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Dresdner Journal : 09.09.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-09-09
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189309095
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18930909
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18930909
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-09
- Tag 1893-09-09
-
Monat
1893-09
-
Jahr
1893
- Titel
- Dresdner Journal : 09.09.1893
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O21V. Drerüa» viortsIMürjieU * Zl*r^ »0 kL, t»t L»i»«r1 ä«ut»vti«o v»«rt«l- -^ct» » Kiutl; »u„«rli»Id cl«, <1vut»ct»eo Lsüü»«» tritt kost- uad 8tsmp«>ro»ot»l»^ bi»»». Liarvlo« k^ummsra: 10 kk. A»lr»»SIxu»r»»»v««r^»« «r ä«n k»uw «ia»r ^«»psltroer: 2«il» ^lsixr ^nk »0 kt. Vvtor „Liozv^ult" äi« 2«l« 00 kk. ö«i l^ballvL- asä 2i^«r»»Lt2 «atspr. Lr-cdelaevr kt^iiod wit XoillLtmis der 8oru»- o. k«i«rt»8« »dooä». ksraiprscU -^Qicülu»: Ur. LLVL. Sonnabend, den S. September, abends. DresLnerImmml. Für bi« Seiarntteitung verantworütch: ^ofrat Gtto Banck, Professor der Litteratur- und Runstgeschichte. 1883. Ln»^k»» rc» LoNüi«Nxaiixvv ausvLrtsr H Urandstett-r, NorviLlsslooLr äos Dresdner dournni»; N»»d«rU I«rU» Vt«a l^iprt^ L»»«I vr«,I»u krsL^torl » N.! Laarenst«» <« kodier, L«rlu> - Visa - Hsind nr^ «r»U L*tp»i,-«r»Lttilr» ». U.NÜncdsll: ^/o«e, k»rt» Lo»«»» L«rUo «nmktvrl «. Daitd« «S6o., IsrUn : /nva/>d«nciant, >r«»I»a: /^n»/ /tadat^, S»QL0> sr! Q Lc^a«i«r, L»u» L. ».! Larct <- LÄ. llersoixederr LSvi^I. Lrpoäitioo des Dreräuer 4o«ro»I». Drssdeo, Lvinzsrstr. SO. k«rL»xraek -^L»oM>us: Ur. LLVL» Amtlicher Teil. Dresden, 7. September. Mit Allerhöchster Ge nehmigung Sr. Majestät des König- ist dem Rechts anwalt vr. jur. Georg Max Brunner in Grimma für die von demselben am 5. Juli dieses Jahre- nicht ohne eigene Lebensgefahr bewirkte Rettung eines ManneS vom Tode der Ertrinkens in der Mulde die silberne Lebensrettungsmedaille mit der Befugniß zum Tragen derselben am weißen Bande verliehen worden. Wekanntmachung. Die öffentliche Versteigerung der in diesem Jahre auszumusternden Dienstpferde der Kavallerie, Artillerie und deS Train- soll an den nachgenannten Tagen und Orten von Vormittags 10 Uhr ab statt finden: * Donnerstag, den 21. September, in Rochlitz; Freitag, - 22. - » Oschatz; Sonnabend, - 23. - - Grimma, Pegau und Riesa; Montag, den 25. September in Pirna; Dienstag, - 26. - - Großenhain; Mittwoch, - 27. - - Dresden (1. Feldartillerie-Regiment Nr. 12); Donnerstag, den 28. September in Dresden (Garde-Reiter-Regiment); Freitag, den 27. und Sonnabend, den 28. Ok tober in Dresden (Train-Bataillon). Die Pferde der Garnison Borna werden in Pegau, diejenigen der Garnison Geithain in Rochlitz zur Versteigerung gelangen. Da- Nähere wird durch die betr. Lokalblätter und an den VersteigerungSplätzen bekannt gemacht werden. Dresden, den 31. August 1893. Kriegs-Ministerium. WekannLrna chung, die Ausgabe neuer Zinsbogen zu den König!. Sächsischen 3db Staatsschuldenkassenscheinen vom Jahre 1855 betr. Gegen Rückgabe der zu den 3H> Staatsschulden kassenscheinen der Anleihe vom Jahre 1855 gehörigen, im Termine 30. September 1893 ablaufenden Zins leisten sollen vom 15. diese- Monat- an neue ZinSbogen, bestehend aus ZinSleiste und ZinS- scheinen auf die 12 Halbjahrstermine 31. März 1894 bis mit 30. September 1899, bei der Staatsschulden buchhalterei in