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Freitag. «r. S8. SS. Juli 1853. Erscheint Dienstags und Freitag«. Zu beziehen durch alle Postanstal- ten. Preis pro Quart. 10 Ngr. Weißerih-Ieitung. Inserate werden mit 8 Pf. fik die Zeile berechnit und in alle» Expeditionen angenommen. Ein unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger und Landmann. Verantwortlicher Redakteur: Earl Zehne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. Altenberg, am 27 Juli. Seit Kurzem haben wir uns eines seltenen Kunstgenusses zu erfreuen. ES giebt nämlich Herr Schauspiel-Director Stein mit seiner durchaus tüchtigen Gesellschaft Vorstellungen, welche nicht allein von hiesigen, sondern auch von auswärtigen Theaterfreunden fleißig besucht werden. Leider ist Herr Stein zu bedauern, daß er hier nur mittelmäßige Geschäfte macht, und seine Rechnung oft schwerlich finden wird; dies liegt aber weniger in dem Mangel an Kunstsinn deS hiesigen Publikums, als in den jetzigen Zeitverhältnissen, wo Viele durch die Heuerndte, welche bei der diesjährigen unbestän digen Witterung öfters bis in die sinkende Nacht hinein dauert, abgehalten werden, das Theater zu besuchen. Ein anderer Grund liegt aber auch in dem hohen Preise der Lebensmittel, da der Arbeiter seinen ganzen. Lohn zu Beschaffung des Lebensunter haltes verwenden und daher derartige Kunstgenüsse entbehren muß. Demohngeachtet aber giebt es sowohl hier als in der Umgegend noch Viele, welche sich durch Keines von Beiden abzuhalten lassen brauchen; möchten daher diese die jetzige Gelegenheit fleißig be- nutzen, sich einen genußreichen Abend zu verschaffen, denn nicht immer werden den Bewohnern kleiner Städte derartige Kunstgenüsse geboten. Dresden, 25. Juli. Von der königlichen Lotte- riedirection in Leipzig wird infolge der immer mehr sich steigernden Nachfrage nach Loosen der sächsischen Landes lotterie und der Thatsache, baß die Collecteure deren nicht so viel erhalten konnten als ihr Bedarf gewesen, eine abermalige Vergrößerung der Lotterie beabsichtigt. Der zur 45. Lotterie jetzt herausgegebene Plan macht ersichtlich, daß die Zahl der Loose abermals um 6000 vermehrt und auf 46,000 gebracht worden ist; die Einnahme und Ausgabe erhöht sich demzufolge auf 1,696,600 Thlr. Die wesentlichsten Veränderungen hinsichtlich der größern Gewinne betreffen die Er höhung des zweiten Gewinnes in 2. und 3. Classe um je 1000 Thlr., die sonach dann 2000 Thlr resp. 3000 Thlr. betragen, und in 5. Classe die Vermeh rung der Gewinne zu 5000 Thlr. um 6, der zu 2000 Thlr. um 10, der zu 400 Thlr. um 50 und der zu 200 Thlr. um 100. DaS Verhältniß der Gewinne und Nieten ist unverändert geblieben, so daß eS 23,000 Gewinne und ebenso viel Nieten giebt. In den ersten 4 Classen sind die Gewinne um 200 vermehrt und betragen je 1800, in der 5. Classe aber giebt es dann 15,800 Gewinne, 2200 mehr als frü her. Die Gewinne I. Classe betragen nach dieser neuen Einrichtung 48,600 Thlr., 2. Classe 68,100 Thlr., 3. Classe 90,000 Thlr., 4. Classe 115,200 Thlr. und 5. (Haupt-) Classe 1,373,200 Thlr. Eine anderweite Folge dieser Vergrößerung wird auch die Errichtung mehrerer neuer Hauptcollectionen sein. Freiberg, 23. Juli. Die gestern hier stattge habte Gedächtnißfeier der vor dreihundert Jah ren in unserer Stadt erfolgten Beisetzung deS bei SieverShausen gefallenen Kurfürsten Moritz von Sachsen ist in der würdigsten Weise vor sich gegangen. Der Himmel selbst begünstigte dieselbe: freundlicher hatte die Sonne lange nicht geleuchtet auf unfern Bergen. Nachdem bereits früh von 5—6 Uhr von allen Kirchen der Stadt Glockengeläute er tönt hatte, versammelte sich nach 8 Uhr der Festzug, welcher sich kurz vor 9 Uhr nach dem Dome in Be wegung setzte, und zwar in folgender Ordnung: 1) eine gegen 650 Mann starke Parade von Berg- und Hüttenleuten, deren Musik den bekannten Anacker'- schen Trauermarsch spielte; 2) ein Theil der ver schiedenen Corporationen und Innungen mit ihren Fahnen; 3) die Geistlichkeit; 4) die verschiedenen Behörden und Autoritäten (darunter Herr Oberberg hauptmann v. Beust und der GarnisonScommandant Oberst v. Nostiz-Drzewiecki) und übrigen Festtheil- nehmer der Stadt und aus andern Orten, worunter Se. Ercellenz Herr Staatsminister v. Beust und Se. Ercellenz Herr wirk!. Geh. Rath I)r. v. Langenn; 5) ein anderer Theil der Corporationen und Innun gen mit ihren Fahnen und 6) zum Schluß eine Ab- theilung Militär. Als der Zug an der Kirchgasse ankam, schwieg die Musik und das Glockengeläute beö Domes begann. Im Dome selbst war der die kurfürstliche Begräbnißkapelle verdeckende hohe Altar weggenommen und durch einen bloßen Altartisch er setzt worden, das Denkmal des Kurfürsten selbst aber geschmackvoll durch um dasselbe angebrachte Festons und Guirlanden geschmückt, und dabei waren Ehren wachen von Berg- und Hüttenknappschaftsältesten, Militär und Communalgarde aufgestellt. DaS Ganze der Dekoration war ein Werk deS Herrn Professors Heuchler, der auch bei dieser Gelegenheit bewiesen hat,- wie ihm sein natürlicher und vielfach geübter Sinn für schöne Formen treu geblieben ist. Die kirchliche Feier selbst erfolgte ganz nach dem bereits mitgetheilten Programme. Nicht ohne tiefen Ein druck blieb die Predigt des Herrn vr. Hoffmann — sie wird zur verdienten Oeffentlichkeit gelangen — und die Arie „Wie sie so sanft ruhen rc." vom Bürgersingverein am Monument des Kurfürsten Mo ritz vorgetragen. Nach dem Schluffe des Gottes dienstes zerstreuten sich die Festtheilnehmer; doch blieb der Dom und die Begräbnißkapelle dem Publicum