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ErzgebUolksfreun-. Tageblatt für Schneeberg und Umgegend. dlmtsblütt ftr Vit ktuiglichc» «a» sttdttschm vt-ördt« tu U«^ GrtuhUi«, J»t«^e»rUe»«a»t SLiuItz, StmMia, Och»«»»»«!, «» Druck und Bnckng von T. GäRurr in SchmGrrg. sowie Montag, den 17. Dezember' 1894 «s in Majestätsbeleidigung der sozialistische» Reichs- tagsabgeordnete« Wie uns gestern Abend noch eine Privat-Depesche aus Berlin meldete, hat der Reichskanzler dem Präsidenten deS Reichstages einen Antrag des Ersten Staatsanwaltes beim Landgericht Berlin L übermittelt, in welchem Lie Herbeiführung der Genehmigung des Reichstages zur strafrechtlichen Verfolg ung derjenigen sozialdemokratischen Reichstag-abgeordneten nachgesucht wird, di« iu der Sitzung vom 6. d. M. bei dem Hoch auf Se Maj. den Ka^'cr sich nicht von ihren Plätzen erhoben haben. Di« Anklage wird auf Majestätsbelei- dtgung lauten. Im Zusammenhang mit dieser Meldung ergeht sich Oeffentliche Stadtverordneten - Sitzung zu Aue Mittwoch, dm 12. Dezember 1894, Nach«. 5 Uhr 1 ., Wohnhaus und Gerberei mit Dappfbetriieb, Folium 40» dl» Grund buchs fitt Lößnitz, Nr. 410 de- Flurbuchs Abth. 4 für diese« Ort, mit 11,790 M. zur Brandveilsicherung eingeschätzt, mit 82,„ Steuer einheiten belegt und aus 13,160 Mark geschätzt, 2 ., Frld und Wiese, Folium 1082 des Grundbuch- für Lößnitz, Nr. 104« und 1047 de- Flurbuchs Abth. S für diesen Ort, S1„ »r — 1 Acker 196 Hf-R. enthaltend, mit 20,., Steuereinheiten belegt und auf 1600 Mark geschätzt, sollen im hiesigen Amtsgerichte zwangsweise versteigert werd« und ist der 28. Dezember 1894 Bormittags 10 Uhr als VerfteigerMtgStermi«, Schwarzenberg, am 8. December 1894. Königliche Amtshauptmannfchast. Frhr. v. Wirsing. Im Kaiserlichen Gesundheitsamt ist ein« qemeinfaßlich« Anleitung zur Gesund- heitspflege auSgearbeitet worden und unter dem T tel „Gesundheitsbüchlein" im Berlage von Julius Springer in Berlin erschienen. In demselben findet sich kurz und übersichtlich zusammengestellt, wa- nach der neuem Entwickelung der wirihschaftlich« Verhältnisse iw Deutschen Reiche jeder Gebil- Lett auf dem Gebiete der GesundheitS-Lehre und Pflege wissen oder wenigstens sich Merzest verfügbar halten sollte; der Inhalt desselben ist so ausgrwählt und gefaßt, daß «S insbesondere auch BerwaltungSbramten als Rathgeber auf dem Gebiete der Gesund- Heit-Pflege dienen kann. Zufolge Verordnung de- Avnialichen Ministeriums des Innern vom 17. Ok tober dieses Jahres wird daher dieses Merkchen, dessen Preis übrigen» auf nur 1 für da» kartonirte Exemplar festgesetzt ist, sowohl den BezirkSeingesefftnen, als insbe sondere auch den Herrin Gemeindevorständen und GutSvorstehem de- hiesigen Verwalt ungsbezirks, welchen die Handhabung der Gesundheit-Polizei mit obliegt, dringend zur Anschaffung empfohlen. Zwickau, am 4. Dezember 1894. Königliche Amtshauptmannschaft. vr. Schnorr von CarolSfeld. dem PrüNitglum der Redefreiheit dasteht und erst recht strafrechtlich verfolgbar ist. Die ReichStagSmitgliedschast gewährt eben keinen Freibrief gegen die Gerechtigkeit. Die Auffassung des Herrn Reichstag-Präsidenten, gegenüber dem Verhalten de- Abgeordneten Singer kein anderes ReprrssionSmittel zu haben, als deren Brandmar kung mit scharfer Rüge, möchte hiernach doch dahin er- gänzungSbedürftig sein, daß der Vorgang der Strafver- folgungsbehörde zum zuständigen Einschreiten von AmtS- wegrn zu ÜWerbreiten wäre. Dem Reichstage selbst wäre alsdann gemäß Art. 31 der Verfassung Gelegenheit gebo ten, auch seinerseits in corpore «in. Vwrkt über diese schwere Verfehking seiner.Mitglieder abzugeben; denn da man den Abgeordneten Mntzrr