Dresden und der Lotterie-DarlehnS- lasse in Leipzig wochentags während der Vormittags stunden ausgegeben werden. Die abgelaufenen ZinSleisten sind nach der Nummer folge geordnet abzugeden, auch sind denselben bei der Lotterie DarlehnSkasse in Leipzig durchgehends und bei der StaatSschuldenbuchhaltern in Dresden in den Fällen, wo der Umtausch nicht sofort abgewartet werden kann, doppelte, die gleiche Ordnung ein haltende Nummernverzeichnisse, zu welchen Vordrucke bei dm genannten Stellen zu haben sind, beizugeben. DaS eine Exemplar des Nummernverzeichnisses wird, nachdem dasselbe mit Empfangsbestätigung ver sehen worden ist, den Einreichem sofort wieder auS- gehändigt, gegen dessen Rückgabe die neuen ZinSbogen nach längstens 8 Tagen verlangt werden können. Ler Umtausch ist von den Betheiligten persönlich oder durch Beauftragte zu bewirken. Dresden, den 9. September 1893. Der Landtag,««schiß ,a Verwalt«» der StaaUschatdt» Bönisch. Nichtamtlicher Teil. Tetegrapyische und telephonische Nachrichten. Pari-, v. September. (Tel. d. Dre-dn. Journ.) Nach Meldungen auS Bueno- Ayre- ist zwischen Olivera und dem Chef der Streitkräfte in La- Plata, Bosch, eine Uneinigkeit au-gebrocheu, der zufolge Olivera demisfiouirrte. I« Rio de Janeiro ist da- Gerücht verbreitet, daß die Schiffe der Aufständische« abgegaugm seien, um sich de- Hafen- von Santo-zu bemäch tigen und sich der Revolution iu Rio Grande an- zuschließen. London, S. September. (Tel. d. Dresdn. Journ.) Da- Oberhaus verwarf mit 41S gegen 41 Stimmen in zweiter Lesung die Homernlebill nach viertägiger Debatte unter anhaltendem Beifall. Nach einer Meldung des „Reut. Bureaus" find in Wakefield 60« Soldaten auS Aldershot und 209 Polizisten an- London eingrtroffen. Au- Colchester werden weitere Truppmabteilnngen nach den unruhigen Gebieten von Aorkshire geschickt. Der heutigen Sitzung im Oberhause wohute« der deutsche, russische, türkische und amerikauische Botschafter bei. Lord Sali-bury bekämpfte i« füafviertelstündiger Rede die Howerulebill, welche England keineswegs Ruhe bezüglich der irländi schen Fragen bringen werbe, da die Irländer im Reichsparlament blieben. Die Regierung be haupte, daß die UuiouSakte ein Mißerfolg sei; er bestreite dies aber; denn seit Bestehen der Union habe der Gesamtzustand JrlankS sich we sentlich gebessert. Die Politik der Opposition sei am besten durch Gladstones und Lincvles Er klärungen gekennzeichnet, nämlich: geduldig zu verharren, Gute- zu stifte« und von der bis herigen Linie nicht abzuweichen. ES fei ferner unwahr, daß durch die Bill die internationale Lage gebessert würde; i« Gegenteil würde Eng land die Kontrolle an der irischen Küste verlieren. Lord Salisbury »«»Pfahl schließlich de« Unionisten al- Motto Macaulay- Erklärung: Die Uuiou bi» zum äußersten zu verteidigen, d. h. den Man daten und den Lorfahrea und de« hohen Lber- liefervngen und dem britische« Reich« »ichl ««treu zu werde«. Nachdem Kimberley hierauf geant wortet hatte, erfolgte die Abstimmung. London, S. September. (Tel.d. Dresdn.Journ.) Der Brief de- englischen Offizier-, meldet der „Standard" weiter, sei Nyangwe datiert und be sage, unter den Mitgliedern der Expedition herrsche kem Zweifel an dem Tode Emin». Derselbe sei am 2« Februar den Lualaba entlang mit einer kleinen Bedeckung in der Richtung nach den Stanleyfällen zu marschiert und habe an dem Kampfe gegen die Araber teilgenommen. Emin