Volltext Seite (XML)
' ui<) TegMU. Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Braud. «ermttvortlicher Redakteur: Iuliu« »«>> i« Freiberg B- Erscheint jeden »ochemag Rachmilt. ^Mlhr für den E Mv 1 ,U/U !! andem Tag. vM:» zwetmomÄich 1M. 50 Pf. and einmanatlich 75 W. 41. Jahrgang. —————— Donnerstag, den S. Juli. Inserate verdm bi- Bormtttag 11 men xnb betrügt ber drei- sür bie ader deren Raum 15 IM«. Die Industrie der Freiberger Gegend, u. Die Erzeugung der fiskalischen Hütten an Schwefel säur e n verschiedener Sorten, sowie an Oleum und Anhydrid betrug nach den Mittheilungen deS Königlichen Oberhütten amtes zu Freiberg 1887: 297332 Ztr. (gegen 267 980 Ztr. in 1886) nn Werthe von 489 758 M. (gegen 513 073 M. in 1886). Die Verkaufspreise für alle Schwefeisäuresorten find im Berichtsjahre wiederum erheblich gesunken. An Kupfervitriol wurden auf der Hasbrücker Hütte 41295 Ztr. (33 963 Ztr. 1886) im Werthe von 532 752 M. (481597 M. 1886) erzeugt. Der Durchschnittspreis dieses Artikels stellt sich somit pro 50 Kg. um 1 M. 28 Pf. niedriger als 1886. Anfang 1887 betrug er 13 M. 50 Pf., fiel dann auf 12 M. und stand am Ende auf 18 M. Trotzdem, daß diese letztere Preiserhöhung ganz erheblich ist, wird durch dieselbe doch der rapiden Preissteigerung des metallischm Kupfers nur zum Theil Rechnung getragen. Die Menge der anderen von den fiskalischen Hütten erzeugten ChemikÄien (schwefel- sauresNatronundEisenvitriol)28802Ztr.ist gegen die des Vorjahres (25490 Ztr.) um 2812 Ztr. gestiegen, der Erlös dafür, 46 963 M-, aber um 2242 M. geringer gewesen. Die Produktion der fiskalischen Hütten anSchrot, Blei blechen, -Röhren, -Draht und -Apparaten be trug 1887: 40773 Ztr. imWerthe von 584088 DK, blieb somit hinter dem Vorjahre im Gewicht um 2265 Ztr. und im Werthe um 26 893 M. zurück. Der Durchschnittspreis des Zentners stellte sich auf 14 M. 32V, Pf-, also um 12V, Pf- höher wie 1886. Die Preissteigerung von Blei und Zinn hat sich in verschiedenen Fabriken fühlbar gemacht. Von zwei Freiberger Zinnwaaren-Fabriken berichtet die eine über gesteigerten Absatz im Jnlande und nach Skandinavien; nach Italien und Rußland sei die Abfuhr erschwert; im Ganzen und Großen könne man aber mit den Geschäftsergebnissen zufrieden sein. Die andere Fabrik hob den schädigenden Einfluß der hohen Metallpreise auf den Export hervor; sonst sei eine wesentliche Aenderung gegen das Vorjahr nicht zu verzeichnen.—Ein Freiberger St ei n- metzgeschäft berichtete über erfreuliche Wirkungen der regen Bauthätigkeit, gleichzeitig aber auch über eine aber malige Steigerung der Löhne. Das von einer Freiberger Firma betriebene Geschäft in Serpentinwaaren gestaltete sich etwas befriedigender wie in den Vorjahren; eine der Hauptschwierigkeiten besteht darin, daß wegen der dem Serpentin eigenen Zerklüftung tadellose, größere Blöcke selten zu erlangen sind. In Zement war das Geschäft nach dem Berichte einer Freiberger Firma bei gedrückten Preisen und etwas steigenden Löhnen im Ganzen unverändert. lieber die Lage der Seifensiedereien lagen auch aus Freiberg Berichte vor. Bei gleichen Arbeitslöhnen und zum Theil erheblich billigeren Rohmaterialien scheint der Umsatz zugenommen zu haben, wodurch einigermaßen das Sinken der Fabrikatpreise ausgeglichen wurde. So sprechen sich denn mehrere Berichte mit den Ergebnissen befriedigt aus, andere bezeichnen sie als wenigstens nicht ungünstiger wie in dem mittelmäßig guten Vorjahre. Von einer Seite wird gewünscht, daß der unreellen Fabrikation, welche zur Füllung der Seifen vielfach werthlose Sub stanzen