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3S.Iahrg Verlagsort Dresden. ilajelgenprelse: dl« tspaltlge 27 mm breite Jelle 8 Vkg.« sür k?amllienan;elgen b Plg Für Platzwllnlche linnen wir lelne EewShr trist«». Erscheint « mal wSchenlllch. Monatlicher Bezugsprel, durch TrSger «inlchl. N Pf«. bzw. <0 Psg. TrSgerlohn 1.70; durch dl« Post l-7« «lnlchllebllch Vostllberwellung,gebühr, zuzüglich »6 Psg. Post-Bestellg-ld. klnzelnummer 1« Pfg, dl« Sonnabend-, Sonntag- UN» Festtagnummer 20 Psg. Nummer 138 Süchflsche volksMuns SchrlsNettniig: Dreien-»., PoNerstr. 17, Ferinus 207U ». -101- TeichSltostelle, Druck und Verlag! Eennanta Buchdrucker«! und Verlag LH. und <L. Winkel, Polkrstrost« 17, Fernrus -101-, Postscheck: »k. 1010, Bank: Stadtbaul vreode» vr. «7S7 Dienstag, IS. Juni 193« Im Fall« von höherer Gewalt, verbot, elnlretender Betrledn» slörungen hat der Bezieher oder Werbunglretbend« tetn« <l» sprach«, soll» dl« Zeitung in beschränktem Umlange, sersptllet »der nicht erlcheint. — TrsüNungsort Dreoden. — — — Schacht Wer deutsche Sandetspotitik Erklärung vor -er „Wir warten nicht auf das internationale Kapital" Athen, 15. Juni. Anlässlich seines Besuches In Athen emp fing Reichs!,anstpräsident Dr. Schacht am Sonntag die Vertreter der griechischen und ausländischen Presse in seinem Hotel. Der Neichsdanlipräsident erklärte, dass sein Rcisezwcck durchaus un politisch sei: er verfolge auch nicht, wie einzelne Zeitungen be hauptet hätten, eine Wirtschastsosfensive auf dem Balkan. „Aus meinem Besuch geht deutlich hervor, dass ich keinerlei politische Absichten verfolge, welche Griechenland gegenüber auch gar nicht notwendig sind. Die Beziehungen zwischen Griechen land und Deutschland sind immer die herzlichsten gewesen, und ich kann mir gar keine Differenzen vorstellcn, die uns zu Grie chenland In Gegensatz bringen könnten: denn schon seit je haben geistige und kulturelle Beziehungen zwischen beiden Ländern bestanden.* „Der internationale Kapitalismus hat sich selbst zerschlagen, der Versailler Vertrag hat die wirt schaftlichen Beziehungen zwischen den Nationen zerstört. Wir in Deutschland sind daran gegangen, uns aus eigener Kraft zum Aufbau zu entschliessen und auf das internationale Kapital zu verzichten; wir werden auch aus das internationale Kapital nicht warten. Ich bann nur wünschen, dass andere Völker das gleiche tun möchten. Da die alte Wirtschaftsform nicht mehr funktionierte, hat Deutschland neue Grundsässe ausgestellt. Wir kaufen nicht mehr, als wir bezahlen können und als ivir gebrauchen. Das hat einen grossen Wandel hervorgerufen und den Handel in neue Bahnen gelenkt. Besonders sind neue enge Beziehungen griechischen presse zu Südamerika und Südosteuropa entstanden. Das ist alles keine Hexerei: keine politische Ueberlegung spielt dabei eine Nolle, sondern die einfache Notwendigkeit. Wir sind heule Griechenlands bester Kunde. Grossen Auf schwung hat die Abnahme von Tabak erfahren. Da ivir grosse Mengen von Tabak abnehmen, sind die Tabakpreise gestiegen, und besonders der mazedonische Bauer hat davon ausserordent liche Vorteile. Wir können nur bei Ihnen Kausen, wenn Sie bei uns kaufen. Bei aller bestehenden Freundschaft haben wir keine Mittel zur Bezahlung zur Verfügung: unsere Mittel l l e g c n n u r i in E x p o r t. So ist es eine absolut wirtschaft liche Notwendigkeit, auch bei uns zu kaufen, um den grossen Saldo, der zu Griechenlands Gunsten in Deutschland besteht, abzutragen. Es ist natürlich, dass diese Fragen bei unseren Besprechungen mit dem G"iwerneur der griechischen Notenbank erörtert