wäre durch Saidie, einen Lerwandten Tipp« Tipp-, wiedererkavnt worden; ersterer habe sich auf Be fehl Moharra-, de- Bruder- Tippu'», auf Emin gestürzt und ihm den Kopf abgeschlagen. Der „Standard" meldet aus Shanghai, der Lizekönig Chang, der einen ausgeprägten Haß gegen die Fremden hat, habe eine Petition an den Thron gerichtet, in der die Ausrottung bez. Nieder- metzelung der Fremden, besonder- der Engländer, ve langt und damit begründet wird, daß dir» zur Verhinderung einer Teilung China» unter den europäischen Mächten notwendig sei. Christianis, 8. September. (D.B Hd ) Au» Levanger wird gemeldet, daß am Mittwoch im Lördal ein neuer Erdrutsch, gegen 150 Acre» Land und ein Gebäude umfassend, stattgefundev Lunss und Wissenschaft. K. Hoftheater. — Altstadt — Am 8. Sep tember: „Wilhelm Tell." Schauspiel in fünf Aufzügen von Friedrich v. Schiller. Die gestrige Vorstellung des Schauspiel- wurde mit reger Anteilnahme von einem gut besetzten Hause verfolgt und machte im ganzen einen korrekten, in manchen Scenen einen frisch elastischen Eindruck. Ausstattung und Jnscenieruna, für die mit Recht alle Hilfskräfte der Bühnendarstellung aufgeboten worden sind, weil eS sich hier nicht nur um den Geist eines klassischen Dramas, sondern auch um den Aufbau des selben inmitten der großartigsten Natur handelt, und die ohne störenden Luxus überaus würdig die Dichtung unterstützen, wirkten mit ihrer vollen Kraft in dem neuen Hause, über die einzelnen Leistungen ist neues nicht mehr zu sagen; die tüchtigsten gehen von den Herren Porth, Jass», Frl. Ulrich und Hrn Drach auS. StauffacherS heldenhaftes Eheweib, die in ihrer einzigen wundervollen Scene den Hebel de» DramaS in Be wegung setzt, wurde gestern von Frl. Scholtz (vom Kgl. Freist. Theater in Preßburg) als Gast vorgeführt. Dieselbe gewann durch ausdrucksvolle Erscheinung, natürlicher Spiel und klare von warmer Empfindung getragene Rede, die sich nicht in formelle Deklamation verlor, den lebhaften Beifall der Hörer. Lady Sibylle. Erzählung von E. Schroeder. rs (Fortsetzung.) Sie bedauerte gegen Waldstedt gewandt sein Herbe- Geschick, reichte ihm die Hand und hoffte zuversichtlich, ihn am morgigen Tage noch wiederzusehen. Auf die Weise verursachte sie eine heftige Diskussion zwischen den Freunden. Waldstedt erklärte nämlich, heute abend beim Mondscheine noch nach Saltmouth zurück zumüssen, weil er seme Abreise auf morgen früh fest gesetzt habe. Mainwaring wollte davon nicht- hören Da- Hin- und Herreden hatte noch zu keinem Resul tate geführt, als Sibylle da- Hosthor erreichte. Rechts war da» Wohngebäude, ziemlich breit hin gelagert, aber einstöckig und nicht gar zu viel Raum versprechend, link» ein kleiner Stall neben einer ebenso kleinen Wagenremise. In der Mitte de» schmalen, aepflasterten HofraumeS stand leuchtend gelb und sauber geputzt ein zweirädrige», zweisitzige» Ponyfuhr werk, allem der Pony fehlte noch davor und von dem alten Brown, der ihn anspanne« sollte, war auch nir gend» eine Spur. Sibylle rief ein paarmal laut seinen Namen. Al» er nicht kam, öffnete sie kurz entschlossen die Etallthüre, führte den Pony, dessen rundliche Proportionen auf allzu reichlichen GraSaenuß deu teten, heraus, begab sich dann in die Wagenremisc, nabm von einem Nagel an der Wand deS Tierchen- Geschirr und begann, e« ihm anzulegen. Mitten in der Beschäftigung überraschte sie Robert. „Sibylle, was treibst Du?" rief er