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, - "^.-^ -- - --— - --"""— Kr. rk8I — 10. Jatzrga«» Sonnabend den 4. November 1011 ErlHclnl täglich ua»m. mUiluSnahme der Sonn-und Festtage. L-Sgab» > mit .Die Zeit In Wort und Bild» vierteljährlich 8. Nt X, I» Dresden durch Bote» 2,10 In ganz Deuischlond frei Haus 2,S2 ^1: in Oesterreich 4,48 L. Sinsgabe t> ohne Mnslrierte Beilage vierteljährlich 1,80 In Dresden durch Boten 2,10 In ganz Deutschland srei Haus 2,22 in Oesterreich 4,07 L- - Einzei-Nr. 10 g. Anabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserat« werden die «gespaltene Petitzeile oder deren Raum mV 15 4. Reklamen mit SO g die Zeile berechnet, bei Wiederholunge» entsprechenden Rabatt. Bachdroikeret, Redaktion und Geschäftsstelle, DreSde«, Ptllnitzer Strafte 48. — Fernsprecher 1800 Für RSktgabr unverlangt. Schriftstücke kelneiverbtudltchreti RedaktivnS.Sprechstunde: II btS 12 Uhr. Nalionalliberale und kaiserrechte. Die Welt ist rund und dreht sich rasch. Als das Zen trum im Jahre 1906 an dem vorgelegten Kolonialetat einige Millionen abstrich, da handelte es zweifelsohne im Rahmen seines gnten Rechtes; der Reichstag kann an allen Ausgaben Abstriche vornehmen. Es kam zur Auslösung. Damals waren es die Nationalliberalen, die für die „be drohten Kaiserrechte" eintraten und dein Zentrum unter stellten, es habe in die Kommandogewalt des Kaisers ein- aegrifsen. Auch der liberale Halbgott Ternbnrg, der heute im Grunewald ein Vcilchendasein (nur duftet es nicht) führt, gebrauchte diesen Schlager, obwohl heute jedermann zngibt, daß es sich damals nicht um Eingriffe in Kaiserrechte handelte, sondern um Wahrung von Reichstagsrechten. Ganz anders ist heute die Situation. Die Liberalen haben seit 1906 wiederholt den Versuch gemacht, in wohl- vcrbriefte Kaiserrcchte einzugreifen. Man braucht gar nicht an das Kcnssrintervicw zu denken, es genügt der Hinweis auf ihre Anträge zu den Armeeinspektoren und Gouver neuren und noch deutlicher ist der jüngste Vorstoß im Scniorenkonvent. Dazu muß selbst die sonst gegen die Liberalen taubstumme „Nordd. Allgem. Zeitg." schreiben: „Ein ungewöhnlicher parlamentarischer Vorgang war es, daß dem Seniorenkonvent des Reichstages ein Antrag emp fohlen wurde, der erstens eine Art beratender Stellung für den Reichstag in einer, seiner Beschlußfassung nicht unter liegenden Materie forderte — der Reichstag soll über das Marokkoabkommen vor dessen Abschluß gehört werden —, und der zweitens dem Reichstage ein Genchmignngsrocht bei Abtretungen oder Erwerbungen von Kolonialland bei legen wollte. Beides auf dem Wege einer einfachen Erklä rung des Reichskanzlers. Dieses Vorgehen würde eine rcichsrechtliche Unmöglichkeit sein. Wir halten es für aus geschlossen. daß der Reichskanzler zu einer solchen Schmäle rung der verfassungsmäßigen Rechte des Kaisers seine Hand biete." Ausgezeichnet, denn just nach fünf Jahren sitzen die Liberalen auf derselben Anklagebank, auf die sie das Zen trum zu zerren suchten. Heute sind die Liberalen die Frev ler, die ihre Hand nach Kaiscrrechten ausstrecken. So sorgt die Weltgeschichte von selbst für den nötigen Humor. Ge rade dieser Vorgang zeigt, wie vorsichtig die Liberalen mit Verweisen gegen das Zentrum sein sollten. Wie verhält sich nun die Sache in der Reichs-Verfassung? In Artikel 2 Absatz 1 heißt es: „Der Kaiser hat das Reich völkerrechtlich zu vertreten, im Namen des Reiches . . . Bündnisse und andere Verträge mit fremden Staaten ein- zuqehen." Absatz 4 desselben Artikels lautet: „Insoweit die Verträge mit fremden Staaten sich auf solche Gegen stände beziehen, die nach Artikel 4 in den Bereich der Reichsgesetzgebung gehören, ist zu ihrem Abschlüsse die Zu stimmung des Bundesratcs und zu ihrer Gültigkeit die Ge nehmigung des Reichstages erforderlich." Ans Grund die scr Vorschriften soll das Reichsjustizamt sich dahin geäußert haben, die Verträge über Marokko und das Kongoland seien ohne Genehmigung des Reichstages gültig. Der