wurden. Ich kann Ihnen keine Einzelheiten angeben, aber versichern, dass wir den Problemen nicht ausweichen, son dern diese in einer für beide Teile befriedigenden Weise mei stern. Es ist zwischen uns eine grundsätzliche Absprache erfolgt: beide Banken befinden sich in ununterbrochener Verbindung und bemühen sich gegenseitig, den Absatz zu fördern und zu er leichtern. In diesem Sinne wurden die Gespräche geführt, die auch zur misslichen Verwendung des griechischen Guthabens füh ren werden und auch für die Zukunft die Hoffnung offen las sen, eine befriedigende Abdeckung des Saldos zuzulassen." Zum Schluss äusserte sich Dr. Schacht in herzlichen Worten über die-Aufnahme, die er in Griechenland gefunden habe und endete mit den besten Wünschen für das Wohlergehen des Lan de». Baldige Aufhebung -er Sanktionen? Vor einem Stellungswechsel Englands London, 15. Juni. Nach bestellenden Anzeicl-cn zu schliessen, tritt die britische Aussenpolitik in dieser Woel>e in einen ent scheidenden Abschnitt ein. Presse und Oesfentiichkeit seien mit grosser S;mnnung der K a b i nc t t s s I ss u n g a m Mittwo ch entgegen, auf der aller Voraussicht nach die gesamte aussen politische Lage und besonders die Frage der Sanktions» Politik besprochen werden wird. Die führenden Blätter — mit Ausnahme der Times, die sich in Stillschweigen hüllt — rechnen nunmehr bestimmt damit, dass sich die Ütegicrung für baldige Aushebung der Sühnematznahmen gegen Italien entsch)eiden werde. Mehrere Zeitungen betonen nach wie vor, dass im Kabinett noch starke Meinungsverschiedenheiten vor handen seien und dass möglicherweise mit einem Rück tritt des Aussenministers Eden gerechnet werden könne. Diese Gerüchte werden jedoch in halbamtlicl>en Ver lautbarungen als unzutreffend bezeichnet. Der diplomatiscl)« Mitarbeiter des der Regierung nahe stehenden Daily Telegraph meldet, dass sich die Minister über dis Hauptziele der brilisck-en Politik einig seien. Diese Ziele seien die baldige Beendigung des „Sanktionsexperiments" und die Erneuerung der Zusammenarbeit mit Italien in der euro päischen Politik. Massgebend für diesen Entschluss seien: Der Misserfolg der Sanktionspolitik, die Befürchtung eines unsicheren Zeitabschnitts in Frankreich und die von Mussolini in seiner Unterredung mit dem Daily Telegraph am 27. Mai aligegebenen Versicherungen. Di« britischen Minister, so heisst es iveiter, seien mehr und mehr überzeugt, dass England cs ans sich nehmen müsse, dem Völkerbund die Aufhebung der Sühnemassnahmen vorzuschlagen. Die am kommenden Montag zur Erörterung der Dardanellcnfrage in Montreux zusainmeiiirclende Konferenz der Mittelmeerstaatcn werde sich wahrscheinlich durch die Rück kehr Italiens in das „europäische Konzert" auszeichncn. Die konservative „Morningpost" begrüsst die augekündigte Aufhebung der Sühnemassnahmen sehr. Jedermann könne selien, dass der Völkerbund an der abessinischen Frage gesäieitert sei und dass sich di« kollektive Sicherbeit als <>'"e in-^urchiühr- bare Sache erwiesen habe. — Die liberal« „News Chrouicle" bctont, dass Edens Freunde im Kabinett und in der Presse über Baldwin und Neville Chamberlain entrüstet seien. Selbst wenn Eden mit dem Rücktritt drohen sollte, werde sich jedoch die Ansicht Chamberlains durchsetzen. Zwei Mittiar-err für Kriegsveteranen Zn USA hat -le Auszahlung des „Veteranen-Vonus" begonnen Newyork, 15. Juni. Mit dem Montag beginnt die vor wenigen Monaten vom Kongress über das Veto des Präsiden ten Roosevelt hinweg verfügte Ausschüttung der Bonuszah lungen an die ehemaligen Kriegsteilnehmer. Seit Wochen haben Hunderte von Regierungsangestclltcn in Washington an den Vorbereitungen gearbeitet. Es waren grosse technische Schwierigkeiten zu bewältigen. Insgesamt 3 517 0N0 Veteranen erhalten ihre Dienstentschädigung voll ausgczahlt, obwohl dies ursprünglich erst 1015 erfolgen sollte. 