entsetzt. „Ich sehe nur zu, ob ich's noch kann", entgegnete sie lachend. ,Ach habe eS al» Kiud wohl hundertmal — hat und daß noch fernere Rachrutschungen zu er warte« find. Helsiagör, 8. September. (D. B Hd^ I« der Nähe von Trindelen» Leuchtfenerschiff hat vorgestern zwischen dem norwegische« Barkschiffe „Titania" «nd der drvtschev Korvette „Olga" ein Zvsammensto- stattgefundev. Da» scheinbar stark beschädigte Barkschiff wurde von der Korvette hierher geschleppt, welch letztere dauu in der Nacht die Reise «ach Kiel fortsetzte. Dresden, 9. September. Kaiser Franz Joseph und die österreichischen Polen. H In unserem Nachbarlande ist diesmal eine voll- ständige sommerliche Ruhepause auf dem Gebiete der Politik nicht eingetreten. Die einzelnen Parteien fanden eS geboten, ihre Wünsche und Forderungen, ja auch ihre Befürchtungen bezüglich der Zukunft zum Ausdruck zu bringen und jede derartige Kundgebung rief im Ärger der Gegner einen starken Widerhall hervor. Die Unklarheit der Situation war offenbar die nächste Veranlassung zu diesen Plänkeleien; eine Klärung ist durch die letzteren aber keineswegs er folgt. Es herrscht heute wie am Schluffe der Thätig- keit de- Parlament- eine nahezu peinliche Ungewiß heit hinsichtlich deS weiteren Verlause- der Dinge und die Äußerungen der Parteiführer enthielten zumeist nur offene oder verhüllte Drohungen für den Fall, daß diese oder jene Wendung in der RegierungS- politik eintreten würde. Die Frage aber, ob die be treffende Wendung thatsächlich zu gewärtigen sei, blieb stet- unbeantwortet und Graf Taaffe selbst hat weder seinen Gegnern noch seinen Anhängern Aufschlüsse über seine Pläne geboten DaS Rätsel seine- politi schen Programmes für die nächste Parlamentssession gilt sowohl den Deutschliberalen wie deren Wider sachern noch al- völlig ungelöst — weil man auf der einen wie auf der anderen Seite angesichts deS An- drängenS und Begehren- der einzelnen Gruppen große Entscheidungen erwartet, welche ein feste- Gruppen- verhältniS im Reichsrate Herstellen sollen. Die Mög lichkeit, daß der Kabinettschef, wie schon so ost, ohne »i»e solche Entscheidung au-kommt, daß eS ihm gelingt, die Erledigung eine- bescheidenen Arbeitspensums durch die Volksvertreter ohne irgendwelche eingreifende politische Voraktion zu erreichen, wird einstweilen außer Acht gelassen, während dem Fernerstehenden gerade diese Möglichkeit die wahrscheinlichste dünkt. So ist eS denn leicht zu erklären, daß man in Öster reich der nächsten Zukunft mit lebhafter Spannung entgegensieht und daß man einstweilen glaubt, die verworrene Lage werde erst durch wichtige Ereignisse beendet werden. Inmitten dieser eigenartigen Lage ist nun eine Kundgebung deS Monarchen erfolgt, die mehr Licht verbreitet, als alle scharfsinnigen Vermutungen und Versicherungen, welche wir in letzter Zeit auS dem Munde der österreichischen Parteipolitiker vernahmen. Kaiser Franz Joseph hat anläßlich seiner Reise nach dem galizischen Manövergebiete an den Adel und die Würdenträger Österreichisch-PolenS eine Ansprache ge richtet, welche wegen ihrer Form und wegen ihres Inhaltes die aufmerksamste Würdigung finden muß. Er rühmte in dieser Ansprache in überaus warmen und herzlichen Worten den Patriotismus der polnischen Parlamentarier und er betonte, daß dieser Patriotis mus die Grundlage eines „ausgezeichneten" Verhält nisse- zwischen dem Träger der Krone und dem Lande Galizien