verwende, durch gesetzliche Bestimmungen entgegen getreten werden möge. — Der Freiberger Bericht über die Erzeugung künstlicher Düngemittel lautet: „Es ist anzunehmen, daß im Jahre 1887 Produktion wie Absatz von Superphosphaten nicht zurückgegangen sind. Eine den früheren Jahren entsprechende größere Produktion hält aber vorläufig noch der stetig gestiegene Konsum von Thomasmehl hintan, obgleich dieser Artikel, wie aus den Versuchen einzelner Landwirthe hervorgeht, nur für Moor, anmoorige und kalkarme Sandböden als Universalersatz- düngemitttel, nicht aber für bessere und beste Boden verhältnisse anzusehen sein dürfte. Trotzdem dürften doch noch Jahre vergehen, ehe breitere Schichten der Konsumenten hiervon Notiz nehmen; der niedrige Preisstand der land- wirthschastlichen Produkte läßt die Landwirthe immer wieder nach dem scheinbar billigsten Ersatzmittel greifen. Für das laufende Jahr scheinen sich Aussichten auf etwas besseren Absatz zu bieten, da erweiterter Anbau von Zuckerrüben zu erwarten steht, für eine geringe Aufbesserung der Phosphat preise ist aber so gut wie kerne Aussicht vorhanden. Die Preise phosphatischer Rohstoffe, insbesondere der über seeischen, erfuhren abermals eine kleine Abschwächung, der hierdurch entstehende Verlust wurde aber durch stetiges Anziehen der Preise für Stickstoff, außer bei Chilesalpeter, welcher nur vorübergehend im Monat März durch eine plötzliche Konjunktur um ca. 30 Proz. im Kurse stieg, reich lich gedeckt, so daß wohl angenommen werden kann, die Branche habe nach langer Unterbrechung mit einem, wenn auch recht bescheidenen Gewinn gearbeitet. Die Rohphos phate haben sich inzwischen von dem Preisrückschlag durch- ;ehend erholt; schwefelsaures Ammoniak hat gegen das Vorjahr mit ca. 8 Proz. höheren Preisen eingesetzt; da edoch große Zufuhren von Chilesalpeter nach Auflösung >er bestandenen Konvention zu erwarten sind, so dürfte die este Basis des StickstoffmanteS mindestens nach beendeter Zrühjabrssaison in's Schwanken gerathen." — Der Betrieb >er llemeren Oelmühlen (Großhartmannsdorf, Kleinvoigtsberg, Müdisdorf) war im letzten Drittel des Jahres durch Wassermangel sehr erschwert und das Ergebniß dadurch beeinträchtigt. Die Preise für Leinöl singen um */s N!., für bestes Speiseöl von 30 auf 28 M., ür Leinkuchen um ca. 10 Proz. zurück. Rückvergütungen für auSgeführten Spiritus, die anderen, besonders Dresdner Brennereien in hohem Betrage jezahlt wurden, sind im Berichtsjahr weder im Kontrol- >ezirk Freiberg noch bei dem Untersteueramt Sayda gewährt worden. Ueber die Fabrikation von Essig ist auch ein Be richt aus Freiberg eingegangen, welcher den Einfluß hervor hebt, welchen die Bewegung deS Spiritusmarktes auf das Geschäft auSgeübt hat. Ein über Lie Liqnemfabrikation vorliegender Bericht aus Freiberg beschränkt sich darauf, die seit dem 1. Oktober eingetretene große Abnahme des Konsums zu bestätigen. — Die Berichte mehrerer Brauereien aus der Provinz (Wilsdruff u. s. w.) klagen über die große Konkurrenz, welche ihnen das Dresdner Flaschenbiergeschäft in ihren Absatzgebieten mache. — Ueber die Cigarrenfabri kation sind auch Berichte aus Freiberg geliefert worden, welche im Wesentlichen mit nachstehendem Bericht einer Dresdner Fabrik übereinstimmen: „Die Geschäftslage und der Geschäftsgang in der Cigarrenfabrikation haben sich gegen das Vorjahr wenig oder gar nicht geändert. Die Geschäftslage war im Allgemeinen für die Fabrikation nicht gerade günstig, sie war erschwert durch hohe Rohtabakpreise und sehr gesteigerte Ansprüche der Käufer an die Beschaffen heit