2 «70 514 Briefumschläge, enthaltend Bonuszcrtisikate und Schecks im Werte von 1,0 Milliarden Dollar, mussten vorbereitet werden, andere werden folgen, da noch nicht alle Veteranen Antrag aus Auszahlung gestellt haben Wenn sämtliche Anträge erledigt sind, werden ungefähr zwei Milliarden Dollar zur Auszahlung gelangt sein. Dio Zahlungen an einzelne Veteranen schwanken zwischen 00 und 1500 Dollar, der Durchschnitt beläuft sich auf 650. 200 000 dieser Veteranen erhalten Arbcitslosenun- terstühung, aber der Vetcrancnverband ist so einflussreich, dass die Regierung es nicht wagen würde, angesichts der Bonusaus zahlung die Arbeitslosenunterstüssung herabzusetzen oder zu un terbrechen. Um die Postämter und Banken vor dem Riesenandrang zu schützen, wurden überall in den Kasernen der Nationalgardc Schalter eröffnet, wo die Veteranen ihre Zertifikate einjösen können. Die Inslalionisten erhoffen von der vlötzlichen Milliarden- auszahluug eine Belebung der Wirtschaft, was jedoch von der Regierung bezweifelt wird, da ein grosser Teil des Geldes wahrscheinlich in der Form von Sparguthaben in die Banken wandert. Reue schwere Muhen in Palästina London, 15. Juni. Nach Meldungen aus Palästina ist es auch am Sonntag zu schweren Unruhen gekommen. In einem grossen Mietsgebäude in Haifa, in dem viele britische Familien wohnen, ereignete sich eine gewaltige Explosion. Ein Araber wurde unter dem verdacht, einen Bombenanschlag verübt zu haben, verhaftet; er wird voraussichtlich auf Grund des neuen Sabotagegesetzes zum Tode verurteilt werden. Menschenleben sind durch die Explosion nicht gefährdet worden. Schweres Unwetter in der Rhön l Todesopfer Erfurt, 15. Juni. Uel>«r der Rhön gingen am Sonntag mittag schwer« Gewitter nieder, di« woikenbruchartigen R«,zen mitbrachten. Schwerer Sachschaden wurde angerichtet. Auch ein Menscl-euopser hat das Univetter gesordert. Ein ertrunkener Alaun wurde angeschivemmt, dessen Personalien noch nicht sest- gestellt werden konnten. New Deal Den rückwärtsblickenden Propheten wird es dereinst nicht schwer satten, Stellung und Name der Epoche, in der wir leben, gültig zu umschreiben. Uns fehlt ja der zeitliche und räumliche Abstand, um entscheiden zu können, welche von den heutigen Umwelterscheinungen und Bewegungen dauerhaft und welche zeitgebunden ist, welche in die Zu- kunst weist oder aus der Vergangenheit zu uns hereinragt. Dass das „Mittelalter" vorüber war, entdeckte man erst, als ein neues Zeitalter sich bereits abwärts entwickelte, und ob die „Neuzeit" mit dem Sturm auf die Bastille be gonnen hat oder erst mit dem Friedensdiktat von Ver sailles, das wird man in einem Jahrhundert vielleicht in den Schulbüchern lesen. Eines aber glauben wir Leben den mit unerschütterlicher Gewissheit zu spüren, dass wir in einer Wende stehen, wie sie höchstens einmal im Rhythmus des Jahrhunderts sich vollzieht, und dass aus den ewigen Geburtswehen einer sich ständig erneuernden Welt wieder ein neues Antlitz der Menschheit ans Licht drängt. Es ist nur allzu menschlich, die Vielfältigkeit der Erscheinungen vereinfachend auf Formeln zu bringen und das eigene Ord nungsbild auch in andersartige, eigenständige Erschei nungsformen hineinzutragen. Wir müssen daher, um etwas Gemeinsames auszusagen, aus die Triebkräfte und Erundelemente zurückgreisen und nach dem gemein