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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.10.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-10-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19111016011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911101601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911101601
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-10
- Tag 1911-10-16
-
Monat
1911-10
-
Jahr
1911
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Letzte Dep.) * Der einem EisenLahnunfall bei Allen- ste i n wurde ein Schaffner getötet. (S. Letzte Den.) * Zm Preis der Winter favoriten siegte Frhrn. v. Oppenheims br. H. „Dolomit" unter Archibald, und im Thamant-Rennen wurde Baron Creutz' br. W. „ALountain Gun" mit Lyne im Sattel Erster. — Zm Großen Preis vonKarlshorst passierte Ltnt. von Zabeltitz' F.-W. „Lord Forsar", von Ltnt. Graf Holck gesteuert, als Erster das Ziel. — Im Preis vom Kahlenberg, der am Sonntag in Wien gelaufen wurde, siegte Gestüt Oberwcidens „M a j - molo" unter H. Aylin. (S. Sport.) * Am Sonntagoormittag unternahm der Flug lehrer der Sächsischen Flugzeugwerke Schirr meister mit einem Fluggast einen Ueberlanb- flug nach Halle und landete dort glatt. (S.Sport.) TriMis unü Msrokke sls ÄemaitteilLsersnten. Die Remontierung ist für jede Armee bekanntlich eine ungemein wichtige Frage, von deren Lösung die Brauchbarkeit nicht allein der Kavallerie, sondern auch die der Feldartillerie und des Trains abhängt. Deutschland produziert seine Remonten selbst, in Ostpreußen, in Hannover und in Oldenburg haupt sächlich, Oesterreich steht die unerschöpfliche Vorrats kammer Ungarn zur Verfügung, Rußland kann im eigenen Lande so viele Pferde haben, wie es will, England braucht zu Hause nicht besorgt um Pferde ersatz zu sein, und in Indien remontieren seine Reiterregimenter aus dortigen Zuchtgegenden und den großen Händlerställen, die aus Arabien, Syrien, Persien und Australien, vorzüglich Queensland, importieren. Zn Frankreich steht die Pferdezucht im allgemeinen auf einer sehr bedeutenden Höhe, aber mit den Militärremonten würde es doch nicht allzu glänzend bestellt sein, wenn nicht Algier und Tunis in die Bresche sprängen: Marokko wird demnächst noch dazukommen, und Italien wird in Tripolis, wenn es das Land erst in den Fingern hat, gute Ge legenheiten haben, einen nicht geringen Teil seines Bedarfs an Remonten zu decken, den seine eigene Landespferdezucht trotz des nicht zu leugnenden Auf schwunges in den beiden letzten Jahrzehnten noch immer nicht stellen kann. Auch in dieser Beziehung ist Tripolis also kein übler Griff! Die Pferde der nord afrikanischen Staaten gehören allesamt der Berber rasse an, die auf das arabische Pferd zurückführt. Die Araber brachten es mit, als sie gegen 700 nach Christi Geburt mit einem Heere von 80 000 Reitern in Afrika eindrangen. Der Berber ist als eine Kreuzung der einheimischen Nassen mit den zähen und so eminent ausdauernden und genügsamen Wüstenpferden anzu sehen. Graf C. E. Wrangel, der bekannte Hippologe, sagt in seinem Standardwerke „Die Rassen des Pferdes", daß es trotzdem unrichtig wäre, den Berber mit dem Araber in einen Topf zu werfen, es bestehen zwischen beiden Nassen deutliche, selbst dem Laien auffallende Unterschiede im Exterieur. Der Berber erreicht nicht