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72. Jahrgang. ->s 34 Gegründet 185k Drahtanschrift: Nachrichten Dresden Fernlvrecher-Sammelnummrr: 2V 241 Nur für Nachtgetoräch«: 20 011 <No,„„c-lAosliikir v°"> >«- bi» st. Januar isrs bet >S,I. iwemialtaer 8uNelluna ftei Lau» >.! L)egugsoi2)e0llyl Pottbe»ua,vrei« für Monat Januar s Mark odne Postzuttellunasaebilbr. «tn,»l»u««er 10 Piennia Dt» Anzrtaen we Anzeigen-Preise: W°n l.»u Mk. werden _ au»wärt» «u nach tSoldmark berechnete bte einwattta« so mm breite — - ^ ,d Stelle aiikerkald rv Psg Famitienan,eigen und Stellengesuche ohne die W mm breite Aektamezetle «x> Psa., äüsterdaIb 25<>4!a."6sierienaebüiir",nPia. Ausw. ÄuitrSge gelten!§orausbe>al>l«, ab?g! Frettag- 20. Januar 1928 Echrtstleitung und HauvtseschSstslleller Marienktrah« 3S 42 Druck u. Berlaa von Liepich ck «eichardt in Dresden Postscheck-Konto 1068 Dresden Nachdruck nur mii deutlicher Quellenangabe l.Dr»»dner Nackr."> ullSIftg. Unvertangic Schriststücke werden nicht ausbewabrt. pl.utuniuin ' 7?? ^..:. Isrßen Lonnsdenc» vsrslkcksktr-^bsn^ kuropskok ^sclsn I^aekimittag S Olir 7 ?;i?:Lrr» '77'7"77 Gröner der Bertrauensmann Hindenbnrgs. Politische Bedenken der Rechtsparteien. - Aber sie fügen sich dem Reichspräsidenten. Warum Gröner Wehrminisker wurde. iTraht Meldung unsrer Berliner Schristlettung.s Berlin, 1!). Januar. Tic Ernennung des neuen Reichs- wchrministers hat vielfach überrascht, weil man allgemein doch damit gerechnet hatte, baß bis zur Bestellung eines Nachfolgers für den scheidenden Tr. Gehler nvch einige Zeit vergehen würde. Eine Beantwortung der Frage, welche Gr linde für die rasche Entschließung der maßgeblichen Stelle, also des Reichspräsidenten v. Hindenburg, in Be tracht kamen, ist daher nicht ohne Interesse. Der Reichs präsident ging zunächst von dem Standpunkte aus, daß das einzige Machtinstrument, das uns durch den Versailler Friedeilsvertrag verblieben Ist, doch zu wertvoll sei, als daß es zu in Zankapfel der Parteien werden dürste. Bei dieser Erwägung wurde auch nicht außer acht gelassen, daß llaßbalgcrcicn um die Besetzung eines Ministeriums, die im parlamentarischen Snstem ja leider zu einer all täglichen Erscheinung geworden sind, in diesem Falle schwere Gefahren in sich geborgen hätten, weil sic den Gegnern der Wehrmacht aus der sinken leicht hätten Ge legenheit bieten könne», der Verwirklichung ihrer Ziele näherznkoininen. Einen Streit um die Frage, welche der Ne gier,ingspartcicn den berechtigteren Anspruch auf das Mehr- lllillisscriilm habe, wollten nicht nur der Reichspräsident, sondern auch die Regierungsparteien selbst vermieden wissen. All das veranlaßte den Reichspräsidenten zum schnellen und entschlossenen Handeln. Zu diesen Gründen traten aber noch solche, die mehr militärischer Natur sind. Tie Verdienste, die sich Tr. Gcßler um die Reichswehr erworben hat, werden durch die Fest stellung nicht verkleinert, daß der aus dem Justiz- und Ver waltungsdienst kommende Parlamentarier die Arbeit, für die ihm das deutsche Volk hohen Tank zollt, nicht hätte leisten lonncn, wen» er nicht in dem General v. Seeckt einen Heiser von allerersten Qualitäten gefunden hätte. Mit seinem Abgang verlor das Reichswclirministerium den überragenden militärischen Fachmann. Mit dem jetzt erfolgten Scheiden Tr. Geßlcrs wäre diese Lücke vergrößert worden, wenn an die Spitze des Ministeriums ein Parlamentarier hätte treten sollen, der sich langsam und mühselig in die militärischen Dinge erst hätte einarbciten müssen. Ter Vorschlag, dem Wehr- ministerium als Leiter einen Fachmann zu geben, der in jahrzehntelanger militärischer Arbeit herangcreift ist, wurde daher vom Reichspräsidenten begrüßt. Daß seine Mahl ans den General Gröner siel, ist darin begründet, daß der Reichspräsident den General Gröner persönlich kennt und schätzt, daß er ihn nach seinen Leistnngen in jeder Hinsicht zur Leitung des Wchrministe» rinmS geeignet hält und daß er glaubt und hasst, dast Gröner, ähnlich wie sein Vorgänger, sür lange Zeit wird Mehrministcr sein können, ohne das Geschick wechselnder Kabinette teilen zn müssen. Schließlich glaubte der Reichspräsident bei der Wahl Gröners damit rechnen zu können, baß sich die Parteien von rechts bis links mit ihm ohne Protest abfinden