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MkWtz-WiW „Wek-eritz, Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 26 Pfg., zwmnonatlich Hs, Pfg., einmonatlich 42 Psa. Einzelne Nummern j0 M. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Br- Amtsblatt . für die Königliche AmtshaupLmarmschafL Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadtratye zu Dippoldiswalde und Irauenjtein Inserate, »Äche 5«i Mr bednitenden Auflage d^ Blattes ein« sehr wirk same Verbreitung finden, »erden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, im redaktionell«» Theil«, die Spaltenzeile so Pfg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichnc in Dippoldiswalde. Nr. 87. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm setzt seine Gasteiner Badekur mit bestem Erfolge fort; imUebrigen erledigt der Monarch auch in Gastein in gewohnter Weise die laufenden Regierungs-Angelegenheiten. — Die Kissinger Ministerbegegnung steht noch immer im Mittelpunkt der Preßbetrachtungen. Es tritt hierbei namentlich die beachtenswerthe Thatsache hervor, daß die österreichische Presse ohne Unterschied der Partei stellung und sogar mit Einschluß der Slavenblätter in warmen Worten die Besprechungen zwischen dem Fürsten Bismarck und dem Grafen Kalnoky feiert und ist dies jedenfalls als ein Beweis zu betrachten, daß man auch in den nichtdeutschen Bevölkerungskreisen Oesterreichs das deutsch-österreichische Bündniß als eine durch die Verhältnisse gegebene Nothwendigkeit ansieht. Daß die französischen Preßorgane die Kissinger Ministerkonferenzen mit nicht besonders freundlichen Betrachtungen begleiten würden, war vorauszusehen und in der Thal wollen verschiedene tonangebende Pariser Zeitungen, wie „Temps", „Röpublique Fran- yaise" rc. finden, daß die Kissinger Besprechungen eine an die Adresse Rußlands gerichtete Drohung bedeuten, während man in ihnen doch einzig und allein eine neue Stärkung des deutsch-österreichischen Bündnisses zu erblicken hat. — Die Dispositionen für die Fahrten der Reichspostdampfer nach Ostasien und Australien haben insofern eine kleine Veränderung erlitten, als die Dampfer künftig auch Southampton anlaufen werden. Es geschieht dies, um etwaigen englischen Passagieren nach Ostasien und China Gelegenheit zu geben, die Fahrt auch mit den deutschen Dampfern machen zu können. Seitens der Neichsregierung ist dieser von der Direktion des „Norddeutschen Lloyd" vorgeschlagenen Veränderung des Fahrplanes bereits zugestimmt worden. — Bei dem fortdauernden Mangel an hervorragenden Nachrichten auf innerpolitischem Gebiete nimmt der Sozialistenprozeß vor dem Frei berger Landgerichte das Interesse hauptsächlich in An spruch. Es handelt sich hierbei, wie bekannt, um die Wiederholung des Prozesses, der im vorigen Jahre gegen dieselben Angeklagten, welche heute vor dem Freiberger Landgerichte stehen, vor dem Landgerichte in Chemnitz angestrengt wurde und zwar wegen Theil- nahme an einer geheimen staatsgefährlichen Verbindung. Das Chemnitzer Landgericht sah die Kriterien einer solchen als nicht erwiesen an und gelangte in Folge dessen zu einem freisprechenden Erkenntnisse gegen Bebel, v. Vollmar, Viereck rc., das Reichsgericht er achtete jedoch die hiergegen eingelegte Revision der Chemnitzer Staatsanwaltschaft als begründet und ver wies die Sache zur nochmaligen Verhandlung an das Freiberger Landgericht. — Der neue Bischof von Mainz, vr. Paulus Haffner, ist am Sonntag feierlich in sein Amt eingewiesen worden und somit hat auch im Groß- herzogthume Hessen die Kirchenfrage ihren befriedigen den Abschluß erlangt. Holland. Amsterdam, die reiche Hauptstadt der Niederlande, scheint in neuerer Zeit zu einem Sammel punkte mißvergnügter, unruhiger und dunkler Ele mente geworden zu sein, deren auch das Reich der be häbigen „Mynhers" trotz seiner fast sprichwörtlich ge wordenen wirthschaftlichen Solidität und großen Wohl habenheit mehr als genug zählt. Das holländische Handels-Emporium ist in diesem und im vergangenen Jahre der Schauplatz