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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 16.07.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-07-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191107160
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19110716
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19110716
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-07
- Tag 1911-07-16
-
Monat
1911-07
-
Jahr
1911
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LG ßM« Amtsölatt -es Rates «nS -es Nolizeiamtes -er Lta-t Leipzig. «arautte llbeeaeuenwa. dte ReNawe» Ü^Nevawen »u^ige, » tlnnadm«. Ietzanirte^M, « bet Mwtttche» giltaleu w alle* «nnoucen »rpedtttan« «» In» und Lu»landen. tüder »bendnnea«»« du Breite erhähi. Xada«t«,chrarti veilagegebilbr»elanet. «fla^ SÄtt. ». laufend «ül. Vostgevübr. AeduMu» und PefchOftuBetl«: Jabanutngall« 8. Sonntag, üen 16. 3utt 1911. Nr. 195. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 28 Leite». Das Wichtigste. * Die spanische Regierung entsendet weitere Truppen nach Larrasch. (S. bes. Art.) * Die norwegischen Arbeitgeberver bände haben beschlossen, falls die Arbeiter am 8. August in den angekündigten Sympathiestreik ein treten sollten, diesen am 15. August mit der Eene- ralaussperrung zu beantworten. * Der portugiesische Minister des Aeußern be stätigt das Vorhandensein eines Abkommens zwischen Spanien und Portugal bezüglich der Verschwörer an der Grenze. * In Barcelona wurden 600 auslän dische Arbeiter wegen anarchistischer Umtriebe ausgewiesen. (S. Ausl.) * In Syrien find Unruhen ausgebrochen. (S. Ausl.) * Bei dem Waldbrand von Sudbury sollen 500 Menschen umgekommen sein. (S. Letzte Dep.) Ritterliche ZugeltSnünille. Wie eine ewige Krankheit schleicht sich der Mangel einer Repräsentativverfassung in den beiden Großherzogtümern Mecklen burg fort, und noch ist kein Arzt erstanden, ist kein Heilmittel erfunden, obwohl schon seit den Tagen der Reichsgründung die Wünsche auf Abstellung dieses Mangels die Oeffentlich- keit beschäftigen. Was 1755 „Rechtens" ge worden ist, hat noch heute — nach nahezu 160 Jahren — Gültigkeit: im Domanium sind die Grogherzöge allein Gesetzgeber, es herrscht also dort der Zustand des reinen Absolutismus; für die Gebiete der Ritterschaft und der Städte ist in Gesetzgebung und Verwaltung die Mit wirkung der Landstände, der Erundherren dieser Gebiete, vorgeschrieben. Von der Ritterschaft werden zugleich die Bauern und Hintersassen, non der Landschaft, in der die Obrigkeiten der 49 landtagsfähigen Städte zusammengefaßt sind, werden die Bürger dieser Städte ver treten; den Bewohnern des Domaniums, die rund ein Drittel der gesamten Bevölkerung ausmachen, ist eine Vertretung in den Land ständen versagt. Jedem Rittergutsbesitzer ist dasselbe Stimmrecht in den Ständen zu gebilligt wie jeder Stadt; um jedoch eine Ueberstimmung der Landschaft durch die Ritterschaft zu verhüten, ist die itio in partes, das Recht gesonderter Beschlußfassung für beide Stände vorgesehen. Daß diese Verfassung alles andere eher denn zeitgemäß ist, bedarf keines Wortes weiter. Die Geschichte der ver schiedenen Versuche, dafür etwas Modernes zu setzen, liefert ja außerdem den besten Beweis für die Untauglichkeit der bestehenden Ver fassung in der Gegenwart. Der erste Reformversuch wurde 1872 unter nommen, als die Verfassung also bereits das ehrwürdige