Volltext Seite (XML)
DtilW Mgmeinc Zeitung Wahrheit »ad Recht, Freiheit »ad Gesetz!» Die Neue ,Die Kammer erklärte sich (»Post».) Sultans." Hindernisse bereiteten, meldet aus Tirnowa Adrigen Mitgliedern der Commission theilung an die Großmächte überreichte, randum bildet eine Anklageschrift gegen Delegirten, welche der Ausarbeitung behufs Mit- DaS Memo- die russischen des Statuts Freie Presse Tonoer-tag, 10. April 187S. Inserate fw» »» »k t» ro»l, »» »»»«. I»serlt,,»,edRtzr ftN »ie S»,Ne»,«ile »o Pf^ «n«* Ll»««t«u« »0 Pf. * tondon, 8. April. Ein Telegramm der Times aus Konstantinopel von gestern meldet ebenfalls, daß die Pforte beschlossen habe, Griechenland neue Vor schläge zur Lösung der griechisch-türkischen Grenz frage zu machen. * Kairo, 8. April. Dem Vornehmen nach würde das neue Ministerium wie folgt gebildet werden: Scherif-Pascha Ministerpräsident und Minister der in ner« und auswärtigen Angelegenheiten, Zulficar-Pascha Zustizminister, Ragheb-Pascha Finanzminister, Sabet- Pascha UnterrichtSministcr, Zeechi-Pascha Minister der öffentlichen Arbeiten, Chahiu-Pascha Kriegsminister. * Kairo, 8. April. Der bisherige Finauzminister RiverS Wilson und der bisherige Arbeit-Minister BligniereS weigern sich, ohne ausdrückliche Ermäch tigung der englischen, resp. französischen Regierung von ihre» Posten zurückzutreten. Das neu einge setzte Ministerium hat heute eine amtliche Erklä rung veröffentlicht, worin dasselbe anzeigt, daß rS sich dem Delegirtenrathc gegenüber als verantwortlich be trachte, der mit Machtbefugnissen nach dem Muster europäischer Kammern ausgerüstet sei. sittlichen und menschlichen Gefühl Hohn sprächen, ja sich theilweisr geradezu als Blasphemie verstellten. Als wichtiges Moment für die Unwahrheit der behaupteten Erscheinungen sei namentlich die Aussage der kleinen Meißberger anzusehen, welche, obwol ebenso unschuldig wie die angeblich begnadeten Kinder Kunz, Leist und Hubertus, keine Erscheinungen gehabt hätte, ferner der von der Zeugin Schwind bekundete Vorfall, daß die kleine Kunz durch die angebliche Madonnenerscheinung durchgriff, als sie die umgefallenen Blumrnvafen wieder aufrichtete, was nicht dafür spräche, daß die Erschei nung, vor der das Kind jedenfalls Ehrfurcht und Scheu gehabt haben würde, vorhanden war, sodaß auch hier der Rückschluß auf Erdichtung und Betrug folge. Auch die angeblichen Erscheinungen in der Schule seien nicht wahr, da die Kinder, wie ihre Lehrerin bekundete, mit Aufmerksamkeit dem Unterrichte folgten. Die Erwägungsgründe heben ferner die Wider- sprüche der Kinder unter sich, das vom Gensdarmen Schmidt belauschte Gespräch derselben und namentlich ihre mehrfachen Widerrufe vor verschiedenen Beamten hervor. Es sei zwar auf das Protokoll des Hrn. v. Hül- leffem, der versuchte, die Kinder durch ein dargebotenes Geschenk zu beeinflussen, kein Gewicht zu legen, aber ihre Widerrufe andern classtschen Zeugen, wie Friedens richter Garzen, Untersuchungsrichter Kleber und na mentlich dem vom Untersuchungsrichter beauftragten Referendar vr. Strauß gegenüber, sprächen desto schwerer für die Unwahrheit der behaupteten Erschei- nungen. Noch mehr thäten die« die Aeußerungen der Kinder den völlig glaubhaften Zeugen Eheleuten Rie ¬ mer und die Aeußerungen