maßgebend. Wohin würden wir koinmeii. wenn der Reichstag alle ihre Forderungen bewilligen wollte? Tie Steuerkraft des Volkes spielt hier eine be deutende Nolle. Das nationale Bewußtsein kann nicht in der Geldbewilligung für eine größere Heereskraft be stehen, als unbedingt nötig ist. Für eine gesunde Finanzpolitik hat der Reichstag Sorge zu tragen. Das Zentrum lxttte dieses Bemühen um eine vernünftige Sf'arsamkeit, und das nimmt die Regierung zum Vor- wnilde, den Reichstag aufzulösen. Daß die Ablehnung deS Reichstagsetats nicht der wahre Grund ist, liegt klar zutage: die Negierung sucht eine willfährigere Mehrheit, als es das Zentrum nxir: es sucht eine Gruppierung, welche die Augen zu schließen versteht, wenn die Kolonialskandale der Negierung das Leben ver bittern. Glaubt sie durch die Neuwahleil unter der Parole- „Fort mit der kolonialen Nebenregiernng" ihr Ziel zu er reichen? Wir zweifeln an dem Erfolg. Zunächst kann man es nicht verübeln, wenn nun die Zentrumspresse rücksichtslos die himmelschreiendeit Kolonialskandale ansdeckt lind den Wählern klarmacht, das; die „koloniale Nebenregiernng", so weit Zentrnmsmitglieder dabei in Betracht kommen, einzig und allein den Zweck hatte, den Skandalen ein Endo zu machen, ihre Vertuschung zu verhüten und den christ lichen Missionen gegen Beamtenwillkür Recht zu ver- sckxiffen, daß aber von anderer Seite eine „Nebenregierung" ansgeübt wird, mit dem Zwecke, alle Skandale zu vertuschen und Beamte, deren Konto mit solchen be- lastet war, in ihrer Stellung zu erhalten oder von nenom in einflußreiche Stellungen hineinznbringen. Was bei den Wählern mehr Eindruck machen wird, lverden wir ja sehen! Tie Anslölung des Reichstages unter der gegebenen Parole wird nur die Popularität des Zentrums erhöhen. Leider werden aber auch die Sozialdemokraten mehr An hang gewinnen, als es der Regierung lieb ist. Sollte der Haß gegen das Zentrum die Naüonalliberalen und ihre Freunde zur Bildung einer „großen liberaleil Partei" süliren, dann hab'n sich die Kons-tvaliven über die Umge staltung des Reichstages nicht zu freuen, denn ihre Stelle würde der Liberalismus einnehme.i und der wird weit an spruchsvoller fern, als das Zeittrnin liar. Doch lassen wir das Prophezei-'i. und denken wir an die Gegenwartsarluit. Ta) Zentrum hat gÜicllicherweise nicht geschlafen, sondern seine Organisationen ausgebant, so daß der „Tresdn. Anz." ihm gestern das Zeugnis aus stellen mußte, eine Wahlparole untel dem Titel Kolonial politik sei nicht der rechte Hammer, um „die Macht des Zentrums, das den größten Teil des politisch organisierten deutschen Katholizismus repräsentiert und das stets eine Disziplin bekundet hat, di? für andere Parteien nur vor bildlich iein kann, so ohne weiteres zu zerschlaaen". Hätten sich die Konservativen und Nationalliberalen in Sachsen die Zeit seit 1003 so zunutze gemacht wie das Zentrum, so könnten sie mit froher Kampfesstimmnng in den Wahl kampf ziehen. Aber nach den letzten Reichstagslrahlen legten sich die nationalliberalen und konservativen Schild träger zur Ruhe nieder, süße Träume von getaner Pflicht nmgankelten sie und sie lverden über den Trompetenstoß nicht schlecht erschrocken sein, der so unerwartet neuerdings großen Kampf verkündet, sie lverden dem Reichskanzler bitter zürnen, daß er ihnen so unerwartet die Zipfelmütze i von