Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.07.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-07-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110725022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911072502
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911072502
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-07
- Tag 1911-07-25
-
Monat
1911-07
-
Jahr
1911
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugs Preis lük Leipzta und Vorort« durch nniere Iräaer und Soedtteur« 2«al tialich in» Hau» «edracht: « PI. »onarl.. 2.78 Ml. vietteUüLkl. Bet unler» FUialeu n. An» nahmesteaen abgehott: 7» V>. »onatl., L.2SMk. oierteltahrl. Lurch di« Poft: mnerhald Deutschlands und d«r deutschen Kolonien vierteljiihrl. S.80 Ltt., nionatl. > 2» Mk. aurichl. Postbestellaeld. Ferner m Belgien, Danemarl, den Donaustaaten, Italien, Luxemburg, Niederlande, Nor wegen, Oesterreich-Ungarn, Nutzland, Schweden, Schweij u. Spanien. 2n allen übrigen Staaten nur direkt durch die Geschäftsstelle de» Blatte» erhältlich. Das Leipziger Tageblatt erscheint 2mal täglich, Sonn- u. Feiertags nur morgen». Abonnements-Annahmen 2»hanni»gass« 8, bei unseren Trägern, Filialen, Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern uud Briefträgern. Ein,«l»«rkauf»pret» SP,. Abend-Ausgabe. WpMrrTagMM s 14 6S2 la»cht«.schlu»r Lel.-Änschl.^ I4ssr ll4«4 ,el..An,ch,.^;E Handelszeitung Amtsblatt -es Rates und -es Nolizeiamtes -er Lta-t Leipzig. «nzetgeu Preis »»» BehSrde» im amt- d Umgebung di« Reklame« Geschäft »anzeige» mtt Planvorschriften u. i» der Ab«ndau»gad« im Preis« erhöht. Rabatt nach Tarik, Beilagegedubr Gesamt- auslag« ä Akk. p. Tausend erkl. Poftgedähr. Teildettag« höher. Fest erteilt« Auftraa« könne» nicht zurück- aeiogen werden. Für da. Erscheinen an vefttmrnten Tagen und Plätzen wird keine Garantie übernommen. Anzeige»-Annahme: 2»ha»»i,,»ss« 8, bei sämtliche» Filiale» ». allen Annoncen- Lzpedtttoae» de» I»- und Auilande». Druck »ch Bert», de» Leipzig«, Tage blatt«, S. Polz. Inhaber: Paul Rürste». Redaktion »ad G»IchlUt»st«ll»: 3oha»»t»^t1l« 8. HauM-Fillal« Lee»»«»: Seepiatze <t lTrlephon 4821). Nr. 204. ISS. Zahrgang Vtensmg, üen 25. Juli l9ll. Die vorliegende Ausgabe umsaßt 6 Seilen. Line Rekle Ballermanns. Auf Schloß Burg hielt am Sonntag Der national liberale Führer Bassermann bei einem Sommerfest der Nationalliüeralen der Wahlkreise Solingen und Lennep - Mettmann - Remscheid eine Rede, in der er u. a. ausführte: In Marot! o erstrebte das Reich nur Gleich berechtigung und die offene Tür. Selten sei einem deutschen Staatsmann jo viel Vertrauen entgegengebracht worden, wie Herrn v. Kiderlen- Wachter, und man müsse hoffen, daß die gegen wärtigen Verhandlungen zu einein friedlichen Resul tat führen werden, aber nur unter Wahrung der Würde Deutschlands. Mit Kompensationen am Kongo, inTogo und in Kamerunvon geringer Art dürften wir uns nicht be gnügen. Herzzerreißend sei cs, wenn man die Verluste des Deutschtums im Osten übersehe. Die alte Festigkeit der Politik wie unter Bülow scheine in der Polenpolitik leider ins Schwanken geraten zu sein. Rie Hütte das Zentrum für eine vaterländische Polenpolitik Verständnis gehabt, das bewiesen erst wieder die eben geendeten Handelsgeschäfte zwischen Zentrum und Polen. Graf Schwerin habe recht gehabt: Das Zentrum ist eine unerfreuliche