bilde. Die Hingebung, mit welcher die galizischen Abgeordneten »eben dem Vorteile ihrer engeren Heimat da- Gesamtinteresse der Monarchie zu ach! Robert, laß mich doch, eS macht mir ja Spaß!" Allein er nahm ihr mit großer Entschiedenheit daS Riemenwerk auS der Hand und befestigte, wa- noch zu befestigen blieb. „Ich hatte vergeßen", entschuldigte er sich, „daß Brown noch nicht von der Feldarbeit zurück ist. Du weißt, ich habe nicht sowohl einen Kutscher al- ein Faktotum. Wie regelrecht Du da- übrigen- gemacht hast! Du hast doch Geschick zu allem, Sibylle, würdest eine prächtige Frau abgeben für einen armen Gentleman." „Danke für die gute Meinung," lachte sie. „Man kann ja nicht wissen, wa- noch wird. Dein Freund hat mir auch schon die tröstliche Versicherung gegeben, daß ich mich, wenn die Not auf den Gipfel steigt, immer noch durch Malen ernähren kann." „Wie findest Du ihn?" fragte er, von der beendeten Arbeit aufblickend. „Da- ist nach so kurzer Bekanntschaft schwer zu sagen, Robert. Wenn Du die äußere Erscheinung meinst — an der ist kein Tadel. Ich habe nie einen schöneren Mann gesehen." „DaS Innere ist dem Äußeren ebenbürtig." „DaS glaubt Dein enthusiastisches FreundeSherz, aber für mich ist'» noch nicht so ganz klar erwiesen. E» scheint mrr zum Beispiel, er ist mißtrauisch und er verachtet die Frauen." „So? Thut er da» nachgerade? Nun, ein Wunder wäre e» nicht, so wie sie sich ihm an den Kopf ge worfen haben, sein Leben lang!" „Pfui! ' stieß sie hervor und zog, im Innersten versetzt, di« Augenbraue« zvfammen. „Aber sei«« eigene Frau mußte ihn doch belehren, daß es Aus nahmen giebt". „Arme Nelly!" murmelte er, sich erinnert „So jung, so lebenslustig und nun, wahrhaftig, schon zwei Jahre tot und begraben! Sie war meine erste Liebe, Sibylle. Der Hauptgrund, weshalb ich damals Amerika verließ, war, daß sie nicht mich haben wollte, sondern durchaus ihn. Er machte sich, aufrichtig ge standen, nicht allzuviel aus ihr, aber sie setzte alle Hebel an — einem echten Aankeekind darf man s so übel nicht nehmen, wenn eS ein bißchen die Ehancen berechnet". „Robert!" rief sie in zornbebenden Tönen, „wie magst Du auch nur mit einem Schatten von Bedauern eines solchen Weibe» gedenken?" „Sibylle!" „Sag' kein Wort zu ihrer Verteidigung. Eine Frau, die in solchen Dingen rechnet, ist von Grund au» zu verdammen. Der arme, unglückliche Mann, jahrelang in diese» Joch gespannt. DaS erklärt seine Frauenverachtung, daS erklärt auch die Gleichgiltigkeit, mit der er von ihrem Tode sprach. O, e» ist ja ein Segen de« Himmel- für ihn, daß sie tot ist". „Sibylle, jetzt gehst Du viel zu weit! Er war nicht hübsch von ihr, ich gebe eS zu, aber sie rechnete ja nicht um Geld — sie selbst war reich und er hatte nicht viel, damals wenigsten- nicht — sie rechnete ja nur um Liebe und au» Liebe." „AuS Liebe?" wiederholte sie, verächtlich die Lippen kräuselnd. „AuS Selbstsucht würde ich sagen. Wenn sie ihn liebte, so ging ihr sein Glück über alle- uud da» vernichtete sie, indem sie sich ihm aufzwang l" wahren suchen, fand die lebhafte Anerkennung des Herrschers, und diese Worte wurden indirekt ergänzt durch den in eine andere Ansprache ein- geftochtenen Hinweis, daß die Wohlfahrt der Gesamt heit durch daS einträchtige Zusammenwirken der beiden Volksstämme Galiziens gefördert werde. In Österreich haben diese auffälligen, für die polnischen Abgeordneten und ihre Wähler so