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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-09-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110904014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911090401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911090401
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-09
- Tag 1911-09-04
-
Monat
1911-09
-
Jahr
1911
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Bezug». Preis !ür Letp»ta m»d Biort« d«rch uni«« Triiaer »«» Eoediteure 2 in al ti glich ,n, Kan» gebracht: « PI. monatl.. i.7i> Mk. viärkliädrl. Lei unl«rn gtltalen u. Ln- nahmeftelle« abaebeU: 7S Pf. «oaatl., r.»«l. Mertelstihrl. »nrch »t« Post: innerhalb Dentlchland» und der dentlchen Kolonien vierteljahrl. SSV Mk., monatl. >.A» Mk. aunlchl Polidekellaeld Ferner in Belgle», Läneinark. den Donauftaaren. Italien. Luremburg. Niederlande. Nor wegen, Leiterreich-Ungarn, Ruhland. Schweden. Schwei» n Spanten. In allen übrigen Staaten nur btrekr durch die Eelchätteftell« des Blatt«, «rhältlrch. Moraen-Ausgabe. MpnM Tag Malt Ta, Leipziger Tageblatt «rlcheint Staat täglich. Sonn» u. Feiertag, nur morgen». Adonn«ment,.Annahm«' 2ohanni»gnli« 8. oei unleren Trägern, Filialen. Lpeblteuren und Unnahmellellen, sowie Pokamrern und Brielträgern. f 14 6S2 lNachtanIchlntzi Tkl.-Anschl.t 14 693 l 14 894 Handelszeitung. Sel.-Änjchi. 14 892 iNacht-nIchl-hl 14 693 14 694 Amtsklatt des Rates und des Nolizeiamtcs der Stadt Leipzig. M. 245. Manisg, ürn -l. September ISII. Anzeigen-Preis i»r Inserate au, Leipzig und Umgebung di« lsoaltige Petitzetle 25Ps., dieNeklame» »eile l Mk. von auswärts llli Ps„ Reklamen l-D Mk..' Inserate von Behörden im amt. lichen Teil die Petttzetl« SU Pf. tveschästsanzeigen mit BlaUvorschrtsten u. in der Abendausgabe im Preis« erhöht. Rabatt nach Tarif. Beilagegebühr Gelami. ouslage ä Mk. p. lausend erk». Postgebühr. Terldeilage höher. Fellerteilt« Auftrage können nicht zurück, grrogen werden Für da» Erscheinen an bestimmten Tagen und Plasten wird kein« Garantie übernommen. Anzeigen. Annahme: Iohanniogall« 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen. Expeditionen des In- und Auslandes. Truck und Verla, »oa Fische» ch Niirfte, Inhaber: Paul Nitrite». Redaktion und Geschäftsstelle: Iohannisgals« 8. Saust-Filiale Dresden: Leestraste st. l (Telephon st<>21>. >05. Istzrgang. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 12 Seiten. Das Wichtigste. * Die Ruhestörungen in Nordfrank reich dauern weiter an. (S. Ausl. u. Letzte Dep.) " Der Streik der LissabonerLa st träger ist beendet. sS. Letzte Dep.) * Zn Baden-Baden gewann die Badener Prince of Wales Stakes Mons. Lazards „Jmrack" und die Grotze Badener Handikap-Steeple-Chase Mons, de Mumms „Tauserie", (S. Sport.) Nautilus lyll. Wenn ein so gross und doch in den Einzelheiten so präzrs und knapp angelegtes Werk wie der „Nau tilus" schon zum 13. Male hat erscheinen können, so ist damit der Beweis geliefert, dag das Werk sich gut eingebürgert hat, und das; die Kreise, für die cs berechnet ist, sich immer mehr erweitert haben. Das; man sich offiziell gegen die Auffassung verwahrt, die Ausführungen des „Nautilus" seien als eine Wiedergabe der Ansichten unserer amtlichen Stellen anzusehen, ist eine Vorsichtsmassregel, die begreiflich ist. Gleichwohl weih jeder, der den „Nautilus" §ur Hand nimmt, daß dem Herausgeber amtliches Material in weitem Umfange zur Verfügung steht, und datz deshalb das Werk sich, soweit Angelegen heiten der Kriegs- und Handelsmarine in Frage kommen, mit Recht den Ruf der größten Vollständig