Alter von 116 Jahren erreicht hatte. Man konnte sich aber nicht zur Preis gabe der rein ständischen Grundlage entschließen, und so blieb es eben bei einem Versuche. Als gar 1874 so etwas wie eine Repräsentativ verfassung oorgeschlagen wurde, weigerten die Stände ihre Zustimmung, die freilich ganz naturgemäß ihre selbstherrliche Stellung ge schmälert haben würde. Wieder und wieder hat der deutsche Reichstag auf Mecklen burg einen moralischen Druck zur Ein leitung eines gründlichen Reformwerkes auszuüben versucht; aber da wurden stets Kom petenzeinwände erhoben, die Sache selbst kam nicht vom Fleck. Endlich entschlossen sich die beiden Eroßherzöge zur Initiative. Im März 1907 kündigte der Großherzog von Meck lenburg-Schwerin in einer Rede die zeitgemäße Umgestaltung der Verfassung an, um den allge meinen und berechtigten Anforderungen der neueren Zeit zu genügen. Im Mai 1908 kam der Verfassungsentwurf heraus, der zwar eine Er weiterung der Rechte des Volke« brachte, aber am Ende doch nur recht bescheidenen Ansprüchen an eine Repräsentativverfassung genügte. Immer hin wäre es ein, wenn auch unzulänglicher Fortschritt gewesen, wenn die Mecklenburger die Verwirklichung dieses Reformvorschlags er lebt hätten. Aber die Ritterschaft widersetzte sich den modernistischen Ideen diese« Entwurfs aufs schärfste; sie verwarf weiterhin sogar dessen Umarbeitungen, die Zugeständnisse an die Ritter schaft darstellten, so daß schließlich die Regie rung auf eine Weiterberatung verzichtete, zu gleich aber zu erkennen gab, daß sie auf der Ausführung ihres Planes im allgemeinen be harren werde. Im März d. I. — inzwischen hatte der Reichstag auf Grund einer von Nationalliberalen und Fortschrittlern einge brachten Interpellation abermals, natürlich ver geblich, ein Eingreifen des Reichstags ver langt — erschien nun ein Reskript der Schweriner Regierung mit der für die Ritterschaft Mecklen burgs drohenden Wendung, die Regierung werde sich für die weitere Behandlung der Ver fassungsreform die „freieste Entschließung" Vor behalten. Die damit angedeutete Oktroyierung einer Verfassung hat die um ihre Vor rechte besorgte Ritterschaft nun doch in Bewegung gesetzt, denn stichhaltige Einwendungen gegen ein solches Verfahren können sie nicht machen, denn von wohlunter richteter sachverständiger Seite ist festgestellt worden, daß der Landesherr in Mecklenburg „an sich absoluter Gesetzgeber ist und ihm das Manutenenzrecht zusteht. Er ist es, der seinen Willen und seine Anordnungen trotz allen Widerspruchs aufrecht erhält und zur Geltung bringt". Ein Recht der Nachprüfung besteht zwar für die Landstände, auch die Möglichkeit eines Schiedsverfahrens bei Meinungsverschie denheiten in dieser Beziehung ist vorhanden; aber „die Vollziehung des Schiedsspruchs ist lediglich Sache des Landesherrn", der sich natür lich nicht selbst strafen wird, wenn gegen ihn entschieden ist. Da also die Ritterschaft gegen eine mög liche Oktroyierung einer Verfassung nichts aus richten kann, hat sie es vorgezogen, eigene Richtlinien aufzustellen, Zugeständnisse an den Geist der Gegenwart zu machen. In dem prächtigen Ständehaus zu Rostock hat dieser Tage ein allgemeiner Ritterschafts konvent stattgefunden, der über das Maß und die Ausdehnung des Entgegenkommens beraten und beschlossen hat. Was die Ritter dem Volke bewilligen wollen, ist allerdings blutwenig. Zwar räumen sie den bis