Ersck-einung. Das Bestreben Les Zen trums gehe nur auf Mehrung der kirchlichen Macht, nur außerdeutschc Bande halten es zusammen. Der deutsche Liberalismus habe gegen zwei Fronten zu kämpfen: die Sozialdemokraten und die Reaktion jeg licher Gestalt. Der Enthusiasmus, mit dem derBülow- gedanke, Konservative und Bürgertum zu einigen, aus genommen wurde, sei begreiflich. Bülow hätte erkannt, welche geltende, wenn auch allerdings nicht ausschlag gebende Stellung dem Liberalismus gebühre, aber er wollte gleichzeitig die Konservativen zum modernen Denken erziehen. Als die Konservativen aber ein sehen mußten, wie zum Beispiel beim Reichsvereins gesetz, der Reichsfinanzreform, der preußischen Wahl rechtsfrage. daß sie den Liberalen Konzessionen machen müßten, da sei ihnen die Freude an der Paarung vergangen. Die innere Politik sei heute schwieriger als je, weil sie überall wirtschaftliche und Klassen interessen zu berücksichtigen habe. Klassen politik ruiniere Las Land, weil sie Klassen herrschaft schaffe und Klasseninteressen mit Staats- interesten identifiziere. Ein Zeichen der Klassen interessen seien die Organisationen, zu denen sich jetzt alle Stände zusammentun. Alle verlangten die Er füllung ihrer Forderungen von den Parteien: des halb müßten die Parteien dem Ueberschwange der Forderuiuwn gegenüber härter und zurückhaltender werden. Ein Ruhmesblatt der inneren deutschen Politik sei die Sozialpolitik, die der national liberalen Partei ihre eifrigste Förderung verdanke. Dadurch, daß das Ausland sich die deutsche Sozial politik zum Muster nehme und sie nachahme, habe llnü es entgeht ihr keiner. llj Roman von Joachim von Dürow. (Nachdruck verboten.) ..Eine Sängerin ließ sich im Städtchen hören; sie erschien auf dem Podium, und da sie sich wie üblich verneigte, erhob sich das ganze Publikum und ver neigte sich ebenfalls." Roch anderes wurde hergeholt, wie wenn man in alten Schubläden kramt; Fred hatte zuzujehen, wie man die Papierlein auseinanderschlug und sich an dem Inhalt ergötzte, mal froh, mal in sanfter Traurig keit. Es war ihm eine ordentliche Genugtuung, als man endlich in der Gegenwart wieder festen Fuß faßte. Hier wurde der Oberst ein anderer; er verfiel in einen gewissen dröhnenden Prahlton, hob hervor, daß es ihm im Leben über Verdienst gut gegangen sei. Er erzählte von dem schweren Gelde, das in seinem Hause steckte, in den Tapeten seines Salons und dem ganzen Klimbim von Dienerschaft und so was; ge wissermaßen: „Und da d u inir nicht geworden, wurde mir anderes, was auch nicht zu verachten ist." ^Leiter sprach der Oberst mit einer vielleicht allzu scharf betonten Hochachtung von seiner Frau; von seiner Tochter mit unsagbarem Vaterstolz. Wenn Ostheims nach Dresden kämen, müßten sic selbstver ständlich bei Rütenbachs zu Tische sein. Die Baronin schüttelte bedauernd den Kopf, in sofern ihre Zeit morgen schon zu Ende sei. Fred aber sollte jedenfalls kommen. Er begann plötzlich für den Freund seiner Mutter zu existieren, und man ging gemeinschaftlich dem Kurhaus« zu, vor dem man unter Windlichtern gemütlich speiste. Als die Zwei, die einander so unvermutet „ent deckt" hatten, die Hände zum Abschied ineinander fügten, lebte in beider Seelen ein Gedanke: Er — er hatte eine Tochter — und sie, sie hatte einen Sohn. Die glimmende Havanna zwischen den Fingern, lehnte der Oberst