Reichstag habe dieselben nur zur Kenntnis zu nehmen, könne dieselben aber nicht verwerfen oder annchmen. Zu einem gleichen Resultate kommt eine im „Verl. Tagebl." veröffentlichte Zuschrift des Professors Anschütz. Ob nun DerMennokalender aus das Jahr 1912?) Zum 62. Male tritt der Bennokalender seinen Weg zu Len katholischen Familien Sachsens an. Ueberall sucht er feine alten Freunde auf, ja sogar nach Amerika lenkt er seine Schritte, um dort seinen Landsleuten von der Schönheit des Sachsenlandes zu erzählen. Reiche Erfahrungen hat der Kalender in seinen 62 Jahren gesammelt und heute steht er vor uns, jngendfrischer als ehedem, seiner stolzen Aufgabe voll bewußt, die cr als katholischer Kalender zu erfüllen hat. Ein trefflicher Gesellschafter will der Bennokalender fein, und das ist er auch iu vollstem Maße. Von pessimisti schen Anschauungen ist der Kalender kein Freund. Er ist ein lustiger Geselle, aus seinen Augen lacht Heller Sonnen schein; er weiß, ivie gern er überall gesehen ist. Dennoch vergißt er nie seine großen idealen Ausgaben. Anläßlich des 350jährigen Bestehens des Domstiftes St. Petri in Bautzen führt uns das Titelbild die gegenwärtigen Dom- und Ehrendomherrcn mit dem hochwürdigsten Dekan Bischof Dr. Aloysius Schaefer vor. 13 Seiten Text geben die Geschichte des segensreichen Wirkens dieses Stiftes wieder. Dem großen „Arbeiterbischof" Freiherrn v. Ketteler ist aus Anlaß seines 100jährigen Geburtstages in einem vier Seiten langen Artikel und einem Vollbilde besondere Erwähnung getan. Ludwig Windthorst, dem großen Zen trumsführer der am 17. Jan. 1912 seinen 100. Geburtstag feiert, hat der Kalendermann einen Nachruf gewidmet, der in Anbetracht der nahen Reichstagswahlen von besonderer Bedeutung ist. — Zum 10. Todestage des Dr. Friedrich *> Vulag der Soxcnia-Buchdruckrrei. Dresden, Plllnltzer Straße «». S Preis SO Pf§.. kart 80 Pf. der Marokkovertrag dem Reichstage zur Beschlußfassung zu unterbreiten ist, kann man erst sagen, wenn man den ge nauen Wortlaut des Abkommens kennt. Zn den nach Ar tikel 4 der Beaufsichtigung des Reiches und der Gesetz gebung unterliegenden Gegenständen gehören unter anderen die Bestimmungen über die Kolonisation und die Aus wanderung nach anßerdeutschen Ländern, die Zoll- und Handelsgesetzgebung, die Organisation eines gemeinsamen Schutzes des deutschen Handels im Auslände, der deutschen Schiffahrt und ihrer Flagge zur See und Anordnung ge meinsamer konsularischer Vertretung, die vom Reiche ansge staltet wird, das Militärwcsen des Reiches und die Kriegs marine. Auf deu ersten Blick sollte man annehmen, daß irgend eine dieser Materien durch das Abkommen berührt werden müsse; dann aber ist es geboten, den Vertrag dem Reichstage zur Genehmigung zu unterbreiten. Es kann freilich der Vertrag auch so geschickt redigiert sein, daß man alle Zweifelsfälle ausscheidet. Zutreffend ist leider infolge unserer mangelhaften Reichs-Verfassung, daß Kolonialland nach herrschender Ansicht ohne Zustimmung des Reichstages erworben werden kann. Es darf aber ohne seine Zustim mung für diese Kolonialländer kein Pfennig ans Reichs mitteln verwendet werden. Daß dieser bestehende Zustand unbefriedigend ist, hat das Zentrum seit Jahren betont. Hierzu schreibt uns Herr Reichstagsabgeordneter Erz berger: „1905 konnte ich namens des Zentrums den Antrag be gründen, die Kolonialverfassung in der Weise zu ändern, daß die Rechte des Reichstages erweitert würden. Gegner waren die Nationalliberalcn. Hätte man diesen Zentrums- antrag durchgcführt, dann wäre heute jeder Zweifel be hoben, ob das Marokko-Kongo-Abkommen dem Reichstage zu unterbreiten ist. So bitter rächt sich heute frühere Geg nerschaft zu einem gesunden Gedanken. Aber das darf nicht davor zurückhalten, sich zu freuen, daß nunmehr auch die Nationalliberalen auf diesem politischen Gebiete die Fahne des parlamentarischen Fortschrittes entrollen Es geschah zunächst in unpraktischer und haltloser Weise, so daß der Antrag keine