den äußeren Adel des Arabers, der dieses Pferd in so hohem Maße auszeichnet, er ist gröber und schwerer in den Linien, was seinen Ge brauchswert aber nicht beeinträchtigt. Die franzö sische Armeeverwaltung hat der Zucht des Berbers, besonders in Algier, denn auch stets großes Interesse cntgcacugebracht und treffliche Erfolge erzielt. Zur zeit bestehen dort zwei Sto.atsgcstüte und drei große Remontedcpots. Der bedeutendste Pferdeproduzent ist die Provinz Constantine, dann kommt Oran, das die besten Remonten an den Markt bringt. Die Leistungsfähigkeit des Bcrberpferdes ist ganz be deutend, ein Leutnant Carrey von den Chasseur d'Airique brachte auf seinem Chargenpferde 420 Kilo meter in 3^ Tagen hinter sich, wie der Cheftierarzt Aureggio berichtet, und das Tier war nicht etwa über anstrengt. Für die Militärremonten zahlt die französische Regierung im Durchschnitt 700 bis 800 Franken, ein Preis, der die Züchter allerdings nicht gerade ermutigt, ihre Tiere den Remonte- kommissionen vorzuführen. Für Frankreich und Italien bilden die Länder der Nordküstc Afrikas ein Reservoir, aus dem sie ihre berittenen Waffen stets mit Reit- und Bespannungsmaterial reichlich werden versehen können. Es ist nämlich wohl zu bedenken, daß in den europäischen Kulturländern. Rußland und Ungarn vielleicht noch ausgeschlossen, die Zucht des jenigen leichten und ausdauernden, genügsamen und schnellen Pferdes, das sich als Armeepferd eignet, immer mehr zurückgeht, was die Quantität betrifft. Dieser Rückgang hat verschiedene Ursachen, so die intensivere Ausnutzung des Bodens durch die Land wirtschaft, die Tiefkultur, die Verminderung der Weideflächen, ferner die Forderungen der Industrie, die die Pferde so schwer wie möglich haben will, der Mangel an geeigneten Leuten, die mit dem tempe ramentvollen Halbblut sicher umgehen können — alles Momente, die die Warmblutzucht mehr und mehr ein- engen und die Zucht der kaltblütigen Schlüge fördern und ausdehnen. Unter diesen Umständen, an denen sich nichts ändern lassen wird, muß eine jede Heeres verwaltung sehr großen Wert darauf legen, sich aus giebige Quellen für ihre Remontierungen zu ver schaffen und zu sichern. Marokko und Tripolis aber sind solche Remontequellen! 8t. Der Krieg um Tripolis. Vom Kriegsschauplatz kommen nach wie vor nur „gute" Meldungen an die italienischen Blätter. Wenn man ihnen Glauben schenken darf, wäre die Unter jochung von Tripolitanien so gut wie erledigt, und es blieb: nur noch die friedliche Durchquerung ins an die Grenzen des Hinterlandes. „Giornale d'Ztalia" meldet, Vorposten wären auf ihren Patrouillenritten schon bis 85 Kilometer südöstlich von der Stadt Tri polis notgedrungen und hätten nichts entdeckt, was Anlaß zu Beunruhigungen böte. Tagtäglich kämen Deputationen dieser oder jener Araber- und Le- duinenstämme und bäten den General Caneva um Frieden und Freundschaft. Am überschwenglichsten aber schreibt der an dem „Feldzug" teilnehmende so zialistische Deputierte Dc Fclirc, der das idylli'ch.' Lagerlecen der italienischen Truppen verhimmelt. Kine Annahme des Haager Schiedsgerichts. Rom, 15. Oktober. sEig. Drahtmeld.) Die aus London gekommene Meldung, man beabsichtige in Konstantinopel im angeblichen Einvcrn hm'N mit mehreren Großmächten oi: t r i p o I i ta n i s ch c Angelegenheit vor das Schiedsgericht im Haag zu