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Obgleich dic kleine Stadt Mapnooth in der irländischen Grafschaft Kildare mit ihrer einzigen Straße, ihrem schlechten Gasthofe, ihrem alten verfallenen und einem anderen erst in neuerer Zeit erbauten Schlosse, so gut wie der kleinste Flecken Irlands, ihre Traditionen und Legenden anS der Vergangen heit besitzt, so wird doch ihre ganze frühere Geschichte durch den Ruf ihres Seminars verdunkelt, einer Anstalt, die, im Jahre 1798 gestiftet, seitdem das theologische Bollwerk des irischen Katholizismus geworden ist, gegen welches der Protestantismus fortwährend sämmtliche Batteriecn seiner Polemik in Be wegung setzt. Dic Gründung desselben bezeichnete eine neue Aera in der Politik Englands gegen Irland: cs war das erste Mal, daß die Regierung das Dascpn des katholischen Klerus gesetzlich anerkannte; zugleich ihat sie mehr als dies, sie besoldete ihn auch uno gab ihm selbst zum Theil die Mittel, sich fortzupflanzen und gegen die protestantischen Universitäten anzukämpseu. Die Regierung hatte nicht wenig Einwendungen zurückzuweisen, als sie das „königliche Kollegium von Sankt-Patrick" (dies ist der Titel des Semi nars von Mapnooth) durch ein irisches Parlament, das ausschließlich aus Protestanten bestand, dotiren ließ; dieselbe Debatte wiederholte sich, als nach der Union Irlands mit England das Parlament der vereinigten Königreiche diesen Akt zu bestätigen hatte. Ja, man muß, wenn man die Berichte aus jener Zeit nachliest, gestehen, daß die Gegner des irischen Katholizismus mit einem merkwürdigen Blick in die Zukunft begabt waren, und daß alle Ent wickelungen Irlands in unseren Tagen, dic Emancipation der Katholiken, ihr Eintritt in das Parlament, der Kampf der Nepcal und alle Zugeständnisse, die Irland eines nach dem anderen seinen Herren abzwingt, von jenen Gegnern vorhcrgesagt wurden. Indem Pitt, der immer den Katholiken günstig war, die gesetzliche Anerkennung des Seminars von Mapnooth vor schlug, stützte er sich auf die Nothwendigkeit, dic irischen Priester zu nationali- siren, sie jedem fremden Einfluß zu entziehen und durch das Band der Dank barkeit an die Negierung zu fesseln. Er hat sich freilich in dieser letzten Beziehung getäuscht; denn bisher sind die katholischen Priester Irlands eben so gut irisch gesinnt aus Mapnooth hervorgegangcn, als früher aus den Seminaren des Festlandes; ja, die Meisten scheinen hier sogar von einem noch unversöhnlicheren Geiste des Hasses und der Opposition crsüllt zu werden. Aber Sir Robert Peel, nachdem er selbst früher den „Jrrthum" Pitt'S gr- tadelt, glaubt jetzt ihn doch nur dadurch wieder gut mache» zu können, daß er für Mapnooth mehr thut, als Pitt selbst gethan hat. In dem Augenblick, wo die französische Revolution die Seminare des Festlandes den irländischen Priestern verschloß, zählte man deren in diesen Seminaren 308, worunter 27 Lehrer und 408 Schüler waren: in Paris im Oollögs «le« I^vmbarüe» 180, in Nantes 80, in Bordeaux 40, in Douai 30, in Toulouse 10, in Lille 8, in Löwen 40, in Antwerpen 30, in Salamanca 32, in Lissabon 12, in Rom 16. In den sranzösischcn Seminaren, die sie, wie man sieht- vorzugsweise besuchten, nährten die irischen Studenten nicht blos dic Spmpathicen, welche stets Frankreich mit Irland verbunden haben, sondern sie nahmen hier auch die liberalen kirchlichen Doktrinen an, welche ein Vorzug der gallikanischcn Kirche sind und vor denen die heutigen Seminaristen von Mapnooth sich sorgfältig hüten. Die irische Parlaments-Bill vom Jahre 1798 erklärte, „daß cs bisher ungesetzlich gewesen sep, cinc Anstalt zur ausschließlichen Erziehung von Per sonen, die sich zur römisch-katholischen Religion bekenne», zu dotiren, daß es aber jetzt zweckmäßig geworden scy, ein Seminar für die Priester dieser Religion zu gründen; gewisse Kommissaricn sollten daher bcsugt scpn, Sub- scriptioncn und Schenkungen zu diesem Zweck anzunehmen; sic sollten Grund stücke, welche nicht den Werth eines Einkommens von 1000 Psv. überstiegen, ankaufen und die Errichtung und Vertheilung der Gebäude anordnen, die zu Wohnungen für den Vorsteher der Anstalt, die Lehrer, Professoren, Adjunkten und Studenten dienen sollten n. s. w." Man sieht, daß es sich ursprünglich nur darum handelte, dic Gründung des Seminars durch freiwillige Sub- scriptionen zu aulorisiren; aber das irische Parlament bewilligte zugleich eine Subsidie von 8000 Pfo-, welche Bewilligung jedes Jahr von dem Parlament der Bereinigten Königreiche wiederholt ward; ja man erhöhte sie bald auf 9000 Pfv., obgleich die Einkünfte de« Seminars durch Privatschcnkungeu vermehrt wurden, unter Anderem durch eine Rente von 800 Pfd., die Lord Dunbopne, katholischer Bischof von Cork, der Anstalt vermachte, mit der Bestimmung, daß diese