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' IreiöeWk Anzeiger unb ' Ta,e»latt. Amtsblatt des Kgl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Kgl. GerichtsLmter u. der Stadträthe zu Freiberg u. Brand. Mittwoch, S. October. s Pr«i« vierteljihrl. 2V Ngr. Inserate «erden dl« gespaltene Zeile oder deren Raum mit 1 Ngr. berechnet. 1872. ^SSSoWtW Erscheint i. Freiberg jed. Wochen«. Ab. 6U. für den and. Tag. Jnser. werden * bi« B. lI U. für nächste Nr. angen. Tagesgeschichte. Berit«. Unter den Vorlagen, welche den nächsten Landtag erwarten, befinden sich Gesetzentwürfe zur Regelung der Verhält nisse der Mennoniten und der Baptisten; es handelt sich darum, diesen Religionsgenossenschaften Corporationsrechte zu verleihen und sie zum Vermögenserwerb zu befähigen. Außerdem verdient ein Gesetzentwurf über den Austritt aus der Kirche Erwähnung, von dem schon im vorigen Jahre die Rede war. Es wird dadurch mit Rücksicht auf ein Erkenntniß des Obertribunals zweifellos ge stellt koerden, daß der ans einer Kirchengemeinschaft Ausgeschiedene nicht mehr zu den Lasten derselben herangezogen werden kann. — Das Gesetz über den Mißbrauch der Amtsgewalt der Geistlichen, dessen Einbringung mehrfach angekündigt worden, wird alle die Fälle strafbar machen, welche die bürgerliche Ehre durch Verhän gung geistlicher Maßnahmen beeinträchtigen, welche ferner einen Druck auf die freie Ausübung bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, oder direkte oder invirecte Auflehnung gegen positive Ge setze enthalten. Hieran wird sich schließen eine Vorlage, welche die Disciplinargewalt der geistlichen Oberen dem niederen Clerus gegen über regelt. Es hat sich als durchaus erforderlich herausgestellt daß ein Rechtsschutz der unteren Geistlichen seitens des Staates eintrett, welche bisher vielfach durch die Willkür des Oberen be schädigt wurden. Im Weiteren wird eine strenger« Beaufsichtigung des Vermögens der geistlichen Stiftungen und dessen Verwaltung von Seiten des Staates namentlich dahin eingerichtet werden, daß diese Fonds auch wirklich zu den von ihren Stiftern festgesetzten Zwecken und nicht zu allerlei Agitationen verwendet werden. Nun kann es ja nicht fehlen, daß bei solchen Organisationen die Be schreitung des Rechtsweges den Interessenten im weitesten Umfange freigelassen werden mutz Um nach dieser Richtung hin alle Ga rantien zu geben, ist die Einrichtung eines eigenen Gerichtshofes als Recursinstanz in kirchenrechtlichen Angelegenheiten in Aussicht genommen, dessen Mitglieder, dem Richterstande angehörig, auf Lebenszeit berufen werden und in Berlin ihre Functionen üben sollen. In dieser Richtung werden sich die Vorlagen für den preußischen Landtag bewegen. — Wie wir von zuverlässiger Seite erfahren, schreibt ein Berliner Correspondent der „E. Z", ist der preußische Justizminister durchaus dafür, daß das Oberhandelsgericht zu einem obersten Reichsgerichtshofe erweitert werde In Uebereinstimmung hiermit findet sich in dem neuen Entwurf einer Civilproceßordnung für das deutsche Reich die Anmerkung vor, daß im Interesse der ein heitlichen Entwickelung und Anwendung des Rechtes die Errichtung eines obersten Reichsgerichtshofes für erforderlich erachtet werde. Durch eine Erweiterung des Oberhandelsgerichtshofes zu einer allen Staaten des deutschen Reichs gemeinsamen höchsten Instanz für alle Civil- und Criminalsachen wird in der That allein eine einheit liche Anwendung des Handels- und Wechselrechts, welche das Ober handelsgericht mit seiner auf einen TM der Handelssachen be schränkten Competenz zu erreichen außer Stande ist, begründet und sicher gestellt werden. Nur auf diesem Wege lassen sich die Ge fahren beseitigen, welche die concurrirende Thätigkeit des Ober- Handelsgerichts und der höchsten Landesgerichte und der damit un vermeidlich verbundene Zwiespalt der obersten Jndicatur in Handels und Civtlsachen für die Rechtssicherheit und Rechtsentwickelung in den einzelnen Reichsstaaten zur Folge haben muß, nur auf diesem Wege gelangt das gemeinsame Rechtsleben im deutschen