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„Weißerltz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Pfg-, zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfa. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be stellungen an. WchnMitW. Amtsblatt Jnferate, welche bei d« bedeutenden Auflage d« Blattes eine sehr »u» same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder oere» Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionellen Theile, di- Spaltenzeil« 20Psg. für die Königliche Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenjtein Verantwortlicher Redacteur: Paul Ikhnr in Dippoldiswalde. Nr. 51. Der 1. Mai. Der 1. Mai ist nun herangenaht und mit ihm also auch jener Tag, an welchem nach den Beschlüssen des Pariser internationalen Sozialistenkongresses die große Kundgebung der Arbeiter der ganzen Welt zu Gunsten des achtstündigen Normalarbeitstages ins Werk gesetzt werden soll und für welche schon seit langen Wochen in den Arbeiterkreisen agitirt worden ist. Wenn indessen die Arrangeure dieses eigenartigen Spektakelsstückes, eben die in Paris versammelt ge wesenen Herren von der rothen Internationale, ge glaubt haben, dasselbe in der Thal zu einer einheit lichen und gerade hierdurch großartigen Demonstration der gesammten Arbeiterschaft der Welt gestalten zu können, so dürften sie inzwischen wohl selber eingesehen haben, daß dem nicht so sein wird. Denn es läßt sich nunmehr bestimmt behaupten, daß der Arbeiter feier vom I. Mai vor Allem jener einheitliche Charakter fehlen wird, durch welchen sie allerdings einen impo- nirenden Eindruck gemacht haben würde; im Gegen- theil, in allen Ländern dürfte sich nur ein gewisser Bruchtheil der Arbeiterschaft in irgendwelchen Formen an der Feier des „blauen Maitages" betheiligen und darum wird dieselbe nimmermehr jene gewaltige Kund gebung der arbeitenden Klaffen darstellen, zu welcher sie nach dem Willen ihrer Urheber gemacht werden sollte. Gewiß, wäre es gelungen, die Millionen und Abermillionen der Arbeiter für das geplante Unter nehmen vom I. Mai zu vereinigen und wäre es hier mit ermöglicht worden, für diesen Tag einen Still stand des gesammten gewerblichen Lebens in allen Industriestaaten herbeizusühren, so hätte die interna tionale Arbeiterbewegung einen ungeheuren Erfolg verzeichnen können. Aber die Väter des „Arbeiter feiertages" haben ihre Kräfte offenbar weit überschätzt, die gegebenen nüchternen Verhältnisse erwiesen sich mächtiger als die Absichten und Berechnungen der Arbeiterführer und zudem haben dieselben mit ihrem Plane mehr und mehr in der Arbeiterwelt selbst Widerstand gefunden. Theils die ersten Maßregeln, zu denen sich endlich die allermeisten Arbeitgeber gegen über ihren Arbeitern, falls dieselben am ersten Mai wirklich feiern sollten, entschlossen haben, theils auch die energische Stellungnahme der staatlichen Behörden gegenüber dem „Arbeiterfeiertage" sind auf die ruhig erwägenden Elemente unter den Arbeitern nicht ohne Einfluß geblieben. Auch hat sich unter der Arbeiter schaft die Erkenntniß immer weiter Bahn gebrochen, daß der erstrebte achtstündige Normalarbeitstag für die Demonstration des 1. Mai nur die Folie abgeben soll, daß sich hinter dem Allerwelisfeiertage, wie er zuerst in Paris proklamirt worden ist, ein ganz an derer Zweck verbirgt, die offene Kampferklärung der internationalen Umsturzpartei gegen Staat und Gesell schaft, gegen die Kapitalsmacht und die besitzenden Klaffen, und alle besseren Elemente der Arbeiterwelt scheuen sich denn doch noch, für eine solche Wendung einzutreten. Seitdem in der bürgerlichen Gesellschaft die Erkenntniß von dieser Lage der Dinge Platz ge griffen hat, sieht man hier der Arbeiterkundgebung vom 1. Mai mit etwas mehr Ruhe entgegen als vordem, doch trotzdem harrt man des Verlaufes des „kritischen Tages" mit begreiflicher Spannung. Denn unläugbar befinden sich die Arbeiter der meisten In