in dem Fenster seines Zimmers, in einer der seltsamsten Stimmungen, die die letzten Jahre über ihn gebracht hatten. Er sagte sich, daß die stattliche, vornehme Dam«, mit der er den Abend verbracht, von der ehemaligen Cölestine herzlich wenig mehr übrig hatte. Schnee war das kastanienbraune Haar, dessen goldene Lichter ihn so begeistert, kleiner geworden die strahlenden grauen Augen, alles Elfen hafte mar wie weggeweht, und dennoch fühlte er sich in 'einer Art froh, di« ihm auf seinem Daseinspfade vollständig abhanden gekommen war: er hatte den ganzen Abend nicht einmal an den „Börsen-Courier" gedacht! Die Baronin war etwas säumig bei ihrer Nacht die deutsche Industrie den Vorteil, denn nun werde die ausländische Industrie auch soziale Lasten zu tragen haben, und das komme der deutschen Kon kurrenztätigkeit zugute. Man habe die national liberale Partei verdächtigt, daß sie kein Herz für die Landwirtschaft habe. Aber daß der Zolltarif zu stande gekommen sei und die Landwirtschaft nun gute Geschäfte mache, sei ein Verdienst der national liberalen Partei. Man habe den Nationalliberalen ferner vorgeworfen, sie hätten die mittlere Linie verlassen, indem sie sich zu sehr der Linken genähert. Aber wenn sich diese Annäherung vollzogen habe, so sei nicht zu vergessen, daß viele der früheren trennenden Gesichtspunkte in der großen liberalen Partei verschwunden seien. Zn Heeres- und Flottenfragen sowie in der Sozialpolitik seien heute alle Liberalen einig. Durch diese An näherung kehre man nur zu den Idealen Bennigsens zurück. Ebenso verhalte es sich mit der Beschuldigung, man hätte das Heidelberger Pro gramm verraten. Die liberalen Grundsätze von 1884 erfüllten die nationalliberale Partei noch heute. Aufgabe der Partei in den bevorstehenden Wahlen sei es, der liberalen Lveltanschauung Spielraum und Geltung zu verschaffen. Mit frohen Hoffnungen gehe man dem Kampfe entgegen. Die vermmüerung üer kirchlichen Feiertage. * Der diesseits und jenseits der Alpen geführte Streit wegen der Verminderung der kirch lichen Feiertage hat für den neutralen Beobachter manch heiteres Stückchen gebracht. Man konnte in den beiden Wochen, die seit dem jüngsten Motu- proprio des Papstes verflossen sind, folgende Tat lachen fcststellen: die Italiener, Kleriker wie Anti kleriker. zeigen für die Art, wie die deutschen Katholiken ihre Kirchenfeste feiern, wenig Verständnis. Aber auch unsere deutschen haben im allgemeinen keine Ahnung, wie „schlecht" die Kirchenheiligen bei ihren Festen in Italien wegkommcn. So konnte es kommen, daß dasselbe Motuproprio, das in Deutsch land Verblüffung erregte, in Italien als etwas ganz Selbstverständliches, Natur notwendiges hingenommen wurde. So konnte der „Messagerio" sehr richtig bemerken: „Der Papst hat einfach die Konsequenzen aus der Gewalt der Tatsachen gezogen. Es ging ihm genau so, wie dem Reiter, der recht zeitig vom Pferde absteigt, ehe es ihn abwirft". In Italien gilt als Hauptfeiertrag der erste Oster tag, der einzige Tag ineben dem ersten Mai!) im Jahr, an welchem fast gar keine Zeitung er scheint! Ueber dem ersten Weihnachts- und ersten Pfingstfeiertag stehl an Bedeutung noch Epipha nias, der heilige Dreikönigstag, den der Papst sich hüten würde, zu den Werkeltagen zu legen, da er es sonst mit den sich an diesem Tage beschenkenden Italienern zu tun bekommen würde. Die