den Augen zu ziehen sich erlaubte. Tie bürgerliche - Presse behandelte den einzigen Feind in Sachsen, die ! Sozialdemokratie, als Lust: sie ignorierte ilm vornehm »iw ^ ging dem Kampfe sürsichtiglich ans dem Wege. Nun muß dieselbe Presse die Srdnungsparteien gegen einen Feind ! snbren, dessen inneres Wesen ihnen unbekannt gelassen wurde kein Wunder, das; es so viel Ueberläuser gibt. Schuld daran sind die bürgerlichen Parteien und vor allein ihre Presse selbst. Auch die Katholiken Sachsens haben nicht geschlafen und an ihren Organisationen fleißig gearbeitet. Nun heißb es, die Frucht aus ihrer Arbeit pflücken. Vor allen Dingen lxaben sich überall aus den bestehenden Vereinigungen heraus politisck>e Wahlvereine zu bilden, deren Ausgaben die Wohlvorbereitungen sein müssen. Unsere Parole, unter der wir die Zentrumslvähl'?c in Sachsen sammeln, muß sein: Eine gesunde Finanzpolitik und eine saubere Kolonial- pvlitik! Deurscher Reichstag. Ir. Berlin. 1-10. Sitzung am 13. Dezember 180L. Auf der Tagesordnung steht der 2. NachtragSctat für Süd- ivestasrcka. — In der Budgctkomnüssion ist bekanntlich alles ab- gclchnt worden. Das Zentrum beantragt, dem dispositiv hinzuzusügen: »Zur Hciinbefördernng von Verstattungen, die in der Wo se zu erfolgen hat. das; sväleslens bis zum 31. März 100/neben der Helmsendung weiterer 1000 Mann die Vorbereitungen dazu getroffen sind, die Gesamtstärke der Stzntztiuppc auf die Zahl von 2000 herabzu- »uiidern, und statt 20220000 Mb" zu setzen: „2«'23k0o0 Mk." Die Freisinnigen beantragen, 20220000 Mk. zu geneh migen und d e Schntztruppc erheblich zu vermindern. Berichterstatter Dr. Spahn referiert über die Konnnissions« Verhandlungen. Die Kommission hat auf eine Berminderung der Truppe» mit aller Gewalt hingcarbeilel. Oberst v. Deimling hat am 10. März schon ansgeführt, das; nur 3k>oo Soldaten vor dem Feinde nötig seien Die Summe des HauptetatS hat nicht aus- gercicht. Ursprünglich forderte man über 02 MÜtz Die Kommis sion strich 10233000 'Mk. ab. Eni Antrag ging nun dahin, diese Summe zu genehmigen, aber zu bestimmen, das; die Vorbereitungen bis 31. März loo? dahi» zu treffen sind, das; »ur noch 20.0 Mann dort bleiben sollen. 'Nur .".00 Hottentotten siehe» noch unter den Waffen. Die Antragsteller forderten ferner, das; die Schntztruppc tunlichst bald in eine Polizcitrnppe ningcwnndelt werde, was er heblich billiger ist Tie Antragsteller versicherten, das; sie die Ver antwortung »nt übernehmen wollten, da es sich »m große Aus gabe» handle Für 1!« >! werden bereits 00 Millionen Matt ge fordert. Alle Anträge sind in der Kominission abgclehnt worden. Reichskanzler Fur.l Biilow: Tie Vorlage ist sorgsam geprüft worden: sie fordert nur das Unerläßliche. Wir werden die Truppen bis April 100/ ans 3000 Mann vermindern, i'väler aber noch Ver minderungen eintreten lasse». Für i007 können wir »ns nicht auf eine bestimiive Zahl feitlegen: dieser Vorschlag ist für die Ver bündeten Negierungen annehmbar. Die militärische Aktion würde hierdurch eingeschränkt werde»: der Süden ginge verloren und wir hätte» bimie» tnrzer Zeit neue Anfilände. Die Aufstände würden auf andere Kolonien nbersprü-ge», wir müßte» sie wieder erobern oder ganz anfgebe». Es handelt sich um eine letzte Anstrengung; vor dem letzte» Lpser dnrie wir nicht zurnckschrecken Wir machen uns sonst einer