würben. Von den Parteien haben sich allerdings die Rechtsparteien, ins besondere die D e u t s ch n a t i o n a l c V o l k S p a r t e i mit der Ernennung GrönerS nur zögernd einverstanden erklärt. Hier für ist ein Grund der, daß der neue Wchrminister durch sein Perhaltcn in früheren Angelegenheiten den Absichten des nativ- nalen Bürgertums zuwider gehandelt hätte, und der andere, daß inan sürchtc, er könnte im Kabinett sozusagen den „L inks ruck" darstcllcn. Reichspräsident v. Hindenburg hat diese Be denken jedoch nicht als so gewichtig angesehen, um sich durch sie von der Eriicnnuiig GrönerS abhalten zu lassen. Ter neue RcichSwchrministcr wird, diese Zusage hat er dem Reichspräsi denten gegeben, die Reichswehr in dem Geiste leiten, den der Reichspräsident wünsch«, im Geiste -er Vaterlandsliebe und -er Pflichterfüllung. in einem Geiste, der kein Geist der Parteien ist. Kenn daher heute die Linkspresse den Glauben anSspricht. dass Gröner der Mann ihrer „Reformen" sei. dast er ans der Reichswehr etwas anderes als eine „geistige TraditionS- kompagnie des alten Staates" machen werde, so wird sic sich gewiß enttäuscht sehen. Auch die Befürchtung, daß unter GrönerS Mitarbeit im Ncichskabinett etwa die Interessen der Landwirt. schaft zu kur, kommen könnten, die insbesondere von den landwirtschaftlichen Kreisen der Dcutschnationalen Volkspartci gehegt wurde, dürfte nach dem, was über die von dem neuen Wehrminister dem Reichspräsidenten v. Hindenburg ge gebenen Zusagen bekannt wird, nicht begründet sein. Nach diesen Zusagen soll der neue Ncichsmchrniinister bei seiner Mitwirkung an den allgemeinen Kabincttöarbcite» eine Haltung einnehmcn, die als wohlwollend sür die landwirt schaftlichen Interessen angesehen werden kann. Eine Erklärung -er Deulschnalionalen stellt dennoch ausdrücklich fest, dast sie sich mit der Ernennung GrönerS nicht einverstanden erklärt hätte«. Es heißt darin: „Es sind Bedenken politischer Art geltend gemacht wor den. Die Ernennung erfolgt aber nach der Verfassung durch den Herrn Reichspräsidenten aus Vorschlag des Reichskanzlers. Die deutschnatlonale Reichstagsfraktion erkennt das Recht des Herrn Reichspräsidenten, gerade aus dem Gebiete der Wehrmacht selbständige Entschließungen zu fassen, in vollstem Maße an. Das entspricht der zuletzt in der Entschließung vom 7. Dezember festgclcgten grund sätzlichen Auffassung von der Bedeutung der Stellung des Reichspräsidenten Im Sinne des Führergcdankcns. Da Herr General Gröner der Mann des Vertrauens des Herrn Reichspräsidenten ist. stellt die Partei ihre Bedenken zurück." Auch die Fraktion der Deutschen Volkspartei hat dem Reichskanzler durch ihren Vorstand das Befremden der Deutschen Volkspartei über Gröners Ernennung zum r Qttustratlous-'Lrntral». Generalleutnant a. D. Gröner. Ausdruck bringen lassen. Aber auch sie hat sich mit der vom Reichspräsidenten getroffenen Entscheidung abgefunden, zumal der Reichspräsident selbst erklärt hat, daß er die von der Volkspartci vorgebrachtcn sachlichen Einwendungen als nicht stichhaltig bezeichnen könne. Die Parteien legen sich im übrigen in der Beurteilung des neuen WchrministerS noch Zurückhaltung auf, da sie erst seine programmatischen Erklärungen, die er im Reichstag bei Beratung des Wehretats abgcben wird, abwarten wollen. ES kann für den neuen Wehrminister leicht sein, die Be denken, die auch jetzt noch gegen ihn gehegt werden, zu zer streuen. Das deutsche Volk wird von seinem verehrten Reichspräsidenten jedoch annehmen könne.:, daß seine Hand, die viele Jahre lang deutsches Land vor dem Feinde schützte und die jetzt seinen Ausstieg leitet, keinen Fehlgriff getan hat. Und so möge in Bewußtheit seiner Verantwortung der neue Wehrminister sein Amt so führen, wie es den Lcbensintercssen der deutschen Ration entspricht. Gröner beim Reichspräfi-enlen. Berlin, 19. Jan. Der Herr Reichspräsident empfing heute nachmittag den ncnernanntcn ReichSwehr- minister Gröner. Mllkel-eulschland. Der sächsische Ministerpräsident Hclbt hat in seinem Referat auf der Länderkonferenz auch die mitteldeulschc Frage, die in den Beziehungen zwischen Reich und Ländern ein Kapitel für sich bildet, kurz gestreift, um durch die von Preußen beliebte Behandlung dieser Frage zu zeigen, wie wenig Rück sicht