her unvertretenen Bewohnern des Domaniums neben anderen Personen ein Drittel der Landes vertretung ein, doch darf diese dritte Gruppe nicht größer sein als die beiden anderen, Ritterschaft und Landschaft, die natürlich ihr überlebtes Dasein weiter fristen sollen. Es bleibt also der Grundsatz der ständischen Vertretung damit gewahrt; er wird nur er weitert, ohne daß damit für seine Güte oder Zweckmäßigkeit auch nur das geringste bewiesen wäre. Damit aber ja kein Zweifel an dem Fortbestand der ständischen Vertretung auf kommen kann, wird ausdrücklich die Zusammen setzung des Landtags auf Grund allgemeiner Wahlen ausgeschlossen. Das gesamte Bürger tum — oder wie die Ritter sagen: „die breite Masse" — soll kein Wahlrecht erhalten in Mecklenburg, während die Angehörigen sämt licher anderen deutschen Bundesstaaten sich dieses Rechtes schon seit Jahrzehnten erfreuen. Die Forderung allgemeiner Wahlen ist jedoch unerläßlich; in Verbindung damit ist ebenso notwendig wie selbstverständlich das geheime Wahlverfahren. Ohne Verwirk lichung dieser beiden Grundsätze kann eine Verfassungsresorm in Mecklenburg nicht den Anspruch erheben, zeitgemäß zu sein und die Interessen der Allgemeinheit richtig zu wür digen. Aber die Ritter wollen eben keine gründliche Reform, sie verabscheuen eine reprä sentative Volksvertretung, bei deren Wahl die „breite Masse" zu Worte kommt, sie wünschen hübsch unter sich zu bleiben. Darüber hinaus fordern sie sogar einen Rück schritt! Die itio in partes, die getrennte Beschlußfassung der „Stände"—etwas anderes sind die sogenannten drei „Gruppen" doch nicht —, wird aus der alten Verfassung herübergenommen; neu hinzugefügt wird der lapidare Grundsatz: „Der Widerspruch einer der drei Gruppen genügt zur Ablehnung eines Gesetzentwurfs." Erhielte dieser Vorschlag ge setzliche Kraft, dann wäre der mecklenburgische Landtag zu dauernder Unfruchtbarkeit auf dem Gebiete der Gesetzgebung verurteilt. Was den alten polnischenReichstag arbeitsunfähig machte, da« liberum Veto, soll für den mecklenburgischen Landtag in veränderter Form eine glorreiche Wiederholung finden! Wenn nicht schon der Ausschluß der allgemeinen Wahlen zur Kenn zeichnung der „ritterlichen Zugeständnisse" ge nügen würde: dieser sonderbar-seltsame Vor schlag müßte auch den Bestgläubigen darüber belehren, daß die Ritterschaft nur eine Reform will, die ihr die unbedingte Vorherrschaft sichert. Damit ist aber dem mecklenburgischen Lande wie dem Volke nicht gedient und auch die Regierung wird sich zweifellos diese Vorschläge nicht zu eigen machen, sondern aus „freiester Entschlie ßung" eine Verfassung darbieten, die sich gut in den Rahmen der Verfassungen der übrigen deutschen Bundesstaaten einfügt. Marokko. Aus Grund einer Umfrage schreibt die „Mil.-pol. Korrespondenz": „Unser Wilhelmstraßen-Generalstäbler wird die marokkanische Patentlösung bald genug fnrden!" — diese in der ersten Juliwoche von sehr beachtens werter Seite gefallene, zuversichtliche und von dem allgemeinen Vertrauen in den Staats sekretär des Auswärtigen Amtes zeugende Aeuße- rung scheint sich durchaus bewahrlieiten zu sollen: meint man doch jetzt in gut versierten politischen und parlamentarischen Kreisen, daß schon in den nächsten 8—10 Tagen (? L. Red.) die Herren v. Kiderlen-Wächter und Cambon auf eine, beiden Ländern annehmbare Formel sich geeinigt haben werden. Als Richtlinie für die