bringen, wird von der regierungsoffiziösen „Tribuna" mit dem Hinweis abgetan, daß die Regierung Italiens nicht daran dächte, einem der artigen Vorschlag nahezutreten. Keine befreundete Macht würde es übernehmen, Italien zu einem solchen Schritt zu drängen. „Ruhe auf dem Balkan." Turin, 15. Oktober. sEig. Drahtmeldung.) Die ministerielle „Stampa" meint, wenn der Krieg sich entgegen den Wünschen der alliierten Mächte indie Länge ziehen sollte, dann läge das einzig an der Türkei, die ihre letzte Hoffnung auf krie gerische Verwicklung auf dem Balkan setze. Italien aber werde alles tun, um diese Hoff nung zuschanden zu machen. Zn seinem Bestre ben werde Italien von den Alliierten sowohl wie von Rußland wirkungsvoll unterstützt. Zn diesem Augenblick sei die Gefahr kriegerischer Verwicklungen auf dem Balkan nicht mehr so groß wie vor zwei Tagen. Eines ganz besonderen Druckes hätte es auf die Regierung in Sofia bedurft, wäh rend Belgrad, Cettinje und Athen eher begriffen hätten, daß die Ruhe auf dem Balkan unter keinen Umständen gestört werden dürfte. Englisch-italienische Spannung? Mailand, 15. Oktober. (Eig. Drahtmeldung.) Tobruk, der „Schlüssel des Mittelmeeres", ist in der hiesigen Presse Gegenstand eingehender Betrach tungen, aus denen zu entnehmen ist, daß diploma tische Unterhandlungen wegen der Erwer bung dieses Schlüssels zwischen den Kabinetten von Rom und London stattfinden. Der „Corriere della Sera" warnt vor unangebrachter Nachgiebigkeit, die sich später rächen würde. Es klingt beinahe wie eine Drohung an die englische Adresse, wenn es heißt, England habe wahrlich keine Ursache, neue Ansprüche anzumclden. Es hätte sie etwas früher einreichen sollen. Auch der „Secolo" weist auf die seltsame Haltung der englischen Presse hin, die auch heute noch nicht wisse, für wen sie sich zu ent scheiden hätte. Weiter wird gemeldet: Nom, 15. Oktober. sEig. Drahtmeld.) Die italienische Regierung hat, wie die „Tri buna" niitteilt, den Mächten ein Rundschreiben zu- gehen lassen, in dem sie erklärt, daß sie die Insel Za mos ebenfalls als neutrales Terri torium betrachte. Die Kümpfe in Tripolis. Rom. 15. Oktober. sEig. Drahtmeld.) Wie „Giornale d'Ztalia" zu wissen glaubt hat die italie nische Negierung ihre Verbündeten und Freunde benachrichKgt, daß sie die unerschütter liche Aosichi habe, zur bedingungslosen Annexion von Tripolis. Cyrcnaica uuo den damit zu sammenhängenden Gebieten zu schreiten. Der Tür kei könne keine Art von Souveränität über diese Gebiete gelassen werden, nachdem man zum Krieg habe schreiten müssen. Das würbe die öffentliche Meinung Italiens nicht dulden, vor allem nicht nach den Repressalien, zu denen die Türtci gegriffen habe, nach der Aufhebung der italienischen Kapitula tionen, der Drohung niit der Ausweisung der Italiener, der Beschlagnahme italienischer Handels schiffe gegen die Regeln des Völkerrechts, der Boy- kottirrung italienischer Waren, der fanatischen Agi tation der Türken gegen die italienischen Kolonien im Orient usw., Repressalien, die sogar ein noch ent schiedeneres Vorgehen Italiens notwendig machen könnten. — „Corriere d'Ztalia" und „Popolo Ro mano" lassen sich in demselben Sinne aus. „Po polo Romano" fügt noch hinzu, daß der türkischen Re gierung in dem Augenblick, wo die Friedens bedingungen festgesetzt würden, diese ihre Hal tung angerechaet