der Margarethe Kunz der Zeugin Lina Schmidt gegenüber. Ferner daß infolge der Widerrufe der Kunz auch die beiden andern Kin der widerriefen und daß die Kunz ihren Widerruf aufrecht erhielt bis zu der bekannten Scene mit ihrer Mutter, zu welcher Dr. Strauß das Kind gebracht hatte, wo eS leider mit ersterer und seiner älter» Schwester geheim gesprochen und durch das Iammer- geheul der Mutter und deren Drohung bestimmt wurde, zu der früher» Lüge zurückzukehren und den Widerruf zurückzunehmen, worauf auch die andern Kinder ihre Widerrufe für falsch erklärten. Für die Betlogenheit der Margarethe Kunz sprecht ferner ihr Ableugnen dcS an Hrn. v. Hüllesseul geschriebenen Briefes, den die Zeuginnen Riemer und Lina Schmidt das Kind schrei ben sahen. In Erwägung aller dieser Umstände könne nicht der mindeste Zweifel darüber bestehen, daß die angeblichen Erscheinungen auf bewußter Erdichtung und absichtlicher Täuschung beruhten und daß die Kunz als das aufgeweckteste der Kinder die übrigen Kinder mit sich fortriß. Die Verlogenheit der Kunz thun ihre Aeußerungen dem 0r. Strauß, der Frau Riemer und der Lina Schmidt gegenüber in eclatan- tester Weise dar, wie ja auch sie eS war, welche bei der Rückkehr aus Marpingen mit vr. Strauß sofort die in der Anstalt verbliebenen Kinder zum Widerruf veranlaßte. Nachdem so die beabsichtigte Täuschung hinlänglich erwiese», glauben die ErwägnngSgründe ferner noch auf die Möglichkeit der angeblichen Erscheinungen und Wunder nicht eingehen zu müssen. Betreffs der an geblichen Heilungen sei eS möglich, daß hysterische Telegraphische Depeschen. * Serbin, 8. April. Der BundeSrath hat heute einer kaiserlichen Verordnung zugestimmt, wodurch da» wegen derPestgefahr erlassene Einfuhrverb ot auf folgende Gegenstände: gebrauchte Leib- und Bettwäsche, gebrauchte Kleider, Hadern und Lumpen aller Art, beschränkt wird. Serkin, 8. April. DaS OccupationscorpS für Ostrum el ien soll anS 15000 Mann bestehen. Rußland und Oesterreich al« Nachbarstaaten stellen je 5000, England und Italien je 2500 Mann. Oester reich u»d England bekämpfen den Anspruch Rußlands auf Besetzung der Balkangrenze und befürworten die Einräumung einzelner strategisch wichtigen Positionen an die türkischen Truppen. An der Verständigung über die Vertheilung der Contingente wird nicht ge zweifelt. (Allg. Z.) *Sraunschwrig, 8. April. Der Herzog ist heute nach Sibyllenort abgereist und wird sich von dort nach Wien begeben. * München, 8. April. Der hiesige HandelSappcll- hof verwarf die Berufung der österreichischen Eli sabeth-Bahn in der Frage, ob die Genehmigung deS deutsch-österreichischen Handelsvertrages durch den Reichstag die Wirkung habe, daß die nach dem 1. Ian. erfolgten Beschlagnahmen aufgehoben werden müssen. Der Appellhof ging hierbei von der Ansicht aus, daß die Genehmigung des Handelsvertrages durch den Reichstag nicht auf die bereits vollzogenen Beschlag- Lahmen zurückwirke. *wien, 8 April. DaS Herrenhaus hat den Gtsttzentwurf betreffend die Einverleibung Spizzas angenommen. — Der Kaiser hat den Großfürsten Sergius Alexandrowitsch von Rußland zum Obersten de» Infanterieregiments Alexander!., Kaiser von Rußland Nr. 2, ernannt. * Nom, 7. April. Der Papst hat an den Cardinal- vicar ein Schreiben gerichtet, in