Verhand lungen dürfte u. a. besonders der Casablanca- Vertrag vom Februar 1909 dienen, der ebenfalls zwischen Kiderlen und Cambon abgeschlossen worden ist. Gewisse Schwierigkeiten scheint noch die Fest legung der, den Mannesmannschen Inter essen hinreichend gerecht werdenden deutschen (in Verbindung mit der nicht-reinfranzösischens Be teiligung an einem (internationalen) marokka nischen Erzsyndikat zu machen. Wie wenig überraschend und wie völlig planmäßig die deutsche Agadir-Aktion in Szene ge setzt worden ist, beweist die Tatsache, daß während der letzten Reichstagssession Rücksprachen, über die Möglichkeit unseres Vorgehens zur See, mit einer Reihe führender Abgeordneter stattgefunden haben. Schon beim Wieder zusammentritt des Parlaments, am 10. Oktober d. I., sollte, wenn nicht ganz unerwartete Zwischenfälle eintreten, eine Uebersicht des ganzen abgeschlossenen deutsch-französi schen Abkommens in Gestalt eines Weißbuches den Rcichsboten vorgelegt werden können. Daß dem sehr bc.ld dann auch eine Aussprache im Plenum folgt, liegt bereits darin begründet, daß der Reichstag seine Genehmigung zu Teilen der voraussichtlichen Abmachungen mit Frankreich zu geben haben wird. Der „Eber" in Agadir. Ueber die Beweggründe der Entsendung des Ka nonenbootes „Eber" nach dem Hafen von Agadir er fährt die „N. Pr. Korr." von ihrem diplomatischen Mitarbeiter folgendes: Es ist bereits gesagt worden, daß das Kanonenboot „Eber" als Proviant- und Postschiff für den Kreuzer „Berlin", der im Haren von Agadir festliegt, zu dienen hat. Außer dem aber hat der „Eber" die Aufgabe, dem Kreuzer „Berlin" die Bewegungsfreiheit zu erleichtern, falls zu gegebener Stunde eine Ortsveränderung an gezeigt erscheinen sollte. In diesem Zusammenhänge mag daran erinnert werden, daß die deutsche Ne gierung entschloßen war. die Zahl der in den süd marokkanischen Gewässern stationierten Schiffe zu vermehren, falls die französische Regierung sich den Forderungen eines Teils der Pariser Preße, eben falls ein Kriegsschiff nach Agadir zu schicken, will fährig gezeigt hätte. Wenn auch der Verlauf der zwischen Berlin und Paris angeknüpsten Verhand lungen die Möglichkeit einer solchen Gegenaktion jetzt als ziemlich ausgeschloßen erscheinen läßt, so muß eine weitausschauende Politik dennoch mit der Eventualität rechnen, daß es notwendig wer den könnte, die deutsche Flagge auch in an deren marokkanischen Häfen zu zeigen. In diesem Sinne will die Beorderung des „Eber" nach Südmarokko verstanden sein; eine Erschwerung der politischen Situation ist dadurch nicht gegeben. Zu dem Vormarsch der Franzosen aus Marrakesch, über den wir bereits ausführlich berichteten, ergreift auch die in Tanger erscheinende Zeitung „Döpöche Marocaine" das Wort, Sie hält in einem längeren Artikel diese Expedition für dringend notwendig, da sich im Süden Marokkos wachsende Beunruhigung be merkbar mache. Merkwürdigerweise meldet das Blatt auch, daß im Sus-Gebiet Beunruhigung herrscht, was die Franzosen anfangs angesichts des deutschen Vorgehens leugneten. Auch über Madrid kommt dis Meldung, daß zwischen Marrakesch und Agadir in der Nähe von Tarudant Unruhen der Asrar stamme aus gebrochen sind. Die Besetzung Marrakeschs durch eine Schutzwache im Namen Les Sultans von Marokko ist dem diplomatischen Korps in Tanger offi ziell noch nicht angezeigt worden, doch liegen rhm zu- verlässige anderweitige Meldungen