keit und Zuverlässigkeit erworben hat, zumal cm reiches und wertvolles Material, das vielfach zer streut ist, hier übersichtlich gesagt erscheint. Der im Reichsmarineamt sitzende Bearbeiter des „Nautilus" hat diesmal die politische Umschau wesentlich knapper als sonst gehalten. Wenn der wirtschaftlich-technische Teil neben den üblichen Uebersichten über die Lage der Handelsflotten auch eine gedrängte Darstellung der Weltwirtschaftslage gibt, so wird man eine solche Bereicherung des In- balts an sich sehr gern begrüben, Voraussetzung ist aber dabei, das; die in dieser Uebersicht verwendeten Zahlen auch richtig und vor allen Dingen ver gleichbar sind. Hieran hapert es aber manchmal. Wenn die Differenzen der angegebenen Ziffern gegenüber den amtlichen Veröffentlichungen anderer Ressorts auch nicht immer bedeutend und wesentlich sind, so bleiben es doch immer Differenzen, und diese mutzten sich auf alle Fülle vermeiden lassen. Eine sehr treffende Bemerkung macht der Her ausgeber über unseren Eetreidehandel und damit über unsere ganze Zoll- und Wirtschaftspolitik. Er gibt folgende tabellarische Uebersicht (die im Original noch üeigefügten Ziffern der Getreide-Ein fuhr nach Grotzbntannien können hier nutzer Be tracht bleiben): Einfuhr in das deutsche Zollgebiet 1908 1909 1910 Weizen . . . 2 090 544 2 433 098 2 343 742 Roggen . . . 347 264 274 722 389 508 Gerste . . . . 1985 628 569 860 3 000 624 Hafer . . . . 299 804 527 941 457 721 Mais . . . . 699 887 707 021 573 126 Mristliche Kunst im Mittelalter. Vm Prof. Dr. Georg Graf Vitzthum (Leipzig).* *) Das Mittelalter ist das goldene Zeitalter der christlichen Kirche. Es bildet auch den Höhepunkt in der Entwicklung der christlichen Kunst. Das Ver hältnis zwischen Kirche und Kunst ist das innigste, das sich denken lässt. Die Kirche bedurfte der Kunst, um ihre Wirkung auf ein noch stark im Sinnlichen lebendes Geschlecht auszuüben, die Vorstellungs- und Gefühlskreise, aus denen Kunst erwachsen kann, waren durchaus von der Kirche bestimmt. Sie, die die Fühlung mit der Antike niemals verloren hatte, ward antcr den jungen germanischen Nationen zur Schöpferin einer neuen Kultur, in der sie mit wunder- oarer Weisheit Ererbtes und Neuartiges, antike Form und nordische Phantasie, zu verweben verstand, und in der sich alles Len Grundideen des Christen tums unterzuoronen hatte. Die mittelalterliche Kunst ist der reinste Spiegel dieser Kultur. Sie löst sich vom uralten Mutterboden der Mittelmeerlünder und findet ihre Heimat unter Franken und Deutschen. Sie tritt scheinbar in schroffen Gegensatz zur Antike. Und doch ist sie auch in ihren abweichendsten Gebilden nicht ohne Zusammenhang mit dieser zu denken; wächst sie doch in einem organischen Entwicklungsprozetz aus der frühchristlichen Kunst heraus. Triebkraft der Metamorphose ist die germanische Phantasie; diese ober ist durch die Kirche aus die christliche Dor- stellungswelt gerichtet. Alle Inhalte der Kunst sind christlich. Und die Formensprach« des Mittelalters als notwendiger Ausdruck dieser Inhalte ist christlich, indem sie entsteht. Wer den Glauben hat an den lebendigen Zusammenhang aller Erscheinungen der Welt, an die Bedingtheit des Materiellen durch das Geistige, der kann kaum etwas Beglückendercs er leben. als die Entwicklung der christlichen Kunst im Mittelalter. Denn alles in ihr ist Leben und alles in Ordnung, alles ist organisches Wachstum, alles durchgeistigte Form. Die Architektur spricht hier .im deutlichsten. Wie von der schlichten Basilika der irühchristlichen Zeit Schritt für Schritt die Ent wicklung sich vollzieht zu den Wunderbauten der gotischen Kathedralen, da» ist einer der ergreifendsten Vorgänge der Weltgeschichte. Wir mögen diesen dem soeben erschienenen oortressltche» lttnsthislorischcn vilbcraNo» .