nationalen Versündigung schuldig. Ich hoffe nicht, daß der Reichstag einem solche» 'Beschluß zustiinml. Als verant- wörtlicher Leiter der Reichsgcichäfte kann ich einen solche» Beschluß nicht »illerschreibe». «'Beifall rechts.) Abg. Schinidl-Etbcrfcld (Vvt.) Wir wolle» uns nicht auf eine bestimmte Zahl feitlegen. »eil sonst die völlige Beruht gnng nicht diirchgesühri werde» kan». Alle entbehrlichen Truppen müssen so rasch wie möglich znrttclgescndet werden. Deshalb unser Antrag. (Beifalls links.) Abg. Rocren (Zentrum) will sich einige allgemeine 'Bcmcrkiliigcn gestalten. Die letzte Rede des KonialdirckiorS Ternbiirg hat viele Mißverständnisse erzeugt; ich muß mir deshalb einige 'Bemerkungen gestalte». Ich hatte die knltnrclleu > Verhältnisse zu beleuchten, die Wistnba Angelegenheit habe ich nur ! nebenher berührt; der K lonialdireltvr hat diese in den Vorder- ! grnnd gestellt, um non einer Nehenregicrnng des Zentrums sprechen zu löimen. Von de» Mißftänden redet man nicht mehr. Ich habe mich nicht nnbesugt eingemischt: der Präfekt der Togoer 'Mission bat mich um meine Vermittlung in der 'Affäre der Ver haftung der Mission. Ich hatte mich an den Reichskanzler ge wandt. um eine Unterredung zu erlangen; Tr. Sinbel hat mich direkt ringeladc», a» den Verhandlungen te>lz»neh»eii. (Hört! Das lat ich. Eine unbefugte Einmischung existiert nicht. Ein förmliche Aufzeichnung über die Vereinbarung fand statt, die Un schuld der Million wurde eigens seslaellelli Am '2 M»i 10g (Geschichtliches vom LVeihnachtsbaurr». Soeben ist ein Buch von Tr. E. M. Kronseld „Ter Weihnachtsbaum" (Schulzesche Hosbnchhandlnng, Olden burg) erschienen, in dem zahlreictg? Forschungen über den Ebrrstbanm gesammelt sind. Von blühenden und leuchtendeil Bäumen, die in der heiligen Nacht zu jungem Leben erwachen, wissen Legenden Wundersames zu erzählen. Tie Rose von Jericho, die ihre Mite im Hellen Scheine des Sternes von Bethlehem ent- faltet, lxtt ihr natnrgeschichtliches Gegenbild in der Nies wurz, deren vorzeitige Blüten schon im Dezember „Schnee- rosen" hervorsprießen lassen: von dem in der Ehristnacht ausschlagenden Weißdornstranch und blühenden Aepfel- bäumen, die manch Anserwählter in der heiligen Nacht leuchten sah, erzählen alte Geschichten. Diese Sehnsucht, zu Weihnachten blühende Pflanzen und Bäume im -Hanse zu besitzen, die schon im germanischen Mythus zu Tage trat, brachte die Sitte, zum Ebrisltage Blumen und Zweige zum Blühen ^zn bringen, ja durch künstliche Ertixirmung und sorgfältige Pflege ganze Kirfclp und Birnenbäume mit jun gen Sprossen und ersten Blüten zu schmücken. Doch bald wandte man sich zu den immergrünen Pflanzen, deren ^chmltck die Unbilden des Winters .iberdam."-. und die di? schönste Verheißung der Natur für einen kommenden Früh ling sind, zu. Tanne. Fichte und Föhre wurden die natur gemäßen Weihnachtsbänme: ja auch die Eibe ist in Brandenburg und Sachsen als Cbristbanm verwendet wor- den, wie Linn6 17-11 beobachtet bat. In der germanischen Mythologie spielt der Julblock, l-aS Sinnbild des ertvachsenden Pflanzenlcbens, eine groß - Ralle; mit Lichtern besteckte Tanncnbömnc werden bei Slaven und Zigeuner» zu Hochzeitseierlichkeiten ansge richtet: auch bei dem Iulfeste wurden Blöcke Holz äuge- zündet. So gesellte sich Feuer und Lichterglanz zu aller germanischen Festesfeier. Dennoch