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Eibckall und Aychw. Amtsötatt der Königl. Amtshauptmannschaft Großenhain, des Königl. Amtsgerichts und des Stadtraths zu Riesa. Druck und Verlag von Langer L Winterlich in Riesa. — Für die Redaction verantwortlich: T. Langer in Riesa. LIS. 43. Jahrg Dienstag, den 5. August 1890. Lrschemt m Riesa wöchentlich viermal: Lienstag, Donnerstag, Sonnabend und Sonntag. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark 2s Pfg. — Bestellungen nehmen alle ikatserl. Postanftaltcn. Postboten, die Expeditionen in Riesa und Strehla (E. Schön), ionne alle Boten entgegen. — Inserate, welche bei dem auSgedreitetcn Leserkreise eine wirksame Veröffent lichung finden, erbitten wir uns bis Montag, resp. Mittwoch, Freitag oder Sonnabend Vormittags v Uhr. — Jnsertionspreis die dreigespaltene EorpuSzcile oder deren Raum lv Psg. bas „Elbeblatt und Anzeiger^ erbitten üH » 8 " uns spätestens bts Vormittags s Uhr des je weiligen Ausgabetages. Die Geschäftsstelle. Bekanntmachung. Die in Gemäßheit von Antik, l II 8 L der Allerhöchsten Verordnung »om 21. Juni 1887 — Reichsgesctz-Blatt Seite 245 flg. — nach dem Durch schnitte der höchsten Tagespreise des Hauptmarktorles Großenhain im Monat Juni d. I. festgesetzte und um fünf vom Hundert erhöhte Vergütung für die von den Gemeinden resp. Quartierwirthen innerhalb der Amtshauptmann schaft im Monat Juli d. I. an Militär-Pferde zur Verabreichung gelangende Marschfourage beträgt: SM. 37 Pfg. für 50 Kilo Hafer, 3 - 04,z - - 50 - Heu, 2 - 83,5 - - 50 - Stroh. Königliche Amtshauptmannschaft Großenhain, am 2. August 1890. v. ii3i. I. A.: von Gruben, Bez.-Aff. Tu. -- Oertliches und Sächsisches. Riesa, den 4. August 1890. — Tagesordnung für die öffentliche Stadtverordneten-Sitzung Dienstag, den b. August, Nachmittags 6 Uhr. 1. Mitthertung einer Verordnung der Königlichen Kreisbauptmannschaft zu Dresden, Verwendung von 108113 Mark aus den Cparcassenüberschüssen der Jahre 1887, 1888 und 1889. 2. Beschlußfassung über Einfriedigung des oberen Schulhausblcckes rc. 3. Beschlußfassung über Richtigsprechung der Sparkaffenrechnung auf das Jahr 1889. 4. Vorlegung der Reinschrift eines Kaufver trags. 5. Natheb schloß über Erlaß der Hälfte des von Herrn Julius Hübner hier in Nest gelassenen Schulgeldes. 6. Vortragserstattung des Herrn Stadt verordneten Thalheim über die Baukosten des Schul hauses am Nlbertplctze. — Morgen Dienstag, den 5. August, begeht in dem ruhigen, walvumrauschten Jagdschlösse zu Reh-feld, wohin sich das KönigSpaar begeben, fern von dem Ge pränge der Residenzstadt, unsere erhabene Königin Carola ihren Geburtstag und tritt damit in ihr 58. Abensje.hr ein. In aller Stille wird das Fest gefeiert, doch gewiß aüerwäits wird man der geliebten Fürstin, der Samariterin aufj,dem Wettiner Throne, die auf richtigsten Glück- und Segenswünsche darbringen. Wie oft schon hat die edle Laubesmutter Hilfe und Trost gespendet, wenn das Schicksal Wunden geschlagen und Noch und Bedrängnis: gebracht hatte. Möge Ihre Majestät, die Königin Carola tem Sachjei.volke noch lange in ungeschwächter geistiger und körperlicher Kraft und Frische erhalten bleiben! — Der heutige 4. August nimmt unter den 20 jährigen Erinnerungstagen an den großen Krieg von 1870 eine wichtige Stelle insofern ein, als am 4. August 1870 die erste Siegesdepesche veröffent licht wurde, welche lautete: „Unter Fritzens Augen einen glänzenden, aber blutigen Sieg erfochten durch Stürmung von Weißenburg und Les dahinter liegenden GarSberzes. Unser b. und ll. Korps und 2. baierisches Armeecorxs fochten. Feind in Flucht, Lvo unverwundete Gefangene, eine Kanone