und seine Genossen nicht bei der Ausübung der That oder im Laufe deS nächstfol genden TageS ergriffen hat, so rönnen sie nunmehr während der Sitzungsperiode ohne Genehmigung des Reichstages wegen dcr Handlung nicht mehr zur Untersuchung gezogen werden. Dem Gesetzt verfallen ober bleibt, di« That so wie so. Und es ist besonder» erfreulich, daß gerade im vor liegenden Fall« an der Stelle gestraft werden kann, wo der Schwerpunkt der empörenden Strafthat liegt, indem der Richterspruch auf Verlust des aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechtes aus Sitz und Stimme im Deut schen Reichstage erkennen kann. In sachlicher Uebereinstimmung mit vorstehender Aus lassung sagt die heute erstmal» Erschienene offiziöse „Ber liner politische Correspondenz": Sicherlich werde der Reichs tag di« Zustimmung zur Einleitung der Verfolgung währ end der S tzun-Speriode nicht versagen. Der Reichstag als Vertreter der Nation habe selbst das größte Interesse, alles zu schützen, was dem Volke heilig sei und zju bekämpfen, waS das Empfind« des deutschen Volkes verletz«. Durch di« strafrechtliche Verfolgung werde die gewährlefftete Im munität in keiner Weise angetastet. Die strafrechtlich« Praxis habe festgestellt, daß hi« Ehrfurcht gegen Se. Ma jestät nicht nur durch Handlungen, foadern auch durch Unterlassungen verletzt werden könne. Sollt« aber diesttaf- rechtliche Verfolgung nicht di« «rfordetltch« Sühn« bringen, so würde daran» nur folgen, daß di« gesetzlichen Bestimm ungen nicht an-reich«. In diesem Falle wär« darauf Be dacht zu nehmen, die gesetzlichen Befugnisse zum Schutz« der Person dH Kaiser» zu erweitern. Di« einachthige Brr- urthe'lung, di« da» unpatriotische Verb ltm der sozial- demokratisch« Partei erfahr« habe, beweise, daß da» deut sche Bvlk sich in seine« geheiligten Gefühl« nicht unge- straft kränk« lassen wolle. Oeffentliche Sitzung -es Bezirksausschusses zu Schwarzenberg Sonnabend, den 22 December 1894, von Nachmittags A Uhr a« im BerhandlüngSsaale der unterzeichneten Amtshauptmannschaft. Die Tagesordnung ist aus dem Anschläge in der Hausflur de- «mt-haupt- die Nordd. Allgem. Ztg. an der Spitze ihrer heutigen Nummer in folgender zweifellos offiziösen AuSlaffuna: Da» unerhörte Verhalt«, mit welchem der Reichs» tagSabgeordnete Singer und verschiedene seiner sozialdemo kratischen Fraktionsgenossen es gewagt haben, einen schrillen Mißton in die erste Parlamentssitzung im neuen Reichstage hineinzutragen, hat einen «inmüthigen Schrei der Entrüst- «ng km ganzen deutschen Lande hervorgerufen. Das ge- funde monarchische Grundempfinden des ganz« Volkes bäumt auf bei diesem Faustschlage, der es direkt inS Ge sicht getroffen, und mit energischerem Proteste noch, als der ReichStagsprästdent, weist es diese augensichtliche Ver höhnung zurück, mit der in geflissentlicher Verweigerung -einer nicht nur durch den parlamentarischen Gebrauch ge botenen, sondern auch vom lebendigen Volköbewüßtsein er forderten Ehrfurchtsbezeugung gegen Se. Majestät den Kaffer die sozialdemokratischen Abgeordneten vermeint haben, ihrer revolutionären Gesinnung Ausdruck geben zu müssen. Der Abgeordnete Singer hat «S für gut befunden, durch seine Erwiderungsrede auf den ihm vom Herm Präsiden- 1« «rcheilten Tadel jeden Zweifel darüber auszuschließen, Laß eS ihm darauf ankam — wie er wohl meinte, ge deckt durch seine Abgeordnetenimmunität — ein« direkt« MajeftätSbeleidiguna zu b«gehen. Dank der stenographischen Fixirung aller Reden im Reichstage ist de, skandalöse Vorgang amtlich festgelegt. Ein« ruhige Prüfung desselben, die jetzt an die Stelle der ersten leidrnschaftlich aufwallen» drn Entrüstung tritt, wird