(christliche Kunst im Bild«"', der a» über 1.'» Al' bilduugen aus !X» Kunstdruclioseln ihre gesamte Entwicklu'i, non de» ältesten Zeiten bi« zur Gegenwart »orfiibrt und leir sinnig erläutert. Verlag von Quelle t Meyer in Leipzig. Ausfuhr aus dem deutschen Zollgebiet 1908 1909 1910 Weizen . . . 265 277 209 784 281 307 Roggen . . . 594 528 650 544 825 169 Gerste . , . . — — — Akais .... 459 435 300 283 436 795 — " - — Die Ziffern bedeuten hier Tonnen zu je 1000 Kilogramm, und „Nauticus" sagt dazu: Bemerkens wert erscheint an dieser Uebersicht, datz Deutsch land für Getreide mehr und mehr zum überwiegenden Ausfuhrland wird, eine Folge der sog. E i n s u hr s ch e i n e. Die Steige rung der Gersteeinfuhr nach Deutschland darf auf die starke Zunahme der Gerstefütterung zurückgcsiihrt werden. Das ist in kurzen Worten eine sehr scharfe Ver urteilung des durch das Gesetz vom 27. April 189t geschaffenen Systems der Getreideeinfuhrscheine. Die preissteigernde Wirkung der Getreideeinfuhr scheine, die schon in der Denkschrift des Reichskanzlers vom 19. März 1910 zugegeben werden mutzte, ist damit, wenn man den offiziösen Ursprung des „Nauticus" berücksichtigt, regierungsseitig zum zweiten Male zu gegeben. Es wird also eingeräumt, datz die Einsuhrscheinc zugunsten einer verschwindenden Minderheit von Grotzgrundbesitzern der Allgemeinheit das notwendigste Lebensmittel, das Brot verteuern. Die weitere Bestimmung, wo nach man bei der Einfuhr von Getreide und anderen Waren, die bei der Ausfuhr von Getreide erhaltenen Einfuhrscheine zur Zollzahlung verwenden kann, mutzte obendrein, wie auf liberaler Seite stets her vorgehoben worden ist, bei den Importeuren eine starke Nachfrage nach Einfuhrscheinen Hervorrufen. Tatsächlich werden denn auch diese Einsuhrscheinc gcwissermatzen börsenmötzig gehandelt und wirken so gleich einer Getreideauszuhrprümie. Der „Nauti cus" deutet dies auch an, indem er von sogenannten Eetreidceinfuhrscheinen spricht. Leider aber hat „'Nauticus" unterlassen, aus seiner durchaus rich tigen Bemerkung die Konsequenzen zu ziehen, näm lich die, eine Beseitigung des Systems der Getreideeinfuhrscheine zu fordern. Aber auch so bleibt die Betrachtung über die ausfuhrfördernde Wirkung der Einfuhrscheine ein sehr wichtiges Ein geständnis, auf das die Regierung »in Reichstage ge bührend aufmerksam gemacht werden wird. Wenn der Bearbeiter des „Nauticus" die Steigerung der Gersteeinfuhr auf die starke Zunahme der Gerstefüttc- rung zuriickfiihrt, so ist das wohl richtig, er hat aber vergehen, den eigentlich treibenden Grund dafür an zugeben und das ist der, datz das Einfuhrschein system den Gerstcnpreis wesentlich unter den Hafer preis hinabgedrückt hat. Auf die Weise wird die Haserausfuhr hoch prämiiert und die Gersteeinfuhr billiger, was naturgemäs; Angebot und Nachfrage bei diesen Getreidcsortcn stark beeinflussen mutz. Von Futtermitteln, die vom Auslande cingeführt werden, kennt „Nauticus" nur Mais, alles was an Kleie, Malz, Oelkuchcn, Oelfriichten, Hülsenfrüchten, Reis, Buchweizen usiv. cingeführt worden ist. und das sind im Jahre 1910 über 4 Millionen Tonnen gewesen, ignoriert „Nauticus" einfach. Ein weiterer Mangel ist der, das; die Ziffern der Welternte schätzung, die „Nauticus" mitteilt, mit denen der Weizcnproduktion in den Hauptländern nicht vcr glcichbar sind. Die ersten Zahlen sind nach Tonnen angegeben, die anderen nach