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Deutsche Allgemeine Zeitung «Wahrheit ud Recht, Freiheit ud Gesetz!» «r. 176. Lkipsts E «»84. Preis oirK«Itt»«li4 »«. »»Pf. 2«« ch^el« Nu««, Do»»er-t»,, 31. Juli 1879. Inserate s»s «» die «rpe»iti»a t» «->»«!« M ftsdk». Jasrr t,«e,e»Utzr für »0 «palte»,eile » M» »»lee »o Pf. Telegraphische Depeschen. *Wastew, 29. Juli. Der Kaiser ist im besten Wohlsein; er nimmt regelmäßig die. Vorträge de« Militär- und CivilcabinetS sowie de» Geh. LegatiouS- rathS Bülow entgegen. Die Bäder, Promenaden und Ausfahrten seht der Kaiser regelmäßig fort. Wegen Ableben» de« Herzog» Wilhelm von Mecklenburg- Schwerin sind heute keine Einladungen zur Tafel er g-Ngen. ' (Wiederholt.) * München, 29. Juli. Die Kammer der Ab geordneten erthtilte heute ihre Genehmigung dazu, daß in den Art. 1 de» Eiseubahngesetze» die Linien: Kirchseeon - Schwaben, Erding - Landshut, Neustadt- BijHfSheim, Brückenau-Jossa, Gemünd«-Hammrl- burg^ Hof-Naila Mit einer Fortsetzung bi« Gchvd- las, Dinkelsbühl-Feuchtwangen. Dümbühl-Rottenbura, Steinach-WindSheim, Neustadt a. A.-Forchheim-Bai - rcuch, Kelheim-Georg-gmünd eingestellt Wierde«. Die Linien Kelheim-Pleinfeld und Neustadt a.A. mit Anschluß an die Bamberg-Forchheimer Bah» wurde abgelehnt. *Va»en^Saven, 29. Juli. Großfürst Michael von Rußland und dessen Sohn, der Großfürst Nikolaus, haben Baden-Baden heute verlassen und die Rückreise nach Tiflis über Wien angetreten. * Salzburg, 28. Julj. An dem hier heute zu Ehre» der MiWeder des Eisenbahntage». veran stalteten Festbanket und Gartenfest nahmen auch der Statthalter GrafThunsowie viele Mitglieder der Militär- und Civilbehörden theil. Hofrath Groß er- Lffnete Vie.Reihe der Toaste mit einem Hoch auf die Monarchen der becheiligten Staaten. * SaUdurg, SS. Juli. Bon dem hier versam melten Eisenbahntage wurden in die verstärkte VerckiSkarlmcommission die Vertreter der Nordbah«, d«e Rnddlfrbah», der Pilsen-Priefener, der Fünfkirchen- Barcser, der Kaschau-Oderberger, der Tcksit-Jnster- burger, der Weimar-Geraer und der Rheinisch« Bahn sowie der wstrtembergisch« und niederländischen StaätS- »ahneä gewählt. Oudwpest, SA. Juli. Der Pester Correspoudruz zufolge stellt« sich im zweit« Quartal d. I. die Staatseinnahmen 3,505042 Fl. höher und die StaatSauSgaben 753516 Fl. geiisger al« in dein gleichen Zeiträume de« Jahre» 1878. Di« gesammte Mehreinnahm« für da» erste Halbjahr 187V betrug 5,321219 Fl. und die gesammte Mehrausgabe 4,018388 Fl. im Vergleich zu den Einnahmen «ud AuSgab« in dem erste» Halbjahre 1878. Die Mehr ausgabe ist durch die Zunahme de» Erfordernisses an Zinsen sür die Ungarische Goldrente verursacht worden. , *Aom, 28. Juli. Senat: Ministerpräsident Cai roli erklärte auf mehrere au die Regierung gerichtete Interpellation«, daö Ministerium werde dieselbe aus wärtig« Politik beobachten, die von dem früher» Mi nisterium beobachtet Word« fei, nämlich dir Erhaltung he» Ftieden» und die Ausführung der Verträge, spe- ciell die Ausführung von Art. 24 de» Berliner Ver trages. Mit besonderer Wärme sprach sich Cairoli für Oricchenlaud und Rumänien aus, die Anerkennung von Rumäniens Selbständigkeit «erde erfolg«, sobald in Rumänien die Religionsfrage geordnet sei. Daß die in Aeahpten befindlichen Italiener den Schutz der fremd« Mächte