Volltext Seite (XML)
Sächsische Elbzeitung Tageblatt für die Lie Sächsische Elbzenung enthält dir. amtlichen Bekanntmachungen VcS Stadi- rattz zu Bad Schandau, des HauptzollamtS Bad Schandau und des Finanzamts Sebnitz H e' m a t z c i t n n g für Bad Schandau und die Landgemeinden Altendorf, Goßdors m Kohlmühle, Kleingießhübel, Krippen, Lichtcnhain, Mittclndors, Oftrau, Porsch dorf, Postelwitz, Prossen, Rathmannsdorf mit Plan, Rcinhardtsdorf, Schmilka, Schöna, Waltersdorf, Wendischsährc. Druck und Bcrlag: Sächsische Elbzeitung, Alma Hieke, Inh. Walter Hieke, Bad Swnudau, Zaukcnstr. 134. Fernsprecher 22. Postscheckkonto: Dresden Nr. 33 327. Hcmeindzgirokonw: Bad Schandau Nr. 12. Geschäftszeit: wochentags 148—18 Uhr. Sächsische Schweiz Die Sächsische Elbzeitung erscheint an jedem Wochentag nachmittags 4 Ubr. Bezugspreis: monatlich frei Haus 1.85 RM. (cinschl. Botengeld), für Selbst» abholcr monatlich 1.65 RM., durch die Post 2.00 RM. zuzügl. Bestellgeld. Einzel nummer 10 NPf., mit Illustrierter 15 NPf. Nichterscheinen einzelner Nummern und Beilagen infolge höherer Gewalt, Betriebsstörung usw. berechtigt die Bezieher nicht zur Kürzung des Bezugspreises oder zum Anspruch auf Lieferung der Zcitnng. Anzeigenpreise: Der Naum von 1 mm Höhe und 46 mm Breite kostet 7 NPf., im Tcxtteil 1 mm Höhe und 00 mm Breite 22,5 NPf. Ermäßigte Grundpreise, Nach lässe und Bcilagengebührcn lt. Anzcigenprcisliste. Erfüllungsort: Bad Schandau. Ständige Wochenbeilagen: „Unterhaltung und Wissen", „Oaü Llnterhaltungüblatt", „Die Frau fpk-n im RiilÄ" und ihre Welt", „Neue deutscheIugend", Illustrierte Sonntagsbeilage: Nr. 474 Bad Schandau, Sonnabend, den 2S. Zull 1834 73. Jahrgang DeuWM will Frieden Es ist kaum verwunderlich, daß im Zusammenhang Mit den österreichischen Vorgängen sich des ganzen deutschen Volkes angesichts der entscheldungsreichen Erinnerungstage vor zwanzig Fahren starke Nervosität bemächtigt hatte, die noch verstärkt wurde durch das Droh- und Haßgeschrei einer gewissen Auslandspresse. Die auffallende Aktivität der fran zösischen Politik in den lcszien Wochen und Monaten ließ es durchaus als . möglich erscheinen, daß Frankreich den Wiener Putsch zum Anlaß von Maßnahmen nehmen würde, die bedenklich an die Vorgänge vor zwanzig Fahren erin nern. Fn ernsthaften Leitungen des Auslandes kehrte nicht nur einmal der Hinweis auf mögliche kriegerische Verwick lungen wieder, und in Frankreich wurde wiederholt das Verlangen einer gemeinsamen diplomatischen Demarche der Mächte an Deutschland verlangt. Wenn man auch nach der ganzen Lage der Dinge nicht zu erkennen vermag, weshalb sich ein solcher Schritt gegen Deutschland richten sollte, so muß man eben gewisse Fmponderabilien der öffentlichen Meinung und der politischen Tendcnzmacherei mit in Be tracht ziehen, die jede Logik politischen Denkens und Han delns ausschalten. So kritisch die Lage der europäischen Politik noch am Abend des Donnerstag aussah, so entspannt erscheint sie seit dem Bekanntwcrdcn des Briefes Adolf Hitlers an Herrn von Papen, in welchem er ihn mit einer Son- dermission besonderen persönlichen Vertrauens in die poli tische und diplomatische Geschicklichkeit des Vizekanzlers zur Entspannung der Gesamtlage und der Herbeiführung eines normalen und freundschaftlichen Verhältnisses zum deutsch österreichischen Bruderstaat betraut. Die Ausnahme, die -ie- er Schritt des Kanzlers in dem lchmergeprüften österreichi- chcn Volk gefunden Hal die Beurteiluna dieser Maßnahme n der ausländischen Presse zeigen, daß Adolf Hitler mit die- er Entscheidung ein Meisterstück staatsmännischer Klugheit und entschlossenen Handelns gezeigt hat. Deutschland hat den leidenschaftlichen Willen zum Frieden, zum europäischen Frieden, zum nachbarlichen Frieden. Es