Mehrheit finden konnte. Wenn aber nun die Nationalliberalen den gesunden Gedanken der im verfehlten Anträge steckte, hcrausnehmen und ihn allgenrein als Ini tiativantrag einbringen — der neue Reichstag bietet hierzu genügend Möglichkeiten so ist an der Annahme desselben nicht zu zweifeln, auch wenn die „Nordd. Allgem. Zeitg." einige Ohnmachtsanfälle erleiden sollte. Ein Volk mit 65 Millionen Köpfen, seiner Tatkraft und seinem Willen kann nicht zusehen, wie die Mitwirkung seiner Vertretung in den bedeutsamsten Lebensfragen der Nation nur im — Reden bestehen soll. Es gibt eine Reihe von Kolonialfragen und solche der auswärtigen Politik, wo der Reichstag mehr sein muß als ein Tebattierklub, sondern wo Gesetzgebungsrechte im erhöhten Umfange vorznsehen sind." Tie Verhandlungen muß gewiß immer die Regierung sichren, den Vertrag muß der Kaiser abschließen, aber die Volksvertretung kann nicht ganz ausgeschaltet bleiben in Materien, die Krieg und Frieden so nahe berühren und welche Millionenausgaben im Gefolge haben können und werden. Wenn unser Volk bluten und zahlen muß, dann hat es auch ein Recht darauf, in solchen Angelegenheiten in entscheidender Weise mitzusprcchen. Diese Frage ist zur Lösung reif, es wird eine der ersten Aufgaben des neuen W. Helle setzt die Tochter des Verstorbenen dem Dichter des „Jesus Messias" ein bleibendes Denkmal. In der Jahres rundschau gibt uns der Bennokalender eine genaue Ucber- sicht über Weltereignisse des letzten Jahres bis September. In der Geschichte der beiden sächsischen Diözesen werden in einem zusanimengedrängten Bilde die Ereignisse in Kirche, Schule, Gemeinde, Vereinswesen unserer engeren Heimat aufgczählt. Vorzüglich ist der Unterhaltungsteil des Bennokalen- derS ausgestatict. Außer kleinen humoristischen Beiträgen und Gedichten bietet er zahlreiche Erzählungen. Sieben Illustrationen bringt die von tiefem Gemütslebcn zeugende Erzählung von B. Nitlwegcr „Auf halbem Wege", während die heitere Wintergeschicbte „Das Fäßchen" dem Humor auf seine Rechnung vcrhilft. „Onkel Herzchen" setzt die Lachmuskeln durch die humoristische Erzählungsweise iu Bewegung. M. in der Hellen hat den Kalender um eine hübsche Tiroler Geschichte „Die Zolleiin" bereichert. Viele hier nicht genannte Erzählungen machen den Kalender zu einem nie versiegenden Born anregender Unterhaltung. Die reiche Illustrierung vervollständigt in angenehmer Weise die vorzügliche Lektüre. - Einzig in seiner Art steht der Vennokalender in seinem statistischen Teile da. An das Verzeichnis des Kardinalskollc- gimnS, sowie der Erzbischöfe und Bischöfe Deutschlands und Lesterreichs und der Regententafel des In- und Aus- landes schließt sich das Verzeichnis der katholischen Geist lichkeit Sachsens an. Ein willkommenes Handbuch für den Kirchenbcsucher bietet der Kalender unter der Rubrik „All gemeine Gottesdienstordnnng". Unter „Umfang der katho- lischen Seelsorgebezirke" findet der Leser die zu den einzel nen Pfarrämtern gehörigen Ortschaften. Dem katholischen Schulwesen im Sachscnlande ist be sondere Sorgfalt gewidmet. Hier werden die einzelnen Reichstages sein, hier die Rechte des Reichstages zu sichern. Wenn dabei die Nationalliberalen auf der Seite des Zen trums stehen, so ist es ihm nur angenehm; sie müssen aber dann mit der törichten Anklage ä In 1906 zu Hause bleiben. Der italienisch-türkische Krieg. Es ist iu den letzten Tagen bei Tripolis der sehr inter essante Versuch mit Wurfbomben vom Flugzeug aus ge macht worden, lieber die Wirkung wird berichtet, daß Men schen wie Tiere nach allen Richtungen auseinandergestoben -seien. Sehr überwältigend scheint also die Wirkung der Wurfbomben nicht gewesen zu sein, da anscheinend nicht einer der „erschreckt fliehenden" Feinde getötet oder ver wundet worden ist. Ein neuer Angriff der Türken hat am Donuerstagmorgen stattgefnnden. Demnach befinden sich die Türken immer noch in der Offensive. Tie Pforte veröffentlicht ein Zirkular des Ministeriums des Innern, in