wiederholter Unruhen gewesen, bei denen die sozialistischen Agitatoren eine „maß gebende" Rolle gespielt haben, aber einen so blutigen, fast revolutionären Charakter trugen die Amsterdamer Unruhen noch nie, wie die am Montag stattgefun denen Straßentumulte. Den äußerlichen Anlaß hierzu gab das Verbot eines Volksfestes, welches am Sonn tag Nachmittag abgehalten werden sollte, weshalb es schon an diesem Tage in verschiedenen Stadtvierteln zu Pöbel-Excefsen kam. Dieselben wiederholten sich Sonnabend, den 31. Juli 1886. am folgenden Tage und vergrößerten sich zu einer förmlichen Straßen-Revolte, da von den Aufrührern sogar Barrikaden gebaut wurden. Das Militär mußte der Polizei zu Hilfe kommen und wiederholt von seinen Schußwaffen Gebrauch machen; erst nach Mitter nacht gelang die Wiederherstellung der Ruhe. Die Ge- sammtzahl der Tobten und Verwundeten läßt sich noch gar nicht genau ermitteln; allein in den Hospitälern liegen 14 Tobte und 34 Verwundete, von der be waffneten Macht sind 2 Soldaten und 40 Polizisten verwundet. Auch am Dienstag erneuerten sich die Ruhestörungen, doch genügten die die Straßen durch ziehenden Patrouillen, um die Menge zu zerstreuen und war um 10 Uhr Abends die Ruhe vollständig wiederhergestellt. Wie sich bis zu diesem letzteren Zeitpunkte herausstellte, beträgt die Zahl der bei den Unruhen getödteten Personen 25, diejenige der Ver wundeten gegen 90 und befinden sich unter letzteren 40 Polizeibeamte. Frankreich. Aus Frankreich liegt heute die sehr bemerkenswerthe Nachricht vor, daß die Regierung be absichtige, die für das Jahr 1889 geplante Pariser Weltausstellung auf das Jahr 1890 zu verschieben. Es heißt, daß mehrere Kontinentalstaaten sich ge weigert hätten, die Ausstellung zu beschicken, da die selbe mit der Centennialfeier der französischen Revo lution zusammenfalle und diese Weigerung soll für die Verschiebung der Weltausstellung maßgebend sein. Falls sich diese Meldung bestätigen sollte, so würde man sie nur als einen erfreulichen Beweis zu be trachten haben, daß das Ministerium Freycinet durch aus nicht gesonnen ist, den Wünschen der Radikalen zu Liebe — die letzteren erblicken bekanntlich in der Weltausstellung von 1889 nur den Nahmen zu der großen Pariser Revolutionsfeier — die guten aus wärtigen Beziehungen Frankreichs zu opfern. — Die „Neue Hebriden-Frage" zwischen Frankreich und Eng land präsentirt sich plötzlich aufs Neue. Die austra lischen Kolonien haben nämlich das von dem Bot schafter Frankreichs in London, Waddington, der eng lischen Regierung bezüglich der genannten Inselgruppe vorgeschlagene Abkommen abgelehnt oder wenigstens ihre Abgeneigtheit, dasselbe anzuerkennen, ausge sprochen. Infolge dessen dürste die vollständige Un abhängigkeit der Neuen Hebriden proklamirt werden. England. Der ministerielle Scenenwechsel jen seits des Kanals vollzieht sich noch immer in ziemlich langsamem Tempo, denn bis Mittwoch verlautete noch nichts Bestimmtes über die Zusammensetzung des neuen englischen Kabinets, daß demselben jedoch die Unterstützung des Führers der liberalen Unionisten, Lord Hartington's, und seiner Freunde nicht fehlen wird, geht abermals aus Mittheilungen hervor, die Lord Salisbury in einer am Dienstag zu London stattgefundenen konservativen Versammlung gemacht hat. Lord Salisbury fügte die Erklärung hinzu, er hoffe eine Regelung der irischen Frage finden zu können, die von Dauer sei. Die Versammlung faßte hierauf den Beschluß, das Parlament müsse zur Er ledigung der erforderlichen Kredite und anderen dring lichen Angelegenheiten sofort zusammentreten, um sich Ende August zu vertagen und alsdann im Januar wieder zusammenzutreten. «Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 29. Juli. Gelegentlich seines 50jährigen Stiftungsfestes 1884 hatte der Dresdener Gewerbeverein als Festschrift eine „Chronik des Ge werbevereins zu Dresden" herausgegeben. Jetzt ist ein die Jahre 1884 und 85 umfassender Bericht nebst Abrechnungen auf das Jahr 1885 als Fortsetzung hinzugekommen, aus welchem