nimmt nicht, wie es in einem Teil der Auslandspresse geschieht, die tragischen Ereignisse in Oesterreich zum Anlaß weiterer Verschärfung der europäischen Lage, sondern es bietet angesichts der blu tigen Opfer, die diese Ereignisse forderten, und der Ueber- spannung der parteipolitischen Leidenschaften in Oesterreich die Hand zum Frieden und zur Versöhnung um des Volkes und aller jener Menschen willen, die den besten Witten zur Zusammenarbeit haben, aber den Weg zur Ueberbrük- kung der Gegensätze nicht finden. Wie Adolf Hitler am 3V. Funi rücksichtslos jene dunk len Kräfte und Mächte beseitigte, Io hat er auch im Zu sammenhang mit den österreichischen Vorgängen dort ent schieden durchgegriffen, wo auch nur der Schein einer Nicht achtung seiner Anweisungen Heroortrat. Damit wird nach innen wie noch außen zum Ausdruck gebracht daß in Deutsch land Politik nicht auf eigene Faust gemacht werden darf. Wir sind davon überzeugt, daß der Kanzler mit aller Festig keit dort zupacken wird, wo sich etwa noch Herausstellen sollte, daß aus Leichtfertigkeit, aus Abenteuerlust oder aus Disziplinlosigkeit die abgesteckte Linie politischer Betätigung überschritten wurde. Das ist aus innerpolitischen Gründen eine Notwendigkeit, aus außenpolitischen Gründen eine Vor aussetzung zur Durchsetzung des deutschen Lebenswillens. Hasardeure und Dilettanten haben in der Vor- wie in -er Nachkriegszeit manches Unglück über Deutschland ge bracht. Hitler hat mit seinen Maßnahmen gezeigt, daß er den eigenmächtigen Politikern gründlich das Handwerk zu legen gewillt ist Deutschlands Regierung und Volk wollen den Frie sen, wollen einen Frieden des Rechts, der Ehre und der Gleichberechtigung Deshalb darf nur der Politik machen, der hierzu ausdrücklich vom Führer berufen ist, der auf Grund seiner Lebenserfahrungen, seines Verantwortungs gefühls und der Kenntnis der politischen Vorgänge dazu be- fähigt ist. Man sagt mit Recht, daß Deutschlands Vorkriegs diplomatie nicht immer den Aufgaben gewachsen war, di« das Leben an sie stellte Das Deutschland der Nachkriegs zeit kann sich unfähige Diplomaten aber ebensowenig lei sten wie unfähige und unverantwortliche Politiker. Di« Regierung Adolf Hitler aber will den Gedanken gar nicht erst aufkommen lassen, daß Politik lediglich eine Angelegen heit des Temperaments und des großen Wortes ist. Diplo matie im nationalsozialistischen Deutschland ist Verantwort lichkeit gegen Volk und Vaterland, ist Entschlußkraft und ist politische Urteilsfähigkeit. Wenn Adolf Hitler den Vizekanzler von Papen unter Entbindung von seinen bisherigen Aemtern zum Sonderge- landten nach Wien bestimmt bat, dann bringt er damit zum Ausdruck, daß er im Fnteresse beider Völker und Europas alles tut, um den Frieden zu sichern und die Lage zu ent spannen. Er hat diese Gelegenheit aber auch dazu benutzt, um mit seinem Brief und seinem Auftrag an Herrn von Pa pen alle jene Gerüchte und ausländischen Lüaenmeldungen zu zerstreuen, die feit dem 30. Juni um die Person des bis herigen Vizekanzlers im Umlauf waren. Denn nur rück haltloses Vertrauen konnte einen solchen Auftrag rechtferti gen, der Herrn von Papen durch Adolf Hitler übertragen worden ist. Die Mission v. Papens Amtlich wird mitgeleill: Im Anschluß an das von dem Herrn Reichskanzler an den Vizekanzler vonPape,, gerichtete Schreiben vom 26. Zull 1934 hat sich der Herr Reichspräsi dent damit einverstanden erklärt, den Vizekanzler von seinem Amt als Stellvertreter des Reichskanzlers und als Saar- beaustragter zu entbinden, um ihn mit der vom Reichskanz ler vorgeschlagenen wichtigen Aufgabe eines Gesandten in befristeter Sondermifsion in Wien zu betrauen. Das Agree ment für Herrn von Papen wurde iu Wien nachgesucht. * Tiefer Eindruü in Oesterreich Das