und Las Zelt lager in unseren Händen. Divisions - General Douan lobt, von uns General v. Kirchbach leicht gestreift. Mein Regiment und 58cr starke Verluste. Gott sei gepriesen für Liefe erste glorreiche Waffenthat. Er helfe weiter! Wilhelm!" Man wird sich entsinnen, wie elektristrend diese erste Siegesnochricht damals auf die gesammte Be völkerung wirkte, mit wie elementarer Gewalt der Siegesjubel zum Durchbruch kam. Zwei Tage darauf wurde diese Depesche durch die folgende abzelöst: „Siegreiche Schlacht bei Wörth. Mac Mahon mit dem größten Theile meiner Armee vollständig geschlagen. Franzosen aus Bitsch zurückgcworsen. Auf dem Schlachtfeld« bei Wörth, 4^ Uhr Nachmittags. Friedrich Wilhelm, Kronprinz." Und dann kamen die Depeschen in so rascher Folge, daß man fast ängstlich wurde, wenn ein Taz verging, ohne daß eine neue Siegesnachricht eintraf. — „Fritzens Augen" sind erloschen, Kaiser Wilhelm und Kaiserin Augusta ruhen im Mausoleum zu Charlottcnburg — Allen aber, die jene denkwürdigen Tage des ersten Siegesrausches mit durchlebt, wird die Erinnerung daran stets erhebend sein. — Sonntag, den 31. August feiert der hiesige Radfa hrer verein „Blitz" sein diesjähriges Stiftungsfest. Gewiß allen Theilnehmern werden diese früheren Festlichkeiten des Vereins noch in ange nehmer Erinnerung sein unv wir dürfen heute ver- rathen, daß das diesjährige Stiftungsfest den vorjährigen in keiner Weise nachstehen wird, ist es doch gelungen, Herrn GuftavMarschner, denMeisterfahrer von Europa im Kunstfahren auf dem hohen Zweirade diesmal zur Mitwirkung zu gewinnen. Es ist bekannt, daß die Leistungen des genannten Herrn wahrhaft großartige, staunenerregende sind. Außerdem sind verschiedene andere Produktionen, u. A. ein Reigen fahren, in Aussicht genommen. Ferner wird, wie früher, ein schneidiger Ball den Beschluß des Festes bilden. — Der siebente Bundestag des deutschen Rad fahrerbundes wurde am Sonnabend in München im alten Rathhaussaale mit enthusiastischem Hoch auf den Kaiser und den Prinzregentcn eröffnet. Nach dem Bericht des Vorstandes zählt der Bund jetzt 12 528 Mitglieder und hat ein Vereinsvermögen von über 30,000 Mark. Die Versammlung ernannte den Ge heimrath Professor v. Naßbaum zu seinem Ehrenmit- gliede. — Aus den Mittheilungen, die das „Leipz. Tgbl." über Entscheidungen des Reichsgerichts bringt, ent nehmen wir folgenden interessanten Fall über einen unbestrafbacen Diebstahl. Ter Begriff des Diebstahls ist ein so einfacher, daß man eine Diskussion über denselben kaum für mözlrch halten sollte. Und dennoch hat cs sich gezeigt, daß die klare Fassung des ß 242 unseres Strafgesetzbuches unvollkommen ist und zwar derart, daß ein vollständig erwiesener Diebstahl unbe straft bleiben kann. Wie ist dies möglich? Scharf sinnige Juristen haben sich dahin ausgesprochen, daß diejenigen Gesetze die besten seren, welche möglichst all gemein gehalten sind und sich nicht rn allen möglichen Berclausulirungen verlieren. Obgleich nun der Dieb- stahlsparazraph anscheinend dieser Forderung entspricht, so hat er doch ein Loch, durch welches ein Dieb, selbst wenn er nicht übermäßig talentvoll ist, entschlüpfen kann. Es heißt: „Wer eine fremde bewegliche Sache einem Anderen rn der Absicht wegnimmt, dieselbe sich rechtswidrig anzu eignen, wird wegen Diebstahls mit Gcsängnrß bestraft." Nothwenrig ist also nach dieser Definitum des Dieb stahls, daß der Dieb die Absicht hat, die Sache sich anzueignen. Da stand nun am 7. Juni vor der Straskammer in Zwickau der Strumpfwirker und Handarbeiter Karl Robert Reichelt aus Oberlungwitz unter der Anklage des Rückfalltiebstahls. Er war beschuldigt, von dem Boden