bei Beleuchtung seiner staatS- «nd strafrechtlichen Seit« zrigrn, daß der Abgeordnete Sing« seine Rechnung ohn« d«n Wirth gemacht hat. Da» demonstrative Sitzenbleiben bei dem Hoch de» Präsidenten auf Se. Majestät dm Kaiser in Verbindung mit der dieser Demonstration gegebenen mündlichen Er- läuterung läßt keine ander« Deutung zu al» Li«, daß sich hi«r um di« im Strafgefttzbnch vorgesehen«, gerade Die im Grundbuche ouf den Namen des Lohgerber» Johann Gottfried Trnll in Lößnitz eingetragenen Grundstücke vieler Form aber von Sozialdemokraten wiederholt de gangene Strafthat der Majestätsbeleidigung handelt. Kraft Gesetzes wird diese That mit Gefängniß nicht unter zwei Monaten oder mit Festungshaft von zwei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Neben der Gefängnißstrafe aber kann auf Verlust der bekleideten öffentlichen Aemter, sowie der aus öffentlichen Wahlen hervorgtgangenen Rechte er kannt werden. Das die strafrechtliche Seite. Nun zur staatsrecht lichen .Frage, ob der Abgeordnete durch diese Eigenschaft vor der strafrechtlich« Verfolgung geschützt ist? Artikel 30 der Reichsverfassung vom 16. April 1871 besagt wört- lich : „Kein Mitglied deS Reichstages darf zu irgend einer Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Aus- Übung seines Berufes gethanen Aeußerung« gerichtlich oder disziplinarisch befolgt oder sonst außerhalb der Versamm lung zur Verantwortung gezogen werden." Die» Privilegium garantirt dem Abgeordneten unein geschränkte Redefreiheit — nicht mehr und nicht weniger. Einer der anerkanntesten Staatsrechtskominentatoren be merkt hierzu mit Recht: Die innerhalb ihrer Sphäre un- abhängigen Volksvertreter haben di« Pflicht, als Wächter der Verfassung jede verfassungswidrige und ungesetzliche Maßregel aufzudecken. Aber aus dieser allgemein aner kannten Berufspflicht der Volksvertretung folgt keineswegs von selbst, daß alle Aeußerung« derselben, die sie in chrer Eigenschaft al» Abgeordnete thun, auch straflos sind, wenn sie die gesetzlichen Schranken überschreiten und den That- bestand eines durch das Wort zu begehenden Verbrechens (Hochverrath, Majestätsbeleidigung, Verleumdung, Injurie) enthalten. Ein« MajestätSbelridigung oder Hochverrath be geht ein Abgeordneter doch nun und nimmermehr „in Aus- Übung seines Berufs"! Er mag sie begehen, während er, in Ausübung seines Berufes, im Reichstag spricht; aber ein« mojestätsbeleidigende Auslassung kann so wenig wie eine hochverrätherische, durch die ja auch die Grundlage negirt wird, auf der da- Mandat und die Redefreiheit des Abgeordnet« beruhen, als in den Kreis der Thätigkeit« fallend bettachtet werden, mit denen ein ReichStagsabge ordneter seinen „Beruf auSöbt". Nach allgemeinen jurist-? ischm Grundsätzen sind die VolkSverttetrr in solchen Fällen, wie jeder andere Bürger, dem Staate wie den verletzt« Privatpersonen verantwortlich und können vor die Gerichte gezogen werd«. Alle entgegengesetzt« Argumentation« au- der Natur des volkSvertretend« Körpers beruhen auf falschen BorauSsttzungen oder Trugschlüssen. Folgt hieraus schon, daß die ErwiderungSrede drS Abgeordneten auf den Tadel deS Präsidenten strafrechtlich verfolgbar ist, so leuchtet ohne weiteres ein, daß die im Sitzenbleiben bei d«m Hoch auf den Kaiser liegende revo lutionär« Demonstration an sich ganz unabhängig von der 5. Januar 1895 Vormittags 11 Uhr als Termin zu Verkündung -e- BerthMnngSplnnS anberaumt worden. Eine Ueberficht der auf den Grundstücken lastend« Ansprüche und ihre- Rang- verhältnisses kann in der GerichtSschreiberei deS unterzeichneten Amtsgerichts eingeseh« werd«. Lößnitz, am 8. November 1894. Königliches Amtsgericht. - Lechla.