zweiten Oster-, Pfingst- und Weihnachtsfeiertage galten ne tixio längst als Werktage. Ebenso auch der Fronleichnamstag lvom Karfreitag nicht zu reden!), der im katholischen Deutschland mit beson derem Pomp gefeiert wird. Zum Verständnis für dies Feiertags-Motuproprio Pius X. wird es aber toilette. Den Ellenbogen auf der Tischplatte, den Kopf auf die Hand gestützt, ließ sie Bilder an sich vorüberziehen, die seit vielen Jahren dagestanden hatten, die Malerei nach der Wand gekehrt, wie nahm eine Stecknadel vom Toilettentische auf, be merkte, daß sie krumm war, bog sie zurecht und über zeugte sich auch, daß die Biegung vollständig aus geglichen war. Wo war e r — wo war der elegante Offizier geblieben? Kaum, daß sie ihn wieder er kannt hätte — ja — ja! Die Begegnung mit ihm war in seiner Stimme ein Klang, etwas in seiner Art zu sprechen, eine Bewegung der Hände, lauter kleine Dinge „aus jenen Tagen", deren Erinnerung sie um wehte, beinahe wie der Duft von Rosenöl aus Schiras aus dem Kommodenschube der alten Bas«. Die erloschene Zigarre in der Hand, stand auch Fred am Fenster seines Zimmers und starrte in die mondlose Nacht und auf die schwarzen Baumwipfel hinunter. Er hatte sich in etwas zu finden, mit etwas fertig zu werden. Da war zwischen ihn und die Mutter, zwischen diesen und die Erinnerung an seinen Vater plötzlich ein Mensch getreten, dem er die Be rechtigung dafür absolut nicht gönnte. Die Mutter, die ihm jo gänzlich außerhalb von „derlei" gestanden! — Warum hatte er denn nicht gewußt, daß sie so zu lachen verstand? Daß es über ihr Antlitz hinflicgcn konnte, gewissermaßen schämig-glücklich? Rasch schlug Fred das Fenster zu. Er würde sich den Deubel tun und in Dresden zum Oberst hin gehen — fiel ihm nicht auf hundert Meilen ein! Wenn er noch ein Geistesheros oder sonst einer auf hohem Postament gewesen wäre, aber dieser Alltags mensch — dieser Durchschnittsoberst! Langsam zog Fred den einen Stiefel aus, darauf den anderen, hielt beide ein Weilchen in di« Lufl, ehe er sie vor die Tür setzt«, und philosophiert«, im Bette liegend und in das Licht starrend, über Ge schmacksverirrungen in Sachen der Liebe. Rasch entschlossen blies er dann das Licht aus und warf sich auf die andere Seite. „Was dem einen sin Uhl, is dem anderen sin Nachtigall! — Mir wär' der Kerl — Uhl!" Die Baronin Ostheim war «ine jener seßhaften, eingefleischten Landfrauen, deren Blut angesichts einer Eisenbahnfahrt eine höhere Temperatur zeigt. Sie war stets überzeugt, daß sie den Zug versäumen würde. Auch heute hatte der Gedanke an all das, was sich zwischen sie und eb«n jenen Zug an Hinder nissen stellen könnte, sie lange vor der Zeit aus ihrem Zimmer getrieben. Als Fred zum Fenster hinaussah, erblickte er seine Mutter stramm aufgerichtet an einem der Tische in der verglasten Veranda sitzen; neben sich die Menge des Handgepäckes, ohne die eine richtige Landfrau es nun einmal nicht tut. Unruhig dienen, wenn man sich die nicht wegzuleugnende Tatsache vor Augen hält, daß Pius nicht nur ausschließlich italienisch spricht, sondern italienisch denkt, daß ihm diese Art Italianis- mus in Fleisch und Blut übergegangeck ist und daß ihm für die Bedürfnisse der nichtromanischen Katholiken fast jedes Verständnis fehlt. Das zeigt sich am eklatantesten wieder in dem durch die Eorrespondance de Rome entfachten Streit mit dem deutschen