dem Instruktionen darüber gegeben werden, wie alle bisher nur von Ottomanen gezahlten Steuern und Abgaben auf die Italiener angewcndet werden sollen. Die türkischen Behörden sollen die italienischen Unternehmun gen wie ottomanische behandeln und alle Maßnahmen, die zur Sicherung der Steuerzahlung für Ottomanen in Kraft sind, auch auf die Italiener anwendcn. Hiernach ist zum Beispiel der Verkauf von Gütern ohne Intervention des dcntschen Konsuls zugelasscn. Aus Konstautinopel wird der „Frankfurter Zeitung" gemeldet: Die Pforte erhielt aus London die wichtige Mel dung, daß von einer Großmacht in voriger Woche die An regung zu einem Kollektivschritt der Mächte bei der Türkei ausgegangen ist. Der eingetretene Szenenwechsel würde ihm nicht förderlich sein. Jeder Vernüttelungsversuch kann zur Stunde nur mit einem Fiasko der Großmächte endigen. „Agenzia Stefani" meldet: Am 1. November abends zeigten sich die Türken auf der italienischen Verteidgungs- linie, zogen sich jedoch unverzüglich zurück, ohne den Ita lienern Verluste beigebracht zu haben. Der Panzerkreuzer „Carlo Alberto" zwang die türkische Artillerie zum Schwei gen. Heute morgen eröffneten die Türken ein Feuer auf die italienischen Stellungen bei Sidi Mesri, das ohne Wir kung blieb, da die Granaten nicht explodierten. Die ita lienischen Geschütze brachten das Feuer zum Stillstände. Nach Versicherungen aus guter Quelle fehlen den Arabern Lebensmittel und Munition. Entgegen den tendenziösen Gerüchten wurden nach dem Aufstande nur Verräter und Waffenträger erschossen. Die Türken dagegen verübten gegen die Angehörigen des Roten Kreuzes Grausamkeiten, indem sic die Verletzten verstümmelten und mörderische Ge schosse unter sie warfen. Die Kriegskorrespondenten ge nießen volle Bewegungsfreiheit. In Malta ist die Nachricht eingegangen, daß alle ita lienischen .Kriegsschiffe Tripolis verlassen hätten, wie man vermutet, um in die türkischen Gewässer zu gehen. Vom türkischen Ministerium des Auswärtigen wird bestätigt, daß alle Positionen außerhalb der Stadt Tripolis von den Türken eingenommen sind. Dresden, den 3 N vembec 101' — Das Marokkoabkommen soll bis Freitagabend unter zeichnet sein. Es wird versichert, daß Deutschland in dem Lehrkräfte jeder Schule und die Schülerzahl aufgeführt. In alphabetischer Ordnung folgen sodann die Lehrer und Lehrerinnen. Der Kalender gibt Aufschluß über die Orte mit katholischem Religionsunterricht. Wer einem katholi schen Vereine beitreten will, findet jeden Verein aufgeführt mit Adresse des Vorstandes wie der Mitgliederzahl. Das Verzeichnis der Messen und Märkte vervollständigt den statistischen Teil des Bennokalenders. Ueberall sucht er, wie er seine Leser befriedigen kann. Das alphabetische Hciligenverzeichnis kommt bei der Suche nach Tauf- oder Firmnamen zu Hilfe. Weiter ist noch zu nennen: der Post- nnd Telegraphcnverkehr, die Mass- und Gewichtstabelle, die Zinsdivisorentafel, Sätze für die sächsische Einkommen steuer, Trächtigkeits- und Brütekalender. Fleißige Rätsellöser finden auf Seite 243 ein Bilder rätsel, für dessen richtige Lösung wieder eine stattliche An zahl Büchcrprämicn ausgesetzt ist. Der Ausweis über die Ueberzahlungen des Kalenders zeugt von der Mildtätigkeit der Kalenderleser, sind doch nicht weniger wie 743,68 Mark an Ueberzahlungen geleistet worden. An der Spitze mar schiert wiederum Leipzig. Der unermüdliche Herr Prälat Juhr allein hat 528,22 Mark an den Verlag abgekührt. Sollte das nicht auch in anderen Städten möglich sein? Lieber Leser, liebe Leserin, wenn der Bennokalender 1912 an eure Türe klopft, dann öffnet ihm, er wird euer Freund und Berater im ganzen neuen Jahre bleiben. Keine katholische Familie sollte ohne Vennokalender sein. Dem Bennokalender aber geben wir hiermit das Geleit auf seine Reise. Möge er seine Leser ebenso zufriedenstellen, wie es seine Vorgänger getan haben und auch über die Grenzen hinaus seine alten Freunde aufsuchen und neue Leser zu gewinnen suchen. —x