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AMMlM MMM'. Erscheint wöchentlich drei Mal: Dinstags, Donnerstags und Sonnabends. Preis vierteljährlich 1 Mark, durch die Post bezogen 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummern 8 Pf. — Jnsertionsgebühren pro kleingespaltene Zeile für Abonnenten 7 Pf., für Nichtabonncnten 10 Pf. Bei mehrmaliger Insertion entsprechender Rabatt. — Jnseraten-Annahme bis Abends 5 Uhr des vorhergehenden Tages. — Reclamen im Redactione>theil pro Zeile 20 Pf. — Geeignete Beiträge sind stets willkommen. 21. Sonnabend, 17. Angust 1878. Vorladung. Der Handarbeiter Gustav Otto Türpe aus Chemnitz, welcher in einer hier anhängigen Untersuchung als Zeuge abzuhören ist, wird, da er der öffentlichen Vorladung vom 29. Mai d. I. bis jetzt nicht Folge geleistet, hierdurch anderweit vorgeladen, zu seiner Abhörung den 7. September 1878, Vormittags 9 Uhr, in Person an hiesiger Amtsstelle sich einzufinden oder seinen Aufenthalt noch zuvor anher anzuzeigen. Betreffende Behörden werden gebeten, den rc. Türpe auf diese Vor ladung hinzuweisen. Waldenburg, den 12. August 1878. Fürstlich Schön burg'sches Gerichtsamt. Martini. Politische LuMchau. * Waldenburg, 16. August 1878. Das vielbesprochene Socialistengesetz ist nun endlich seinem Wortlaute nach veröffentlicht worden. Danach werden also Vereine, welche socialdemokratischen, socialistischen oder communi- stischen, auf Untergrabung der bestehenden Staats oder Gesellschaftsordnung gerichteten Bestrebungen dienen, verboten. Gleicherweise werden Ver sammlungen, Festlichkeiten und Aufzüge, Druck schriften und Zeitungen, welche denselben Bestre bungen dienen, verboten. Die Beschwerde steht dem Vereinsvorstande, in letzterer Beziehung dem Verleger und Herausgeber der Druckschrift offen, und zwar beim Reichsamt für Vereinswesen und Presse. Wer an einem verbotenen Vereine oder an einer verbotenen Versammlung sich betheiligt, wird mit Geldstrafe bis zu fünfhundert Mark oder mit Haft oder mit Gesängniß bis zu drei Monaten bestraft. Gegen Diejenigen, welche sich an dem Verein oder an der Versammlung als Vorsteher, Leiter, Ordner, Agenten, Redner oder Kassirer betheiligen, oder nach Erlaß des Ver botes zu einer Versammlung anffordern, ist auf Gesängniß von einem Monat bis zu einem Jahre zu erkennen. Das ganze Gesetz ist in seiner neuen Fassung außerordentlich complicirt gewor den, man sieht aber daran die durchgearbeitete, wohlüberlegte, gesetzgeberische Arbeit, wählend der frühere Entwurf über alle Maßen dürftig erschien. Während früher die „socialdemokratischen Ziele" MllctM. Unpolitische Plandcr-Ccke. Der Vergnügten Vogelschießfreude. Hei, war das ein Leben auf unserem Vogel schießen, man hätte denken mögen, die ganze Welt sei zu einem Paradies verwandelt, wenn nicht das hohlwangige Gesicht und das ärmliche Aussehen zweier Leierkastenmänner am Wege all die fröhlichen Menschen daran erinnert hätte, daß auch noch Noth und Elend, Kummer und Sorge auf der Welt vorhanden ist, daß es nock- Arme und Elende giebt, die ihren Antheil haben möchten an der Fröhlichkeit der Menschen. Nicht vergebens rechnen sie auf die Barmherzigkeit ihrer Mitmenschen, große und kleine Gaben überzeugen, daß wer selber fröhlich und Wohlgemuth ist, auch Andere fröhlich und wohlgemuth machen möchte. Einen vortrefflichen Eindruck machte der Schützenfestzug, wenn auch die gesammte erste Compagnie die Fahne in eorxoro trug. Es geht ihr, der ersten Compagnie nämlich, leider wie es allen Dingen auf Erden ergeht: Entstehen und Vergehen. Einer nach dem Andern hat den Weg eingeschlagen, auf dem es keine Rückkehr giebt, und so ist von der ganzen Anzahl nur Einer übrig geblieben, der fest steht und treu die Wacht am Rhein oder insgesammt in einen Topf geworfen wurden, han delt es sich im neuen Entwürfe nur um die auf „Untergrabung der bestehenden Staats- oder Gesell schaftsordnung" gerichteten Bestrebungen, was ein wesentlicher Unterschied ist, da die Socialdemo kratie außerdem auch Bestrebungen verfolgt, die wohl ihre Berechtigung haben. Neu ist die Errichtung eines Reichsamts für Vereinswesen und Presse. Den Charakter eines Ausnahmegesetzes hat der Entwurf in unzweideutigster Weise und ist es fraglich, ob derselbe im Reichstag bei der ausge sprochenen Abneigung eines großen Theiles der Abgeordneten Annahme finden wird. Das Cen trum, der größte Theil der Nalionalliberalen, so wie die Fortschrittspartei werden dagegen stimmen, und nur die Conservativen wie der übrige Theil der Nalionalliberalen werden dafür sein. Es wird immer klarer, daß Fürst Bismarck bei den Kissinger Besprechungen fest an seinem Worte: „Nach Canossa gehen wir nicht!" hält. Die „Prov.