Volltext Seite (XML)
1908 Freitag, de« 2. Oktober t» N»ttOMch8»«»vL kss, Früher Wochen- und Nachrichtsblatt Tsgeblatt sil Hüüns, Mit, HM«s, M«s, St. Wti, tzckvltsni, NlMtM, Michl. LÄMliÄuf, Mti St. MH St. ZM St. Wei«, Stwlnins. zzm. Mtailsn. Usji«ü ui MW Amtsblatt für das Kgl. Amtsgericht und den Stadttat zu Lichtenstein " Älteste Zeitung im Königlichen AmtsgerichLsbHirk -— - — > 58. Jahrgang. — - —— . - — »iH,» »lall «sch,int täglich außer Lon«, und Festtag« nachmittag« für den folgende« Lag. — virrtrljShrllch« V»»tl0«pr»l« 1 »ar» » Psrnnige, durch di« Post bezogen 1 Mari w PI »gelne »lummrrn lv Pfennige, vrpellungen nehme« außer der Spedition in »chtenp rin, Lmtchauerpraße Str. v «.alle »aiferltch« Pdpemstaltrn, Postboten, sowie die«u«1rSger rnta«L? Syerote werden bi» fiinsgespaltene »rnndzeile mit 10. für aulrvLrtige Jns«mte« mit 1b «innig«, »««chnet. «eklamezeile l» Pf«. Am «nwchen »eile kostet die zweispaltige Zeil, SV vp «a»»äch.«»fH1»H M«. r. Anseraten-Nnna-me Ulrich Li« fp««D»« «>»»««>,1 »» «V«. re1-grm«>r.«ldreffe:r Volks-BMiochek Lichtenstein gÄGlkt Sonntag» von 11—12 Uhr, Mittwochs von 12—1 Uhr. Da in den letzten Tagen im Cisenbahnverkehr ein« Zunahme russisch« Reifender beobachtet worden ist, dieanscheinend aus Besorgnis vor der Sholer« daß Nurland auffuchen, hält er dar Ministerium der Innern zu Begegnung der Ge fahr für Tholers-Cinschleppung für geboten, noch ß 13 deS Seuchergefetzer vrm LO. Juli 1LOO (Riichtgrfttzbl. Seite 366) Ziffer 1 unter I der Ausführung». bestimm uns en hierzu vom 21 Febr. 1804 (Reichkgesttzbl. Seite 67) und § 8 der Anweisung z,m Bekömpsung der Cholera solgenteS zu verordnen. Jede in einen Gemeinde, oder Guttbezirk zureisende sremde oder ort». angehörige Person, die unmittelbar oder in unterbrochener Fahrt au» Rußland kommt und nicht Nachweis,n sann, daß sie mehr a!» fünf Tage vor ihrem Er treffen Rußland vrrk flen hat, ist binnen 12 Stunden nach ihrer Nnbunst der OrtSpoltzeibehöcde oder, wenn der GutSvorfleher melde;sticht'g ist, der AmtShonpimannslkcft mündlich oder schriftlich zu melde«. Die Anmeldung liegt neben dem Zureistnden oder feinem gesetzlichen Vertreter den Inhabern oder Verwaltern von Gastwirtschaften, Pensionen oder dergleichen, den HauShaltungSvorst Snden und Arbeitgebern ob, wo von de« Zureisenden Wohnung oder Arbeit genommen wird. Jede zu meldende Person ist bi» zum Ablaufe von 8 Tagen fett ihre« Austritt au» Rußland, soweit die!« Zeitpunkt nachweisbar ist, tonst seit ihrer Ankunft in dem betreffenden sächsischen Gemeinde- oder GutbSznke der ärzt« liche» Beobachtung zu ur terwersen. Diese Beobachtung kann gegenüber etwa sür die Kartoffel- oder Rübenerte zu erwartenden Personen nach der in den angesührten Vorschriften zügelefsenen verschärften Art durchgesührt werben. Zuwiderhandlungen gegen vorstehend« Verordnung oder die über dl« ärztlich« Beobachtung etwa zu treffenden polizeilichen Anordnungen werden nach 88 45 Zffer 4 und 46 Ziffer 2 de« SeuchengesetzeS bestraft. Dar Ministerium de» Innern will noch ausdrücklich hervorheben, daß zurzeit kein Grund zu rin er BrunruhiLurg besteht. Dresden, den 30. September 1908. Minister!«», -e« Inner«. Das Wichtigste * Die Einzahlungen für den Zeppelinfonds bei der Stuttgarter Rentenanstalt haben gestern die Höhe von 5 Millionen Mark erreicht. * Mittwoch früh starb in Darmstadt der frühere langjährige Reichs- und Landtagsabgeordnete Ge heimer Justizrat Osann. * Ein offiziöser Artikel der Süddeutschen Reichs- Korrespondenz wendet sich gegen die durch die Be setzung der Orientbahn durch Bulgarien vollzogene offene Rechtsverletzung, die keine Signatarmacht des Berliner Vertrages gutheitzen könne. * Die. französische Regierung hat ebenfalls in Sofia Einspruch erhoben gegen die Besetzung der Orientbahnen. * Tie serbische Lkupschtina ist auf den 14. Ok tober einberufen