vor. Ueber die spanisch-französischen Reibungen meldet die „Voss. Ztg." aus Paris, daß Spanien die von Frankreich verlangte Abberufung des Oberstleutnant s Sylvestre unter dem spitz findigen Vorwand verweigere, daß diejer Offi zier zurzeit nicht unmittelbar dem spanischen Heere angehört, sondern als Instrukteur der Sultans polizei in Larrasch in marokkanischen Diensten steht. Doch verspricht das Madrider Kabinett, ihm erneut einzuschärfen, daß er sich sorgfältig jeder Handlung zu enthalten habe, die Frankreich zu Beschwerden Anlaß geben könnt«. Es ist jedenfalls ein sonderbare» Verhältnis, wenn di« spanische Regierung Svlvestre zwar Weisungen erteilen, ihn jedoch nicht abberufen kann. Die spanisch« Regierung hat überdies ver sichert. daß ihr Vorgehen auf Elksar beschränkt bleibe und nicht über dies« Stadt und den Lukkasfluß hinaus- greifen soll. Im spanischen Hafen La Coruna be reitst man für die Mannschaft des „Panther", dessen Ankunst dort angezeigt ist, einen besonderen festlichen Empfang vor, um auf dem Umwege einer deutsch-freundlichen Kundgebung di« Unzu- 105. Jahrgang. friedenheit mit Frankreichs Marokkopolitik aus zudrücken. Ll. Madrid, 15. Juli. (Priv.-Tel.) Die spanische Regierung setzt die weitere Verstärkung der Besatzun gen in Marokko fort. In Eadiz werden Montag weitere 600 Mann nach Larrasch eingeschifst. Spanien verfügt in Marokko zurzeit über 21 000 Mann Truppen. Der französische Botschafter Geoff ray wird Montag in Madrid eintrefscn und eine offizielle französische Protestnote gegen die spanische Marokkopolitik überreichen. Zwischen Atlas nnd Anti-Atlav. Ein soeben aus dem Susgeüiet heimgekehrter Deutscher, der u. a. die H a f e n v e r h ä l t n i s s e und das Hinterland von Agadir genau kennt, übermittelt uns die folgende nueressante Schilderung: Agadir ist an der ganzen Marokkoküsle die ein zige Reede, die gegen Nord- und O st wind geschützt ist. Hier schiebt sich Kap Ghir. der westliche Ausläufer der hohen Atlas, weit in den Ozean vor und bildet so di« Meer«sbucht, in die der Susfluß einmündet. Größere Schiff« wie der Kreuzer „Berlin" ankern etwa zweitausend Meter südlich der Stadt in einer Wa ssertiefe von 16 Meter. Dort ist auch von der starken südlichen Meeresströmung, die an der ganzen Küste herricht, nichts zu spüren, weil die Wasserströmung durch das Vorgebirge abgelcnkt wird. Das Land macht, von der See gesehen, den Eindruck eines weiten Hügel landes. Nördlich von Agadir erheben sich die Höhen von Idantenan bis zu 1400 Meter über den Meeres spiegel. Die kleine abgeschloßen« Feste Agadir liegt auf einem 200 Meter hohen Hügel, 30 Kilometer vom Vorgebirge Ghir entfernt. Am Fuße des Hüaels liegt das Fischerdorf Fonti, wo auck' ein kleiner Bootshafen zu finden ist. Die Bucht ist reich an Seefischen. Getrocknete Fische bilden den ein zigen lohnenden Handelsartikel nach dem 130 Kilo meter entfernten Mogador und in das Innere. Lebensmittel, frisches Obst und Fleisch sind in Agadir gut und reichlich zu haben. Auch gutes Trinkwasser ist da. Dreizehn Kilometer südlich des Wadi Sus liegen di« sieben Trinkwaßerguellen von Suwanieh. Von Agadir an erstreckt sich in südöstlicher Rich tung niedriges und flaches Land, das überall da, wo genügend Wasser vorhanden ist, außerordentlich fruchtbar ist. Der Wadi Sus, der am Fuße des Atlas entspringt, ist nicht schiffbar und seiner Mündung ist eine Barre vorgelagert, di« bei