Zentrum. Unier römischer Mitarbeiter hat schon früher mitgeteilt, daß alle Versuche, die Hauptperson in dem Streit, den 2 n timus des Papstes und Merry del Vals, den Monsignore Benigni abzuschütteln, dem Kenner der vatikanischen Verhältnisse nur ein Lächeln abzulocken vermögen. Die Erklärung des Zentrumsabgeordneten Dr. Pichler, der vor dem „Sprengpulver im Zentrumsturm" warnen zu müssen glaubte, kann meine bisherigen Jniormationen nur bestätigen, wonach die von dem Kardinal Fischer- Köln vertretene Richtung des deutschen Katholizismus momentan rm Vatikan ..unten durch" ist. Hier sieht man die deutschen Verhältnisse ausschließ lich durch die italienische Brille des Monsignore Benigni und durch die spanische Brille der Kar- dinäle Merry del Val und Dives y Tuto, die drei Faktoren, die derzeit die vatikanische Jnfallibilität darstellen. Lieber Himmel! Pius X. ist alt, sehr alt geworden! Ihn kümmern nur noch die leeren Kassen des Vatikan. Vielleicht füllt das Zentrum diese neu aus, um sich beim Papste wieder in Gunst zu setzen und dadurch die Möglichkeit zu besitzen, ein Ohr des Papstes zu gewinnen?! Es geht stark bergab' im Vatikan. Alle Zeichen deuten auf den Verfall, aus den unaufhaltsamen Zersetzungs prozeß. Hat das nichtzentrumsfreundliche Deutsch land Ursache, den Herren Merry del Val und Gen. gram zu sein, wenn sie dem Zentrum das Spiel verderben??? Ole Dsge in perllen. Petersburg, 25. Juli. (Eig. Drahtmeld.) Ueber die Revolution in Persien melden die russischen Blätter: Kermandschah hat sich für den Exschah erklärt und rüstet 500 Mann für ihn aus. Zn Schiras haben sich die Anhänger des Exschahs in der Nordstadt befestigt. Der Eeneralgouverneur droht mit dem Bombardement. Teheran, 25. Juli. (Eig. Drahtmeld.) Der Medschlis stimmte für die Entlassung Sepehdars aus dem Kabinett. Nur vier Ab geordnete enthielten sich der Abstimmung. Es ist n i ch t wahrsckzeinlich, daß die Entlastung den all gemeinen Argwohn gegen ihn beschwich tige. Samram es Saltaneh soll Premier minister werden. Eine Truppenabteilung von 900 Mann Infanterie und 200 Reitern sowie eine Batterie sind nach Asterabad gegen den früheren Schah entsandt worden. spähte ihr Auge von rechts nach links, vielleicht in der Sorge, daß Fred sich verspäten könnte, oder wegen des Kellners, oder wegen anderer Beunruhigungen. Ein wenig lässig im Schritt, schlenderte Fred heran. „Guten Morgen, Mama", sagt« er in kühlem Tone, „wieder einmal gestiefelt und gespornt, lange vor der Zeit? Ich wäre sonst unfehlbar zu keiner Disposition gewesen. Sie können mir den Kaffee bringen, Kellner!" worauf er rasch nach der Zeitung griff. „Die Rinderpest in Serbien nimmt bedenkliche Formen an", sagte er, indem er das Blatt umwendete. Das Auge der Baronin ruhte auf ihm, er fühlte ihren Blick, ohne daß er seinerseits die Augen zu ihr aufschlug. „Bist du noch immer in Serbien?" fragte sie nicht ohne Schärfe. „Ja so, verzeihe, der Zug geht ja aber erst in zwei Stunden. Mama. Hast du irgendwelche Befehle noch für mich?" „Fred!" , „Du wünschest?" „Lege einmal die Zeitung hin, m«in Sohn, und sieh deine Mutter an. Meinst du wirklich, ich wüßte nicht ganz genau, was dir gestern abend hinter der Stirn auf- und niedergegangen ist? Den Zug um den Mund sollte ich nicht kennen? Genau wie in der Knabenzeit, wenn in dein Honigbrot der Honig cin- gezogen war, oder