halbamtliche Organ der österreichischen Regierung, die „Reichspost" ließ ein Extrablatt mit dem Wortlaut des Schreibens des Führers an den Vizekanzler von Papen ver teilen. Das Extrablatt trägt die Aufschrift „Reichskanzler Hitler macht Frieden mit Oesterreich. Herr von Papen als Gesandter nach Wien entsandt." Es folgt sodann der vom Deutschen Nachrichtenbüro verbreitete Wortlaut des Schrei bens. Im österreichischen Rundfunk wurde in regelmäßig > gen Abständen von einer halben Stunde der Wortlaut des Schreibens wiederholt. Dieser entscheidende Schritt des Führers zur Entspannung der Lage und zur Wiederher stellung normaler und freundschaftlicher Beziehungen hat in allen Bcvölkerungskreisen das größte Aufsehen erregt. Nach ! der lähmenden Spannung und der maßlosen Erregung der ! letzten Tage geht es wie ein Aufatmen durch das ganze i österreichische Volk. Ueberall hört man Stimmen laut wer- j den: Frieden mit Deutschland. Frieden mit unseren Brü- , dern jenseits der Grenze. Der Beschluß des Reichskanzlers wird in den leitenden I diplomatischen Kreisen ausnahmslos als die entscheidende Tak von der größten Tragweite sowohl für die Beziehungen zwischen Deutschland und Oesterreich als auch für die ae- I samte europäische Lage beurteilt. Ueberall wird die Auf fassung laut, daß damit eine entscheidende Wendung einge- tretcn ist und daß der Entschluß des Führers im wirklichen Interesse der beiden deutschen Staaken liegt. Die Ernennung von Pupens zum Gesandten In Wien wird überall mit der größten Genugtuung ausgenommen, da die Persönlichkeit Papens nach einer gerad- in nationalen Kreisen vertretenen Auffassung die volle Garantie sür eine Erfüllung der ihm vom FiMer gestellten Aufgabe bietek. Das Extrablatt -er „Neichspost" wurde von mehreren Flugzeugen in Kärnten und Steiermark über den wenigen noch vorhandenen Kampfgebieten in zahlreichen Exemplaren abgeworfen. Die Negierung hofft, daß damit eine sofortige Einstellung der Kampfhan-luno n erreicht werden wird. Reuter berichtet aus Berlin, daß Hillers bemerkens werter Schritt zur lleberzeugung der Welt von Deutschlands sympathischer Haltung gegenüber Oesterreich einen tiefen Eindruck In diplomatischen und amtlichen Kreisen gemacht habe. Vie Tatsache der Ernennung eines so wichtigen Staals- manncs zum Vertreter Deutschlands bedeute mittelbar eine- Ehre sür Oesterreich und stelle eine weitere Geste der Ver söhnung gegenüber Oesterreich dar. Die Ernennung bringe einen gewandten und erfahrenen deutschen Diplomaten nach Wien, der besser als irgend jemand in der Lage sein müsse, Deutschlands Standpunkt befriedigend in Oesterreich zu ver treten. ..Eocning Standard" überschreibt seine auf der ersten Seite in großer Aufmachung veröffentlichte Meldung: „Deutschland sucht normale und freundschaftliche Beziehun gen". Das Blatt ist der Ansicht, daß „eine bemerkenswerte- Umbildung in den Beziehungen zwischen Oesterreich und Deutschland durch das Schreiben angekündigt zu werden scheint". „Daily Mail" spricht von einer „dramatischen In tervention". Eine Erklärung des Gesandten Or. Rieth Berlin, 27. Juli. Zu den Vorgängen in Wien gibt der nach Deutschland zuriickgckchrte bisherige deutsche Gesandte iu Wie», Dr. Rieth, folgende authentische Erklärung ab: Es sind über meine Intentionen bei den Ereignissen, die sich im Bundcs- ianzlcramt in Wien abgespielt haben, in Oesterreich und im übri gen Ausland so verschiedenartige Meldungen sowie Vermutungen über meine diesbezüglichen Beweggründe geäußert worden, daß ich mich veranlaßt sehe, rein sachlich die Ereignisse darznstcllcn, wie sie sich tatsächlich abgespielt haben. Wie bekannt, hatte die in das Bundeskanzleramt cingcdrun- genc Triippe, nachdem Dollfuß verwundet worden war und drei weitere Mitglieder der