Niedrigwasser.bei nahe trockensällt. Der Unterschied von Hoch- und Niedrigwasser beträgt hier etwa drei Meter. Das Klima von Agadir ist sehr gut und ist dem der Kana rischen Inseln ähnlich. Die Luft ist rein, trocken und klar, und das Wetter von großer Beständiokeit. Fast ständig weht ein« kühlende Seebrise. Die Hitze des Sommers wird durch die niedere Temperatur des Seewaßers abgekühlt. Vom April bis Oktober ist Regen eine Seltenheit. Die Gegend ist, wie die ganze Landschaft Sus, frei von Fieber. Die Tuber kulose war noch vor zwanzig Jahren unter den Ein geborenen unbekannt. Auaenkran'hciten sind jedoch, besonders bei der Iudenbevölkerung, häufig. Als einziger guter Hafenvlatz der südmarokka nischen Küste wird Agadir bei der Erickl-?ünni des Landes in Zukunft eine Bedeutung haben. Letinjer Linürücke. X. Cetinje, 13. Juli. Die Vorgänge in Cetinje ähneln gegenwärtig sehr denen in den Sommer- uno Herbsttagen des Jahres 1875. Damals war in der Herzegowina der Aufstand ausgebrochen, der die Vorläuferin des montenegrinisch-serbischen Krieges gegen die Türkei und im weiteren Verlaufe des russisch - türkischen Krieges war. Herzegowinische Jnsurgentenführer kamen fast täglich nach Letinie, um über den Stand der Kämofe zu berichten und den Fürsten Nicolaus zur Teilnahme an denselben zu bewegen. Fürst Nicolaus hielt aber die Zeit dafür für noch nicht gekommen, und erst ein Jahr später erklärte er im Bündnis mit Serbien den Türken den Krieg. Inzwischen wurde die Zeit mit Verhandlungen mit der Türkei über eine Beendigung des Aufstandes ausgefüllt und Simo Popowitsch, der Sekretär des Fürsten, teilte den in Cetinje anwesenden Berichterstattern täglich die vom Kriegsschauplätze eingegangenen Neuigkeiten mit. Jetzt hält sich hier schon seit einiger Zeit der geistige Führer der aufständischen Albanesen, Kemal Bey, ein alter, schmächtiger, aber noch geistesfrijchcr Herr, auf, um die Sache seiner Landsleute zu fördern und zu ihm kommen täglich neue Abgesandte aus dem Lager der Malissoren, die sich mit ihm über den Stand der Dinge beraten. Und der gegenwärtige Sekretär des im vorigen Jahre vom Fürsten zum König erhobenen Nikolaus, der stets liebenswürdige und gefällige Professor Mi losch Zivkowitjch. versammelt alltäglich die ziemlich zahlreich an wesenden fremden Journalisten um sich, um durch seine Mitteilungen die Nachrichten zu ergänzen, die dieselben selbst über den albanesischen Aufstand mit all seinen» Drum und Dran gesammelt haben. Jetzt wie damals fehlt es auch nicht an Bemühungen, um Montenegro zum Kriege zu veranlaßen. Indessen ist bei all dem doch ein Unterschied zwischen heute und jenen längst vergangenen Tagen. Damals bestand noch kein europäisches Konzert in dem Sinne wie heute und Montenegro war selb ständiger in seinen Entschlüßen; maßgebend war nur der Rat Rußland». Damals waren hier die Mächte auch nicht durch Gesandte vertreten, nur Rußland. Frankreich und Oesterreich unterhielten hier Konsu late. Gegen den Willen der Mächte kann jetzt Montenegro — wie übrigens auch alle anderen Balkanstaaten — nichts unternehmen. So ist jetzt die albanesische Frage eo ipim auf eine friedlichere Basis gestellt als damals die herze gowinifche. Es unterliegt aber auch keinem Zweifel, daß der König persönlich bestrebt ist, den I Konflikt zu schlichte» bevor er «eitere Dimensionen
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