worden. * In Bagdad plünderten 20000 Aufrührer die Getreidelager. In Medina stürmten meuternde Sol daten das Heiligtum des Propheten. -Hke -DeuMer,- hie Slawe! Gellender hat einst der Ruf: „Hie Welf, hie Waib lingen!" Deutschland nicht durchtönt, wie der andere: „Hie Deutscher, hie Slawe!" von Bodenbach bis gen Laibach hin, das alte Habsburger Reich in zwei feind liche Heerlager jetzt spaltend. Die Slowenen wüten, aber sie befinde^ sich nur in der Landstube von Krain in der Mehrheit. Am allerwenigsten läßt sich der frohgemute deutsche Steiermärker von ihnen imponieren. Gefährlicher sind und noch unge bärdiger stellen sich wieder einmal die Tschechen, nachdem die deutsche Landtagsminderheit in den Sturmszenen der letzten Woche darüber keinen Zweifel gelassen hat, daß sie tschechische Rechtsbrüche und feudale Versuche, ein böhmisches Staatsrecht aus den verstäubten Akten früherer Jahrhunderte wiederum hervorzuzerren und ihm erneute Geltung zu ver- fchaffen, an deutscher Mannhaftigkeit zerscheitern las sen wird. Was man in Prag darauf plante, geht auf die brutalste Anpöbelung der Deutschen von Prag hinaus. Kürzlich wurden in allen Straßen der Stadt von jungen Burschen Flugblätter verteilt, die mit Schreib maschine geschrieben und vervielfältigt waren und «uf welchen folgende Aufforderung zu Demonstra- Kionen zu lesen war: „Tschechisches Volk! Tie Erwiderung auf die k deutschen Gewalttaten in Bergreichenstein, Gablonz, ' Braunau und Reichenberg, in welch letzterer Stadt ' die Scheiben der Beseda eingeschlagen worden sind, werden wir am Samstag, den 26. September, geben. . Aus zum Wenzelsplatz! f Ter Ausschuß zur Reinigung (!) Prags." Die angekündigte Demonstration verlief jedoch sehr kläglich. Es regnete, und deshalb sammelten sich auf dem Wenzelsplatz nur etwa 50 bis 60 junge Bur. scheu, zumeist Lehrlinge, an. Sie zogen um halb S Uhr in geschlossenem Zuge den Wenzelsplatz hinaus und sangen: „Hej slovane" mit dem unterlegten Text: „Der Russe ist mit uns. Wer gegen uns ist, den wird der Franzose hinwegfegen." Beim Museum oberhalb des Wenzelsplatzes schritt die Sicherheits wache ein und zerstreute die Demonstranten. Einer von ihnen wurde verhaftet. Gemäß der alten Losung: „Wir Deutfchböhmen gravitieren nach Wien" war inzwischen eine Abord nung deutsch-böhmischer Vertrauensmänner nach Wien geeilt, um beim Ministerpräsidenten von Beck vor stellig zu werden. In vierstündiger Besprechung trugen sie alle ihre Beschwerden gegen die Ueber- griffe der Tschechen, die tschechisierende Tätigkeit der Behörden und das Auftreten des Prinzen Ferdinand Lobkowitz als Oberstlandmarschall im Landtage, dessen „Herodes" man ihn spöttisch nennt, vor. Natürlich ist die Stellung des Ministerpräsidenten eine denkbar schwierige. Er regte die Idee der Ein setzung eines ständigen nationalen Ausgleichsaus schusses im böhmischen Landtage an. Die Deutschen nahmen seine Ausführungen zur Kenntnis. Ob aber die Tschechen auf seinen Vorschlag eingehen ? Ihre Politik läuft ja je länger je mehr darauf hinaus, die Deutschen, denen man die größeren Steuerlasten auf gebürdet hat, im Landtage mundtot und im Lande rechtlos zu machen, ja durch fortgesetzte Rechtsbrüche und Pöbelangrisfe ihnen die Heimat völlig zu ver leiden. * * * Ein deutschradikaler Abgeordneter äußerte sich über den gegenwärtigen Stand der Angelegenheit! DjS Konferenz in Wien hat bewiesen, daß die Deutschen heute mehr denn je auf ihre eigene Kraft angewiesen sind. Tie Haltung des Ministerpräsidenten hat — wenn ich die Wahrheit sagen soll — sehr verstimmt; nicht nur, daß er überhaupt nichts Positives zugesagt hat, brachte er es sogar fertig zu erklären, daß er auf Grund des ihm bisher vorliegenden Afien- Materials die Deutschen von der Schuld an den Ex zessen in Bergreichenstein und Schütten Hofen nicht ganz sreisprechen könne. Ter