samen Erleben suchen, aus dem die gemeinsame Hal, tung entstehen kann. Ein Rundblick durch die Welt erweist, dass fast überall die Negierungen, die Staaten, die Völker nach neuen For men suchen, dass sie einen „dlow cteal", eine neue Vertei lung der Kräfte und Ordnungen suchen. Das geschieht mit dem Ziel teils der Ueberwindung, teils der Konservie rung überkommener Erundanschauungen, die in der Schule der Erfahrungen schwer erschüttert worden sind. Bei den einen werden all diese Bestrebungen unter der grossen Ver einfachungsformel „Kampf gegen den Faschismus" zu sammengerafft, und da man damit nicht einen bestimmten Staat oder ein bestimmtes System, sondern eine Reih» vielgestaltiger Erscheinungssormcn meint, jo bedeutet es die stillschweigende Anerkennung, dass irgendeine Umwer tung auf grosser gemeinsamer Front im Gange ist. Dabet ist es ganz unwichtig, ob die beliebte Formel von der Ein heitsfront der Demokratien die verschiedensten demokra tischen Stadien und Formen umschliesst, und ob die Faschismen neben- oder gegeneinander stehen und in demo kratischen oder autoritären Ländern in Erscheinung treten. Die Grenzlinien gehen hier vielfach muten durch die Völker hindurch, ja mitten durch ihre Stände, Konfessionen, Regie rungen, sie kennzeichnen keinen tatsächlichen Zustand, son dern eine innere Haltung zu den Dingen, die man, wiederum grob vereinfacht, als individualistisch und organisch bezeichnen kann Der Einzelne und die Gemein schaft, die Freiheit und Bindung, individuelle Selbstver wirklichung und planvolle Einordnung sieben einander als lebendige Antithesen gegenüber, gleichen sich an oder schal ten einander aus, ;e nach den Formen, in denen die Synthese versucht wird. Indem der Liberalismus den Kult der Per sönlichkeit bis zur Vergötterung trieb, wurde aus geistiger Freiheit die Willkür, indem er die Massen aus alten Bin dungen erlöste, ohne sie organisch neu zu ordnen, wurde an der Volksordniing eine proletarische und klassenkampserischs Massenbewegung, auf deren Schultern die politischen Kon- junkturerscheinungen des pluralistischen Massensiaares ent standen. Gegen diese Bewegung von unten nach oben, die ein.vielfach verfälschtes Spiegelbild der echten Volksord nung war, erstand teils in bewusster Antithese, teils in der Ausweglosigkeit einer akuten 'Notlage die umgekehrte Be wegung, die von dem Führerwillen einer Elite oder eines einzelnen auf die Masse ausströmte und diese Masse orga nisch neu zu ordnen bestrebt war. Während das individua listische Massenprinzip seiner Natur nach Volks- und Staatsgrenzen als zeitgebundene Erscheinungen zu über springen suchte und geistige und politische QuerverKindun- gen schuf, die vielfach stärker waren als die organischen Bindungen historischer und blutsmässiger Gemeinschast, so konnte der autoritäre Gedanke nur vom Staat oder vom Volk her eine Neuordnung vorbereiten. Gegen das Zeit alter der internationalen treten die nationalen Bewegun gen an, deren Ausschliesslichkeitsstandpunkt der vielfältige Kontrapunkt des extremen slaatsverneinenden Individua lismus war. Dieser Kampf ist, mehr oder weniger sicht bar, in allen Kulturländern der Welt im Gange, teilweise auch schon entschieden, und er bietet ungeachtet der Ver schiedenheit der Kampfparolen den Schlüssel zum Verstände nis der grossen geistigen, sozialen und ökonomischen Kris« unserer Zeit. Ein lehrreiches Beispiel bietet die Wirtschaft. DeH Weltkrieg hatte erwiesen, wohin es führt, wenn eine Welt» wirtschaft ihre Querverbindungen für wichtiger hielt al« di« einzelne» nationalen Belang«, wie es einem Bott ««