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der Solopart ein, mit dem variierten Haupt thema in das Geschehen eingreifend. Nun ent wickelt sich in dem großartigen Durchfüh rungsteil ein an dramatischen Auseinander setzungen, an kühnen Ideen, an immer neuen thematischen und stimmungsmäßigen Gestal tungen und an wunderbaren Schönheiten überreicher Dialog zwischen Soloinstrument und Orchester. Da der Klavierpart das virtuose Element während des Satzablaufes im Dienste der Ausdrucksverbesserung bereits in sehr be deutendem Maße einbezieht, hat Beethoven in diesem Konzert auf die übliche große Solo kadenz vor Schluß des ersten Satzes verzichtet. Dennoch wird dem Soloklavier in der ab- ^Äkeßenden glanzvollen Coda in organischer ^^uindung mit dem Orchesterpart noch ein mal Gelegenheit zu virtuosem Brillieren gege ben. Der zarte zweite Satz (Adagio un poco mos- so) bildet in seiner besinnlichen Innigkeit ei nen starken Kontrast zu dem vorangegange nen. Sein feierliches, ergreifendes Liedthema, zunächst in edler Harmonisierung von den Streichern musiziert, wird vom Soloinstrument im Verlaufe des ziemlich kurzen Satzes in Fi gurationen aus perlenden Trioienketten, Ter zen- und Sextenpassagen sanft umspielt. Aus dieser träumerischen Stimmung erfolgt unmittelbar der Übergang in das Finalrondo, wobei am Ende des Adagios durch das Solo klavier bereits ganz leise das Anfangsmotiv des Rondothemas vorausgenommen wird, mit dem dann im Allegrotempo der geistvolle, sprühende Schlußsatz beginnt. Eine äußerst feine thematische Arbeit voll der verschieden sten Ausdeutungen und Kombinationen kenn zeichnet dieses schwungvolle Finale, dessen musikalische Substanz neben einigen Seiten themen im wesentlichen das tänzerische, durch eigenartige Verschmelzung zwei- und 'Ungeteilter Rhythmen gleichsam widerspen- wirkende Anfangsthema, ein daran an- scnließendes Motiv mit punktiertem Rhythmus sowie ein lyrisches, gesangvolles Thema bil den. Nach einem Duo zwischen dem schein bar immer mehr ermattenden und fast ver löschenden Klavier und der ständig leise das punktierte Motiv wiederholenden Pauke schließt das Konzert nach einem plötzlichen Aufschwung des Soloinstrumentes endlich doch wieder in jubelndem Tutti. Für eines seiner „vorzüglichsten" Werke hielt Ludwig van Beethoven seine 7. Sin fo nie A-Dur op. 92, die tatsäch lich auch von ihrer triumphalen Uraufführung an bis heute stets ein Lieblingswerk des Pu blikums wie der Dirigenten gewesen ist und schnell eine außerordentliche Popularität er rungen hatte, wenn es auch anfangs, durch die Kühnheit und Neuartigkeit dieser faszinieren den, aber höchst eigenwillig gestalteten Kom position bedingt, nicht an kritisch ablehnenden Stimmen fehlte. Die von Beethoven 1811 be gonnene (einzelne Skizzen reichen schon in frühere Jahre zurück) und 1812 vollendete Sinfonie wurde zusammen mit der naturalisti schen Programm-Sinfonie „Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria" in einem Wohl tätigkeitskonzert zugunsten verwundeter bay risch-österreichischer Soldaten, die Napoleon 1813 in der Schlacht bei Hanau geschlagen hatte, am 8. Dezember 1813 in Wien uraufge führt. Als hochbedeutender künstlerischer Bei trag des vom „reinen Gefühl der Vaterlands liebe" durchdrungenen Meisters zum Be freiungskampf gegen die napoleonische Herr schaft steht das aufrüttelnde, Elan und aktivie rende Kraft ausstrahlende Werk gewiß mit der Zeit seiner Entstehung in ideellem Zusam menhang, wenn es sich hier auch weniger um direkte programmatische Bezüge handelt. Das Grundelement eines vitalen, pulsierenden Rhythmus, der sich als alles beherrschende, alles gestaltende Kraft erweist (charakteristi scherweise gibt es in der ganzen Sinfonie, ebenso wie in der „Achten", keinen langsamen Satz), aber auch