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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.08.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-08-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110830026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911083002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911083002
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-08
- Tag 1911-08-30
-
Monat
1911-08
-
Jahr
1911
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Anzeiger»-Prri- »»U« s «l.^ oon a»»wStt, « Pf, Neklamen ll0 Ml. Inserat« oon vehürden tm antt» liche» Teil dl« Petlttell, « Pt «elchSft,an,eigen mit Vla»o,rschriften a. in der Adendauogab« tin Prell« «rhSht. Nabatt nach Laris. Betlagrgebühr Gelamt- aaflag« S Ml. ». Tausend erkl. Poftaebühr. Teildeilage Hoyer. Fekerteilte Austräae können nicht prrtlä» a«,»,«n werden. Kür da» Erschetnen an besttmmten Tagen und Plätzen wird kein« Garantie übernommen. Anzeigen. Annahme: Iotzonniogass« 8. bet sämtlichen Filialen o. allen Annoncen- Stt»«dttton«» de» In. und «»»lande». »r,« und Verla« »»» Fisch« ch KteKrn Inhaber: P»»l Kirsten. Redaktion und SeschSst.ftell«: Iohannisgasse 8. Haum-Fillol, Dresden: Seematze i. l llelephon »SAl. Nr. 240. MittmvÄ. üen 30 Uuguv 19 il. los. Jahrgang. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 6 Seiten. Der letzte Nkt. Es ist sehr wahrscheinlich, das; die Verhandlungen zwischen dem Staatssekretär v. Kiderlen-Wächter und Herrn Cambon erst zu Beginn der nächsten Woche wieder ausgenommen werden, auch wenn der fran zösische Botschafter schon am Donnerstag oder Freitag nach Berlin zuriickkehren sollte. Dass der Reichs kanzler auf einige Tage nach Berlin kommt, ge schieht wohl nicht allein wegen der Marokkoverhand lungen, sondern seine Anwesenheit in der Reichs hauptstadt erklärt sich auch aus der vorübergehenden Rückkehr des Kaisers und aus den militärischen und höfischen Veranstaltungen, zu denen in den nächsten Tagen zahlreiche fürstliche Gäste in Berlin weilen werden. Immerhin ist es denkbar, daß der Reichs kanzler in die Verhandlungen mit Herrn Cambon, der ja bekanntlich ein definitives Programm von Vorschlägen zur Verständigung mitbringt, eingreift. In Paris setzt man in diese persönliche Anteilnahme des Reichskanzlers an den Besprechungen grosse Hoff nungen. Man erwartet davon eine Beschleunigung des Erfolges. Ueberhaupt herrscht an der Seine augenblicklich wieder ein bemerkenswerter Opti mismus wegen des glücklichen Ausganges der deutsch-französischen Differenzen. Ob die Franzosen wirklich Grund zu Optimismus haben, wird sich ja bald zeigen und wird vor allen Dingen davon ab hängen, was für „Kompensationen "in Aussicht ge- nommen sind. Daß das Susgebiet deutschem Einflust nicht entzogen werden darf, beweist wieder einmal folgende Depesche: Madrid, 30. August. (Eigene Drahtmeldung.) Dr. Otto Mannesmann, der jüngste der Brüder, ist gestern in San Sebastian angekomrnen. Er reist morgen nach Casablanca weiter, wo die Mannesmanns ausgedehnte Besitzungen haben. Wahr scheinlich wird sich Herr Dr. Otto Mannesmann un Verlaufe der nächsten Wochen nach Tarudant im Susgebiet begeben, um dort die Inter essen der Mannesmanns wahrzu- nehmen. In San Sebastian ist ferner ein Mit glied Des Aufsichtsrates der spanischen Bergwerks- Gesellschaft. Macpherson, die mit den Mannesmanns Hand in Hand arbeiten, eingetroffen, das gleichfalls morgen die Weiterreise nach Afrika antritt. G Die Marokkofrage vorn« bayrischen Landtag. In der „Münchener Post" wird angekündigt, daß beim Zusammentritt des bayrischen Land tages Ende September die Regierung mit Bezug auf die Marokkofrage von der Sozial demokratie um Auskunft gebeten werden wird, welche Stellung die