schmeichel haften Äußerungen Kaiser Franz Josephs berechtigtes Aufsehen hervorgerufen. Man hat sich in die Deut ung derselben vertieft und die Presse ist dabei zu manchen Ergebnissen gelangt, welche wohl dem Ge biete der Konjefturalpolitik angehören. Wenn man so weit geht, den Statthalter Galizien-, den Grafen Badeni, al- den „kommenden Mann", als den Nach folger des Grafen Taaffe zu bezeichnen, weil sein amtliches Wirken von dem Monarchen in warmen Worten anerkannt ward, so fehlt uns die Fähigkeit, derartige kühne Folgerungen sofort gläubig hinzu nehmen. Die Absichten, welche den österreichischen Monarchen zunächst zu der vielbesprochenen Kund gebung bestimmten, sind so leicht erkennbar und von so großem Interesse für jeden Beobachter der Politik des Nachbarlandes, daß man auf den Versuch, kühne Nebendeutungen aufzustellen, füglich verzichten könnte. Es kann vor allem keinem Zweifel unterliegen, daß die Lobsprüche, welche Kaiser Franz Joseph dem Zu- sammenwirken der beiden galizischen Volksstämme und dem Patriotismus der polnischen Volksvertreter wid mete, eine deutliche mittelbare Mahnung an die Adresse der Tschechen enthielten. Die Verirrungen der tschechi schen Politiker wurden von dem Monarchen vor nicht allzu langer Zeit scharf gerügt und die neuesten Äußerungen des Herrschers werden in Prag die Über zeugung wachrufen müssen, daß sich an höchster Stelle rn der scharfen Verurteilung jener Fehler keine Mil derung vollzogen hat. Dieser naheliegende Eindruck, der sich aus den Kaiserworten ergiebt, mag auch außerhalb der tschechischen Gmppe empfunden werden und zumal überall dort, wo man etwa die Neigung hegt, den nationalen Kampf auf Kosten des allgemeinen Wohles ohne zwingende Notwendigkeit zu verschärfen. Damit sind aber die begründeten und berechtigten Folgerun gen erschöpft, welche man an die jüngsten Ansprachen Kaiser Franz Josephs knüpfen darf, wenn man nach der beabsichtigten mittelbaren Wirkung derselben for schen will. Der unmittelbare Eindruck der Worte des Herr schers kann aber überhaupt nicht den Gegenstand von Vermutungen und Interpretationen bilden. Die gerad sinnige Aufrichtigkeit, welche das gesamte Wirken Kaiser Franz Josephs kennzeichnet, bürgt dafür, daß seine anerkennenden Äußerungen an die Polen zunächst nur das besagen sollten, was darin klar und unzwei deutig ausgesprochen war: das entschiedene und rück haltlose Lob der Haltung, welche von der polnischen Bevölkerung und ihren Vertretern inmitten der Partei wirren Österreichs beobachtet wird. In diesem Sinne ist auS der Kundgebung des Monarchen zu entnehmen, daß die polnische Gruppe im Reichsrate auf das leb hafteste Wohlwollen seitens des Trägers der Krone zählen darf, und hieraus ergiebt sich der weitere Schluß, daß die bedeutsame Rolle, welche der so genannten „polnischen Delegation" im Parlamente zu- gefallen ist, auch weiterhin für vorläufig unabsehbare Zeit fortdauern wird. Damit ist die Gewißheit ge boten, daß alle auf die Schmälerung oder Unterdrückung deS polnischen Einflusses abzielenden Pläne anderer Parteien die Unterstützung der höchsten Kreise nicht finden werden. Die Erkenntnis dieser Gewißheit aber ist heute von besonderer Wichtigkeit für die deutsch liberale Partei, die sich nun nicht mehr darüber täuschen kann, daß ihre Versuche, zu einem Einver nehmen mit dem Polenklub zu gelangen, von höchster
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