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Dienstag. Nr. 414. S. November 1852. Leipzig. Die Zeitung erscheint mit Ausnahme de« Montag« täglich und wird Nachmittag« 4 Uhr auS- gegeben. fgx da« Viertel jahr 1'/, Thlr.; jede ein zelne Nummer 2 Ngr. Deutsche Mgeuieinc Zeitung. »Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Zu beziehen durch alle Postämter de« In- und Auslandes, sowie durch die Expedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Jnsertionsgebüh« für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Die Zoll- und Handelsfrage. AuS Wien vom 2. Nov. schreibt man der Allgemeinen Zeitung: Heute hat die erste ordentliche Sitzung der hier versammelten Zollcon- greßbevollmächtigten stattgefundcn, die eigentlichen Berathungen ha ben demnach erst heute begonnen. Anwesend waren bei der heutigen Sitzung die HH. v. Hermann (für Baiern), v. Schimpfs (für Sachsen), v. Sigel (für Württemberg), v. Hack (für Baden), v. Meyer (für das Kurfürsten- thum Hessen), v. Biegeleben (für das Großherzogthum Hessen), v. Scholz (für Nassau), und österreichischerseits der Frhr. v. Handel als Stellvertreter dcS Ministers des Aeußern Grafen v. Buol-Schauenstein, und Ministe- rialrath v. Hock für den Handelsminister Ritter v. Baumgartner. — Die berliner National-Zeitung sagt: Die Adresse der stettiner Kauf mannschaft (Nr. 413) ist eine sehr erfreuliche Erscheinung, da sie eine Manifestation des Handclsstandes in der Zollfrage bildet, die, mit richtigem Einblick in die materiellen nicht nur, sondern auch in die politischen Ver hältnisse einer handelsfreiheitlichen Politik in diesem Augenblick, wo cS so dringend noch thut, eindringlich das Wort redet. Außer einer von den Freihandelsvercinen der Provinz Preußen ausgehenden Denkschrift, die etwa vor vier Monaten erschien, haben bisher fast nur von Seiten der Interes senten des Schutzsystems Manifestationen stattgcfunden, und natürlich haben diese lediglich dazu gedient, die preußische Politik in ihrer principicllcn Un entschiedenheit zu bestärken. Es war gewiß endlich einmal Zeit, daß sich eine entgegengesetzte Bewegung geltend machte. Wir können freilich den Werth einer solchen Manifestation so lange nicht hoch anschlagcn, als die selbe lediglich von den officiellen Vertretern des Handelsstandes ausgeht, da gegen wollen wir die Hoffnung nicht aufgebcn, daß diese Manifestation den Beginn einer allgemeinern Bewegung in Preußen bilde. Die Bethciligten des gcsammten Handclsstandes, oder vielmehr die sämmtlichen Bewohner der öst lichen Provinzen, in deren dringendem und, wie wir meinen, bereits erkanntem Interesse die Umkehr Preußens zur Handelsfreiheit liegt, mögen einschen, daß sie nur dann bestimmenden Einfluß auf die preußische Politik haben, wenn sie ihre Stimmen geltend machen, daß sie in diesem Falle aber mäch tig wirken können, wie sich das im Sommer 1850 bei Gelegenheit der Kasseler Conferenzvorschläge gezeigt hat. — Das berliner Correspondenz-Bureau meint, „daß die jetzige Sachlage den Hoffnungen auf die Belebung der diplomatischen Verhandlun gen in der Zollfrage leicht einigen Erfolg versprechen möchte". Ein berliner Corrcspondent der Breslauer Zeitung theilt jetzt eben falls mit, daß kürzlich" ein eigenhändiges Schreiben des Kaisers von Oesterreich an den König von Preußen in Berlin eingelaufen sei, wel ches keinen andern Zweck habe, als durch Aufweckung der wirklich freund schaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Monarchen auch einer gegen- seitig freundlichern Politik vorzuarbeiten. Deutschland. Berlin, 7. Nov. Folgendes