später, wenn feinnasige Krähen wegen der Flinte auf deiner Schulter absolut im ganzen Bereich nicht zu spüren waren. Blicke auf, Fred, blicke auf! So. — Und nun, um das Ding gleich fest anzupacken: Wie gefällt dir der Oberst Rütenbach?" „Gar nicht, Mutter!" „Das ist Geschmackssache, mir gefällt er ganz gut, obschon ich iin allgemeinen die Leute nicht goutiere, die so rettungslos dem Dickwerden verfallen sind. Ebensowenig schwärme ich für Hängebacken. Trotz dem ist der Oberst, abgesehen von der gewissen Protzigkeit in Geldsachen — er ist eben Parvenü im Reichtum — ein ganz gut zu leidender Mann!" „Mutter", sagte Fred mit schneidend«: Schärfe, „spielst du Komödie, du?" „Absolut nicht, mein Sohn! Laß uns zunächst einmal seststellen, daß der Oberst von Rütenbach, der da gestern mit uns soupiert und geschwatzt hat, mit d«m L«utnant Archibald Rütenbach ebensowenig in meiner Seele etwas zu schaffen hat, wie die blond«, schlanke Eölestine Heinsberg es mit der alten Dame Ostheim auf Moosbach in d«r seinen hat. Trotzdem haben wir uns des Wiedersehens gefreut." „Za, das habt ihr!" Di« Baronin überhört« die Schärfe des Tones. „Sich' einmal, Fred, das. was dm mit uns bei Tische gejesten, von dem weißt du nichts, üb«r das ging -ein Blick hinw«g. Mit unserem Wielxrsehen polltilche Nachrichten. Die französischen Gewerkschaftsvertreter in Berlin. Berlin, 25. Juli. (Priv.-Tel.) Zur Begrüßung der französischen Gewerkschaftsver treter veranstaltete die Berliner Generalkom mission gestern abend eine große Zusammenkunft im Gewerkschaftshause. Es sprachen u. a. Reichstags abgeordneter Legten, die Franzosen Zvetot von der französischen Keneralkommission und Viktor von den französischen Steinmaurern über die Soli darität der Völker. Landtags-Nachwahl. Günzburg, 25. Juli. lEig. Drakttn.) Der Mün chener Prozessor Dr. Sajneemilch hatte wegen Meinungsverschiedenheiten mit den Günzburgern und wegen einer Lokalbahnfrage sein Mandat nie dergelegt. Die Nachwahl brachte das Ergebnis, daß das Zentrum den Wahlkreis verlor und der Kandi dat des Bauernbundes Bürgermeister Dirr in Arm hof mit 2209 Stimmen gewählt wurde. Der Zen trumskandidat erhielt nur 2087 Stimmen. Die Liberalen hatten keinen eigenen Kandidaten ausge stellt. und die Sozialdemokraten scheinen für den Dauernbündler eingetreten zu sein. Da das Zentrum über 400 Stimmen verloren hat, muß aber auch — und das verdient besonders betont zu werden — eine große Anzahl Zentrumswähler dem Zuge nach links gefolgt sein. Zur Hammelburger Spionaaeasfiir«. Würzburg, 25. Zuli. (Eig. Drahtmeld.) Zur Hammelburger Spionagcafsäre erfahren wir, daß der Fall insofern aufgeklärt ist, als der Posten am Hau bitzenpark des Truppcnlagers auch die Aussage nicht mehr aufrechterhallen kann, daß der Weggewieseue sich mit der Besichtigung eines Ge schützes zu schaffen gemacht habe. Andere Posten haben eine Person überhaupt nicht wahrgenom- m e n. Ein Interest«, wer die vom Posten weggewie sene Person gewesen jein könnte, liegt nicht mehr vor, da nach dem jetzigen Stand der Sache eine mili- tärischeSpionage ausgeschlossen erscheint. Aushebung der französischen Kultusdirektion. Paris, 25. Juli. (Eig. Drahtmeld.) Minister präsident Caillaux hat beschlossen, die bisherige Kultusdirektion aufzuheben, die trotz der Trennung der Kirche vom Staat fortbestand uird u. a. gewisse religiöse