angerufen hätten, sei unrichtig. Ita lien werde auch ferner eine versöhnliche, aber feste Politik beobachten. Der Senat genehmigte hierauf da- Budget, die Münzconvtntion und die Verlänge rung der Handelsverträge. * Asm, 29, Juli. Die Polizei confiScirte in einer hiesig« Druckerei viele Abdrücke eine» republikani schen Programms, das zur Thrilnahme an einer demnächstigen Bewegung auffordrr». Es find mehrere Verhaftung« vorgenommen worden. "Som, 29. Juli. Die Agencia Stefani will wissen, der frühere Nuntius in Brasilien, Ron- cetsi, sei an Stelle Masella'S zum Nuntius in Mün chen ernannt. »Lukarest, 29. Juli. Das Journal Preffa for dert die Israeliten auf, Gesuche um Ertheilung de» JndigenatS sofort an die Kammern zu richt«. Di« KamMer werde unzweifelhaft unmittelbar nach erfolgter Aufhebung des Art. 7 der Berfassung die Gesuche prüf« und dadurch Europa die Loyalität ihrer Ab sichten «nd de» ernste« Charakter ihrer Beschlüsse be weis«. * Wien, 29. Juli. Meldung der Politischen Corre- spondenz au» Belgrad: „Die europäische Commission zur Bestimmung »er Grenzlinie zwischen Serbien «nd der Türkei hat ihre Arbeiten beendet. Al» ge eignete BertheidigungSlinie gegen die Einfälle der Anmut« wurde» Serbien 42 Dörfer zwisch« Branja und Äurschumli« zugesprochen. Di« Commission ver bleibt in Belgrad bi- zur Ratification per vo» ihr beschlossenen Grenzbestimmungen." * ttruWrtr, LS. Juli. In Memphis sind drei o«e Evkrawkyngrn, aber leine weitern, Stechefälle am G albe» Web er tmsASewmeu. , Au«^.Atuorl«gnS wird «». Fall de» GMen Ficher» -emeldeL Ser Pessimismus. — Leipzig, 30. Juli. Die berliner National- Liberale Correspondenz warnt jetzt selbst vor dem in weit« Kreisen «iugerissm« Pessimismus, de» sie frei lich erst, wie nicht zu leugnen, thrilweise mit hat fördern Helf«, da sie alles schwarz in schwarz malte, eine allgemeine Reaction schon hereinbrech« sah, das Büudniß des Reichskanzler» mit dem Centrum fammt all« möglich« Consequeuzen deffelb« für etwas Un abänderliche» erklärt« rc. Jetzt meint sie, diese Allianz sei doch wol ihrer Dauer nach gar nicht so sicher; über dm Fortgang der Verhandlungen mit der Curie herrsche eine bedenklich« Stille; es sei daher nicht un möglich, daß der alte Gegensatz zwischen Bismarck und dem Centrum wieder in den Vordergrund trete w. Die Rational-Liberale Correspondenz gibt also hiermit nachträglich den« recht, welche, wie unter an dern wir, gleich anfangs warnten, man möge nicht voreilig über Reaction schreien, nicht voreilig entweder alles verlor« geben oder sich in eine hitzige Opposition hineinreden. Damals hat man uns von ebenjener Stelle aus, nur weil wir in dieser Weise ruhiger «nd besonnener verfuhren, förmlich excommunicirt, de» Ab falls von der Partei bezichtigt; jetzt sucht man selbst wieder „abzuwiegeln", nachdem man erst die Gemüther aufs höchste erregt und, wie schon gesagt, dem Pessimis mus Nahrung gegeben hat. Ob diese nachträgliche Abwiegelung ihr« Zweck erreichen wird, ist fraglich; wir wollen e» wünschen. Aber wir möchten doch bei dieser Gelegenheit die Ra tional-Liberale Correspondenz und andere Organe der gleichen Richtung darauf aufmerksam machen, daß st« besser thäten, künftig von vorhinein etwa» mehr ruhige» Blut zu bewahren. Es ist nun schon da» zweite mal (da» erste mal «ar im Sommer 