des Fabrikates, denen gerecht zu werden um so schwerer ist, je mehr der Fabrikant von dem Ernteausfall, der Qualität der Tabake abhängig ist. Gute und feine Tabake aber waren und sind theuer. Der Geschäftsgang beziehent lich der Verkauf des Fabrikates bedurfte wie immer der gewohnten Mühe und unermüdlichen Sorge, um den Umsatz auf gleicher Höhe wie im Vorjahre zu erhalten. Im All gemeinen dürfte dies gelungen, eine Vergrößerung des Um satzes aber kaum eingetreten sein. Die Löhne der zahlreich beschäftigten Arbeiter haben keine Aenderung erfahren." Tagesschau. Freiberg, den 4. Juli. Der deutsche Kaiser nahm gestern Vormittag die regel mäßigen Vorträge entgegen und empfing später zur Entgegen nahme persönlicher Meldungen den Kommandeur der 4. Garde- Jnfanteriebrtgade Generalmajor von Kropff, sowie auch den Kommandeur der 2. Garde-Kavallerie-Brigade, Generalmajor Edler von der Planitz und den Chef des Militär-Reit-Jnstitut- Generalmajor von Krosigk, welcher mit der Führung der in diesem Jahre beim 3. Armee-KorpS zu bildenden Kavallerie- Division betraut worden, und den Lehrer beim Militär-Reit- Jnstitut Rittmeister v. Goßler, welcher zu den Kavallerie- DtvtsionS-Uebungen beim 3. Armee-Korps kommandirt worden ist, und noch mehrere andere Offiziere. — Wie die „Nattonal- Zeitung" in Erfahrung gebracht hat, liegen jetzt feste Bestim mungen über die Reise unsere- Kaiser- nach Petersburg vor. Darnach wird sich Kaiser Wilhelm am 13. in Kiel einschiffen und begleitet von einem Geschwader unter Befehl des Prinzen Heinrich die Fahrt antreten. Die Begegnung der beiden Mo narchen soll auf russischem Boden stattfinden. Aus Peters burg wird gemeldet, daß dort Vorbereitungen getroffen wer den, um dem deutschen Kaiser ein großes militärisches Schau spiel bieten zu können. — Auswärtigen Blättern wird von einer offiziellen Sendung des Prinzen Heinrich an die nordischen Höfe berichtet. ES soll damit Wohl gesagt werden, daß Prinz Heinrich bei seinen Fahrten auf der „Hohen- zollern" die Höfe von Stockholm und Kopenhagen als preu ßischer Prinz besuchen wird. Der Bruder des Kaisers dürfte dabei von seiner Gemahlin begleitet werden. — Der „Berl. Börsen-Zcitung" zufolge foll Prinz Heinrich demnächst zum Oberkommandeur der Marine und ein Seeoffizier zum Chef der Verwaltung an Stelle deS General von Caprivi er- nannt werdm. — Ueber den preußischen Minister de» Innern, Herrfurth, sagt die „National-Zritung": „Poli tisch ist der neue Minister tu keiner Weise hrrvorgetreten, da gegen steht ihm der Ruf eine- ausgezeichneten Verwaltung«- beamten zur Seite. Die Ausstreuungen, wonach «tue Wteder- berusung de- Herrn von Puttkamer tn Aussicht stehe, zeigen sich im Lichte der vollzogenen Thatsache als böswillige und tendenziöse Erfindungen. Dagegen kann «S nur allgemein be- srtrdtgen, eine sür daS LaudeSinteresse so wichtige Stellung nicht einem lang dauernden Provisorium, anhetmgegebeu zu sehen. Der neue Minister, 1830 geboren, hat seine Beamten laufbahn tn Westfalen begonnen; er war AuSgangS der sechziger Jahre bei der Regierung in ArnSberg thätig, von dort wurde er etwa um daS Jahr 1870 als Vortragender Rath tn daS Ministerium des Innern berufen und wurde 1880 zum Ministerialdirektor befördert; kurze Zeit darauf erhielt er daS UnterstaatSsekretariat, als sein Vorgänger, Herr v. Schlieck- mann, zum Oberpräfideute» von Ostpreußen ernannt wurde. Namentlich auf kommunalem Gebiete ist der neue Minister de» Innern thätig gewesen; hervorragend war er bei de« Zustandekommen des NothkommuualsteuergesetzrS beschäftig. Herr Herrfurth ist