werden müßte. Tripolis, 15. Oktober. sEig Drahtmeld.) Bei dem Angriff auf die italienischen Vor posten in der vorigen Nacht brachten die Türken auch Geschütze ins Gefecht. Einige Geschosse fielen in der Oase nieder. Man kennt die genaue Zahl der Verluste der Türken nicht. Die Italiener hatten vier Verwundete. x Nom, 15. Oktober, iüig. Drahtin.) „Messa gers" hat aus Tripolis weitere Einzelheiten über das Scharmützel in der vorletzten Nacht erhalten. Danach scheinen die Türken nicht die Absicht gehabt zu haben, sich des Brunnens von Lumeliana zu bemächtigen, sondern Hütten eine P r o v i a n t ko t o n n e decken wollen, die sich in der Richtung auf Suni Ben Adia bewegte, wo eine türkische Abteilung sieht, die an Proviant mangel keid.'-t. Aks die türkische Ableitung gegen 3 Uhr morgens bei den italienischen Borvosten erschien, eröffnete das -12. Infanterie-Bataillon, unter dem Kommando des Majors Teniino unter stützt von einer Batterie, das Feuer. Die Türken erwiderten es, zogen sich dann aber in der Rich tung nach Garian zurück; sie ließen ein Ge schütz und d»ei Tote zurück. Koustantinopcl, 15. Oktober. sEig. Drahtmeld.) Nach hier vorliegenden Meldungen haben die Ita liener bei dem gestrigen nächtlichen Angriff der Türken auf italienische Vorposten große Vcr« Goethes „llr>Kleilter". Ein Kuriosum ist geschehen, das seinesgleichen kaum hat in der Wellliteratur! Just achtzig Jahre nach dem Heimgang Johann Wolfgang (Aoethes, nach gut huiibert Jahren zum ersten Male wieder — und das einzigemal — hat der Goethe-Ver leger I. G. Cotta (Nachf.) in Stuttgart ein neue s Werk, ein ungedruckies Roman-Fragment ro.r Goethe, den d ut'chen Zei ungSrecaktio: en zur Rezension eingcsandt. Gcsiern mit der Früh post ist das Buch eingelangt und liegt vor mir in seinem satten, weichen, braunen Einband mit dem tiefgrünen ovalen Titelschild in der Milten: * Goethe Wilhelm Meisters theatralische Sendung Dieser wohlfeilen Volksausgabe für zwei bzw. drei Mark, 416 Seiten stark, ging vor knapp drei Wochen eine kostbare, numerierte Liebhaber ausgabe voraus, die ich, einem glücklichen Zu fall dankend, auf einer herbstlichen Harzwanoe- rung grad in der alten Kaiserpfalz ob demBode- flusse in der Hand eines glücklichen Bibliophilen sah. Ein neuer Roman von Goethe! Was für Empfindungen beseelen uns beim Anblick dieses Buches, um das, wie erinnerlich, bei seiner Auf findung vor knapv zwei Jahren ein heftiger und nicht immer von allen sich hinzudrängenden Kreisen vornehm geführter Streit entbrannte. Von der Schweiz, die es so lange barg, ist es nun doch gestern in die Welt hinausgegangen, und dem alten Goethe-Verlag Cotta blieb der Ruhm, den ,,Ur-Meister" angemessen, wohlfeil heraus- zugcben. Freilich: „das Schauspiel dauerte sehr lange", könnte man mit den Anfangsworten der „Lehrjahre" sagen. — Die Schweiz, die so viel bedeutete für Goetl)e, hat nach hundertundsünfundzwanzia Jahren den kostbaren Fund ans Licht gegeben. In allen Zei tungen stand damals zu lesen, daß an einem Dezembertag zum Professor für alte Sprachen am oberen Gymnasium in Zürich Gustav Bil le t e r, ein Schüler trat mit einem dicken, hand schriftlichen Manuskript aus der verborgensten Schublade des väterlichen Schreibtisches. Ans dein Umschlag stand „Manuskript von Goethes Buch: Tie Leiden des jungen Wcrther". Aber dieser Packen