eine interessante, neuartig bereicherte Harmonik, eine eng verzahnte The matik und eine überaus großzügige, kühne Li nienführung schufen zusammenwirkend hier ein strahlend-glanzvolles Werk überschäumen der Lebensfülle, von festlicher Heiterkeit bis zu ausgelassenstem, wild entfesseltem Tau mel, in dem Beethoven in schöpferischer Ent wicklung zu absolut neuen Ordnungen und Formungen vorgedrungen ist. Mit einer breit angelegten, wie abwartend wirkenden langsamen Einleitung, die unmerk lich zum Hauptsatz (Vivace) hinführt, beginnt der erste Satz. Das lebenssprühende, in punk tiertem Sechsachtelrhythmus stehende Haupt thema durchzieht als dominierende rhythmische Grundfigur den gesamten, wechselvollen Stimmungen unterworfenen Satz, der trotz an sich frischen, hellen Charakters doch bereits, ähnlich wie später das Finale, reich an schrof fen dynamischen Kontrasten, kühnen Modula tionen, starken Ausdrucksspannungen und Steigerungen ist. Der zweite Satz, von Beethoven als erster ent worfen, bildet das Kernstück der Sinfonie und erregte von Anmfang an besondere Aufmerk ¬ samkeit und Begeisterung. Dieses von tiefer Empfindung beseelte, wunderbare a-Moll-AI- legretto ist in erweiterter dreiteiliger Liedform angelegt; während der erste Teil ein ernstes Thema in gleichsam gebrochenem Marsch rhythmus bringt, dem als Gegenstimme eine innige, ausdrucksvolle Melodie der Celli und Violen beigegeben ist, wird im gesangvollen, freundlichen Mittelteil besonders der Gegen satz zwischen Moll und Dur wirksam. Nach dem am Schluß noch einmal die Marschweise aufgenommen wurde, schließt das Stück, wie es auch begonnen hatte, mit einem fragenden Quartsext-Mollakkord. Im dritten Satz, einem verhältnismäßig ausge dehnten Scherzo, fällt die damals innerhalb einer A-Dur-Sinfonie ungewöhnliche Wahl der Tonart F-Dur auf. Der lebensfrohe, kapriziöse Presto-Satz rauscht in funkelnder, spühend- jugendlicher Ausgelassenheit an uns vorüber, zweimal kontrastierend unterbrochen von einem lyrischen, liedhaften Trio-Teil, dessen Thema einem Zeitgenossen Beethovens zufolge einem österreichischen Wallfahrtsgesang ent nommen sein soll und dessen besonderer Ef fekt eine sogenannte liegende Stimme, hier der Klang des festgehaltenen Tones a, dar stellt. Voller bacchantischem Überschwang gibt sich schließlich das stürmische Finale. Vor allem die Kühnheiten, die zahlreichen melodischen und metrischen Wiederholungen, die Orgelpunkte, und überhaupt die „Aufge- knöpftheit" dieses ausgelassenen Satzes wur den Anlaß für kritische Äußerungen der Zeit genossen, und man hat ihn einmal sogar als „Gipfel der Gestaltlosigkeit" bezeichnet. En ungestümer Ausbruch heftiger Leidenschafj^fc| von elementarem Rhythmus umtost, trägt gerade das in jubelndem Tutti endende Finale des Werkes charakteristischste Züge der eigen willig-genialen Persönlichkeit seines Schöpfers. (Prof. Dr. Dieter Härtwig) VORANKÜNDIGUNGEN : Sonnabend, den 20. April 1985, 20.00 Uhr (Freiverkauf) Sonntag, den 21. April 1985, 20,00 Uhr (AK/J) Festsaal des Kulturpalastes Dresden 6. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: losif Conta, SR Rumänien Solistin: Idil Biret, Türkei, Klavier Werke von Enescu, Rachmaninow und Beethoven Sonnabend, den 27. April 1985, 20.00 Uhr (Anrecht Sonntag, den 28. April 1985, 20.00 Uhr (Anrecht A Festsaal des Kulturpalastes Dresden Einführungsvorträge jeweils 19.00 Uhr 9. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: György Lehel, Ungarische VR Solistin: Andrea Sestakovä, CSSR, Violine Werke von Mozart, Suchon und Brahms Programmblätter der Dresdner Philharmonie Redaktion: Dipl.-Phil. Sabine Grosse Spielzeit 1984/85 — Chefdirigent: Prof. Herbert Kegel Druck: GGV.BT Heid. 111-25-16 495097 2,85 JtG 009-22-85 EVP -.25 M 8. PHILHARMONISCHES KONZERT 1984/85