Regierung sowie etwa 150 Beamte ae- fangcngchaltcn wurden, gedroht, daß diese Gefangenen erschossen würden, wenn die das Gebäude umlagernden Truppen und Schutzkorpsmannschaftcn dasselbe angreifcn sollten. Nach mehreren Stunden, während deren von Regicrnngsscitc mit der eingedrnngcnen Truppe verhandelt worden war, stellte Minister Neustädter-Stürmer, der den Befehl außer halb des Gebäudes führte, ein kurzfristiges Ultimatum, nach dessen Ablauf der Angriff auf das Bundeskanzleramt erfolgen würde. Knapp vor Ablauf dieser Frist wurde ich aus dem Bundes- kanzleramt von dem Befehlshaber der eingedrnngcnen Trnppe, f der sich als Hauptmann Friedrich vorstellte, telephonisch an- gcrufen. Er teilte mir mit, daß eine Vereinbarung mit den Ncgierungsvertretern abgeschlossen sei, laut der, um keine Men schenleben mehr zu opfern, die gesamte Truppe, der die öster reichische Staatsangehörigkeit aberkannt worden sei, mit zugcsichertem freien Geleit unter militärischer Bedeckung aus Oesterreich abtransportiert nnd an eine Grenze gebracht werden müsse, jür die sie die deutsche gewählt hätte. Friedrich fügte hinzu, daß die Ausführung des Abkommens noch deswegen unmöglich sei, weil seine Leute fürchteten, auf der Fahrt oder vorher niedcrgcmacht zu wcrdeu. Infolgedessen bat mich Friedrich, daß ich mir die Zusage des freien Geleites für den Abtransport von dem zuständigen Minister bestätigen ließe. Ich habe dies zunächst nicht zugcsagt und erklärt, daß ich mit den gesamten Vorfällen nicht das geringste zu tun habe und mich nicht damit befassen könne. Daraus bestätigte Fey, einer der im Bundeskanzleramt gc- sangcngchaltcncn Minister, mir telephonisch die getroffene Ab machung nnd wiederholte seinerseits die bereits von Friedrich vor- gebrachte Bitte, daß ich sofort vor das Bundeskanzleramt komme nnd mir die von dem dort Befehl führenden Minister Neustädter- Stürmer getroffene Abmachnng bestätigen lasse, weil hiervon die Durchführung derselbe» abhängc. Da bis zum Ablauf des gestellten Ultimatums nur noch wenige Minute» übrigblicbcu, und nach den mir übereinstimmend abgegebenen Erklärungen eine friedliche Lösung nur möglich sei, wcuu ich dem an mich gerichteten Ersuchen stallgcbc, habe ich Minister Neu- städtcr-Stürmer ausgesucht. Zu Bcginu dieser Unterredung teilte mir dieser mit, daß Dollfuß tot sei. Sodann bestätigte der Minister mir den Inhalt der getroffenen Vereinbarung und das zugcsichcrte freie Geleit sür die gesamte im Gebäude befindliche bewaffnete Truppe. Die gleiche Bestäti gung erhielt ich von dem ebenfalls anwesenden Minister Feh. Ich habe hierzu keinerlei Zustimmung oder sonstige Erklärung gegeben, jedoch betont, daß, wenn ich diese Mitteilung ans den erwähnten Gründen cntgegennchmc, ich dies nur persönlich tue. Der noch in dem belagerten Gebäude cingeschlosscue Staats sekretär Karwinsky ließ mich daraufhin zn einer Unterredung am Fenster dieses Gebäudes bitten. Minister Neustädter-Stürmer, den ich nm seine Stellungnahme hierzu befragte, erwiderte, er wolle da zu nicht Stellung nehmen und dies meinem Ermessen überlassen. Darauf habe ich die Unterredung abgclehnt. Als ich im Begriff war, mein Auto zur Wcgfahrt zu besteigen, wurde ich von herbeieilenden Polizeioffizieren dringend ersucht, noch zu verweilen, weil Staatssekretär Karwinsky selbst aus dem Gebäude zu mir hcrauskommc. Dieser schritt eilig auf mich zu und bat mich, mit ihm und dem ebenfalls hinzugekommencn Mintttcr Fey zu einem Tor des Bundeskanzleramtes zn gehen, um Hauptmann Friedrich mitzuteilen, daß die Minister mir das Abkommen bestätigt hätten. In der Begleitung der beiden Mi nister begab ich mich dann dorthin und teilte dieses dem in einem Torspalt sichtbar werdenden Hauptmann Friedrich mit, worauf ich den Platz verließ.