sauber geschriebener Bogen enthielt „Wilhelm Meisters theatralische Sendung", ein verloren geglaubtes Goethe-Erbe. Harry Maine hat es nunmehr kommentiert und herausgegeben. Barbara Sch ult Heß zum Gedächt nis! steht heute dem Titel nachgedruckt in un serem „Ur-Meister", und damit ist der vortreff lichen Frau Bäbe, der „Herzlichen" aus dem La- vaterkreise, die ein gut'Stück Frau Aja war, der wackeren Barbara Schultheß vom Schönen hof ein verdientes Denkmal gesetzt. Sie war Goethes vertraute und verehrte Freundin lange gewesen, bis nach der Jtalicnreise Christiane Vul- pius in seinen Kreis trat und eine neue Welt sich ihm eröffnete. 1783 in einem Briefe an seine Mutter nach Frankfurt bat er, das Kästchen mit deni „Ur-Meister" an Frau Bäbe zu schicken. Und Frau Bäbe empfing und las die Handschrift mit Begier. Aber ehe sie sie weiteriändte nach Weimar, erfüllte sie ahnungslos die ihr vor bestimmte, verdienstvolle Arbeit für die deutsche, für die Weltliteratur, wie noch eine andere um Goethe verdiente und bescheiden im Hintergründe stehende Frau, die originelle Hofdame Luis§ von Göchhauscn mit dem „Urfaust" eine solche vor bestimmte Aufgabe zu erfüllen hatte: Sie schrieb mit ihrer ältesten Tochter den Theaterroman Goethes, sein „geliebtes dramatisches Ebenbild" fein säuberlich ab. Damit hat Frau Bäbe der Welt ein höchst bedeutsames Stück Theater- und Kulturgeschichte gerettet, so daß ihr Name zu Recht ans dem Widmungsblatte prangt. Denn nun in diesem Winter Goethes Roman fragment vielleicht als der Roman dcs Jahres das Interesse weitester Kreise beschäftigen nnd tief ins deutsche Volk dringen wird, so kann er uns Leipziger noch in ganz besonderem Maße beanspruchen, denn auf dem Boden des „Klein Paris" war cs, wo der zum Jüngling reifende Knabe Wolfgang Goethe Theater, Kunst und Leben zuerst mit begierigen Augen erschaute. Ja, mehr als wir auch nur vermuten, hat Leipzig und seine ruhmreiche Theatergeschichte dem Schöp'er von „Wilhelm Meisters theatralischer Sendung" zum lebendigen Vorbild gedient. In den wechseln den Lebensschicksalen dec iwceg scheu, st lze r nnd ernsten Madame de Retti, oie den Hanswurst vom Theater verwiesen zu haben sich rühmt, er kennen wir unsere Ncuberin! Ich kann hier auf beschränktem Raum den Leser nur mit Andeutungen darauf Hinweisen, daß wir auch von Goethes Jugenddraina „Bel sazar" hier Näheres hören, und daß er ferner in Wilhelms Schwester seiner eigenen geliebten Schwester Cornelia ein schönes Denkmal ge setzt hat. Mit Entzücken wird das gelesen wer den, des bin ich gewiß. Statt des angezwcsfelten „Geliebter" in Mignons volkstümlichem Liede wird man die richtigere Lesart „Gebieter" finden, wird bemerken, wie im Stil das „allzu Aufgeknöpfte und Studcntcnhaste" des Sturm und Drang getilgt ist und ein Uebergang zum Klassizistischen sich bemerkbar macht. Ueberschätzen darf man das „Fragment", das Goethe selber vernichtete, neben dem abgeschlosse nen, ausgeglichenen Werke des „Wilhelm Mci- ster"-Romans wohl doch nicht, sollte aber auch nicht vergessen, daß diese Kapitel, die uns von einem gütigen Geschick aufbchaltenen, cs waren, die ihren Schöpfer selber zu dem Ausrufe der- anlaßt hatten, den wir in einem damaligen Briese an die Stein lesen: „Eigentlich bin ich zum Schriftstceller ge boren. Es gewährt mir eine reinere Freude als jemals, wenn