Vorsitzender der Prüfungskommission für höhere BerwaltungSbeamte und der ReichSkommtsfio» für Be schwerde» gegen di« Ausführung gegen da» Sozialistengesetz. Der Tattyurs zur Thronrede, mit welcher der LaÄ- tag eröffnet wurde, toird Herr» HerrsMh zugeschrte- ben und sind deren Ausführungen somit auch sür die Bestrebungen deS neuen Minister» besonder» charakteristisch." Ebenso befriedigt äußert sich die freikonsrrvative „Post". Die selbe schreibt: „Die Ernennung des bisherigen UaterstaatS- srkretärS Herrfurth zum Minister de» Innern beseitigt di« bisher bestehende Ungewißheit und die au« dieser sich er gebenden mannichfachen Kombinationen in erwünschter Weise. Wohl hat der Minister de» Innern dem politischen Partei- getrtebe fern gestanden, seine Ernennung hat daher keine so entschieden programmatische Bedeutung, wie sie der Ernennung eine- der Führer der parlamentarischen Parteien brizumeffen gewesen wäre. Gleichwohl erfüllt die Ernennung den von uns al» ein Gebot politischer Klugheit bezeichneten Wunsch der Ersetzung v. Puttkamers durch einen dem gebildeten Bürger thum in Stadt und Land sympathischen Staatsmann in nega tiver wie in positiver Hinsicht. Abgesehen davon, daß die unsererseits freilich niemals ernst genommene Frage der Wieder- berufung v. Puttkamer's damit eudgiltig im negativen Sinne erledigt ist, fehle» dem neuen Minister alle jene Eigenschaften, durch welche v. Puttkamer'» parlamentarische» Auftreten auch außerhalb der Kreise der politischen Gegner und gerade in den bezeichneten Kreisen der Bevölkerung öfter umfympathisch berührte. Auf der anderen Seite fällt für den Minister Herrfurth neben einer langen und vielseitigen administrativen Erfahrung seine erprobte Arbeitskraft und Lust, sowie da» an großen und schwierigen gesetzgeberischen Problemen bewährt« Verständntß sür organische Gesetzgebung günstig in's Gewicht. Er hat sich, wo Immer dazu sich die Gelegenheit bot, als ein Mann von durchaus gemäßigter, von jeder einseitigen Partei- färbung freier politischer Auffassung erwiesen und paßt daher durchaus in den Rahmen eines Ministeriums, welche- sich auf eine national-ltberal-konservative Mehrheit stützt. Wir zweifeln daher nicht, daß die Berufung Herrfurth'- tn da- StaatS- ministerium auch den Beifall der über da» einseitige Partei- intereffe erhabenen Politiker der national-liberalen, wie der deutschkonservativen Partei finden wird. Sie ebnet jedenfalls den Boden für die demnächst bevorstehenden Landtagswahlen in erwünschter Weise und läßt, wa- ungleich wichtiger ist, die nämliche Wirkung für die nächsten Reichstag-Wahlen erhoffen. Wie da- Kartell zuerst bei den Reichstag-Wahlen geschloffen ist, so behält eS auch seine Hauptbedeutung sür diese. Die Hauptgefahr eine- AuSeinandergehens der nationalen Parteien bei den preußischen Landtagswahlen liegt darin, daß dadurch das Zusammenwirken derselben bei den Reichst^gswahlen er schwert und zugleich in Folge eines Wahlerfolges bet jenen der Muth und damit die Chancen der Opposition erhöht werden können. Auf der anderen Seite aber ist das Be denken nicht abzuwcisen, daß die einfache Erneuerung des Wahlkartells von 1887 für den günstigen Ausfall der nächsten Reichstagswahlen verhängnißvoll werden könnte. Die Frage liegt entfernt nicht einfach und bedarf sehr ruhiger, vor sichtiger und allseitiger Ueberlegung. Indem wir uns Vorbehalten, zu gelegener Stunde eingehender aus dieselbe zurückzukommen, wiederholen wir für heute nur, daß für die endgiltige Beschlußfassung wesentlich die Rück sichten der Reichspolitik ausschlaggebend sein nüssen." —