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Illustriertes Fachjournal Jur die VZoll-, jjaumwoll-, Seiden-, leinen-, ijanj- und Jute-3ndustrie sowie Jür den Textil-Maschinenbau; Spinnerei, Weberei, Wirkerei, Stickerei, Färberei, Druckerei, Bleicherei unö Appretur. Redaktion, Expedition u. Vertat: —■ Femefrech-Aneehluß: No. eojS. Herausgeber und Eigentümer: Theodor Martin in Leipzig. ■mX'X Organ der Organ der Sächsischen Textil-Berufsgenossenschaft. Norddeutschen Textil-Berufsgenossenschaft. Organ der Vereinigung Sächsischer Spinnerei-Besitzer. XXVII. Jahrgang. Nachdruck, soweit nicht untersagt, ist nur mit vollständiger Quellenangabe gestattet. Leipzig;, 15. Februar 1912. Die Verarbeitung pflanzlicher Textilabfälle. (Originalbeitrag von Jf. Jakoma, Fabrikdirektor.) (Fortsetzung.) [Nachdruck verboten.] Einen nicht unwesentlichen Teil der Vorbereitung der pflanzlichen Textilabfälle zur weiteren Verarbeitung hat die Bleicherei und Färberei zu besorgen, um die Materialien zu den verschiedensten Artikeln verwendbar zu machen; für die Herstellung von Nitrirbaum- wolle und Verbandwatte ist die Bleicherei sogar unbedingt erforder lich, da für beide Zwecke die Materialien durch langdauernde Koch- und Bleichprozesse zu möglichst reiner Zellulose umgewandelt werden müssen. Verbandwatte muß derart energisch gekocht werden, daß selbst nach jahrelangem Lagern keinerlei Gelbwerden erfolgt. Sowohl die Bleicherei als auch die Färberei benötigen sehr viel Dampf und diese Betriebe sind daher so nahe wie möglich an die Kesselanlagen zu verlegen, wodurch neben langen Rohrleitungen auch bedeutender Druck- resp. Wärmeverlust vermieden wird. Zur Ver meidung von vielerlei Unannehmlichkeiten hält man beide Räume ge trennt und führt diese Trennung auch bis zur Trockenanlage durch. Die Anlage der Räumlichkeiten als bekannt voraussetzend, sei hier nur erwähnt, daß sich für diese feuchten Räume Eisenbetondecken in sachgemäßer Ausführung als das Vorteilhafteste und Haltbarste er wiesen haben, es ist jedoch schon bei der Deckeneinschalung besonders darauf Rücksicht zu nehmen, daß ein späteres Abtropfen des Wasser dampfes infolge falscher Bretterlage nicht dort erfolgt, wo Schaden angerichtet werden kann. Erforderlich ist ferner zur möglichsten Ersparung von Brenn material die Zurückleitung des gesamten Kondenswassers aus diesen Betrieben nach dem Dampfkessel, soweit dasselbe aufgefangen werden kann. Ferner ist auch nicht zu unterlassen, die zu bleichenden oder zu färbenden Abfälle gut vorzureinigen, damit beim späteren Ver spinnen möglichst wenig Abfall entsteht. Die günstigsten und schnellsten Bleichresultate auf Abfall materialien erzielt man durch Chlorkalk, während sowohl Sauerstoff bleiche als auch analytisches Chlor für die gewöhnlich dunklen Materialien weniger günstige Produktion ergeben. Zur besseren Aus beute des Chlorkalks sind jedoch ein gutes Rührwerk und geräumige Absitzbehälter erforderlich, da erst durch mehrmaliges Auslaugen sämt liches Chlor gewonnen wird; auf diese Weise ergeben 300 kg Chlor kalk za. 2000 Liter Bleichlauge von 10° Be. Zur Erzielung eines schönen Weiß auf Flachs- und Baumwoll abfälle ist ein anhaltendes Kochen mit Alkalien, dessen Dauer von der Beschaffenheit des Bleichgutes abhängt, erforderlich, um möglichst alle Verunreinigungen in Lösung zu bringen und durch energisches Spülen zu entfernen. Auch zum Bleichen der Abfälle sind verschie dene Apparate gebaut worden, doch dürften sich hier die einfachsten Einrichtungen, bestehend aus Koch- und Bleichkessel, Laugenbehälter, Verbindungsleitung mit Pumpe, zu diesem Zwecke am besten eignen. Die Materialkessel sollten bei den schwer zu bleichenden Abfällen nicht über 600 kg fassen, damit man auf einer Anlage auch täglich eine Partie fertig bekommt. Zum Waschen verwendet man vorteilhaft eine Kohllöffel-Waschmaschine mit selbsttätigem Hebewerk, welche nur ge ringe Bedienung erfordert und gleichzeitig ein leichtes und bequemes Anblauen ermöglicht. Zur leichteren und ökonomischen Trocknung ist es vorteilhaft, die zentrifugierten Abfälle jeder Art, welche sich zu festen Brocken verbunden haben, auf einem Naßreißer auflösen zu lassen, ehe dieselben der Trockenmaschine zugeführt werden. Auch fertige Gespinste auf Kötzern oder Schlauchkops lassen sich nach obigem Verfahren mit bestem Erfolge bleichen, wobei ein viel klareres Weiß erzielt wird, als beim Bleichen der Abfälle und darauffolgenden Ver spinnen. Das Färben von Abfällen und Lumpen aller Art wird schon seit langer Zeit fast ausschließlich in mechanischen Apparaten vorge nommen, wie solche von der Firma Obermaier Ä Co. in Lambrecht vor einigen 20 Jahren erfunden und fortgesetzt verbessert wurden. Diese Apparate, welche aus Flottenbehälter, Materialkessel und Pumpe bestehen, ermöglichen bei geringer Bedienung und sparsamstem Dampf- und Farbstoffverbrauch infolge des überaus kleinen Flottenverhältnisses (1:6) eine Produktion, an welche man früher, vor Einführung der Apparate, nicht im entferntesten denken konnte, je nach der Größe derselben ist auf einem Apparat eine Produktion von täglich 1000 bis 1500 kg und selbst noch mehr zu erzielen, vorausgesetzt, daß mit Reserve-Material kesseln gearbeitet werden kann. Zum Heben und Senken der schweren bis zu 500 kg Material fassenden Behälter bedient man sich der drehbaren oder fahrbaren mechanischen Hebevorrichtungen, so daß auch dabei jegliche zeit raubende Arbeitskraft durch Menschenhände vermieden wird; eine Hebevorrichtung genügt für mehrere Färbapparate zugleich. Mittels Kippvorrichtung wird das gefärbte Material aus dem Materialkessel auf Wagen entleert, die zu den Waschmaschinen oder zu den Zentrifugen gefahren werden. Ein weiterer Vorteil der Ober- maierschen Apparate kleinerer Konstruktion besteht in der Möglich- 5