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ZlhöiüniM Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge find erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis betrügt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Mittwoch, den 26. Mai 1886. "Waldenburg, 25. Mai 1880. Die kirchenpolitische Frage. Durch den Puttkamer'schen Gesetzentwurf, nach welchem die sogenannten Maigesetze vom Staate angewandt oder nicht angewandt werden können und wodurch die Kurie zur Annahme eines erträg lichen Friedens auf kirchlichem Gebiete veranlaßt werden sollte, ist der Culturkampf in eine neue Phase getreten. Ob damit der Zweck jedoch erreicht wird, scheint mehr als fraglich. Denn der Unter händler des Papstes, Cardinal Jacobini, soll den Auftrag erhalte i haben, der preußischen Regierung zu eröffnen, daß der Papst das facultative System in der Beibehaltung oder Nichtanwendung ver Mai gesetze mißbillige und seine in dem Schreiben an den Erzbischof Melchers von Köln gewährte Con- cession (Anzeigepflicht für die Anstellung katholischer Geistlichen an die Staatsbehör den) wieder zurückziehe. Der Gesetzentwurf wird, selbst wenn Vorstehendes die endgiltige Meinung des Papstes wäre, einge bracht werden, wenn auch nur, um den deutschen Katholiken zu zeigen, daß der Staat zum Frieden geneigt ist und ernstlich den Frieden will. Bedeutungsvoll für diese Frage ist ein Artikel der „Grenzboten," der aus der Umgebung des Reichskanzlers stammen soll; in demselben heißt es: „Das Papstthum befindet sich in einer gefähr lichen Krisis, welche der einsichtige Inhaber des päpstlichen Stuhles vielleicht besser als alle seine Berather ermißt. In Frankreich entbrennt ein Culturkampf, der extreme Maßregeln der Staatsge walt im Gefolge haben wird. In Italien bemüht sich der regierende, aber in sich selbst gespaltene Nadica lismus, ein Mittel der Einigung zu finden. Leicht kann dieses Mittel die Aufhebung des Garantiege setzes sein. Kurz, die Anerkennung nicht mehr blos der weltlichen, sondern der geistlichen Souveränität des Papstthums schwebt in Gefahr. Die mächtige Welle der Opposition gegen das Papstthum wird unwiderstehlich sein, wenn der deutsche Staatsmann die Führung übernimmt. Andererseits kann nur Fürst Bismarck den sich vorbereitenden Sturm gegen das Papstthum entwaffnen. Der Fürst thut niemals einen großen Schritt ohne moralische Rechtfertigung und augenblicklich dringenden Anlaß zugleich. Er bietet dem Papstthum die Zurückziehung der Mai gesetze an, d. h. der für Nom drückendsten Theile derselben, welche sv lange gelten soll, als Rom einen erträglichen modus vivendi beobachtet. Zum Frie den auf dieser Basis bedarf es keiner Vollmacht für die Executivgewalt zur Suspension und Wiedervoll streckung der Maigesetze nach freiem Ermessen. Wenn nun das Abgeordnetenhaus formalistisch denkt, wenn es Aufhebung und Wiedervollstreckung der Gesetze nur als Gesetzesakt zulaffen will, dann zerstört es die Frucht des Culturkampfes. Der Papst wird Sieger sein, wenn die Maigesetze nur wieder in Kiaft treten können mittels des Wirbelspiels unbe rechenbarer Majoritäten, wenn sie abhängig sind von fortschrittlich-clericalen Jntriguen, hochconservativen Launen und nationalliberalen Unschlüssigkeiten. Der Papst bleibt aber auch dann beinahe Sieger, er er hält sich wenigstens das treue Heer der deutschen Katholiken, wenn der Reichskanzler nicht in den Stand gesetzt wird, diesen Katholiken zu zeigen, daß die Curie den annehmbarsten Frieden haben kann, den der Staat überhaupt zu gewähren im Stande ist, daß sie aber diesen Frieden verschmäht, weil ihr nur die Unterwerfung Deutschlands genügt." "Waldenburg, 25. Mai 1880. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser erfreut sich des besten Wohlseins und widmet sich in gewohnter Weise den Regierungs geschäften. Ueber die Verlobung des Prinzen Wilhelm (ältesten Sohn des deutschen Kronprinzen) verlautet in der Presse gar Manches, aber noch war nichts bekannt über die Art und Weise, wie sie zu Stande kam. Prinz Wilhelm ist ein eifriger Jäger. Im vorigen Jahre folgte er einer Einladung des Her zogs Friedrich von Schleswig-Holstein-Sonderburg- Augustenburg nach Primkenau zur Auerhahn-Jagd. Bei dieser Gelegenheit lernte er die Prinzessin ken nen. Nach seiner Rückkehr entdeckte er seine Neigung seinen hohen Eltern, und so wurde die Angelegen heit verfolgt bis zu einer förmlichen Werbung des Prinzen beim Vater der Braut. So hoch erfreut dieser über den Antrag war, so sehr wünschte er, daß das Paar mit der Hochzeit noch etwas warten möge. So wird wenigstens der „Post" von glaub würdigen Personen erzählt, die über me Angelegen heit unterrichtet sein können. Zur Anlegung deutscher Colonien wird es früher oder später doch noch kommen und kommen müssen. Einem Herrn Overbeck, der früher öster reichischer Consul in Honkong mar, ist es gelungen, sich von drei Sultanen auf Borneo das Souveräni tätsrecht für einen großen Theil der Nordküste von Borneo zu erwerben. Er hat nun einen Plan ausgearbeitet, Borneo zu colonisiren, und sich damit zunächst an die österreichische Regierung gewandt. Diese war auch, wie Overbeck versichert, anfangs nicht abgeneigt, auf seine Pläne einzugehen, brach aber die Verhandlungen ab, als der Einmarsch in Bosnien ihr andere Angelegenheiten nahe legte. Er sucht jetzt die deutsche Negierung für seine Pläne zu gewinnen und der Reichskanzler hat sein Interesse dafür ausgesprochen; desgleichen der Chef der Ad miralität, da auf der Nordkttste von Borneo ein ganz ausgezeichneter Kriegshafen sich befinden soll. Der englische Botschafter Göschen, der die von uns gestern erwähnte Aufforderung der Mächte an die Pforte dem Sultan unterbreiten soll, hat dem Baron Haymerle in Wien eröffnet, er werde nach seiner Ankunft in Konstantinopel sofort eine Audienz beim Sultan nachsuchen und diesem gegen über eine höchst energische Sprache führen, ihm auch rundweg erklären, die Langmuth Europas sei erschöpft, die Pforte müsse greifbare Beweise ihres guten Willens geben, wenn England sie nicht definitiv fallen lassen soll. Der Baron Haymerle versprach den vollen moralischen Beistand seines Cabinets. An der Berliner Universität ist jüngst bei einem juristischen Repetitorium beantragt worden, dasselbe vom Sonnabend auf den Sonntag zu verlegen, da unter den 18 Theilnehmern 14 Juden und nur 4 Christen seien. Dem Anträge habe man auch ent sprochen. Ungarn. In Pest hat am 23. d. die feierliche Enthüllung des Denkmals für den Grafen Stephan Szechenyi stattgefunden. Szechenyi war ein berühmter unga rischer Staatsmann und hatte sichjdurch seine Mitwir kung zur Errichtung einer ungarischen Akademie, der er 6000 Gulden überwies, große Verdienste erworben. Frankreich. In Roubaix sind am 22. d. 2000 Arbeiter in ihre Werkstätten zurückgekehrt, dagegen spuken in Reims neue Streikgelüste. Die für den 23. Mai angekündigte öffentliche Kundgebung (am 23. Mai 1871 wurden bekannt lich die Communemitglieder erschossen) hat sich dar auf beschränkt, daß sich gegen 600 Personen über den Bastillenplatz nach dem Kirchhof Pöre Lachaise begaben und dort, wo die Communisten erschossen worden waren, Kränze niederleg'en. Dabei wurden 16 Verhaftungen vorgenommen, von denen sieben Ausländer betroffen sind. Italien. Von den Nachwahlen sind bis jetzt 132 bekannt; bei denselben wurden 39 konstitutionelle, 73 Mini sterielle und 20 Dissidenten gewählt. Die in Rom gewählten Deputirlen wurden mit den Rufen: „Hoch das Haus Savoyen!" und „Hoch das Ministerium!" begrüßt. Ueber die Thronrede, mit welcher die neue italienische Kammer eröffnet werden soll, ver lautet, daß dieselbe nach einem Rückblicke auf ver schiedene Ereignisse der früheren Legislaturperiode der Kammer empfehlen wird, die Berathung der Gesetzentwürfe über die Abschaffung der Mahlsteuer und die Wahlreform in ihrer ersten Session zu er ledigen. Rußland. Im Prozeß gegen Michailoff, Dr. Weimar und Genossen wurde am 23. d. das Zeugenverhör zu Ende geführt und nachmittags die weiteren Ver handlungen auf den andern Tag vertagt. Amerika. Um der massenhaften Einwanderung subsi stenzloser rc. Personen zu steuern, hatdieNegierung der Vereinigten Staaten einen Gesetzentwurf einge bracht, nach welchem Personen, welche innerhalb eines Jahres vorher Gefängnißstrafe erlitten haben und gegen das Versprechen, nach Amerika auszu wandern, entlassen worden sind, nicht mehr in Amerika landen dürfen. Dasselbe Verbot gilt für solche Personen, welche innerhalb der letzten 6 Mo nate in einem Jrrenhaufe oder Armenhause gewesen sind, oder öffentliche Unterstützungen empfangen haben und schließlich auf solche, welche alleinstehend, nicht im Stande sind, sich zu erhalten. Auf Kosten der Schiffskapitäne, bezw. der Agenten werden die zurückgewiesenen Personen nach ihrer Heimath zu rückbefördert. Dieses Gesetz dürfte, wenn es ange nommen wird, der Auswanderung auch aus Deutsch land einige Schranken setzen. Aus dem MuLdenthale. — Die Amtshauptmannschaft in Glauchau befand sich bisher pachtweise in dem Zennegg'schen Grund stücke daselbst; das Gebäude ist nunmehr vom Staate angekauft worden und wird königliches Dienstge bäude. — In der am 21. d. in Glauchau stattgefun denen Generalversammlung des Erzgebirgszweig- vereins Glauchau-Waldenburg wurde nach einem Hinweis auf den Bericht des Erzgebirgsvereins über seine Thäligkeit über die Casse des Zweigvereins Bericht erstattet; dem Vereine stehen noch 150 Mk. zur Verfügung, wovon 50 Mark den Waldenburger Mitgliedern zur Anbringung von Wegweisern und 50 Mk. einem anderen bedürftigen Erzgebirgsverein überwiesen werden sollen, das übrige Geld aber zur Anschaffung von Generalstabskarten des Erzge- birgs in doppelter Anzahl verwandt werden soll. Es dürfte sich für Vereine, deren Zweck die Ausübung einer öffentlichen Wirksamkeit ist, empfehlen, die Presse etwas mehr zu berücksichtigen. Eine Post karte mit wenn auch nur kurzen Notizen über ge faßte Beschlüsse ist vollkommen genügend und ent-