läßt sich der deutsche Weilmachtsbanm in lttner Weise von allbeidniichen Gebräuchen herleiten. Mag euch sein Wesen mit uralten Vorstellungen und langver- lrauten Gebräuchen eng ziisammenlßingen, so ist seine Existenz doch vor der Wende des 10. und 17. Jahrhunderts nicht nachzilweisen Weder das Mittelalter noch die Re- sormationszeit kannten den Ehrisibanm, und er scheint erst ans einer lokal begrenzten, elsässischen Einrichtung und Sitte allmählich sich zum Sinnbild deutscher Weihnachts stier entwickelt zu haben. Ter berühmte Prediger Geil r von Kaysersberg wendet sich in einer seiner Predigten scharf gegen die in Straßbnrg herrschenden Weihnacht-?- gebränche und verdammt sie als heidni'ch. Unter diesen Sitten erwähnt er auch: „danreiß (Tannenreis) in die Stuben legen" und bietctt uns damit den ersten Beleg für einen Voltsbrancb, der mit unserem weihnachtlichen Tannenbailin in Verbindung steht. In l^r katholischen Reichsstadt Schlettstadt im Unterelsaß läßt sich dann der Weil,nacbtsbaiim durch das ganze 10. Jahrhundert hin Nachweisen. Im Jahre 105>ä erläßt der Rat der Stadt das Verbot, Weibnachtsbäiime zu bauen: überlxnipt läßt sich ans Nechnniigen und Verordnungen der Stadt das alljäbrlich' Ausrichten von Weihnachtstanncn genau belegen. Tie erste wirkliche Ertväbnung des geschmückten Baumes.aber haben wir in einer -Handschrift von 100-1, in der cs heißt: „Ans Weihnachten richtet man Tanncnbäume zu Straßbnrg in den Stuben aufs, daran bencket man roßen aus viclsarbiaem Papier geschnitten, Aepfek, Oblattcn. Zischgolt, Zucker." Noch im Jahre IOsi-1 bekämpft der Straßburger Pastor I. K. Tannbaner diesen Brauch als gottloses Kinderspiel. In seinem dickleibigen Kompendium „Katechismnsmilch" beißt eS: „Unter allen Lapf>alie», damit man die frohe Weih nachtszeit oft mehr als mit Gotleswort begeht, ist auch der Weilmachtsbanm oder Tannenbanm, den man zu Hanse ausrichtet, denselben mit Zucker und Puppen behängt und ihn hernach schütteln und ahblnmen läßt." Doch der elsässische Weihnachtsbaiiin war noch ohne Lichler, durch die Franzosen verschwand er nach der Annek tierung des Landes vollständig und ist erst 137t) von den deutschen Truppen wieder hingebracht worden. Im Innern Deutschlands aber fand dieser elsässische Boltsbranch liebe- volle Ausnahme und breitete sich immer mehr ans. Die erste schriftliche Erwähnung des mit Lichtern versehenen WeihnachlshanmeS finden wir 1737 in Gottfried KißlingS Schritt „Von heiligen Ehrist Geschenken", in der unsere heutige Weihnachtssitte bereits vollständig entwickelt ist. Von nun an mebren sich die Belege. Immerhin tvar der Ehrisibanm Anfang der vierziger Iabre des 10. Jahr hunderts in Berlin noch nicht allgemein verbreitet, wie der ans Bern nach Berlin gekommene Entomologe Dr. Karl v. Brunne,- erzählt. In Wien tvar der Schauspieler Hein rich Anschütz einer der ersten, der hier das Ehristfest mit einem Weil,nachtsl>anm feierte. Als er 1321 ans Schlesien nach Wien an die Burg kam, Nvir diese Sitte in Oesterreich »och fast unbekannt. Allgemein beliebt wurde der Christ- banm erst in Wien, als ihn die Erzherzogin Henriette, eine geborene Prinzessin von Nassau Weilbnrg. am Hofe ent führte. In Ungarn wurde der Weilmachtsbanm nach 1810 populär, und erst in den letzten Jahrhunderten hat er seinen Siegeszug durch die Welt angetreten. „Germania."