Quarters. Da „Nau ticus in einer Anmerkung richtig sagt, ein Quarter sei gleich 2,909 Hektoliter, so liegt die Annahme nahe, das; er die Tonnen als Matztonnen oder als Raumtonnen ansieht, während sie tatsächlich Ge wichtstonnen sind. Besser als diese Angaben sind naturgemätz die Abschnitte, die sich auf die Kriegsflotte be ziehen. In einem besonderen Artikel behandelt „Nauticus" die Entwicklung des modernen Kampf schiffes und die Aufgaben, die sich daraus für den Schiffbauer ergeben. Zwei weitere Aussätze geben einen Ueberblick über die technischen Fortschritte im Torpedowesen und die Entwickelung des U n t e r w a s s e r s ch u tz e s der Kriegsschiffe gegen die Torpedos. Ein Aufsatz über die Binnen schiffahrt führt speziell in dieses Gebiet ein und erörtert die wirtschaftliche Stellung der Binnen schiffahrt in Deutschland. Hier vermisst man ein Eingehen aus die Frage der Schissahrtsadgaben. Sehr instruktiv geschrieben ist der Aufsatz über Bau und Betrieb eines modernen Frachtdampfers. Auch die Artikel über den Verbrennungsmotor und die Funkentelcgraphie sind interessant und gemeinver ständlich geschrieben. Der Aufsatz über die Arbeits verhältnisse und Arbeitsbedingungen auf Len .Kaiser lichen Wersten wird besonders den Sozialpolitiler interessieren. Herr von Tirpitz wird, wenn im nächsten Reichstage beim Morineetat aus diesen Artikel Bezug genommen werden sollte, nicht be streiten lönnen, datz sich im Nahmen der verfügbaren Mittel dort noch manches bessern lässt. Jin stati stischen Teil ist besonders das militärische Material durch eine Uebersicht über das Artilleriematerial aller Marinen erweitert, und bei der Liste der Kriegsschiffe der qrötzeren Seemächte sind Angaben über Torpedokaliber, Turbinensysteme und Brcnn- ülvorrat hinzugekommen. Als 'Nachschlagewerk über Deutschlands See interessen wird somit auch der neue Jahrgang des „Nauticus" als eine wertvolle Bereicherung der Literatur angesehen werden können. Die lostslücmokrstilche kunü- gevung. 3. Berlin, 3. September. Glühender Sonnenbrand über der Reichshaupt stadl. Man sucht aus der Stratze die Schattenseite und langt doch schon heitz am Rliigbahnhof an. Am Potsdamer Bahnhof, etwa um 11 Uhr, treffe ich einen Zug mit fast noch leeren Wagen. Kurz vor der Haltestelle Schöneberg sicht man den sostulocmo- kratischen Abgeordneten Ledebour mit Zugehörigen von der Grotzgörschenstratze her anmarschiercn. Der Schöneberger Bahnhof ist voll von Menschen. Meistens sind es junge Männer, ordentlich gekleidet und in Feicrtagsstlinmung. Mit dem gewohnten Humor erträgt man die Ueberfiillung der Abteile. Auch ein Soldat ist in das Abteil gedrängt; er hält sich für sich, wird auch in keiner Weise behelligt und verlässt bei einer der nächsten Stationen ton Wagen. Von dem Balkon eines Schöneberger Hauses jenseits des Geleises winken mehrere Männer in gleich mässiger Tracht dem mit Demonstranten ge füllten Zuge zu. „Die sollen man lieber mit kommen", meint einer meiner Fahrtgenossen; ein anderer begütigt: „Sie sind aus einem Kranken haus." Und jo ist es; die Kranken schicken ihre Grütze ... Die Unterhaltung im Coup»', geht von einem Gegenstand zum andern. Ob jetzt Papier, brachen siegen? Ja, man mutz nur ordentlich laufen, lvenn sie erst hochgesticgen sind, bleiben sie oben; wie der erste Löhnungsappell beim Militär war; ob die Bebauung des Tempclhofer Feldes, an dem mir vorbeifahren, schon begonnen habe, und so fort. Prozetz betrachten, wie wir wollen: rein formal als die Veränderung eines orchitettnonischen Typus aus den konstruktiven Bedingungen des (praktisch, zur Vermeidung