Summe zur Unterhaltung von zwanzig Zöglingen, die sich dem Unterricht wivmeten, verwendet werden sollte. Diese jährliche Summe von 9000 Pfo. ist es, vie gegenwärtig für unzureichend erklärt wird. Die Wahl Mapnooih'S war in Hinsicht der Lage nicht glücklich; aber das Lokal war von dem Herzog von Leinster für einen sehr mäßigem MiethzinS angcboten worden; auch schien die Abgelegenheit des OrtcS, fern von dem Geräusch einer Stadt, dc» Gründern des Seminars nicht zu mißfallen. Man beeilte sich, von den Befugnissen der Bill Gebrauch zu machen, und im Monat Oktober 1798 konnte das königliche Kollegium von Mapnooth 80 Se minaristen aufnehmen; ihre Zahl stieg fortwährend: sie beläuft sich gegcnwär. tig auf 480, von denen 280 unentgeltlich als Stipendiaten erzogen werden, die Uebrigcn bezahlen ganze oder halbe Pension. Die Freischüler werden von jeder der vier großen erzbischöfliche» Diözesen Irlands nach Mapnooth ge schickt: 78 von Armagh, 78 von Cashel, 80 von Dublin und 80 von Tuam. Sie müssen 17 Jahr alt sepn und eine Prüfung vor dem Bischof ihrer Diözese bestanden habe». Die Pcnsionaire zahlen 21 Pfd. und die Halbpcnsionaire 10 Pfv. 10 Sh. Die zwanzig älteren Freischüler des Bischofs Dunbopne, welche unter den Freischülern, die am meisten Fähigkeit für den Unterricht ge zeigt, auSzewähie wcrven, dlcibcn nach der Vollendung der gewöhnlichen Studien in der Anstalt als Hülfslehrcr, bis eine Vakanz eintrilt. Sie cr- haltcn jeder 60 Pfund Gehalt, wovon ihnen aber die Hälfte für ihren Unter halt abgezogen wird. Diese drei Klassen von Zöglingen, die zwanzig Veteranen (senior stu- llem»), die Pcnsionaire und die Freischüler, sind denselben Anordnungen unter worfen-, sie tragen alle- vusselbe Kostltm. Dic Disziplin ist sehr streng; es ist den Zöglingen jährlich eine Vakanz von zwei Monaten bewilligt, doch wird cS ihnen schwer, dieselbe außerhalb der Anstalt znznbringen, indem sic dazu der Genehmigung des Bischofs ihrer Diözese bevürscii. Eine höhere Kommission ist mit der Leitung des Kollegiums beauftragt. Sie besteht aus 17 Mitgliedern, zu welchen die vier Erzbischöfe Irlands von NechtS wegen gehören. Unter dcn 13 anderen Mitgliedern befinden sich sieben Geistliche und sechs Laien: der Graf von Fingall, der Graf von Kenmare, der Viscount Gormanüson, Lord French, Sir Patrick Vellew und A. S. Hussey. Im Jahre 1800 wurde noch eine Beaufsichtigungs-Kommission eingesetzt, be stehend aus dem Lordkanzlcr, dcn beiden Oberlichtern der Kings-benek und der Lomman-pleus, dem Oberlichter der Schatzkammer, zwei katholischen Erzbischöfen und dem Grafen von Fingall. Dic Mitglieder derselben sind verpflichtet, alle drei Jahre, und wenn sic sonst von dem Lordlicutenant von Irland außerordentlicher Weise dazu aufgcfordert werde», einen Besuch in dem Seminar zu machen; sie sind befugt, alle Professoren und Zöglinge über die Leitung, das Reglement und die Disziplin der Anstalt civlich zu vcr- nehmen, wobei alle dogmatischen Gegenstände ausschließlich den katholischen Mitgliedern vcr Kommission Vorbehalten bleiben. Aber die Garantie, welche dic englische Regierung in diesen beiden Kommifsioncn gesucht hatte, ist so viel als Null, wie die zwei oder drei ernsten Untersuchungen, die seit vierzig Jahren «»gestellt wurden, beweisen. Die wahren Direktoren von Mapnooth sind die Vorsteher des Seminars, der Vice-Vorsteher und zwei Dekane, welche, immer anwesend, die Studien leieen und das Reglement je nach dcn Umstän den umgestaltcn oder umgehen. Kein Zögling kann einen Brief erhalten, ohne daß er durch ihre Hände geht. Besonders est eS verboten, irgend ein politisches Journal ohne die Erlaubnis des Vorgesetzten cinzuführcn; diese aber wird nie gewährt, indem sich derselbe vorbehält, Alles, was für dic Seminaristen in dcn öffentlichen Blättern von Interesse sepn kann, ihnen selbst vorzulcsen. Kurz, die Zöglinge sind während der ganzen Dauer der Studien rincr klösterlichen Zucht unierworfen. Die dreijährigen Besuche sind nur Formbesuche, die höchstens eine Stunde dauern. Der Lordkanzlcr fragt den Vorsteher, ob cinc Unregelmäßigkeit vorgcfallcn sep, die das Einschreiten der Kommission nöthig mache; dann wendet er sich an die Zöglinge und fordert sie auf, ihre Klagen gegen ihre Lehrer frei auszusprechen, und damit ist der Besuch zu Ende. Die Gegenstände dcs Unterrichts in Mapnooth sind dogmatische Theologie, Moraltheologic, Hebräisch und Erklärung der heiligen Schriften, Natur, geschichte und Mathematik, Logik, Philosophie und Metaphysik, Griechisch und Latein, Französisch und Englisch und endlich Irländisch. Dieser letztere Lehrstuhl wurde von einem Herr» Keenan gegründet, der ausschließlich zu diesem Zwecke 1000 Pfd. vermachte. °) -) Folgende Anekdote zeigt, wie »Mich ein Lehrstuhl silr da« Irländische den Zog-