1878), daß sie solcher gestalt erst sich zn weit vorwagte und dann genöthigt war, ihre eigmen Schlag- und Losungsworte theil weife zurückzunehmen k Der neue Zolltarif und das „Aversum". — Leipzig, SO. Juli. Ein fleißiger Leser unserer Zeitung, der aber zugleich mit selbständig aufmerksamem Blick die Zeiterscheiunngtn »erfolgt, unterbreitet »ns «achstrhende Betrachtung» über eine» uristreitig wich tigen Ncbenpunkt bei der neuesten Zoll- ruw Finanz- «form im Reiche. Er schreibt: < Da« Aversum der außerhalb der Zollgrenze lügenden Bundesgebiet« <d«r beide« HansestLdt« Hamburg »ud Bre men mrt ihren Gebieten und einiger kleinen anderweit« Exclaven), d. h. der Beitrag, den dies« Gebiete zur Reich»- kaffe an Stelle der au« den andern Bundesländern in Form von Zöllen und Verbrauchssteuern derselben zuflie- ßenden Gelder zahle«, betrug Mhrr für« Jahr 3,58088V M. Die GifaNnntsumme der «mnahmen an» Zöllen m»d Ver brauchssteuern, denen diese» Aversum gegrniiberstand, Ist für da« Jahr 1879/80 im Reichshaushalt»« tat an gesetzt mit 104,405040 M. Da« Aversum repräseMirt also 3»v oder nahezu 3'/, Proc.,der Einnahmen von Zöllen und Verbrauchssteuern innerhalb der Zollgrenzen. Wie wird e« nun, wenn jene GesamMtsumm« sich so bebe»t«d stei gert, wie da« nach den neuen Zoll- und Finauzgesetze» sehr wahrscheinlich ist, auf wol mehr al» da« Doppelte? Muß denn da nicht auch jene« Aversum der Hansestadte »c. sich um ebenso viel steigern? Zumal, da da« zu erhoffende Mehr an die Einzelstaaten — also auch an die Hansestüdte — »ertheilt werden soll, um von ihnen in Form der Matri- cularbeitrLge au» Reich zurückerstattet zu werde»? Man hat schon bisher darüber, daß „100000 reiche Hamburger nicht mehr Matricularbeiträge zahlen al« 1OO0OO arme Be wohner de« Thüringerwaldes", als über eine Ungleichheit geklagt; ja e« ist da« wesentlich mit al« ein Grund sür dir Beschaffung ausgiebiger Selbsteinuahmen de« Reiche» geltend gemacht worden. Wenn nun vollend» die Hanje- Herzog Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin 1». Der am 28. Juli in Heidelberg verschiedene Herzog Wilhelm Nikolaus von Mecklenburg-Schwerin war der einzige Bruder de« regierenden Großherzogs von Mecklen burg-Schwexin, der zweite Sohn de- 1842 verstor ben« Großherzogs Paul Friedrich und seiner Gemahlin, der Frau Großherzogin-Mutter, Schwester de» Deut schen Kaisers, dessen Neffe der verstorbene Herzog dem nach gewesen ist. Herzog Wilhelm war am 5. März 1827 zu Ludwigslust geboren. Er trat am 2. Febr. 1847 al» äggregirter Prcmierlieutenant zum preußischen Regiment der GardeS-du-CorpS, wurde in den nächsten Jahr« Rittmeister und EScadronSchef und 1853 Major; in dieser Charge trat er bald zum Garde-Kürassier- regimeut über. Im Jahre 1856 schied Herzog Wil helm für einige Jahre au» dem preußischen Militär dienste, in welch« er am 31. Jan. 1859 al» Major L 1s suite des 11. Husarenregiment» wieder eintrat. Nach der Demobilmachung jene» Jahres wurde der Herzog zum Commandrur des 6. LürassierregimentS «mannt, da» er schon während der Mobilmachung be fehligt hatte; dieses führte er im Feldzuge gegen Dänemark, wo er hie Schwerter zum Rothen Adler orden erwarb. Noch 1864 erhielt der Herzog hie 8. Cavaleriebrigadr, dann die 6., wurde 1865 General major und machte als solcher 1866 dm Krieg gegen