Ministerpräsident ver mochte angesichts des Ernstes der Situation mit lächelnder Miene von den „in Böhmen typischen Miß verständnissen" zu spreclnm, die sich wohl beseitigen lassen würden. Tie Forderungen der deutschen Ab geordneten hat Freiherr von Beck lediglich zur Kennt nis genommen, einige aber gleich als unerfüllbar oder zumindest aussichtslos bezeichnet. Mehr hat die Kon ferenz nicht gezeitigt. * * * Ueber die gestrige Sitzung im böhmischen Landtag liegt folgendes Telegramm vor: Prag, 1. Oktober. Aus Anlaß der gestrigen Landtagssitzung wiesen die Galerien einen starken Besuch auf. Vor dem Landtagsgebäude hatte sich eine große Menschenmenge angesammelt. Zu Beginn der Sitzung brachte Dr. Pergelt im Namen der Deutschen einen Protest ein. Er bezeichnete die Abendsitzung vom Freitag als unrechtmäßig und daher als null und nichtig. -Infolgedessen sei auch die Ankündigung des Oberstlandmarschalls, die nächste S heute stattfinden, als ungültig anzusehen. Die Deut- schen konstatierten deshalb, daß sie alles, was in der heutigen Sitzung vorgehe, als null und nichtig er klärten. Abgeordneter Swahla brachte sodann einen Gegenprotest ein. Er wies auf die großen kulturellen und wirtschaftlichen Ausgaben des Landtages hin und' bezeichnete die Obstruktion der Deutschen als leicht sinnig und grundlos, denn die Frage der Anstellung eines deutschen Aktuars sei ganz den Gesetzen gemäß mit Zustimmung der deutschen Beisitzer des Landes ausschusses gelöst worden. Hierauf folgte die Ver lesung des Einlaufes. Nach Verlesung einer Erklärung des verfassungstreuen und konservativen Großgrund besitzes, in welcher das Absingen der „Wacht ant Rhein" bedauert wird, rügte Abgeordneter Sibreiner das Vorgehen der Tschechen. Tie Deutschen würden auf allen Gebieten zurückgesetzt. Tie „Wacht am Rhein" sei kein hochverräterisches Lied, sondern ein Loblied auf das Deutsche Reich. (Stürmischer Wider spruch bei den Tschechen.' Skarda betont den Patrio tismus der Tschechen. Als Abgeordneter Maly zn einem Anträge namentliche Abstimmung verlangte und der Oberstlandmarschall dies zurückwies, erhob sich ein großer Tumult, so daß die Sitzung geschlossen wurde. Nächste Sitzung Freitag. Deutsches Reich. Dresden. (In der Sitzung der sächsischen Wahl- rechtsdeputatioiv am Mittwoch gab die konservative Fraktion die Erklärung ab, daß sie, um die dringend Wahlrechtsreform nach Möglichkeit zu fördern und ihr Entgegenkommen gegen die Heinksche Wahlkreis einteilung zu beweisen, sich bereit erkläre, diese Vor schläge prinzipiell als eine geeignete Grundlage für die Wahlkreiseinteilung zu betrachten. Abgeordneter Langhammer erklärte namens der nationalliberalen Fraktion, daß diese hoffe, bis Donnerstag mittag in der Lage zu sein, eine endgültige Erklärung abgeben zn können. — (Tie sächsische Mittelstandsvereinigung gegen staatliche und kommunale Betriebes Ter Kamps gegen die Gemeinde- und Staats-Regiebetriebe wird von der Mittelstandsvereinigung im Königreich Sachsen gegen wärtig im ganzen Lande organisiert. Nummer 12 des amtlichen Organs der genannten Vereinigung „Ter Fortschritt" enthält eine Aufforderung an alle mittelständischen Korporationen in wachsen, Erhebun gen darüber anzustellen, welchen Umfang in ihren Bezirken der Wettbewerb der Regiebetriebe des Staa tes und der Gemeinden gegenüber den selbständigen Gewerbetreibenden angenommen hat. In dein Auf rufe wird unter anderem ausgeführt: Beim Staate sei unzweifelhaft die Neigung vorl-anden, die Hand zur Beseitigung der vorhandenen Uebelstände zn bie ten. So habe bei Neuregelung des staatlichen Snb- missionswesens das sächsische Finanzministerium man chen langjährigen Wnnsch des gewerblichen Mittel standes erfüllt. Aber trotzdem sei auch hier noch mancher Uebelstand zu beseitigen. Man könne aber itzung solleannehmen, daß die Königliche Staatsregierung gern