wir, veranlaßt durch die Bedeutung des Dresdener Gewerbevereins, das In teressanteste mittheilen. — Zu beneiden ist der Verein wegen der großen Menge ihm zu Gebote stehender Vortragskräfte, von denen in den Winterversamm 52. Jahrgang. lungen 1884 und 85 nicht weniger als 56 Vorträge gehalten worden sind. Es treten unter den Namen der Sprecher besonders die Professoren vr. Schulze, vr. Diestel, Weißbach, vr. Stern, vr. Johne, vr. Rüge, ferner Oberlehrer vr. Blochwitz, vr. Herr mann, Herz, vr. Eales, Chemiker vr. Geißler, Direk tor Claus, Regierunasrath vr. Roscher, Handels kammersekretär Steglich u. A. hervor. — Exkursionen sind 13 unternommen und Familienabende, zum Theil mit sehr gewähltem Programm und unter Mitwirkung bedeutender Kräfte sind 10 gehalten worden. Die Concerte des Gewerbehauses, bei denen von Fremden ein Entree von 75 Pfg. erhoben wird, waren den Mitgliedern für 30 Pfg. zugänglich. — Im Lese zimmer liegen nicht weniger als 45 Zeitungen in 106 Exemplaren aus. Die Mitgliederzahl betrug am 31. Dezember 1885 2128 und das Vereinsvermögen nach Abzug aller noch auf den Vereinsgrundstücken haften den Hypothekenschulden 325,912 M. 73 Pfg. — Die Chemnitzer Handels- und Gewerbekammer hat soeben ihren Jahresbericht auf 1885 versandt, aus welchem wir im allgemeinen Interesse nur das hervorheben wollen, was derselbe über die allgemeine Lage des Handels und der Industrie enthält. Trotz der ungeahnten wirthschaftlichen Entfaltung, trotz des intensivsten ökonomischen Entwickelungsganges in un serem Vaterlande seien die gewerblichen Zustände gegenwärtig in ein Stadium getreten, welches nahe an eine allgemeine Ueberproduktion grenze. Eine lange gehoffte Besserung der geschäftlichen Verhältnisse sei nicht eingetreten, der Geschäftsgang sei drückender, langsamer und lähmender gewesen als im vergangenen Jahre (1884). Es sei sowohl in Roh-, als in Ganz- und Halbfabrikation ein weiterer Rückgang eingetreten, so daß der Unternehmergewinn als ein äußerst nie driger zu bezeichnen gewesen sei. Das habe zur Ein schränkung, ja zum Theil zur zeitweiligen Einstellung des Betriebs geführt. Nur durch letztere, keineswegs aber durch niedrig verwerthete Massenverkäufe sei dem weiteren Preisstürze ein Damm entgegen zu stellen. Die Gewinnung neuer Absatzgebiete sei durch die Zoll schranken ungeheuer erschwert, so z. B. nach Rußland, wohin besonders der Absatz von Maschinen wesentlich geschädigt, ja verschlossen worden sei. Ebenso nach Oesterreich und Nordamerika. Unruhige politische Ver hältnisse, der Karolinenstreit und endlich das Auf treten der Cholera in Südeuropa und überseeischen Ländern sei mit Schuld gewesen. Durch die von der deutschen Regierung eingeschlagene Kolonialpolitik seien dem deutschen Handel neu einzuschlagende Bahnen eröffnet worden, deren Früchte allerdings wohl erst unsere Nachkommen ernten würden. — Die Gesammt- ausfuhr betrug in den Konsularbezirken Chemnitz und Annaberg 39179 624 Mark, was gegen 1884 einen Rückgang von 202270, aber gegen 1880 einen solchen von ca. I I Millionen Mark bedeutet. — Die außerordentlich starke Betheiligung an der Geucke-Wagner'schen Alpenfahrt vom 17. Juli ist der sprechendste Beweis für die große Beliebtheit dieser seit 19 Jahren allgemein geschätzten Unternehmung; ungeachtet der vielfachen anderen Reiscgelegenheiten waren die Geucke-Wagnerfahrer in unverminderter Zahl am Platze! Die letzte diesjährige Extrafahrt findet Sonntag, den 15. August, statt. An diesem Tage beginnt der zweite Turnus der Gerichtsferien und werden an dieser günstigen Reisegelegenheit nicht nur viele Gerichtsbeamtete, sondern auch Landwirthe, die mit der Ernte fertig sind, sowie Geschäftsleute theilnehmen, welche erst jetzt Zeit zu einer Erholung und vergnüglichen Alpenreise finden. — Die Nachrichten, welche über die diesjährigen Erträgnisse der Bienenzucht einlaufen, lauten theil- weise sehr betrübend. Das anhaltend schlechte Wetter machte eS den Bienen unmöglich, die von der Natur dargebotene Blüthenfülle auszunutzen. Viele Völker