der Brandgefahren wünsckienswerten) Gewölbebaues unter wachsenden Anforderungen räumlicher Weite, oder kulturpsychologisch als ein Fortschreiten von seelisch gebundener, am Material haftender, im Fühlen wie im Können wuchtig- beschränkter Gestaliung zur höchsten Freiheit allseitig entbundener, der Erdenschwere loser, Gefühle über weltlichen Daseins bergender Erscheinung — immer gewinnen wir ein Bild notwendigen Geschehens, bei dem aus einem Geistigen heraus eine formale Voll kommenheit entstanden ist. Der zwingenden Logik dieser Entwicklung stellt sich dos enge Wechseloerhältnis der Künste an die Seite. Hierfür ist nichts bezeichnender als die Eigenart der mittelalterlichen Plastik. In ihr ist der Gegensatz der christlichen Kunst zur antiken am schärfsten aus geprägt. Nach fast völligem Erlöschen in der früh christlichen Zeit erstrahlt sie nun wieder — doch in ganz neuem Licht, sie ist nicht mehr Führerin der Künste, sondern allseitig abhängig. Sie tritt in den Dienst der Architektur, iirdem sie sich dem von ihr ent wickelten Gerüst der Kirchenfassade anpaht und in Reliefs und Freifiguren historischen oder symbolischen Gehaltes den umfassenden Sinn des Archilekturwerks, des christlichen Gotteshauses, zum Ausdruck bringt. Stilistisch aber nähert sie sich der Malerei, d. h. sie verzichtet von vornherein darauf, wie es ihr Wesen eigentlich erforderte, den einzelnen Körper nach seinem festen und gesetzmässigen Bestände darzustcllcn. sondern sie gibt notwendig Gestaltenzusammenhänge und begnügt sich, die einzelne Form in allgemeinen Umrissen, in einer mehr zeichnenden als modellieren den Weise wieder,zugeben. Di« Malerei behalt also wenigstens unter den darstellenden Küirsten die Führerrotte, die ihr schon in der friihchristl»ck>en Zeit zugefallen war, nur unter liegt auch sie unter den Anforderungen der neuen kirchlichen Gesinnung und unter den Bedingungen der neuen Architektur wesentlichen Veränderungen, sie entfernt sich mehr und mehr von der antiken Malerei, die doch immer die leibhaftige Erscheinung wieder zugeben versuchte, und wird zu einer abstrakten Zeichensprache, die nicht ein Abbild der Natur, son Lern ein« Verbildlichung geistiger Begriff« sein will — der Reflex einer Gedankenwelt, die in der Ab straktion von den natürlichen Verhältnissen der Dinge. in willkürlichem spiel mit Begriffen, in der Um deutung alles Wirklichen zum snmbol geistiger Werte bij an die Grenze des Möglichen ging. Grotze Bild- svsteme werden konstruiert, di« nur auf Grund theo logischen Wissens oder mit Hilfe der beigegebenen In schriften zu verstehen sind. Die Buchmalerei, bei der die Verbindung des Gedanklichen mit dem Anschau lichen am engsten ist, gewinnt di« Führung, und so wird auch die Formensprache bald wesentlich Kirch die Federzeichnung des Schreiberkünstlers bestimmt. Für das monumentale Wandgemälde biedet die Architektur in fortschreitender Auflösung der Flächen bald keinen Raum mehr; an seine Stelle tritt das farbige Glasfenster. Die Glasmalerei aber drängt ihrem Wesen nach zu ornamentaler Gestaltung und setzt das ihr zur Darstellung überlieferte Gedanken system in ein reich umrahmtes Bildsystem um. Zu gleich ergründet sie zwischen Architektur und Malerei einen Bund von unlösbarer Festigkeit. Denn die farbenstrahlenden Flächen, die in die weiten Fenster öffnungen der gotischen Kathedralen cingejpannt sind, erhöhen noch den Reiz des Geheimnisvoll-Mystischen, den die noch ragenden Räume erwecken, und lassen die Grenzen dieser Räume in unbestimmtem Farben dämmer sich lösen. So ist die mittelalterliche Kuirst nicht nur ihrem