Volltext Seite (XML)
«5. Weißeritz-Ieitung Dienstag. Erscheint Dienstags und 1 Freitags. Zu beziehen durch alle Post anstalten. Amts- und Anzeige- Klatt der Königlichen Gerichts-Aemter und Stadträthe Z« Jippoldismaldt. /rauenstein und Altenberg. 26. August 1862 Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate di« Spalten-Zeile 8 Pfg. Lcrantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tages-es chichte. Dippoldiswalde. Der Roß- und Viehmarkt am 22. Äugust war von Käufern ziemlich zahlreich besucht, und würde es mehr noch gewesen sein, wenn das schöne Erntewetter nicht Abhaltung geboten hätte. Von Rindvieh war weniger znm Verkauf gestellt, als sonst, und zwar Bullen, Ochsen und Stiere 33 (ver kauft 15); Kühe, Kalben und Kälber 41 (verkauft 14); Pferde 98 (verkauft 20); Schweine 88 (verkauft 85). Die Preise waren durchgehends hoch; unter den gestellten Thieren befanden sich einige dänische Pferde, alles übrige Vieh war Landrace. Dippoldiswalde. Zu der am 28. Aug. begin nenden eilfhundertjährigen Jubelfeier in Teplitz sind für diesen Tag bis zum 1. Septbr. Extrazüge von Dresden nach Teplitz veranstaltet worden. — Im zoologischen Garten zu Dresden, der über haupt in neuerer Zeit mehrfachen Zuwachs erhielt, sind jetzt auch zwei schöne afrikanische Löwen ««gekommen. * Altenberg. Am 21. Aug. ertrank hier das fast dreijährige Kiud des Fuhrmanns Strauß in einem niedrigen, offenen, am Wege stehenden Waffertroge. Jedenfalls wird man nun diese Tröge mit Deckeln versehen und erhöhen. Ein Brückensteg erhält auch nur dann erst eine Barriere, wenn Jemand in den Bach gefallen ist. — Das am Freitag in Börnchen ausgebcochene Schadenfeuer, welches das alte Gericht, die Schmiede (in welcher es ausgekommen) und 4 Ban- ergüter verwüstete, überhaupt 12 Brandstellen hinter lassen hat, konnten wir hier genau, und namentlich dessen rapides Umsichgreifen, beobachten. Aus Wien, vom deutschen Zuristentage, erhalten wir kurz vor Schluß des Blattes noch folgende Mit theilungen, für die wir dem geehrten Einsender herzlich danken. Sie werden unfern Lesern willkommen sein. Wien, dm 23. August 1862. Die großen Männerversammlungen der Neuzeit sind als solche eine ganz interessante Erscheinung. Sie sind alle mehr oder weniger ein Produkt und deshalb die Repräsentanten der nationalen Einheitsgedanken. Nord- und Süd-, Ost- und Westdeutschland reichen sich die Hände, ünd das dem Deutschen bisher fremde Gefühl nationaler Zusammengehörig keit erhält einen prägnanten Ausdruck. Ob Turnerei, Ge sang, Schießübungen, Wissenschaft, Kunst oder sonst etwas der nächste Zweck und Veranlassung dieser Zusammenkünfte sei, scheint mir weniger wichtig, als die Thatsache versam melter Deutscher aus allen Gauen des großen Vaterlands. Gegenwärtig tagen hier die deutschen Juristen; die An meldungen betrugen gestern bereits 1400, darunter sehr viel Sachsen und Preußen. Welche Macht in diesen Associationen liegt, mögen Ihnen die an sich geringfügigen Thatsachen lehren, daß hier fast sämmtliche Eisenbahnen, Dampsschiffahrtsgesell- schaften rc. Fahrtvergünstigungen zugestanden haben, daß an der Grenze (ich fuhr mit dem Extrazuge) keine Paß- und Gepäckrevision stattfand, daß die Wagen von Dresden bis hierher nicht gewechselt wurden rc. Ueberhaupt sind hier die Vorbereitungen für den Empfang des Juristentages wahr haft glänzend, und wir Norddeutschen sind versucht, anzu nehmen , daß die Oesterreicher unter uns die moralischen Er oberungen machen wollen, welche eigentlich Preußen machen sollte. Es Wird nur für einen kleineren Theil Ihrer Leser Interesse haben, das Programm näher kennen zu lernen, auch werden die größeren sächsischen Blätter hierüber Berichte bringen. Nur einer curiosen Spekulation will ich gedenken. Der Photograph v. Anreiter hier hat sich erboten, sämmt liche Theilnehmer des Juristentags unentgeldlich und nur unter der Bedingung des Vervielfältigungsrechtes zü photo- graphiren. Er rechnet dabei natürlich darauf, daß die Meisten ein mehr oder weniger großes Album der hervorragendsten Mitglieder bei ihm kaufen. Doch ist der Gedanke ganz gut. Wien zu beschreiben, erlassen Sie mir, Herr Redacteur. Sie waren ja mehrere Jahre selbst in der hiesigen Staats - druckerei engagirt und werden daher wissen, daß man Wien nicht beschreiben kann, sondern sehen muß. Schön aber ist dieses Wien und das alte Volkslied hat mit seinem: „s giebt nur a Kaiserstadt, s giebt nur a Wien" so recht die öffent liche Meinung von Oesterreich nicht nur, sondern von Deutsch land getroffen. Die neubebauten Glacis sind brillant, mit ungeheuren Kosten hergestellt, — und es ist ein wunderbarer Anblick, von der hochgehenden Südbahn aus das kolossale Häusermeer der 32 Vorstädte zu überschauen. Die Einwoh nerzahl soll jetzt weit über 600,000 betragen. Sonst würden Sie hier Vieles beim Alten finden, die Werkel aus den Straßen (potenzirte Leierkasten), Musikbanden, Tanz unter freiem Himmel, wobei sich vorzugsweise Kinder vom 6. Jahre an mit einer staunenswertsten Fertigkeit betheiligen, Frankfurter Würstel, im Prater die unverwüstlichen Italiener mit ihrem „Käs, Sala- mini ckui-j, Salamutzschi plimn," die Kasperletheater, Rin gelrennen, Taschenspieler, schockweise aus dem Rücken liegende Faulenzer, die das Firmament anstaunen und die letzten Grün de des Seins erörtern, die» die Gäste unaufhörlich belästigen den Händler mit Feuerschwamm, Messern, hölzernen Pfeifen, Seife, Hosenträgern etc., dabei die erbärmlich gehaltenen Pro menaden, die wahrhaften Unmassen wahnsinnig fahrender Fiacker und Omnibus, neuerdings auch Dienstmänner; des Nachts rohe Gesänge auf den Straßen; das Kaffee- und Gast hausleben, das Alles ist inclusive des Esterhazykellers mit sei nen prachtvollen und lächerlich billigen Weinen, aber auch ohne allen Comfort, — noch beim Alten geblieben. Ich be-