sind die ferner bekanntgewordenen Wahlen zur II. Kammer. Aus den Provinz Brandenburg: Kreis Havelberg: Bürgermeister Stämmler in Wilsnack, Kreisgerichtsdirector Niethe in Per leberg. Zu berichtigen ist, daß der Ministerpräsident v. Manteuffel mit dem Landrath Grafen Solms im Kreise Lübben-Luckau-Calau, dagegen der Unterstaatssccretär v. Manteuffel und der Rittergutsbesitzer v. Rechenberg im Kreise Cottbus-Spremberg-Calau gewählt sind. Ebenso ist bei der Provinz Pommern zu berichtigen, daß Gerichtsdirector Ebert nicht wieder- gewählt worden ist. Aus der Provinz Preußen. Kreis Gumbinnen: Land- schaftsrath Braemer, Rittergutsbesitzer v. Sauckcn-Julicnfelde, Prof. Sim- son. (Alle Drei links.) Kreis Preußisch-Stargard: Landrath Blindow, Guts besitzer Stampe; Kreis Braunsberg: Landrath v. Schwarzhoff, Negicrungs- Vicepräsident v. Kotze (Beide conservativ; hier unterlagen die katholischen Candidaten); Kreis Stallupöhnen-Ragnit: Rittmeister v. Plehwe aufDwa- rischken, Hofrath vr. Schmalz auf Küssen (Beide streng conservativ); Kreis Neustadt: Dekan Bieschki (von der katholischen Partei, Landschaftsdeputirter v. Nautenberg-Klinski auf Klukowa (links); Kreis Memel: Regierungsrath Schlott in Königsberg, Geh. Regierungsrath Maclean; Kreis Loetzen: Land rath Bielitz, Gutsbesitzer v. Biberstcin; Kreis Allenstcin: Obcrregierungsrath v. Canitz, Landrath Martens; Kreis Tilsit: Staatsanwalt Neumann, Land rath a. D. Schlenther; Kreis Gerdauen: Graf Klinkowström, Baron Schenck v. Tautenburg-Partsch; Kreis Hohenstein: Landrath v. Peguilhen in Nci- denburg, Gutsbesitzer Andrie auf Rampen; Kreis Strasburg: Landrath v. Mitschke-Kollande, Rittergutsbesitzer Freudenfeld. Aus der Provinz Posen: Kreis Gnescn: Literat Perwinzki in Posen, Gutspächter Sobeski, Geist licher Brenck. Aus der Provinz Schlesien: Kreis Waldenburg. Scholti seibesitzer Melzer; Kreis Pleß: der Herzog von Natibor, Rittergutsbesitzer v. Thun; Kreis GleiwiA: Kreisgerichtsrath Wodihka (conservativ), Dr. moci. Diestel aus Beuthen (links), Landrath Graf Strachwitz (streng conservativ); Kreis Neustadt: Kreisrichter Klose zu Ober-Glogau, Landesältester Graf Ballestrem. Aus der Provinz Sachsen: Kreis Querfurt: großherzogl. sächsischer wirkl. Geh. Rath, königl. Kammerherr Graf v. Werthern auf Schloß Beichlingen, Landrath v. Helldorff auf St.-Ulrich (Beide conser vativ). Aus der Provinz Westfalen: KreisHöxter: Graf Joseph v. Stol berg auf Westheim, Kreisrichtcr Evers aus Lichterau (beide Abgeordnete gehören dem Piusverein an); Kreis Dortmund: Oekonom Metzmacher, Rechtsanwalt Heintzmann; Kreis Münster: Domcapitular Krabbe; Frhr. v. Ketteler auf Thüle; Kreis Arnsberg: Gutsbesitzer Plaßmann, Kreis gerichtsdirector Lohmann. Aus der Nheinprovinz: Kreis Düssel dorf: Landwirlh Brors, Appellationsgcrichtsrath Aug. Reichensperger, Dom capitular Trost; Kreis Nees: Kanonikus Lensing, Kaplan Westarp auS Kleve (katholische Partei); Kreis Neuwied: Geheimrath v. Bethmann-Holl weg, Fcuersocietätsdircctor v. Waldbott-Bornheim, Geh. Revisionsrath Frech; Kreis Andernach: Landrath a. D. Delius, Pfarrer Gommelshausen; KreiS Cochem-Adenau: Dechant Schmidt, Apotheker Göres (Beide katholische Par tei); Kreis Gladbach: Regierungsrath a. D. Otto (katholische Partei), Rentner Herbertz; Kreis Geldern: Appellationsgcrichtsrath Peter Reichen sperger, Gutsbesitzer Max Clavö v. Bouhaben auS Köln, Graf Schäsberg zu Krickerbeck (alle Drei ultramontan); Kreis Elberfeld: Handelsminister v. d. Heydt, Kaufmann Johanny, Oberpräsident a. D. v. Auerswald, Oe- konom Pieper; Kreis Trier: Professor vr. Eberhardt, Landrath a. D. v. Haw; Kreis Montjoie: Appellationsgcrichtsrath Blömer, Professor Hil gers; Kreis Neuß: Gutsbesitzer Aldenhoven, Obergerichtsrath Schmitz; Kreis Engelskirchen: Professor Braun, Gutsbesitzer vr. Hohenschütz; Kreis Sim mern: Geh. Nath v. Bethmann-Hollweg, Gutsbesitzer Castendyck; Kreis Heinsberg: Professor Braun, Landgcrichtsrath de Syo; Kreis Prüm: Guts besitzer Höltzer, Gutsbesitzer Eugen Richard; Kreis Mühlheim-Berncastcl: bischöflicher Oekonom Alf in Trier, Advocatanwalt ZentiuS. Berlin, 6. Nov. Sie wissen bereits, daß unsere Wahlen zwar in conservativem, aber zum kleinern Theile nur in gouvernementalem Sinne ausgefallen sind. Man würde indeß Unrecht thun, hieraus auf eine Op position quanU-möme der Gewählten oder gar auf die Absicht schließen zu wollen, die große conscrvative Partei der Stadt Berlin habe durch die Art dieser ihrer Wahl der Negierung ein Mistrauensvotum geben wollen. Ge- genlhcils kann ich Ihnen aus Anschauung versichern, daß ein versöhnlicher Geist der durchaus vorherrschende war und daß der Wahl von (in gewissem Sinne) OppositionSmännern ganz andere Motive zum Grunde lagen als jene, die in dem Vincke'schen: „Weg mit diesem Ministerium!" ihren Aus druck fanden. Man Hal unabhängige Männer statt der Beamten haben wollen, aber ungleich mehr, um die Negierung für gewisse Eventualitäten zu kräftigen, als um sie zu schwächen. Man gedachte bei der augenblickli chen Lage aller europäischen Verhältnisse der Möglichkeit irgend eines feind lichen Zusammenstoßes, und ging mit Recht davon aus, daß im Falle der artiger Conflictc eine ihrer Majorität nach aus unabhängigen Männern gebildete Volksvertretung dem Lande einen fester» Halt gewähren müsse als eine von der jedesmaligen Regierung mehr oder minder abhängige Beamtenkammer. Aus diesem wesentlich patriotischen Gesichtspunkte wollen die diesmaligen Wahlen zunächst betrachtet sein. Ein an Bedeutung in zwei ter Reihe stehendes Motiv war die bevorstehende Berathung der Gemeinde ordnung und der Zollvereinsangelegenheit. Es liegt auf der Hand, daß den Wählern daran gelegen sein mußte, diesen wichtigen und jeden Einzelnen in seinen nächsten Interessen berührenden Fragen gegenüber, ebensowol unabhän gige wie namentlich auch sachkundige Männer als Vertreter in der Kammer zu haben, und erklärt sich zumeist aus diesem Grunde die Doppclwahl des ehema ligen Generalsteuerdirectors Kühne, sowie die Wahl des Hrn. v. Patow. Wenn es übrigens noch eines Zeichens bedürfte, um den versöhnlichen Charakter der stattgehabten Wahlen zu beweisen, so würde sich ein solches in derThat- sache finden, daß der Ministerpräsident im ersten Wahlbezirke mit ent schiedenster Majorität von denselben Männern gewählt wurde, die nicht nur als seine Gegner galten, sondern auch unmittelbar darauf in der Person des vi. Noht einen Antigouvcrncmcntalen zu ihrem Vertreter ernannten. Die Wahlen in der Nheinprovinz sind fast ausschließlich constitutioncll und zwar antiministeriell ausgefallen. Es gewinnt mithin den Anschein, als ob die Ernennung des Hrn. v. Kleist-Retzow zum Oberpräsidcntcn der Pro vinz an dem zähen aber gesunden Sinne der Rheinländer spurlos vorübcr- gcgangen sei. — Unter den ersten Kammcrvorlagen wird sich ein im Finanz ministerium ausgearbcitctes Gesetz befinden, das eine Erhöhung des Rü- benzuckerzollcs auf 6 Sgr. per Ccntncr Ruben vorschlägt. — In einer heutigen Handelssitzung des StaatS Minister in ms wurde, wie verlautet, die Rede bcralhcn, mit der Graf Buol-Schauenstein die letzte Wiener Zoll- conferenz eröffnete.