Inhalte nach christlich, sondern sic ist auch in ihrem ganzen Wiesen ein Symbol der christlichen Welt anschauung des Mittelalters, die in der Durch- qeistigung des Materiellen und in dem Aufgehen des Individuellen in eine ideelle Gemeinsamkeit ihr Wesen finde». Zn einer vollen Entfaltung der Kunst konnte cs unter diesen Bedingungen freilich nicht kommen. Dazu gehört, datz die schassend« Persönlich keit frei werde, und datz die ganze Erscheinungswelt ^genstaild ihres Schaffens sei. Di« Renaissance erst hat den entichcidenden Schritt hierzu getan. Kunst unü DMenlchaft. * Professor Böckmanns Künstlerjubiläum. Der Senior der Dresdner Musikerwclt. Professor Böck- mann, beging dieser Tage unter grotzen Ehrungen der gesamten deutschen Künstlerwelt sein öOjähri- gcs Jubiläum als Mitglied und berühmter Cellist des königlichen Kunstinstituts. D-'.r zurzeit etwas lei dend« Jubilar, der einzige noch lebende Schüler des berühmten Cellisten Friedrich Kummer, empfing an seinem Jubel- und Ehrentage, an dem er gleichzeitig Der Zug hält in Treptow, alles strömt aus den Wagen in den Park, und über die Spreebrücke strömen die Futzgänger; es ist ähnlich wie ein ge schlossener Zug, aber doch nicht völlig: man hat der Polizei versprochen, datz man weder in geschlossenen Zügen kommen noch aehen werde, es ist einfach eine grotze, sich ziemlich rasch heranwälzende Volksmenge. Am Einaanq des Parkes hält eine Frau 'Nelken feil; sie hat röte und gelbe, aber nach den gelben haben die Ankömmlinge kein Verlangen. Auch ein paar Händler mit Etzwaren halte»» au den Wegen, eine Seltertrinkhalle wird gestürmt. Ordner mit schmalen roten Binden an Len Armen stehen zur Seite: sic haben wenig zu tun; „1. und 0. Bezirk Niederbarnim gerade aus", so hört inan gelegentlich. Nur wenig Schritte und wir sieben auf dem Dcr- sammlungsplatz. Es ist ein weites Oval; in unregel mässiger Weise springen Baumgruppen bald vor, bald treten sie mehr zurück. Merkwürdig, wie schön frisch und saftig sich das Gras erhalten hat. Noch flutet die Menge hin und her, aber es beginnen sich feste Kerne um die mit rotem Tuch bezogenen breite» Podien zu bilden, die zur Ausnahme der Versamm lungsleiter und der Redner bestimmt sind. Man steht oder lagert fick». Scherzworte fliegen hin und her: „Du bist Bczirksführer. hol man Bier" usw. Auch ertönt schon der Ruf nach dem Samariter. Mancher mag eindruseln und wird erst durch den Ruf geweckt: „Aussiehen. Betten machen!" Auch hier wieder eine militärische Erinnerung! Auf die Tribüne vor mir wird nun ein älterer Herr heraufgezogcn: siehe da, es ist Ledebour von der Grotzgörschenstratze. „Er sieht aus wie ein Dorfschulze", meint einer in miner Nähe. Trompeten ertönen, es ist ein Uhr. Auf der Tri büne erhebt sich ein Bezirkswürdenträgcr und erklärt regelrecht die Volksversammlung für eröffnet. Er mahnt die Menge, in der gleichen Ordnung abzumar schieren, wie sie angckommen ist. kein Hoch auszubrin gen und überhaupt sich strikt an die getroffenen Ver abredungen zu halten. Aus der Menge ertönt zu stimmendes Bravo. Als erster Referent erhält W u r m das Wort. Zum Protest gegen den Kapita lismus, so ungefähr beginnt er. haben wir uns ver sammelt; man will das arbeitende Volk hinführcn auf die Schlachtbank, um es zu opfern den Profit interessen des Kapitalismus. Wir höre»» weiter, was der Kapitalismus seiner Natur nach tut und tuen mutz: er wird international und zugleich patriotisch. Später nennt der Redner ausdrücklich Marr und zitiert von ihm ei»» kräftrges Wörtlein. Pfuirufe er tönen, wem» von» Hinschlachten des Volkes die Rede ist. Ei»» flau