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Voigtlä «bischer Anzeiger. 23. Stück- Manen, Sonnabends den 4. Juny 1831. Correspondenz - Artikel aus Dresden. Ein dringendes Btdürfniß in unserm Vatcrlande war eine veränderte Gesetzgebung über die Aufnahme von Ausländern. Die bisher hierüber bestehenden Gesetze begünstigten deren Niederlassung, indem sie ihnen manche Vorzüge und Befreiungen zugestanden und stammten aus einer Zeit her, wo Sachsen noch wenig bevölkert sevn mochte, namentlich das Gewerbe oder einige Zweige de sselben noch in der Kindheit lagen, wo man die Kraft eines Staats noch in einer starken Bevölkerung suchte und nach der Seelenzahl abmaß. Sie konnten jetzt nicht mehr passen, wo die Bevölkerung in Sachsen so ungemein zugenommen hat, wo alle Stände und besonders der Gewerbtreibende so überfüllt sind, daß sic für ihre Erzeugnisse keinen hin reichenden Absatz finden. Den Obrigkeiten war zwar nachgelassen, diejenigen Ausländer zu rückzuweisen, die nicht darthun konnten, wie sie sich ernähren wollten. Allein, da Man fast bei jedem, der eine Kunst oder Handwerk erlernt hatte, bei jedem, der arbeitsfähig war, voraussetzte, daß er sich zu ernähren im Stande sty, ohne daß er die Gelegenheit zum Ver dienst oder einiges Vermögen nachzuweisen nöthig gehabt hätte, so konnten die Obrigkeiten nur in den seltensten Fällen Ausländern die Aufnahme verweigern. Dieser Zustand war um so nachtheiliger, als in vielen benachbarten Staate» dirNiederlassung an bestimmte Bedingun gen, namentlich an ein bestimmtes Alter und Vermögen geknüpft ist und daher diejenigen, die anderwärts dieser Bedingungen wegen eine Aufnahme nicht finden konnten, solche in Sachsen suchten. Hierdurch entstand für die Commune» eine große Last. Sie wurden ge zwungen Individuen aufzunehmcn, die weder hinreichende Mittel, noch die nöthigen morali schen Eigenschaften besaßen, um einen eigenen Haushalt zu begründen und zu erhalten, und die, wenn sie sich, wie dies sehr oft geschah, in ihrer Hoffnung Arbeit zu finden, getäuscht hatten, für sich und ihre Familien von den Gemeinden unterstützt werden mußten. Wohl nicht mit Unrecht suchte Man unter andern auch hierin einen Grund der zunehmenden Verarmung der Gewerbtreibenden, besonders in den Staaten an der Grenze, und es hatten daher die Stände schon früher vielfach auf Aenderung jener Grundsätze eingetragen. Durch das unter dem 13. Mai 1831 erlassene Mandat ist jenem Bedürfniß abgeholfen. Nach diesem Gesetz muß jeder Ausländer, der sich in Sachsen mit einer selbstständigen Wirthschaft niederlassen will, sich zuvor über seine Unbescholtenheit und über den Besitz eines ausreichenden Vermögens auswcisen. In Ansehung der Erwerbsfähigkeit wird verlangt, daß der Ausländer nicht durch Kränklichkcit oder überhaupt durch seine körperliche oder geistige Beschaffenheit die Besorgniß erwecke, als könne er künftig der Gemeinde zur Last fallen, und sofern er ein zünftiges Ge^ werbe betreiben will, daß er im Jnlandc die Meisterprüfung bestehe. Das eigenthümlicke Vermögen, was der Ausländer bescheinigen muß, ist nach Verschiedenheit der Orte, wo er sich niederlassen will, bestimmt, und zwar bei Landgemeinden und kleineren Städten bis auf 200 Thlr., bei mittleren bis auf 4oo Thlr., bei größeren bis auf 600 Thlr., bei bereits Vcr-