welchem er dir Er richtung protestantischer Schulen in Rom und deren fortdauernde jährliche Vermehrung lebhaft beklagt. In dem Schreiben wird darauf aufmerksam grnWht/ daß diese Schulen mit aus dem Auslande gespendeten Geldmitteln vermehrt würden. Um die mittellose Jugend zu dem protestantischen Schulunterricht heran- zuziehen, biete man derselben Gelduntcrstützungen an und mache ihr Versprechungen aller Art. Zur Mil derung des Uebels habe der Papst eine Commission vvn Prälaten und römischen Adeligen ernannt, welche die dem Vatikan unterstehenden Schüler inspiciren und sich über dekM Bedürfnisse und über deren Unterrichts» stand informiren solle. In dem Schreiben heißt eS ferner, daß der Papst, da dieser Kampf des IrrthumS gegen die Wahrheit namentlich durch reiche Geldspen den an die ärmere Bevölkerung unterstützt werde, und in der Erwägung, daß die Erhaltung deS Glaubens in Rom an die Interessen der ganzen katholischen angesichts des Statut», zur. Fürstenwahl für inkom petent und beschloß, neue Bolkswahlen vornehmen zu liGRc — Dd« er ¬ krankt. — Die Novibazar-Convention ist fertig gestellt; eS fehlt lediglich noch die Unterschrift de» «r. «4. r Leipzig. P^chetxr i , - täglich. prn« 7«. »Vf. . rv ,«»><!,« «ui»»»» «W. Der Marpinger Proceß. Der Kölnischen Zeitnng wird aus Saarbrücken vom 5. April geschrieben: „Daß da» Urtheil in Sachen der marpinger Wun dererscheinungen für sämmtliche Beschuldigte freispre chend lautet, ist schon telegraphisch angezeigt worden; und daß diese gänzliche Freisprechung im Publikum, welche- sich heute zahlreich im Assisensaale eingefuuden hatte, einige» Aufsehen hervorrief, wird man sich un schwer verstellen können. Die Verlesung deS Urtheil» mit vorangestellten ErwägungSgründen nahm über zwei Stunden in Anspruch. Nachdem dasselbe zuerst die Freisprechung de» der Aufreizung beschuldigten Pastors Eich und des För ster- Altmeyer wegen Mangels an Beweisen verkün digt, stellt eS fest, daß die Beschuldigung des Betrüge», beziehentlich der Beihülfe dazu, sich zunächst auf die behaupteten Erscheinungen der drei Kinder Kunz, Hu bertus und Leist gründet, welche deS nähern in chrono- lögischer Ordnung dargelegt und kritisirt werden. Di« Widersprüche dieser Erscheinungen, ihr Vorhersagen und ihr unwürdiger, oft sogar blasphemischer Cha rakter werden gekennzeichnet, und eS wird für unmög lich erklärt, daß die drei vollkommen gesunden Kinder zu gleicher Zeit genau dieselben Hallucinationen ge habt haben könnten. Wenn auch von, katholisch, reli giösen Standpunkte die Möglichkeit wunderbarer Er scheinungen zugegeben werden könnte, müßten doch solche stets dem göttlichen Wesen entsprechen und sittlich-re ligiös sein, was aber bei den behaupteten Erschei nungen nicht der Fall gewesen, die vielmehr jedem, Welt geknüpft sei, beschlossen habe, zur Hebung der vaticanischen Schulen mit einem Theile deS PeterS» Pfennig» beizutragen, je nachdem dies die allgemeinen Bedürfnisse der Kirche gestatten würden. Gleichzeitig fordert der Papst den römischen Adel und den Klenz aus, den vaticanischen Schulen finanzielle Hülfe «ge deihen zu lassen. * Madrid, 8. April. Wie verschiedenen Zeitungen anS Gibraltar gemeldet wird, ist in Casablanca (Ma rokko) ein heftiges Fieber ausgebrochen, welches