machender Artikel der „Hamburger Nachrichten" wird zur Aufdeckung der wahren Motive der Kricgsfreundc verwcrtet; den „Hamburger Nach richten" wird das kaum recht sein. Der Feind sitze nicht autzer den» Lande, so lautete der Schlug, sondern iin Lande; der Kampf gegen diesen Feind, dein Kapi talismus, werde der» Frieder» bringen. Während der Red« entsteht neben mir Bewegung: init einem leise»» Wehruf sinkt ein junges Mädchen um; di« Männer bemühen sich um sie und führen sie von» Platz. Auch ich wende mich jetzt, ohne Herrn Ledebours Referat abzuwarten, von der Tribüne »vcg, der Mitt« des Raumes zu. Sie verdient, auch wegen der brütenden Hitze, den Namen eines Foyers. Während von den Seiten aus der ganze Platz wie ein Menschenhaufen erscheint, sieht inan jetzt, datz neben den festen Kernen, Lie sich an Len zehn Tribünen zu sammengeballt haben, noch recht viel freier Platz bleibt. 50—70 000 Mensche»» mögen im ganze»» erschienen sein, doch ist die Schätzung von Volks masse»» sehr schwierig. Di« Anteilnahme ist nicht überall so grotz, wie in der Nähe der Tribünen. Es nach mehr als 50jührrgcr Künstlertätigkeit in den wohlverdienten Ruhestand »rar. in seinem, in einen Blumeuhain uingewandelten Tuskulum zahlreich hiesige und auswärtige Künstlerdcputationen. Als erste erschiene»» der Intendant Graf S ' e d a ch sowie der Generalmusikdirektor Geh. Hofrat v. Schuch. Graf Seebach überreichte dem Jubilar unter herz lichsten Glückwünsche»» ein Königliches Dekret, das die Ernennung des Künstlers zum „Königlichen Hofrat" enthielt. Auch von zahlreichen auswär tigen Kunstinstituten, aus Berlin, Hamburg, Han nover, Breslau, Köln, Leipzig, London, Peters- bürg, wäre,» Glücklvunschadressen, Telegramme und kostoare Ehrengaben eingegangen. In bewegten Wor ten dankte der Jubilar. * Deutsche Spitzbergen.Expedition. Um die von der vorjährigen Z e p p e l i n schen Expedition begonne nen meteorologische,» Untersuchungen zur Ermittlung der Möglichkeit einer Luftschiffabrt im hohen Norden jortzusctzen, ist ein« neue deutsche Expedition aufge brochen: sie besieht aus den» Assistent«»» des »neteoro logischen Dienstes ii» Elsas; Lothringen, Dr. E Rcmpp, und Dr. Wagner; ersterer wird sich mit meteorologischen Beobachtungen befassen, letzterer erd magnetisch« Untersuchungen vornehmen. Die Dauer der Beovbachtungen ist zunächst auf ein Jahr fest gesetzt, doch ist nicht ausgeschlossen, datz noch eine zweite Ueberwinterung erfolgen wird. Di« Station wird, wie „Petermanns Geogr. Mitt." berichten, wahr- scheinlich in der Nähe des amerikanischen Kohlen bergwerks an der Adoentbai errichtet werden. /X Die Nesormations-Gedächtnishalle in Schmal talden wird von allen Thüringer Fürsten unterstützt werden. Wie jetzt gemeldet wird, ist die erste Sen Lung vom Herzog von Cumberland eingetroffen. Das Porträt stellt Ernst den Bekenner, Herzog zu Braunschweig »ntd Lünedura, dar und ist «ine aus gezeichnete Kopie des im Besitz des Herzogs von Cumberland befindlichen Originals von Holbein. Eine andere Gaoe wird demnächst vom Grotzhrrzog Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar eintreffen, welck^r di« Bilder der Kurfürsten Johann d«v De ständigen und Johann Friedrich des Erotzmütigen zu stiften zugesagt hat. Wie noch in Erinnerung sieben dürfte, ist auch die alte Luther-Stube in der Stadtkirche nach einer von dem Lutherforscher Super intendenten Obstielder vor einigen Jahren vorgenom * menen Neueinrichtung seitdem wieder zugängrg. Si« I enthält «ine äutzerst wertvolle Sammlung von 147 I seltenen Drucken.
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