seines Drenstherrn, eines Bäckermeisters, ein großes Seil gestohlen zu haben und gestand dies auch zu. Nun kommt aber die Hauptsache: er behauptete — und das Gericht schenkte ihm hierin Glauben —, daß er nrcht die Absicht ge habt habe, das Seil sich anzueizncn, vielmehr habe er es für einen gewissen Seifert, der gerade ein solches nöthig gehabt habe, mitgenommen. Jedenfalls hat der Angeklagte die Wirkung dieses Vorbringens nicht vor ausgesehen, denn er war selbst erstaunt, als er seine — Freisprechung erfuhr. Das Gericht ging davon aus, daß für die Thäterschaft des Seifert kein Beweis vorlag und mute, da ein nothwendiges Er- forderniß des Z 242, die „Sichaneignunasabstcht" fehlt, auf Freisprechung erkennen. Gegen dieses Urtheil richtete sich nun die Revision des Staatsanwalts, welche am 26. Juli vor dem Reichsgericht- verhandelt wurde. Der Staatsanwalt hatte ausgeführt, es muffe zur Strafbarkeit ausreichen, wenn der Thäter dem Eigen thümer das Object des Diebstahls entziehe und zwar im Bewußtsein der Rechtswidrigkeit. Allenfalls müsse auch nach den Feststellungen als erwiesen ange sehen werden, daß der Angeklagte das Seil sich an geeignet habe, denn er habe es zusammengerollt. Der Reichsanwalt erachtete die Revision für begründet. Das Resultat, zu dem das Urtheil komme, so be merkte er, sei ein geradezu unerträgliches. Aus Frei sprechung könne nur erkannt werden, wenn überhaupt kein strafbarer Thatbefland vorliege, hier sei aber klar festgestellt, Laß ein Diebstahl ausgeführt sei, daß das Seil aus dem G.wahrsam des Berechtigten entnommen und in die Verfügungsgewalt eines Anderen (deS Seifert) gekommen sei. Das Resultat der Verhandlung war indeß — die Verwerfung der Revision. Das Reichsgericht war der Ansicht, daß nach den Fest stellungen in der Thal ein nothwendiges Erforderniß des Diebstahles fehle, und daß daher die Freisprechung gerechtfertigt sei. — Zur Geschäftslage auf der Elbe bemerkt „Das Schiff": Das Geschäft ist an allen Plätzen außerordent lich still und die Frachten niedrig. Viele Schiffer haben ihre Schiffe außer Dienst gestellt und ziehen vor, sich Ferien zu gönnen, in der Erwartung, daß ein flottes Herbstgeschäft für die augenblickliche verdienstlose Zeit entschädigt. Der Wafferstand ist noch immer ausgezeichnet, Frachten willig. Roheisenfracht von Hamburg nach Dresden 33, Getreide 35 Pf. In Magdeburg und Schönebeck fehlt fast ganz die Nach frage noch Schiffen zu Salzladungen. Kohlengeschäst ab Böhmen ebenfalls sehr ruhig. Nach Magdeburg ist 33 Pf. für den Doppelhektoliter zu erzielen. — Ueber Hafenprojecte in Sachsen schreibt das Schiff: Es ist eine bekannte Thatfache, daß es der Elbeschifffahrt in Sachsen an Winterhäfen fehlt, und ebenso ist es selbst in weiteren Kreisen bekannt, daß man regierungsseitig in neuerer Zert mehr als früher geneigt ist, dem Verlangen nach Häfen gerecht zu werden. Wenn dabei Werth darauf gelegt wird, nur solche Häfen in Betracht zu ziehen, welche gleichzeitig als Verkehrshäfen dienen können, so entspricht dies völlig den Anschauungen in Schisffahrtskreisen. Es ist begründete Hoffnung vorhanden, daß sich der Bau eines großen Sicherheits- und Verkchrshafeus im Ostra gehege bei Dresden in absehbarer Zeit verwirklichen werde; weiter sind bisher namentlich in Frage ge kommen der Ersatzhafen bei Meißen an Stelle des ver- muthlich eingehenden Meißner Winterhafens, ein Hafen bei Pirna (Gottleuba) und ein solcher bei Schandau ! (Lachsbach). Wenn man von Dresden und Meißen ! absieht, so liegen alle sonstigen Hafenprojecte noch in i recht weitem Felde; es ist daher schwer e'rnzusehen, ; welchen Nutzen es haben soll, wenn immer wieder neue