Orden zu überwachen sowie die Ruhe gehälter an die Priester zu zahlen hatte. Die Ob liegenheiten der Kultusdirektion werden verschiedenen Abteilungen des Ministeriums des Innern zugcwiesen werden. Die englischen Berfassungskämpfe. London, 25. Juli. (Eig. Drahtmeld.) Die gestern nachmittag im llnterhause gegen den Premierminister veranstaltete Kundgebung, die anerkannter maßen von etwa dreißig unversöhnlichen Unionisten vorbereitet worden war. wird von den Parteien all gemein verurteilt. Die Unionisten werden eine vor geschlagene Denkschrift für Premierminister Asänith unterzeichnen, worin die dem Premierminister er wiesene persönliche Unhöflichkeit bedauert wird. — König Georg hat seine geplante Reise zu den standen die Tage der Jugend wieder in uns auf, die Jugend wollte ihr Recht; an ihr haben wir uns gefreut; nicht an uns selbst " Die Baronin schaute verloren vor sich hin. „Nichts vergißt der Mensch jo schwer, vergibt er so schwer als einen Raub an seinem Lebensfrühling. Mein Vatdr war, wie ich dir schon sagte, ein harter Mann; er fragte nichts nach meinem Frühling, ich war ja für ihn die arbeitende Kraft im Hause! — Es gab nur eine Z«it, in der ich jung sein durst«, und die fiel mit Archibald Rütenbachs Anwesenheit bei uns zusammen. Vielleicht habe ich zu sehr an seinem Bilde sestgehalten, an dem Nimbus, der es umwob. Es geschah eben nichts, was den Strahlen kranz hätte verdunkeln können, all die Jahre hin durch. Mit dem Moment, in d«m ich ihn gestern wiedergesehen, ist — und merkwürdigerweise, ohne datz mich dieses schmerzt — in meinem Inneren eine leere Stelle." Fred griff nach d«r Hand seiner Mutt«r; sie sprach weiter, sehr ruhig, und doch mit einem ihm seltsam bewegenden Klang: „Was an mir nagt, ist etwas anderes. Wenn di« zwei Männer heute vor mir ständen, dein Vater und jener da, nun so würde ich jenem freundlich zunicken; deinem Vater aber würde ich die Arme um den Hals werfen: „Nimm mich hin, du edler Mann, und ver gib mir! Ich habe mich ja ordentlich gewehrt, dich lieb zu haben. Um eines Jugendtraumes willen, der zerronnen ist wie die Jugend selbst, habe ich den Sonnenstrahl aus unserem Leben abg«sperrt." Als Fred seiner Mutter das viele Handgepäck ins Coup» reichte, hatte er an den Bügel d«r Haupt tasche eine Rose gebunden. Mit dieser Rose in der Hand trat die Baronin ans Wagenfenster. „Fred", sagte sie, „überschlage in deinen Gedanken über die Begegnung mit dem braven Oberst nicht das, von dem wir gesprochen haben, ehe sein Schatten über unsern Weg gefallen ist! Wehre dem Gedanken an deine Heirat nicht, wie du es bisher getan. Das Gut will seinen Herrn haben, und der alte Stamm seine jungen Trieb«. Es muß Leben in das Haus Kommen, allerlei Vermorschtes muß neu werden. Du wirst es, wenn du ernstlich vorgehst, bald spüren, ob ein Mäd- chen dich gern hat; es sind ihrer schon manch« ge- wesen; wenn dazu bei ihr die gute Familie kommt, ein nettes Exterieur und eine innerlich« Frohnatur, so umpanzere dein Herz nicht, wie du es bisher getan. Packe das Glück beim Flügel, anstatt dich vor ihm zu ducken." „Fertig!" kommandierte der Zugführer, und di« Tür wurd« zugeschlagen. Fr«d aber lief noch in kurzem Trabe neben dem CoupS her. „Sei ruhig. Mutter; was gemacht werden kann, wird gemacht." (Fortsetzung iu der Morgenausgabe.)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite