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Li«««««, i». August i«z« Ser TlirkriM-ZW gegen die Kurden Kemaleddin Mascha schildert den Sachverhalt Berlin, IN. August. In einer Pressekonferenz gab der türkische Botschafter Kemaleddin Samt-Pascha einige Auf klärungen Uber den Kurdenausstand und die türkisch-persischen Grenzschwierigkeiten. Der Botschafter führte aus, daß die fortgesetzten Meldungen über die Kurdenaufstände dem tür kischen Prestige außerordentlich schädlich seien. Aus diesem Grunde sei die Türkei entschlossen, in energischster Weise vor zugehen, um den kurdischen Unruheherd ein für allemal zu beseitigen. Die Haupt»rsachc für die Unzufriedenheit der Kurden ist nach der Darstellung des Botschafters, daß die kurdischen Stammeshäuptlinge ihre Macht über die Bevölke rung durch den sich immer stärker geltend machenden tür kischen Einfluß mehr und mehr schwinden sehen. Um im letzten Augenblick diesen schwindenden Einfluß zu retten, sei von Len Stammesführern der Ausstand entfacht worden. Die Hauptschwicrigkcit bei jeder militärischen Operation gegen die Kurden liege darin, baß die türkischen Kurden jederzeit Unterstützung von ihren Stammesbrüdern auS Persien und dem Irak bekämen. Die Banden, die insbesondere aus Persien in die Türkei ein sielen, seien deshalb schwer zu fassen, weil sic sich »ach jedem Kamps josort wieder in persisches Hoheitsgebiet zurückflüchten. Aus keinen Fall sei auzunehmcn, daß etwa Persien die Kurden materiell oder moralisch unterstütze. In letzter Zeit sei auch die persische Regierung den .Kurden energisch cnt- gcgengetreten. Im allgemeinen verfügt aber die persische Ne gierung in der dortige» Gegend nicht über die notwendigen Machtmittel. Aus keinen Fall könne die Türkei dieses ganze Treiben mit ansehcn: sic müsse deshalb auch aus persischem Vcbiet die Kurden mit eigenen Kräften bekäurpfen. Bagern fordert die Für den Freistaat Bayern München, ist. A»g. Im Gesetz- und Ncrordnungsblatt siir den Freistaat Bayern vom 18. August 1930 ist das Gesetz über Straffreiheit aus Anlaß der Nheiulandräumung ver kündet worden. Damit ist für den Bereich des Freistaates Bayern und insbesondere für die Pfalz die Rcsricdungö- amnestie verwirklicht worden, die der Ausschuß znr Förderung der Bestrebungen aus Erlaß einer Amnestie ans Anlaß der Rhcinlandräumung für das ganze Reich gefordert hatte. Bezeichnend ist in diesem Gesetz, daß es nicht nnr die Straftaten amnestiert, die örtlich in der Psalz während der Besatzungszeit begangen worden sind, sondern zwischen dem besetzten und «»besetzten Gebiet keinen Unterschied macht und ganz allgemein alle Straftaten einschließlich der Tötungs verbrechen «msaßt, die während der Bcsatzungszeit zur Ab wehr eines hochverräterische» Unternehmeus begangen wor den sind oder im weitesten Sinne im Zusammenhang mit der Abwehr eines hochverräterischen Unternehmens stehen. Bei der Beratung des Gesetzentwurfes im Vcrsassuugs- ausschuß und im Plenum des Bayrischen Landtages war von allen Setten zum Ausdruck gekommen, daß durch dickes Ge setz der endgültigen Regelung der Amnestiesrage durch Reichs- gcsch nicht vorgegrisfc» werden solle, daß hiermit vielmehr nur eine dringende Lücke ausgefttllt werden müsse, die infolge der Nichtvcrabschieduug des NcichSamncsticgesctzes ent standen »nd deren Beseitigung für die Pfalz bringend sei. Bayern müsse in dieser Beziehung vorangchcn, weil der Bayrische Landtag der einzige deutsche Landtag sei, der damals noch getagt habe. Mahlreform un- Fmanzprogramm Das Ncichskabiuett zur Beratung zusammengctreten Berlin, 19. August. Das Rcichskabinelt ist heute vor mittag 11 Uhr z« der angckttndiaten Sitzung zusammen getreten, um den Entwurf des Rcichsinnenministers zur Wahlrcsorm zu beraten. An den amtlichen Stellen wird über die Einzelheiten Stillschweigen bewahrt. Man darf aber annehmen, daß die Mitteilungen, die bisher in der Presse erschienen sind, den Entwurf ungefähr richtig wicdcrgeben. Das Kabinett wird sich heute auch mit dem Finanzprogramm beschäftigen. Allerdings wird man heute wohl nur so weit kommen, dah Ncichöfiuanzminlstcr Dietrich in großen Zügen seine Pläne entwickelt, so daß also die Ausgestaltung des Pro gramms in den Einzelheiten späteren Sitzungen des Kabinetts Vorbehalten bleibt. In politischen Kreisen rechnet man damit, daß die Beratungen des Kabinetts den ganzen Tag in An spruch nehmen werden. Nie MdermWüge für die NoWMmbeiten Berlin, 1». August. Bekanntlich hat das NeichSarbeits- ministerium vor einiger Zeit die Länder ausgefordcrt, Vor- schlägc hinsichtlich der im Arbettsbeschaffungsprogramm vor gesehenen Notstandsmaßnahmen zu machen. Bis jetzt liegen die Antworten von vier Ländern vor. Sobald auch die übrigen Antworten etngegangen find, was voraussichtlich Persien stehe zwar mit Sympathie de« türkischen Be mühungen um die Niederwerfung des Kurdenausstandes gegenüber» habe sich aber offiziell mit einer türkischen Grenzüberschrcitung nicht einverstanden erklärt. Zur Zeit hätten sich die Kurden auf dem Berge Ararat verschanzt, einem Gebiet, wo Rußland. Persien und die Türkei zusammenstoßen. Die russische Grenze sei völlig für die Kurden gesperrt. Bet den in den kommenden Monaten etn- setzcnden Schnecfällen würden die Kurden genötigt sein, aus ihren Schlupfwinkeln hervorzukommen: die türkischen Streit kräfte hätten einen Operattonsplan, der es gestatte, nach der Ueberschrcitung der persischen Grenze den Ararat völlig zu umzingeln. Durch diese Art und Weise werde es möglich sein, die Aufständischen restlos zu bezwingen. So bedauerlich das Betreten des persischen Gebietes auch sei, so lebenswichtig sei diese militärische Operation für die Türket, da der Aufstand so schnell wie möglich niedergeschlagen werden müsse. Franzosen unterstützen -ie Kurden Konstantinopel, 19. August. Die türkische Presse bringt Enthüllungen über das Treiben der Kurdenführer in Syrien. Danach sollen die Franzosen eine ganze Reihe der gegen die Türkei arbeitenden Kurdenführer als Grenz inspektoren angestellt und ihnen so ihre Machenschaften er leichtert haben. Auch sollen französische Offiziere in Zivil an den Beratungen der Kurden über die Einsällc in die Türkei teilnchinen. Bekannt sei ja. daß im vorigen Jahre bet einem Einsall der Kurden französische Offiziere in die Hände der Türken sielen, die kurdische Kleidung über ihren französischen OsstzierSunisormen trugen. Besrlt»mgsimnM ist -ie Amnestie verkündet In der Frage deS Einschlusses der sogenannten Feme mörder waren seitens des Mitberichterstatters Bedenken erhoben worden. Die Bedenken zerstreute der Berichterstatter, indem er sich auf den Boden des Antrages des sogenannten Essener Ausschusses stellte. Der bayrische Ver- fassungsanSschuß schloß sich der Meinung des Berichterstatters an «ud beantragte, daß die bayrische Staatsregiernng mit allem Nachdruck für den Erlab einer allgemeinen dentschen Be- sriedungsamncstie im Sinne dieser Denkschrift eintrete. Es wäre wünschenswert, daß diese allgemeine deutsche Neichs- amncstie unter Wahrung der Justizhoheit der deutschen Länder, also von den Ländern selbst, einmütig erlassen werde. Sollte bas an dem Widerspruch eines Landes scheitern, dann wäre cs wohl auch nötig, daß im Wege der Neichsamnestie die dadurch geschaffene Lücke ergänzt würde. Dieser Antrag des Berfassungsausschusses wurde vom Bayrischen Landtag angenommen. Die Meinungsfreiheit in Preußen Berlin, 19. Aug. Der Bürgermeister von Bassum bei Bremen, Ehrich, ist seines Amtes enthoben worden. Außer dem hat der Regierungspräsident von Hannover gegen Ehrich ein Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Dienstentlassung eingcleitet. Bürgermeister Ehrich hatte in einem Artikel in der „Bassumcr Zeitung", gestützt auf Art. 130 der Neichsvcr- fassung, gegen das Verbot des preußischen Staatsministeriums wegen der Zugehörigkeit von Beamten zur Nationalsoziali stische« Deutschen Arbeiterpartei und zur Kommunistischen Partei Verwahrung eingelegt. gegen Ende dieser Woche der Fall sein dürfte, wird das Ncichs- arbeitsmintsterium eine G e s a m t ü b c r s i ch t der Vor schläge bckanntgeben. Einzelheiten über die bereits vor liegenden Anregungen können aus diesem Grunde noch nicht mitgctctlt werden. Aorthy ehrt feinen toten König Budapest, 19. August. In der Honved-Ludovica-Akademte wurde die Ausmusterung der Zöglinge zu Leutnants nicht, wie üblich, am St.-Stephanstag, dem 20. August, sondern mit Rücksicht aus den hundertsten Geburtstag König Franz Josephs schon am Montag abgehalien. Aus die Begrüßung der JahrgangScrsten erwiderte Ncichsverwescr Horthy in einer längeren Ansprache, tn der er auch die Person König Franz Josephs würdigte und ihn als soldatisches Musterbild den jungen Offizieren vor Augen stellte Während seiner langen Ncgierungszeit habe Ungarn ein tn seiner Geschichte beispielloses goldenes Zeitalter der friedlichen und sicheren Entwicklung durchlebt. Die letzten Jahre der Regierung Franz Josephs hätten tn Krtegslärm geendet, doch sei eS eine allgemein bekannte Tatsache, daß er den Krieg niemals gewollt habe. Trotzki bleibt im Exil. Wie eine Agentur a»S Ttambnl berichtet, hat T r o tz k t die Nachricht, baß er sich demnächst nach Deutschland begeben werde, um mit Tschitscherin über die Möglichkeit des Wiedereintritts in di« Kommunistische Partei zu verhandeln, dementiert. Bodenenteignung in -er Tschechei Berlin» 19. August. sEig. Drahtm.s Nach Meldungen auS Prag ist es zwischen dem tschechischen Bodenamt und den Herrschaftsverwaltungen des Fürsten Liechtenstein und des Deutschen Ritterordens in der Tschechoslowakei, die nach dem tschechischen Bodcnbeschlagnahmegesetz der Vodenent- eignung unterliegen, zu einer freiwilligen Vereinbarung ge kommen, die eine der größten finanziellen Transaktionen in Mitteleuropa darstellt. Allerdings ist die Bezeichnung „Frei willige Vereinbarung" etwas übertrieben. Die Enteigneten verzichten lediglich aus den Beschwerdeweg vor den internatio nalen Gerichten, wogegen das Bodenamt bei der Beschlag nahme liberaler Vorgehen will, als es nach den Gesetzen ver- pflichtet wäre. Auf Grund der Vereinbarung werde« der Fürst von Liechtenstein wie der Deutsche Ritterorden einen großen Teil ihres Grund- «nd Waldbesitzes dem Staat und tschechische« Solonisationsgesellschasten abtrctc«. ES handelt sich dabei um folgende Werte: Vom Liechten steiner Großgrundbesitz, der bereits vor vier Jahren aus Grund einer ebensolchen Vereinbarung ungefähr 70 OM Hektar abgetreten hat, weitere 40 000 Hektar. Dem Fürsten werden noch ungefähr SO 000 Hektar in der Tschechoslowakei verbleiben. Der abgetretene Grund- und Waldbesitz entspricht einem Werte von 1,5 Milliarden tschechischen Kronen. Der Deutsche Ritterorden muß von seinem Besitz von 21000 Hektar in der Tschechoslowakei 9000 Hektar abtretcn, was einem Geld wert von ungefähr 80 Millionen tschechische Kronen entspricht. Die Bezahlung des Staates für die übernommenen Güter spielt, da von ihnen verschiedene Abgaben und Steuern abge zogen werden, überhaupt keine Rolle. In nationaler Hinsicht bedeuten diese Enteignungen einen schweren Schlag für die deutsche Minderheit in der Tschechoslowakei, denn sie haben nach einem Ge ständnis