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Erscheint täglich mit Ausnahme der Lage nach Sonn, und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 25 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. ««d Waldenburger Anzeiger. Amtsblatt tiir den Ltadtralh za Waldenburg. Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Max Liebezeit; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandslqafss; in Rochsburg bei Herrn Luchhalter Fauth; in Lunzenau bei Hrn. Buchhdir. S. Dietze; in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenftein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchurs)orf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Neichenbach, Remte, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. 3«. Sonntag, den 6. Februar 1887. Witterungsaussichten für dm 6. Februar: Bei westlicher Windrichtung fortdauernd heiteres, trockenes und mildes Wetter. Bekanntmachung, die Entfernung der Leichen aus dem Sterbehause betr. Infolge Verordnung der Königlichen Kreishauptmannschaft zu Zwickau vom 30. December 1886 wird andurch bekannt gegeben, daß in Gemäßheit der Ver ordnung des Königlichen Ministeriums des Innern alle Leichen, an welchen deut liche Zeichen der Fäulniß wahrnehmbar sind, nicht über den 4. Tag (vier mal 24 Stunden) von der Stunde des eingetretenen Todes an im Sterbehause zu be lassen, sondern aus dem letzteren spätestens mit Ablauf der gedachten Zeitfrist zu entfernen sind, um entweder beerdigt oder in die Todtenhalle überführt zu werden. Zuwiderhandlungen sind mit Geldstrafe bis zu 100 M. beziehentlich im Un vermögensfalle mit entsprechender Haft zu bestrafen. Waldenburg, den 4. Februar 1887. Der Stadtrat h. Kretzschmar, Brgm. Rchtr. II. Versteigerung. Freitag, den 11. Februar d. I., von Vorm. 9 Uhr an sollen in der Biehler schm Restauration in Altstadtwaldenburg verschiedene Pfandstücke, und zwar: eine Anzahl Herren-Kleidungsstücke, als: 2 Tuchröcke, 2 Sommerüberzieher, Beinkleider, Westen, Socken, Leibsacken, Oberhemden, Man schetten, Taschentücher, 1 Paar rindlederne Stiefel, 1 Pelz, 1 Reisedecke, weiter: 1 Taschenuhr mit Kette, 1 goldner Ring, Meyer's Conversationslexicon (16 Bände), 3 Kisten, 1 Partie Packpapier, 10 Kistchen Streichhölzer, 1 Regal, 1 Tafel und ca. 19,000 Stück Cigarren gegen Baarzahlung öffentlich versteigert werden. Waldenburg, am 5. Februar 1887. Der Gerichtsvollzieher des Königlichen Amtsgerichts. Löschner, Rend. *Waldeuburg, 5. Februar 1887. s Zwei Wochen haben wir noch bis zu dem entschei- > denden 21. Februar. Nach den wiederholten Allarm- gerühten, welche die letzten Wochen gebracht, ist es er klärlich, wenn der Wunsch gehegt wird: möchte der Tag nur erst da sein, was wird geschehen? Die Lage war seit 1871 noch niemals so seltsam, wie gegen wärtig. Nicht ein einziger greifbarer Kriegsgrund ist vorhanden und doch wird überall gerüstet, wollen die drohenden Gerüchte kein Ende nehmen. Aus Allem folgt die Thatsache, daß der nächste Krieg in Europa lediglich ein Kampf um die Obmacht sein wird. Selbst wenn Frankreich Elsaß-Lothringen wieder er langen und deshalb einen Krieg riskiren würde, das letzte Motiv dabei wäre die Demüthigung Deutsch lands, Frankreichs Wiederherstellung. Dasselbe Mo tiv, das gefährlichste von Allen, würde auch einen österreichisch-russischen Krieg beeinflussen, der in Ungarn namentlich sofort nach dem Ausbruch eines deutsch französischen Krieges befürchtet wird. Darum rüstet alle Welt, während doch überall Friedensbetheuerungen erfolgen. Niemand will den Krieg, aber Jeder ist be reit, ihn auszufechten, wenn er kommt. Ein Krieg kann offiziell dem deutschen Reiche viel schaden, aber wenig nützen. Und was das Allerschlimmste: Jeder neue Krieg bedingt einen ferneren. Niemals stand die politische Entwickelung der Staaten still: Aus vielen Kleinstaaten wurden einzelne größere, die dann wieder um die erste Stellung unter einander rangen; niemals haben auch solche Armeen den einzelnen Mächten zu Gebote gestanden, wie heute. Wenn die Heere eines Darius und Xerxes lange Zeit für unmöglich erklärt wurden, heute sind sie ein überwundener Standpunkt. Die Millionen Soldaten, über welche die modernen Militärmächte gebieten, überragen die Schaaren eines Terpes auch an Zahl bei Weitem. In schwerer Zeit neigt sich auch das menschliche Gcmüth mit Vorliebe düsteren Betrachtungen zu. Zum Singen und Jubiliren sind unsere Tage nicht, und es kann deshalb kein Wunder nehmen, wenn ein großer Theil des Volkes sich durch den Kriegslärm in hohem Maße beängstigt fühlt. Der Druck, welcher über un serem ganzen politischen Leben, nach Außen und nach Innen, liegt, lastet auf dem Einzelnen doppelt schwer und erweckt in ihm erhöhte Besorgniß. Das ist nicht gut, es übt seine Rückwirkung auch auf das geschäft- j Uche Leben und lähmt namentlich die gewerbliche Un- ternehmungslust. Alles hofft darum auf den 21. Fe bruar, erwartet, daß er den herrschenden Bann lösen, die drohenden Sturmwolken vertreiben wird. Soviel ist jedenfalls sicher: Mögen die Wahlen ausfallen, wie sie wollen, die sofort nach ihnen beginnende Reichstags session wird Klarheit schaffen und uns zeigen, was wir zu erwarten haben, ob wirklich Krieg oder ob Frieden. Wir können und wollen aber auf den letz teren bauen, und vor allem wissen wir soviel, das deutsche Reich wird nie Friedensstörer sein. Der Kai ser, der Kronprinz, Fürst Bismarck haben sich da rüber mit einer Deutlichkeit ausgesprochen, die zu wün schen nichts übrig läßt. Auf der anderen Seite muß jede französische Regierung mit den Folgen eims Krie ges rechnen. Es würde ein Krieg bis aufs Messer werden, an dessen Ende das alte „Vas Vietis!" zu neuem Recht gelangen würde. Unser größter Schutz vor einem Friedensbruch ist, daß jeder Staat weiß, was dem Besiegten bevorsteht. Die Neuwahlen zum Reichstage haben diesmal, viel leicht zum ersten Mal seit dem Bestehen des deutschen Reiches, eine Bedeutung, die auf der ganzen Erde an erkannt wird. Ueberall, wo eine Theilnahme für mo dernes Leben herrscht, blickt man auch mit Spannung auf den 21. Februar. Das Wahlresultat kann Man ches in seinem dunklen Schooße bergen, wovon wir uns heute nichts träumen lassen; cs ist keine Frage, wir stehen vor einem entscheidenden Ereigniß im deut schen Reiche; nach außen hin kann und wird die Wahl zwar niemals unsre Kraft schwächen, aber den inne ren Frieden bedroht sie in schwerster Weise. Die Er- kenntniß vom Ernst der Lage haben alle deutschen Wähler, sie wissen, daß mehr als je diesmal auf dem Spiele steht. Worte thun es diesmal nicht, wie sie es überhaupt noch nie gethan, handeln heißt es diesmal. Der 21. Februar appellirt an jeden Staatsbürger deut scher Nation! Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser war am Donnerstag Abend durch ein plötzlich eingetretenes Unwohlsein verhindert, den Hof ball, der an diesem Abend im Schlosse stattfand, zu besuchen. Die kronprinzlichen Herrschaften begaben sich indessen um 9 Uhr abends dorthin. Am Freitag er schien der Kaiser bereits wieder im Arbeitszimmer und konnte sich dem ihm zujubelnden Publikum am historischen Eckfenster zeigen. Auch die Kaiserin wohnte dem Hofballe bei. Die „Post" schreibt, der Kaiser habe in der vori gen Woche nur gesagt, die Einberufung der Reservisten lasse auf keine Kriegsgefahr schließen; die Behauptung, „es wird keinen Krieg geben," habe der Kaiser aber, soweit bekannt, gegen Niemand ausgesprochen. Der Vorstand des deutschen Kriegerbundes er läßt einen Aufruf, in dem es heißt: „Das Erste ist: Fehle Niemand von Euch am 21. Februar an der Wahlurne. Das Vaterland ruft, das Ihr mit Euren Leibern gedeckt habt und jederzeit wieder zu decken be reit seid. Schmach über den alten Soldaten, der sol chem Rufe nicht Folge leistet. Entschuldigungen giebt es für ihn nicht. Das Zweite ist: Es giebt keine Parteirücksicht, kein Parteiinteresse, das Euch veranlassen könnte, bei der Wahl oder Stichwahl einem Social demokraten oder einem anderen erklärten Gegner un seres deutschen Reiches und seiner monarchischen Grund lagen Eure Stimme zuzuwenden. Wer Euch das Ge gentheil sagt, ist ein Betrüger, Ihm weist mit Verach tung den Rücken. Sorge Jeder von uns, daß wir Alle nach wie vor offen den Blick erheben und freudi gen Herzens einstimmen können in den alten Krieger ruf: „In Treue fest! Gott schütze das Reich! Se. Majestät der Kaiser lebe hoch!" Landwehrleute aus dem Kempener Kreise ver öffentlichen einen Wahlaufruf, in welchem sie für die volle Bewilligung der Militärvorlage eintreten. Der Aufruf gedenkt in bewegten Worten der schweren Zeiten, welche der Gründung des deutschen Reiches vorausgingen und fordert alle Kameraden auf, nur einem Abgeordneten ihre Stimmen zu geben, welche für die von unseren höchsten Autoritäten als ganz nothwendig erachtete Vorlage sich aussprechen. Londoner Zeitungen hatten die Nachricht verbreitet, der russische Botschafter in Wien, Fürst Lobanow, habe geäußert, Rußland werd: in keinem Falle neutral bleiben können, wenn Frankreich von Deutschland total zu Boden geschlagen werden sollte. Die Petersburger Regierungsblätter erklären, es sei kein Wort von die- - ser Aeußerung wahr. : Das deutsche Pferde-Ausfuhrverbot hat ein ; gleiches Verbot in Rußland bereits zur Folge gehabt, und die Maßregel wird auch in Oesterreich-Ungarn tagtäglich erwartet. Aus den letzeren beiden Kaiserreichen wird aber erklärt, es handle sich ledig lich um Vorkehrungsmaßnahmen und nicht um Kriegs rüstungen. Die Ausfuhr von Pferden aus dem deutschen Zollgebiet betrug nach der soeben erschienenen amt lichen Liste im December 1886 1117, die Einfuhr 3731 Stücke, gegen 1213 resp. 3089 Stück im Vor jahre. Im ganzen Jahre wurden 72,748 Stück ein- und 14,030 Stück ausgeführt. Es sind im Verkehr mit Frankreich im December 281 Stück ein- und 53 Stück ausgeführt worden, gegen 135 resp. 60 Stück im Vorjahre. Im ganzen Jahre lieferte Frankreich 6113 Stück und empfing 1137 Stück gegen 5249 resp. 414 im Vorjahre. Zur Lage und den Beziehungen zwischen Deutsch land und Frankreich schreibt die „Köln. Ztg.": „Wir