ich etwas nach meinen Gedanken gut geschrieben habe." ?aul Lebaumkurg. von -en Stätten -er chineMchen Revolution. TaS blutige Gespenst der T a i p i n g - Revo lution, die 14 Jahre lang getobt und der Mandsclpt- Dynastie ein Gegcnkaiscrtum gegcnübergcstellt hat, taucht vor unserer Erinnerung auf, wenn wir von den großen Erfolgen der neuesten Revo lution im Reiche der Mitte lesen. Tie Taiping-Revolution nahm ihren AuSgang damals von dem ewig unruhigen Süden, während das gegen- wärtigc Unternehmen zur gewaltsamen Umgestaltung I Chinas feinen Schwerpunkt im Westen des I Reiches hat. I ES ist ein wahres Herzstück des chinesischen Staa- I teS und Lebens, dessen die Revolutionäre sich jetzt bemächtigt haben. Drei Städte bilden den gemein samen Brennpunkt der Provinzen .Hupe und Huna n. Am Zusammenflüsse des Jangtsekiang und des Han, der rein östlich fließend in den großen, nordöstlich gcrictueten Hauptsrrom fließt, liegt Wirt - s ch. a n g, H a n l a u und Hanjang: Wuischang, am Südnfer des blauen Flusses, ist die Regierungs- scadc, .ieantaii, nördlicb vom blauen Flusse und west lich vom Han, ist der gewaltige .Handelsort, und dazwischen liegt Hanjang in der Gabel des FlusseS. Tie Wasser dcs Jangtsekiaug haben hier eine Breite von mehreren .Kilometern. Weit über eine Million Menschen wohnen hier zusammen, und die vollsreichste der drei Städte, die ehemals zusammen mehrere Millionen Einwohner gehabt haben sollen, ist die „RegierungSstadt" Wuts chang. Sic ist rings von festen Mauern umgiirtet und steigt zum Ufer steil auf: deswegen bar auch nicht sie, sondern das gegen überliegende Hanlau den Haupthandel in Händen. .Hinter den Mauern liegt die Stadt, vom Flusse aus betrachtet, nach der Schilderung Hesse-WarteggS ganz versteckt, und nur wenige der höchsten Gebäude lind von der Wasscrseite aus sichtbar, darunter die „Pagode vom gelben Kranich" (Hoangholiu). Wut schang ist hauptsächlich Militärstadt und Festung, und nur wenige Europäer wohnen innerhalb ihrer Mauern. Ter Handel, den diese Stadt treibt, liegt hauptsächlich in den Händen chinesischer Kaufleute. Ter breite Fluß, der Wutschang von den andern beiden Städten trennt, trennt wirklich mehr, als er verbindet, denn von größerem Verkehr quer über den Fluß hinweg ist lvenig die Rede. Ein viel interessanteres Bild bietet für das Auge des Europäers die Handelsstadt H a n k a u. Sie ist genau wie ihre Scl'wesrerstadl Wutschang von einer Umfassungsmauer umgeben. Innerhalb dieser Umfassungsmauer bietet sie nichts Besonderes, denn das Innere der Stadt unterscheidet sich wenig von dem anderer chinesischer Gropädte. Nur am Flusse, wo sich die E n r o p ä e r n i c d e r l a s s u n g e n, der „Bund" befinden, herrscht das regste Leben. Ter Bund ist eine Prachtstraße, die sich, von einigen Querstraßen untcrbroävn, drei bis vier Kilometer weit am Flusse entlang zieht. Alle ihre Gebäude sind wahre Paläste mit Blumengärten davor. Hier wohnen die Missionare, die Konsuln, und vor allem die Kaufleute der verschiedenen Völker, die hier Handel treiben. In Hankan haben England und Frankreich zuerst, und seit dem Jahre 1895 auch Deutschland Konzessionen bekommen. Tie Hauptgüter, die hier verfrachtet werden, sind Tee, Tabak, Seide, Medi zinalwaren, Baumöl, Hanf, Häute, Wachs, Galläpfel
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