des Bodenamtcs in erster Linie den Zweck, eine« Keil in das deutsche Gebiet zu treiben. Demzufolge kommen deutsche Bodenbewerber überhaupt nicht in Betracht. Der beschlagnahmte Boden fällt tschechische» Kolonisationsgeseüschaften und tschechischen Gemeinden zu. Gandhi bleibt fest Der Brief an den Bizekönig fordert Dominion-Status London, 19. August. Nach Abschluß der Frtedens- besprechungen im Gefängnis von Poona hat Gandhi am letzten Freitag einen Brief an den Vizekönig von Indien gerichtet. Der diplomatische Korrespondent des „Daily Telegraph" will wissen, daß der Brief folgenden Inhalt hat: Gandhi erklärt, er sehe ein, daß der Vizekönig und die britische sozialistische Negierung angesichts der starken konservativen und liberalen Opposition vielleicht nicht imstande sein werden, Indien gegen über die Gewähr dafür zu übernehmen, daß das Ergebnis der Konferenz am runden Tisch wirkliche Unabhängigkeit, d. h. der Status eines Dominions, sein wird. Er verlange aber, daß der Vizekönig und die britische Regierung sich ver pflichten, diese Politik am Konferenztisch offiziell zu der ihrigen zu machen. Wenn eine solche Verpflichtung übernommen und durch Gewährung einer Amnestie für alle politischen Ge fangenen bekräftigt würde, dann würden die indischen Nationaliftenftthrer bereit sein, die jetzt im Gange befindliche Bewegung einznftellen. In einem Leitartikel nennt „Daily Telegraph" diese Mit teilung Gandhis ein Ultimatum und sagt, sie bedeute nur eine Wiederholung der unsinnigen Forderungen, die schon vor Monaten gestellt wurden. Das Programm Gandhis sei lediglich insofern geändert worden, als er jetzt nicht mehr dem britischen Parlament, sondern der britischen Negierung ihre Politik diktiere. Der von gemäßigten indischen Politikern unternommene Friedensschritt sei also vergeblich gewesen, und die indische Negierung habe lediglich weiterhin ihre Pflicht zu tun. Stn Msm-SiirlchrnMwiydelvre-ch in Berlin Berlin, 19. August. Ein großer Darlehcnsschwindelprozeß hat heute vor dem Schöffengericht Schöneberg seinen An fang genommen. Angeklagt sind der Kaufmann Bruno Görs, der Lehrer Banse, der Bankkommissionär Paul Zech, der Kaufmann R i e s c n st a h l und der Kaufmann Hinrich wegen fortgesetzten Betruges und Urkuudcusülschung. Sämt liche Angeklagten sind bereits vorbestraft. Ricfenstahl bereits wegen Betruges mit 2 Jahren Zuchthaus und 4 Jahren Ehr verlust. Der Anklage liegt folgender Tatbestand zugrunde: Die Firma Görs und Karsten versprach durch große Zei- tungstnserate vor drei Jahren, jedermann Geld in jeder Höhe „schnell und diskret" zu verschaffen. 1400 Vertreter arbeiteten im ganzen Reich, um Dar» lehensncher an diese Firma zu weisen. Gegen eine Gebühr von 30 bis SO Mark wurde den Leuten, die Kredit in Anspruch nehmen wollten, die Adresse von angeb lichen Geldgebern gegeben, die in Wahrheit aber nichts anderes als Angestellte und Beteiligte der Firma Görs und Karsten waren. Keiner dieser Kaufleute besaß einen Pfennig Geld. Auch sic verlangten zuerst von de» Interessenten eine Gebühr für die Gewährung des Darlehens, das dann nie mals ausgezahlt wurde. Nachdem die Firma auf diese Weise mehrere 100 000 Mark durch Gebühren „verdient" hatte, schritt die Staatsanwaltschaft auf die sich häufenden Betrugsanzetgen ein und strengte gegen die Firma ein Strafverfahren an. Für den Prozeß, in dem mehr als 100 Geschädigte als Zeugen ver- nommen werden sollen, ist eine mehrwöchentliche Berhand- lungSdaucr vorgesehen. §wei weitere Säuglinge tn Lübeck gestorben Lübeck, 1«. August. Wie bas Lübecker Gesundheitsamt mtttetlt, hat sich die Zahl der Todesopfer der mit Tuberkulose- kulturen geimpften Säuglinge um zwei, aus 67 erhöht. Zur Zeit find «och VS Säuglinge krank.