dustriestaaten schon seit längerer Zeit in fortdauernder Gährung, die durch die massenhaften Streiks in vielen gewerblichen Zweigen, dann aber auch durch die mannichfachen Ausschreitungen zum Abdrucke gelangte, wie solche erst in den letzten Wochen in Oesterreich vorgekommen find. Die Befürchtung, daß es am 1. Mai hie und da zu Unruhen kommen könnte, ist darum nicht ganz unbegründet und wenn gleich die Leiter der Arbeiterfeier überall die „Genossen" aufge fordert haben, sich zu keinerlei Konflikten mit der Staatsgewalt hinreißen zu lassen, so giebt es doch in Donnerstag, den 1. Mai 1890. jeder Arbeiterschaft Elemente, welche stets bereit sind, selbst gegen den Willen der Führer Straßenputsche zu insceniren. Indessen verbürgen die Sicherheitsmaß- regeln, welche die Regierungen allerwärts für den ersten Mai angeordnet haben, daß die staatlichen Autoritäten etwaigen Ausschreitungen der feiernden Arbeiter sofort mit der nöthigen Energie gegenüber treten werden und so ist begründete Aussicht vorhan den, daß die Arbeiterdemonstration im Allgemeinen ruhig verlaufen wird, was schließlich auch im eigensten Interesse der Arbeiter selber nur dringend zu wün schen ist. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 30. April. Der Blocksberg, „der lange Herr Philister", wie ihn Matthias Claudius be namset hat, gilt seit unvordenklichen Zeiten als Stell dichein der im Mittelaller im Volksglauben lebenden und Unheil schaffenden Hexenzunft. In der Walpurgis nacht — der Nacht des l. Mai — kommen die Un holde auf ihm zusammen, um ihren Hexensabbath zu feiern. Noch jetzt pflegt deshalb in Norddeutschland der Landmann Hos- und Stallthor in dieser Nacht mit schwarzem Kreuze zu bemalen, um Haus und Vieh vor dem unheimlichen Zauber der auf Ziegenbock, Strohwisch, Ofengabel und anderm Geräth durch die Luft reitenden Blocksberggäste zu sichern. Heuerhaben andere, moderne Hexenmeister ihre Zunft entboten, um, herumreitend auf ihrem Strohwischprinzipe des „Acht stundenarbeitstages" Unheil zu werfen in Haus und Werkstatt, die Milch der frommen Denkart gründlich zu versäuern und die jbösen Dämonen des Neides, der Begehrlichkeit und der Unzufriedenheit zu entfesseln. Hoffentlich schwindet nach dem projektirten Hexensabbath der der großen Masse bis jetzt imponirende Zauber der modernen Hexenmeister und es setzt die unausbleibliche Ernüchterung den Menschenverstand und die Menschen arbeit wieder in ihre unverjährbaren Rechte ein. Wer das Kreuz nicht auf der Hof- und Stallthüre, sondern im Herzen hat, dem vermögen die Unholde nichts an zuhaben ! — Am vorigen Sonntag wurde von einigen un serer Leser in Reinholdshain Abends 11 Minuten nach 10 Uhr ein hellleuchtendes Meteor beobachtet, welches mit langem, weißem Schweif versehen, von Süd in nordöstlicher Richtung sich bewegte. Während des Falles war ein deutliches Zischen vernehmbar, dem ein donnerähnliches Geräusch folgte. Der Himmel war ziemlich hell und gewährte daher das dahineilende Meteor eine wunderbare Erscheinung. — Was bei Festsetzung des diesmonatlichen Theater extrazuges auf einen Sonnabend vorausgesagt wurde, ist in vollem Maße eingetroffen: derselbe dürfte der bisher am schlechtesten besetzt gewesene Extrazug ge wesen sein. Wie wir hören, sollen nur 35 Personen denselben benutzt haben. — Die kgl. Ober-Ersatz-Kommission im Bezirke der 2. Jnfanteriebrigade Nr. 46 zu Dresden wird die diesjährige Aushebung der Militärpflichtigen im Aushebungsbezirk Dippoldiswalde am 29., 30. und 31. Mai im Rathhause daselbst abhalten. Die zur Vorstellung gelangenden Militärpflichtigen werden hier zu von Seiten der betreffenden kgl. Ersatz-Kommission noch besondere Vorladungen erhalten. Militärpflichtige, welche bei der diesjährigen Musterung für tauglich befunden, dem Landstürme oder der Ersatz-Reserve zu- getheilt, oder auch für untauglich erklärt worden sind und vor den oben angegebenen Terminen ihren zeit- herigen Aufenthaltsort wechseln wollen, haben dies zu Vermeidung von Strafen und sonstiger Nachtheile bei der Stammrolle des letzten, wie auch bei derjenigen des neuen Aufenthaltsortes sofort zu melden. — In den frühen Morgenstunden des Dienstag ereignete sich in Obercarsdorf ein recht bedauerlicher Unglücksfall, welcher einen hiesigen, allgemein als 56. Jahrgang. Sm . 