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Hl1Mlmrg.tr TngMaN und Waldenburger Anzeiger Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Sonntag, de» 13. Zum 188» Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Bekanntmachung. Künftigen Montag, den 14. dieses Monats, Nachmittags 5 Uhr soll das auf den communlichen Angergrundstücken anstehende Gras unter den im Termine bekannt zu machenden Bedingungen an Ort und Stelle meistbie tend verkauft werden. Der Versammlungsort ist bei der Steinbrücke. Waldenburg, den 8. Juni 1880. Der städtische Forst- und Wirthschafts-Ausschuß. Limmer, Stadtrath. ^Waldenburg, 12- Juni 1880. - Zur Vorgeschichte der kirchenpolitischen ; Vorlage. Das Kirchengesetz ist von der Commission auch in der zweiten Lesung mit 13 gegen 8 stimmen abgelehnt worden. Das kaum vorausgesehene Resultat ist dadurch herbeigeführt worden, daß Centrum, Nationalliberale und die Fortschrittler dagegen stimmten, während nur die Conservativen und Freiconservativen sich dafür erklärten. Man hatte gemeint, das Centrum werde sich der Stimmen abgabe ganz enthalten, in welchem Falle die An nahme durch die Vereinigung der Conservativen er folgt wäre; dieser Fall ist aber nicht eingetreten. Eigentlich ist es nicht die Regierungsvorlage, die durch die Commission abgelehnt worden ist, sondern eine geistig unzusammenhängende Zusammenstellung ihrer eigenen Beschlüsse; sie hat am siebenten Tage erkannt, daß sie das, was sie in sechs Tagen ge schaffen, dem Plenum nicht empfehlen könne. Das Plenum wird demnach wieder die Regierungsvor lage zur Grundlage seiner Beralhungen machen müssen. >Ob diese nun angenommen oder abgelehnt werden wird, läßt sich vorläufig nicht entscheiden. Immerhin dürfte es aber interessant sein, Einiges aus der Vorgeschichte dieser Vorlage kennen zu lernen und in dieser Beziehung entnehmen wir den „Grenzboten" aus ihrem neuesten politischen Brief, welcher eine historische Darstellung des Verlaufs der Verhandlungen mit der Curie enthält, in Folgendem einige Bemerkungen, in welchen auch die National liberalen einige Brocken erhalten. Es heißt da: „Weshalb hat die preußische Regierung ihre Vor lage vom 19. Mai eingebracht, nachdem die Curie jede Verständigung auf Grund einer solchen Vor lage zurückgewiesen? Man wird vielleicht sagen: Wenn die preußische Regierung sich blos gegen den Vorwurf schützen wollte, das Mißlingen der Ver handlungen verschuldet zu haben, so genügte es, wenn sie der päpstlichen Anklagedrohung durch den veröffentlichten Schriftenwechsel zuvorkam, wie es ja geschehen ist. Dagegen — so werden viele denken — war die Vorlage vom 19. Mai als Beweis der Friedensliebe überflüssig, nachdem die Curie eine solche Friedensbasis zurückgewiesen und deshalb muß hinter der Vorlage etwas Anderes stecken. Darauf ist einfach zu erwidern, daß dieser thatsächliche Beweis von Friedensliebe doch nicht überflüssig ist. Die liberalen Blätter sagen, bei den Katholiken, welche nur die Caplanspreffe lesen, verfange dieser Beweis doch nicht. Der Beweis ist aber nicht auf die von der Kaplanspresse bedienten Katholiken berechnet. Das Feuer des Culturkampfes war sehr im Er löschen, zum Theil allerdings in Folge der Verstän digungsversuche, auf welche die preußische Negierung sich mit dem neuen Papst eingelassen hatte und — einlassen mußte. Man denke nur nicht, daß irgend ein Kampf, irgend eine Arbeit im ersten Ansatz gleichmäßig sich steigernd fortlaufen kann. Es kom men Pausen, Ermattungen und darauf das Ende oder neue Ansätze. So will es das Gesetz des ^Mens, dem auch der Culturkampf unterliegt. Auch Herr von Bennigsen sprach schon öffentlich von dem Bedürfniß des kirchlichen Friedens. s Wenn dieses Bedürfniß allgemein ist, so muß s nun allen Augen offenbar werden, wer ihm s entgegensteht. Dazu dient überzeugend die Vor- ! läge vom 19. Mai. Es hätte nicht ausgereicht, j Schriftstücke zu veröffentlichen, welche die unerfüll- ! baren Auforderungen der Curie aufs neue bestätigen. Man muß sich weit über die Kluft hinüber biegen und der Curie die Hand entgegenstrecken, damit die Welt sieht, wer nicht in die Hand einschlägt. Dann kann der Kampf neu entbrennen. Dies bezweckt die Vorlage vom 19. Mai. Aber nicht blos dies. Es ist trotz alledem nicht ausgeschlossen, daß die Curie es geschehen läßt, daß auf dem Grunde die ser Volage sich ein wociau vivöuäi bildet. Die Motive zu diesem Geschehenlassen kann die Curie in der Weltsituation finden, wenn die Jesuiten dies zulassen. Ob die Klugheit über den Fanatismus siegt, muß man abwarten. Siegt der Fanatismus, so ist die Position des Staates durch die Vorlage vom 19. Mai ungeheuer gestärkt. Siegt die Klug heit, so eröffnet sich ein Weg zum Frieden, welcher für die Curie der leichteste und für den Staat der vortheilhafteste ist. Das sollten die Nationalliberalen bedenken. Anstatt die Vorlage zu zerpflücken, und nach allen Seiten hin wirkungslos zu machen, sollten sie dieselbe an dloe annehmen, mit dem einzigen Zusatze einer Fristbestimmung, und sollten ihre Be reitwilligkeit dazu der Regierung kund thun. Dann würde diese wohl die Conservativen zu dem Glei chen vermögen. So sollten die Nationalliberalen im Plenum verfahren. Die Arbeiten der Commission werden nur den Zweck erfüllen, den Parteien die Zeit zur Wahl des richtigen Entschlusses zu verschaffen." ^Waldenburg, 12. Juni 1880. Politische Rrm-schim. Deutsches Reich. Die „Nordd. Allg. Ztg." constatirt bei Bespre chung der Ablehnung der kirchenpolitischen Vorlage in der Commission, daß die große kleri- kal-conservative Coalition nicht für die Vorlage ein getreten, sondern daß diese an den Nationalliberalen, dem Centrum und dem Fortschritt gescheitert sein. Obwohl die Nationalliberalen immer wieder vor dem Lande erklärten, daß sie den Reichskanzler in der großen Politik nach wie vor unterstützen würden, verweigerten sie doch mit der gegenwärtigen Vor lage, welche wesentlich bezwecke, dem Leiter der deutschen Politik ausreichende Handhaben zum Ver handeln mit Rom zu geben, diese Handhaben. Der preußische Cultusminister erließ ein Verbot gegen Schülerverbindungen, die nicht von Directoren betreffender Anstalten erlaubt sind. Die Strafbarkeit wird durch löbliche Zwecke derartiger Verbindungen nicht aufgehoben. Die höchste Strafe ist Ausschluß aus allen öffentlichen Schulen der Monarchie. Die amtlich publicirte Uebersicht der in den deutschen Münzstätten bis Ende Mai 1880 stattge habten Ausprägungen von Reichs-Gold- und Silbermünzen ergiebt folgende Zahlen. Im Monat Mai sind geprägt worden (in Berlin, Stutt gart, Karlsruhe,Hamburg) 1,377,OOOMk. Kronen,hier von auf Privatrechnung 1,375,000; 632 Zwei-Mark stücke und 283,400 Ein-Markstücke. Nach Abzug der eingezogenen Stücke bleiben insgesammt 1,267,833,900 Doppelkronen, 428,462,200 Kronen, 27,967,350 halbe Kronen; 71,650,880 Fünf-Mark stücke, 101,024,328 Zwei-Markstücke, 152,209,946 Ein-Markstücke, 71,485,744 Fünfzig-Pfennigstücke, 30,717,458 Zwanzig-Pfennigstücke. In Gold ist mithin ausgeprägt 1,724,263,450 Mk. in Silber 427,088,356 Mark. Bei der am 11. d. stattgefundenen Ersatzwahl im 5. Berliner Reichstagswahlkreise wurde Rechts anwalt Träger (Fortschritt) mit 4266 von 4571 abgegebenen Stimmen zum Reichstagsabgeordneten gewählt. Demnach scheint die Wahlbetheiligung be sonders seitens anderer Parteien sehr schwach ge wesen zu sein. Am 10. d. nahm das preußische Herren haus seine Sitzungen wieder auf und trat in die Berathung des Organisations-Gesetzes ein, das bis zur Mitte fast durchgängig nach den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses angenommen wurde. Da wenig Aussicht vorhanden ist, daß die Kirchenvor lage vom Abgeordnetenhaus angenommen wird, in welchem Falle sie gar nicht an das Herrenhaus ge langen würde, dürfte die ganze Nachsession des Herrenhauses nur wenige Tage dauern. Die Deputation, welche beauftragt war, die Pe tition betreffs Hinausschiebung des Zeitpunktes für die Einverleibung Altonas in das Zollgebiet in Berlin zu überreichen, hat sich in einem ausführ lichen Schreiben an die „Alt. Nachr." über den Er folg ihrer Mission geäußert. Die Minister gaben schöne Versprechungen — für die Zukunft. „Zum Reichskanzler war kein Zutritt zu erlangen. Nach mittags erhielten wir einen Brief des Inhalts: „Der Herr Reichskanzler hat die mir übergebene Eingabe vieler Bürger und Einwohner Altonas mit Interesse entgegengenommen, bedauert aber aus Gesundheits rücksichten verhindert zu sein, die Herren persönlich zu empfangen. Tiedemann." Persönlich bemerkte uns der Herr Geheimratb (Tiedemann), daß der Fürst-Reichskanzler nach Durchlesung der Petition geäußert habe: „Danach scheinen also die Petenten auch ferner eine Vorstadt Hamburgs bleiben zu wollen, das will ich aber nicht!" FrankreLch- Jn parlamentarischen Kreisen heißt es, der Mini ster des Innern hätte dem Ministerrathe am 9. d. vorgeschlagen, bei den Kammern die Ertheilung einer Amnestie zu beantragen und der Minister- rath sei dem Anträge des Ministers nahezu ein stimmig beigetreten. Die indirekten Steuern ergaben in Frankreich für den Monat Mai 1880 einen Ueberschuß von 8,327,090 Frcs. im Vergleich mit den Voranschlag des Budgets. Der Totalüberschuß für die 5 ersten Monate des Jahres beträgt 52,923,000 Frcs. In Lyon ist der radikale von der Amnestie nicht begnadigte Blanqui durchgefallen; .darob herrscht daselbst große Aufregung. Im Arbeiterviertel Croix Roufse kam es zu Schlägereien zwischen den An hängern von Blanqui und denen von Ballue. Vor den Bureaux der republikanischen Blätter, welche für Ballue gearbeitet, lärmten die Anhänger Blanqui's,