in dessen bisher nur sporadisch auftritt. London, 8. April. Morning Post, Daily Tele graph und Daily New» erwarten ein energisches Vorgehen Englands und Frankreichs gegen den Khedive im Sinne der nach Nnbar'S Sturz erlassenen gemein samen Note und deuten auf Absetzung. Times und Standard dagegen betonen die großen Schwierigkeiten eines Zwangsverfahrens, namentlich wegen der Eifer sucht der übrigen Mächte. (Köln. Z.) *Wien, 9. April abends. Meldungen der Politi schen Correspondenz. AuS Tirnowa vom 7. April: „Die Notabeluversammlung hat den Wunsch ausge sprochen, daß die Wahl des Fürsten durch eine neue Volksvertretung vorgenommen werde." — Au- Rom: „Der Vatican beabsichtigt, die neuen katho lischen Staatsangehörigen Montenegros un ter das Vicariat Antivari zu stellen." Wien, 8. April. DaS Fremdenblatt meldet: „Der österreichische Delegirte der ostrumelischen Commission, Kallay, beantragte, den Vorsitz dem ersten türkischen Vertreter zu übertragen; der Antrag wurde angenommen. Der Lloyd veröffentlicht ein Memorandum, welches der türkische Delegirte den Der Khedive und die Westmächte. — Leipzig, 9. April. In Einem Punkte sind die im übrigen gegen alle „Franken" (d. h. Europäer) meist so schroffe» Muselmanen immer sehr bereit, die Hand dieser verhaßten Fremdlinge und Ungläubigen zu ergreifen und festzuhalten: im Geldpunkte. Tür kische Anleihen haben an den europäischen Börsen, zu-. mal in London und in Wien, immer eine große RMe gespielt, und der Vasall deS Sultans, der KHMve von Aegypten, lebt schon lange vorzugsweise von Wro- päischem Gelte. Mau glaubte anfangs, das Geschäft, welche» er mit England durch Verkauf eines beträchtlichen Theile» der Suezkanalqcticn gemacht, werde seinen zerrütteten Finanzen aufhelfen; allein rS war das nur ein Txopfen gewesen auf einen heißen Stein. Endlich nahmen sich Frankreich und England gemeinsam seiner an; Kapi talisten au» diesen beiden Ländern schossen Geh» vor; zu ihrer Sicherung aber mußte der Khedive sich ge falle» lassen, daß nicht nur ein förmlicher Slbulden- verzinsungS- und TilgungSplan entworfen, sondern daß auch dessen strenge Einhaltung unter Cbntrole einer Behörde gestellt ward, in welcher ein englischer und ein französischer ComMiffar sitzen sollten. Eine Zeit lang schien die Sache zu gehen; allein auf die Länge konnte der Khedive den ihm auserlegten Zwang betreffs seiner Gebarung mit dem Geld« nicht ertragen. Zuerst suchte er sich indirekt zn hel- sen, invem er dmch femm „füßew VE Kairo (Civil und Militär gemeinsam) die fremden CvM- miffare insultiren, ja lebensgefährlich bedrohen ließ. Aber da« half ihm noch nichts. England und Frank reich forderten kategorisch und setzten auch durch — mittels deö nicht miszuverstehenden Winke» mit ein paar dorthin entsandten Kriegsschiffen — daß die Commission wiedereingesetzt und für die Zukunft neue Zusagen gegeben wurden. Nur der Chef deS Mini sterium», Nubar-Pascha, der dem Khedive al- „zw europäisch" verhaßt war, blieb beseitigt; an feint Stelle' kam Trwfit-Pascha, ein Verwandter de- Khedive. Wieder ging es übel und böse ein paar Monate. Jetzt aber ist nun die Bombe geplatzt; der Khedive hat mit einem Ruck sich von der westeuropäischen Vor mundschaft befreit, die Herren Wilson und BligniereS,