's brav und fleißig bekannten, verheiratheten Arbeiter, den Straßenarbeiter Knacksuß, betraf. Derselbe saß auf einem nach dem Jägerhause zu fahrenden Bretwage«, als der Morgenzug nach Hainsberg andampfte und die Pferde des Geschirres scheu machte, welche den Wagen rückwärts in den Straßengraben drängten. In dem selben Momente fuhr der Zug vorbei, das Trittbrett des ersten Waggons erfaßte das Hintertheil des Bret- wagens und warf diesen um, wodurch der heraussprin gende Knackfuß unter ihn gerietb und während der Wagen zertrümmert wurde, eine Reihe erheblicher äußerer und innerer Verletzungen davontrug. Man brachte den Verunglückten alsbald in das hiesige Stadt krankenhaus, wo er schwerkrank, indessen nicht gänzlich hoffnunglos darniederliegt. — Herr vr. Pollack jun. hatte seinerzeit sein Fest spiel: „Hoch flLettin!" Sr. Majestät dem Könige unterthänigst überreichen lassen. Am vergangenen Dienstage wurde ihm nunmehr durch das Ministerium des königl. Hauses im Auftrage Sr. Majestät die zur Erinnerung an die Wettinseier geprägte silberne Denk münze als Andenken übermittelt. Altenberg. Der Müglitzthal-Bahnbau rückt der oberen Gegend näher. Am 24. d. M. ist die Bau strecke vom Huthause bis zur Hartmannmühle ober behördlich besichtigt worden und wird nunmehr un gesäumt auf dieser Strecke der Bahnbau schwunghaft beginnen. Fünf große Wagen mit Karren, Bau- geräthen rc. sind schon in der Vorwoche durch Alten berg nach Geising gegangen, böhmische Bahnarbeiter und Frauen treffen noch täglich beim Bahnbau ein. H Poffendorf. Das am vergangenen Sonntage vom Muldenthaler Männer-Quartett aus Döbeln im hiesigen Gasthofe veranstaltete humoristische Gesangs- Concert bot den Besuchern einige recht genußreiche Stunden. Die gut ausgeführten Quartette wurden äußerst beifällig ausgenommen. Auch die humoristi schen Vorträge, Duette, Kouplets und Soloscenen, sprachen ungemein an und versetzten das Publikum in eine animirte Stimmung. Leider war das Concert nur mittelmäßig besucht und liegt dieser Umstand nur darin, daß die Concertsaison zu jetziger vorgerückter Zeit auf dem Lande schon vorüber ist. -d Kreischa. Hier hat der Männergesangverein für den 6. Juli d. Js. ein großes Sängerkest zu veranstalte.y. geplant. Es werden die Brudervereine der in Schandau seinerzeit geschlossenen „Freien Männergesang-Vereinigung" dazu geladen. Der Männergesangverein hat zwar vor kurzem die Mit gliederschaft im „Elbgausängerbund" erlangt, war aber im Vorjahre in Copitz zur Uebernahme dieses Sängerfestes ersucht worden. Auch sollen die Gesang vereine der Umgegend Kreischa's um ihr Erscheinen gebeten werden. Man erwartet circa 500 Sänger. Das Nähere wird später noch veröffentlicht werden. Dresden. Der König und die Königin sind am 29. April Vormittags auf dem Leipziger Bahnhof eingetroffen und von den Prinzen Georg und Albert, der Prinzessin Mathilde, sämmtlichen Ministern, dem Prinzen Neuß und den Spitzen der Behörden begrüßt worden. Dieselben begaben sich alsbald nach der Villa in Strehlen. — Prinz Georg und Familie unternahmen mit dem Prinzen von Mecklenburg am Sonntag einen Ausflug in den Rabenauer Grund, indem sie von Hainsberg nach der Rabenauer Mühle gingen und über die Alberthöhe zurückkehrten. — Die diesjährige Bußtagskollekte ist in ihrem Ertrage nicht unerheblich hinter der des Vorjahres zurückgeblieben. Damals betrug sie 17,000 M. und wurde durch den Beitrag eines Ungenannten in Höhe von 2000 M. verstärkt. In diesem Jahre sind nicht ganz 16,000 M. eingegangen. Unter Hinzunahme von verfügbaren Beständen aus früheren Jahren können