Reiche wirklich zu einem einheitlichen Ausdruck ; es werden die zahlreichen kontroversen des gemeinen Rechts, welche weder die Theorie noch die abweichende Praxis der Landesgerichte zu heben vermocht hat, nach und nach znm Austrag gebracht und dadnrch Pine fortschreitende Codificirung des gemeinen Rechts in wirksamer Weise voraearbeitet. Selbstverständlich setzt die Errichtung eines obersten Gerichtshofes welcher für das gesammte Gebiet des deutschen Reiches sowohl in allen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, als in allen gerichtlichen Strafsachen dir Gerichtsbarkeit der letzten Instanz auszuüben be rufen sein soll, die Geltung wenigstens einer im Wesentlichen ein heitlichen processualischen Rechts voraus. So lange eS an einer solchen Einheit des Rechts gebricht, würde der Gerichtshof bet der Lösung seiner Aufgabe nicht allein mit schwer zu besiegenden Hin dernissen zu kämpfen haben, sondern auch den Beruf eines höchsten Gerichtshofes, die einheitliche Entwickelung und Fortbildung der Rechtes zu fördern, sowie die Rechtssicherheit zu befestigen und zu erhöhen, nur weit unvollkommener zu erfüllen vermögen, al- di- gegenwärtig bestehenden höchsten LandeSgerichte, deren Mitglieder das partikulare Recht der Staatsgebiete, für welche» sie eingesetzt sind, ganz gründlich kennen und für die richtige Anwendung oder Entwickelung desselben gedeihlich zu wirken in der Lage find. — Das „Militär-Wochenblatt" enthält folgende Mittheilung: Die Leitung der kriegsgeschichtlichen Abtheilung im großen General- stabe und die. damit verbundene Redaction des Geschichtswerker über den deutsch-französischen Krieg sind dem Obersten und Ah- theilungs-Chef Grafen von Wartensleben übertragen worden. — Eine über den Stand des Katholicismus in Preußen aN- gestellte Untersuchung hat das überraschende Resultat ergeben, daß in den letzten zwölf Jahren in alle« Theilen der Monarchie der Katholicismus im Verhältniß zum Protestantismus abgenommen hat. In Pommern und Sachsen bat diese Abnahme bereits zu einer factischen Abnahme des Katholicismus geführt. In den an deren Provinzen ist zwar die Zahl der Katholiken gewachsen, e» hat jedoch auch ein Wachsen der Seelenzahl der Evangelischen statt- gefunden. Eine Vergleichung des verhältnißmäßlgen WachSthums des Protestantismus und Katholicismus ertziebt nun Med auch weiter, daß, während bei den Protestanten die ZunahmHiffer eine stetig steigende, sie bei den Katholiken eine ständig sich vermin- dernoe ist. — Vor einigen Jahren erließen einige vornehme Herren einen Aufruf zur Gründung einer Actien-Gesellschast, um eine direkte Eisenbahn zwischen Breslau und Warschau zu erbauen. Der Pro- spectus war voll von glänzenden Versprechungen, versicherte nament lich, daß das Unternehmen sich der Unterstützung der beiden he- theiligten Regierungen, der preußischen und russischen, erfreue, ent hielt aber Hin Wort von den Statuten der Gesellschaft, daß die Herren Gründer freie Hand hatten, sich einen Lvwenantheil zu verschaffen. Die preußische Regierung ertheilte zwar die Concession, aber die russische verweigerte dieselbe, so daß nur noch eine „Sack bahn" bis an die russische Grenze möglich war Trotzdem wollte» die Herren Gründer, welche sich durch die von ihnen allein gefer tigten Statuten als VerwaltungSrath zu unumschränkten Herren des Unternehmens gemacht hatten, die Sache durchführen und be langten eine Reihe von Actienzeichnern auf Bezahlungen der ge zeichneten Summen. Elf solcher Fälle mit einer Gesammtsumme von 15,(XX) Thlr. kamen nun am 4. October in Leipzig vor de« Reichs-Oberhandelsgericht zur Verhandlung und die Gründer ver loren alle 11 Processe. Demnach sind die auf solche Weise er langten Actienzeichnungen und selbstfabricirten Statuten unver bindlich. < Königsberg i. Pr., 5. October. Dem Vernehmen nach hat der Pfarrer Dinder die seiner Zeit von dem altkathvlischen Pfarr« Grunert vollzogene Taufe nunmehr in das Kirchenbuch eingetragen, jedoch mit folgendem Vermerk: Die Eintragung ist auf Befehl dH EuWmMsters erfolgt, hie TM ist als Hans-