der führende Bundesstaat auf die berechtigten Interessen der anderen Länder, und in diesem Falle besonders Sachsens, zu nehmen pflegt. Die um den Begriff Mitteldeutschland gruppierten Wirtschaftsbelange sind so bedeutsam, daß die Ausschüsse der Länderkonferenz an der Erörterung und gründlichen Durchprüfung auch dieses Problems nicht werden vorübcrgehen können. Die moderne Wirtschaft strebt nach großen einheitlichen Produktionsbczirken. Durch Fusionen werden vor allem die Rohstoffe Eisen und Kohle bis zum End fabrikat erfaßt und auf dieser Grundlage sogenannte Wirt- schaftsprovinzen geschaffen, d. h. im Konkurrenzkampf verhält nismäßig selbständig dastehende Gebiete, die wenig mehr auf fremde Betriebe angewiesen sind. Es ist allgemein bekannt, wie Hüttenbctriebe sich Zechen anglicdern, wie sie selbst die Versorgung mit elektrischer Kraft und ihre Erzeugung für weite Gebiete übernehmen, wie sie Walzwerke an sich an schließen und auch die Verarbeitung der hauptsächlichsten Nebenprodukte der Kohle in eigener Regie vornehmen. So entstehen immer mehr Hochburgen im Wirtschaftskampfe, die sich mit allem wesentlichen selbst versorgen. Solche großen Wirtschaftsprovinzen müssen natürlich kleine und kleinste poli tische Grenzen, die ohne jede Anpassung an die umfassenden Bedürfnisse ausgedehnter einheitlicher ProduktionSgcbiete verlaufen, als schwere Hemmungen empfinden. In ähnlicher Lage befindet sich die Wirtschaft des mitteldeutschen Gebietes, das eine natürliche Produktionseinhcit bildet, lieber die inneren Zusammenhänge und die Größe des mitteldeutschen Wirtschaftsgebietes, das den Freistaat Sachsen, die Provinz Sachsen sowie Thüringen, Anhalt und Braunschweig umfaßt, sind im Aufträge der Leipziger Handelskammer eingehende Studien gemacht worben. Von Rohstoffen ist sür Mittel deutschland besonders die Braunkohle wichtig, auf der in zu nehmendem Tempo eine neue deutsche Großindustrie entsteht, die für bte deutsche Gesamtwirtschast ebenso bedeutsam zu werden verspricht wie die rheinisch-westfälische Steinkohle. Auf der Braunkohle beruht u. a. die große chemische Industrie, die in gewaltigem Ausmaße sich in Mitteldeutschland ent wickelt hat. Daneben ist Mitteldeutschland einschließlich Sachsens daS erste Gebiet Deutschlands sür die verarbeitende F-ertigindustrie. Es ist daher auch kein Zufall, daß die Leip ziger Messe ständig einen so hervorragenden Rang behauptet hat, sondern das liegt daran, baß sie bas große industrielle Hinterland hatte mit der Textilwaren-, der Spielwaren- und der Holzwarenindustrie. Ferner hat ein großer Teil der Metall industrie, die von erheblicher Bedeutung für die deutsche Aus fuhr ist, in Mitteldeutschland seinen Sitz. Von den gesamten gewerblichen Betrieben Deutschlands befinden sich IS Prozent in Mitteldeutschland. Unter dem Druck dieser wirtschaftlichen Zusammenhänge ist die mitteldeutsche Frage im Vorjahre der Gegenstand mehr facher bemerkenswerter Kundgebungen gewesen. Zunächst führte der Landtag der Provinz Sachsen eingehende Verhand lungen über die Beseitigung innerstaatlicher Schranken im mitteldeutschen Wirtschaftsgebiet, und im Anschluß daran hielt der Landeshauptmann der Provinz Sachsen, Geh. Regierungs rat Dr. Hübener, zwei vielbeachtete Reden über dasselbe Thema und gab außerdem eine Denkschrift, betitelt „Mittel deutschland auf dem Wege zur Einheit", heraus. Zu Ende des Vorjahres fanden bann diese verschiedenen Beleuchtungen der Frage lebhaften Widerhall in der Leipziger Stadtverord netenversammlung, und zwar vom besonderen Standpunkte Sachsens und Leipzigs aus, auf Grund eines Dringlichkeits- antrageS, der aus die Notwendigkeit einer einheitlichen Vcr- waltung des mitteldeutschen Gebietes mit seinem Mittelpunkte Leipzig hinwies und den Rat beauftragte, dafür zu sorgen, daß die Leipziger Bevölkerung bei der Neugestaltung der Ver waltung dieses Wirtschaftsgebietes von vornherein im Sinne der ReichSverfassnng entscheidend Mitwirken könne. Bei der Besprechung des Antrages kam deutlich die Befürchtung zum Ausdruck, daß Sachsen und Leipzig bei den preußischen Be- strebungen zur Schaffung einer mitteldeutschen Verwaltungs- cinhcit beiseite geschoben werden sollten, und daß man von preußischer Sette darauf anögehe, die wirtschaftlichen Verhält-