Oesterreich mit als Commandeur der 2. leichten Ca- valeriebrigade im Cavaleriecorp» der 1. Armee; für den Tag von Königgrätz wurde dem Herzog der Orden pour je mörits zutheil. ' I« Jahre 1870/71 führte Herzog Wilhekm Nikolqu» di« 6. Cavaltriedivifiou: Vionville-MarS-la- Tour, Laon, di« Cernirung von Pari«, Saint-Amand, le MaNS; da» Eiserne Kreuz 2. und 1. Klasse be zeichn« diese« Kriegsjahr. Bei der Besetzung der Festung Laon am 9. Sept, erlitt der Herzog ein« er hebliche Coatusion, al» er an der Spitze der Truppen nach Abschluß der Capitulation in die Citadelle ein rückte, deren Pulvermagazin von franzöfischer Seite vrrratherischerweise in die Luft gesprengt wurde. Herzog Wilhelm wurde am recht« Oberschenkel getroffen; die KugÄ hatte auf dem dort herniederhängendm Fern glas« abgesetzt und den Schenkel blutig geschlagen; die Contufion, welche durch umhergeflogene Steine noch starker geworden, schwoll damal» stark an und unter lief dick mit Blut, sodaß der Herzog über acht Tage am Reiten behindert war und auch zum Gehen den Stock gebrauchen mußte. Am 26. Juli 1870 war der Herzog Generallieutmant gewordm; vom März 1872 bi» zu« November 1873 führte er die 22. Di vision; dann trat der Herzog zu den Offizier« von der Armee über und wurde am 22. März 1875 General der Cavaleri«. Am 9. Dec. 1865 hatte sich Herzog Wilhelm zu Berlin mit der Prinzessin Alexan drine, Tochter de» verstorbenen Prinzen Albrecht von Preußen, vermählt; da» einzige Kind dieser Ehe ist die Herzogin Charlotte, welche am 7. Nov. 1868 in Schloß Bellevue bei Berlin geboren wurde. Nach dem Nordpol! Au» Nenyork kommt folgmde interessante Mit- theilnng; „Da» lange vorbereitet« Unternehmen ist endlich in Wirksamkeit getreten: das vom New-Dorl Herald ausgerüstete Schiff Jeannette, welchem die Aufgabe gestellt word« ist, den Nordpol zu entdecken, hat am 8. Juli den Hafen von San-FranciSco verlasse». Es mag eine Reise sein, von welcher niemand wiederkehrt, «nd au» diesem Grunde war denn auch der Abschied ein großartiger, an welchem die ganze Stadt den ge waltigsten Antheil nahm. Mehrere Tage lang hatte e» heftig gestürmt; am 8. Juli schien die Sonu« auf den berückend schön«» Hafen von San-FranciScp vom blauen Himmel herab und mehr al» 20000 Mensch« säumten die Ufer, um einen letzten Bück auf daS stolz« Schiff und seine tapfere Bemannung zu werfen, welche sich das Wort gegeben hatte, im Dienste der Wissen schaft hinauszugehen in eine im günstigsten Falle schwere, sorgenbedräuete Zukunft. Um da» Schiff herum tum melten sich kleine Schleppdampfer, schnellfahrende Seg ler, Ruderboote, alle gesüllt mit Freunden per See fahrer »nd ihre» Unternehmen». Da» Hauptinteresse aber conceutrirt« sich auf de» Kapitän der Jeannette, George W. de Long, Lieutenant in der amerikanischen Marine, welcher von der Regierung zu Washington Urlaub für diese Reise erhalten hat, und auf seine Frau, ein blühende» Weib, welches, erfüllt von der großen ihrem Manne zugefallenen Mission, ohne Zucken und ohne Zagen sich von ihm in herzlicher Umarmung trennte, während au» Tausend« von Kehlen Abschiedö- grüße erschallt« und dir Kanonen donnerten. Außer dem Kapitän besteht das Offiziercorps aus drei See leuten, ferner befindet sich an Bord ein Raturhistoriker, ein Meteorologist und ein Correspondent de» Rew-Nort