-Corr." bringt in ihrer neuesten Num mer einen Artikel, worin sie sagt, daß Fürst Bismarck nicht daran denke, die Aufgaben und Pflichten der Regierung in Bezug auf kirchliche Politik, wie dieselben bisher grundsätzlich ausge faßt worden feien, zu verleugnen, im Gegentheil erfülle er, indem er die H^nd zum Frieden biete, nur, was er inmitten des lebhaften Kampfes je derzeit klar und bestimmt verkündet habe. Es habe ausgesehen, als sei mit der Einsetzung Leo's XIII. eine Wendung eingetreten, und in diesem Sinne hätten denn auch die Briefe des vielmehr an der Fahne hält. Warum nur hat die erste Compagnie nicht für den nöthigen Nach wuchs gesorgt? Hat sie denn gänzlich aus cöli- batären Menschen bestanden? Des Nachmittags waren unsere Schützen fleißig bei der Arbeit gewesen, den ruhig in sein Schicksal ergebenen Doppeladler stückweise von seinem hohen Standpunkte herunterzuholen, was nach redlichem Bemühen auch fast zur Hälfte gelang, nun woll ten sie den Abend noch der Heiterkeit und ruhigem Genießen widmen. Und wo wäre das wohl besser möglich gewesen, als im „Schönburger Hofe" auf dem Schützen anger? Sogar „Chansonetten," die für Manche ein begehrenswerther Genuß sind, obgleich sie^ oft kaum noch das Licht der Welt erblickt, sich schon unter die Leute wagen, oft aber auch ein Methusalemifches Alter auf dem Rücken haben, — hatte die Diener'sche Küche versorgt; leider hatte sich die Sorge auch dahin erstreckt, daß ja nicht zu jugendliche Chansonetten den Sinnen des geduldigen Waldenburgers gefährlich werden. Doch um den liebenswürdigen Chanteusen nicht zu nahe zu treten und auch keinen Anlaß zu Mißverständnissen zu geben, fei hinzugefügt, daß unter Chansonetten nur die Lieder zu verstehen sind. Es soll Mehreren außerdem die Unannehmlich keit passirt sein, daß ihnen wider ihren Willen etwas gestohlen wurde, während Andere wieder Kaisers und des Kronprinzen der Hoffnung auf friedliche Verständigung Ausdruck gegeben. Ueber die Verhandlungen selbst schweigt sich das mini sterielle Organ aus, aber der Schlußsatz: „In wieweit sein (Bismarcks) aufrichtiges Streben zum Ziele führen mag, das hängt nicht von ihm allein ab" — läßt vermuthen, daß die Hoffnungen nicht gar so groß sein können. Der Bundesrath ist am 14. August, wie vorher bestimmt, unter dem Vorsitz des Präsi denten des Reichskanzleramts, Staatsminister Hof mann, zu einer neuen Session zusammengetreten. Der preußische Antrag wegen Erlaß des Socia listengesetz es wurde dem Justizausschuß zur Vor- berathung überwiesen. Der Vorsitzende erklärte, daß nur diese Vorlage dem Reichstage in der bevorstehenden Session vorgelegt werden solle. Ganz einverstanden scheinen die Bundesregierun gen mit der Fassung der Socialistenvorlage nicht zu sein, da sie mehrfache Einwendungen zu machen beabsichtigen. Der Reichskanzler wird zur Zeit der Eröff nung des Reichstages nach Berlin zurückkehren; fraglich ist es aber, ob er der Eröffnung des Reichstages beiwohnen wird. Die Stichwahlen sind wiederum ein erkleck liches Stück zur Erledigung gekommen. In Stettin ist Delbrück gegen Schmidt gewählt worden. Diese Wahl bietet gleich denjenigen in Breslau, Elberfeld und München eine abermalige Ueberraschung. Delbrück hatte erklärt, die Wahl in Jena anzunehmen, was für die Stettiner, darüber ärgerlich waren, daß sie nichts fanden, und Den und Jenen soll es gegeben haben, der zu etwas kam, was er nicht wünschte. Aber warum ist er so unvorsichtig, zum Vogelschießen zu gehen, denn er muß es sich dann auch gefallen lassen, wenn er angeschossen ist. E. K. Tie Engelsstimme. Erzählung von Kans Wachenhusen. (Fortsetzung.) Botmer kam nicht zurück. Sie bog in den Steig seitwärts. Sie glaubte, eine dunkle Männer gestalt zu unterscheiden, die sich eben an der Mündung des Laubganges zum Boden beugte und einen weißen Gegenstand aufhob. Es war Botmer. Ohne sich zurückzuwenden, das kleine weiße Tuch in der Hand, betrat er den Baumgang in der Ueberzeugung, daß Elsbeth ihn erwartend zum Ufer hinab geschritten. Eiligen Fußes vertiefte er sich in den Gang, den Blick in die etwa fünf zig Schritte vor ihm sich auf den Strom öffnende Laube gerichtet. Er unterschied ganz deutlich tief unten eine weiße Robe in der Lichtung. Es war Elsbeth. Der weiche Boden machte seine Tritte unhörbar; das Dunkel des Laubganzes ihn selbst unsichtbar. Elsbeth sah ihn nicht; sie stand da, nur ihr Ge-