Regierung im Bundesrats- ausschust in dieser Angelegenheit einnehmen werde. Die Spanier in Melilla. Die Kämpfe, die die Spanier um den Besitz ihrer nordmarokkanischen Kolonie Melilla zu führen haben, sind ernster, als man anfänglich annahm. Die Niffleute, die unter der Führung geschickter Agi tatoren aufgereizt wurden, verfügen über beträcht liche Streitkräfte, so dast die Spanier wieder einen förmlichen Feldzug in das Innere unter nehmen müssen. Eeneralkapitän Alfaru hat eine Streitmacht, die aus eingeborener Polizei und spa nischen Truppen besteht, zusammengestellt, um eine v Unk -er Glllüwsge. 20) Roman von Marie Stahl. (Nachdruck verboten.) „Liebe Hulde, bist du tn Kuno enttäuscht? Ist es seine Schuld, dast du ihm nicht mehr dein Ver trauen für eine lange Wartezeit schenken willst?" fragte er, immer in demselben freundlichen Ton. „Ich weist, Kuno kann nicht anders denken und handeln: es wäre halber Selbstmord für ihn, wenn er seine Karriere aufgeben und mit mir im Ausland sein Glück versuchen sollte", erwiderte sie ausweichend. ..Doch ebenso ist es halber Selbstmord für mich, wenn ich mich in die klägliche Abhängigkeit dieser langen Verlobung fügen soll, bei deren Schluh ich es als alterndes Mädchen wie ein Gnadengeschenk hin nehmen must, wenn er mich mit einer abgestandenen Liebe und halb aus Pflichtgefühl heiratet. Es mag Frauen genug geben, die sich mit einem solchen Los zufrieden geben und sich noch glücklich schätzen, aber ich meine, kein Mädchen mit Selbstgefühl sollte sich in solcher Weise auf Gnade und Ungnade des Mannes stellen lassen. Ich frage dich, Alexander, wie wird ihre Stellung in der Ehe sein?" „Aber ich bitte dich, jede Frau ist doch mehr oder weniger in der Ehe vom Manne abhängig, das kann ja gar nicht anders sein", antwortete Alexander. „Es kann anders sein und es soll anders sein. Wenn ich mich meinem künftigen Mann füge, so will ich es aus Liebe tun und nicht aus Zwang. Das Gefühl, auf Gnade und Ungnade auf ihn angewiesen zu sein, würde jede Liebe und jedes Liebesglück in mir töten. Sieh mal, ich glaube, in Freiheit und Selbständigkeit könnte ich mrchstückweise kreuzigen für den, den ich liebe, aber in Anhängigkeit von ihm würde ich widersetzlich und unausstehlich werden. Ich habe mir Kläre zum Muster genommen, ich will werden wie sie. Ebenso tüchtig und ebenso selb ständig auf eigenen Füßen stehend. Das kann ich al» Kunos Braut nie." Sie war lebhaft geworden, und ihre traurigen Augen fingen an, sich aufzuhellen und zu leuchten. „Kläre? Fräulein Hübner?" fragte er erstaunt. „Ja, sie ist mein Ideal. Ich habe sie rasend gern. Mir kam es so vor, als hättest du sie auch sehr gern. Findest du sie nicht entzückend?" „Hat sie dir zu diesem Schritt zugeredet oder -ich Strafexpedition gegen die Zubialeute, die in den letzten Kämpfen sich besonders hervorgetan hatten, zu unternehmen. Telegraphisch wird gemeldet: Melilla, 30. August. Gestern besetzten die spani schen Truppen eine günstige Stellung. Sie fanden die Leichen zweier vermisster Soldaten. Das zur Züchtigung der Angreifer an Uedkert abgesandte Detachement brannte nach einem Gefecht mit den Marokkanern zwei Duars nieder. Die Züchti gung der Rebellen wird fortgesetzt. Eine berechtigte Llblchüttetung. Wolffs Sächsischer Landesdienst verbreitet fol gende bemerkenswerte Kundgebung des sächsischen Landeskulturrats: Die beispiellose Trockenheit dieses Sommers hat eine Futternot im Gefolge, die eine genügende Ernährung der vorhandenen Viehbestände vielfach geradezu in Frage stellt. Um nun die der Volks ernährung drohende Gefahr nach Möglichkeit abzu wenden, hat es der Landeskulturrat für seine Mlicht gehalten, die Landwirte zu ermahnen, kein Mittel unversucht zu lassen, um die Viehbestände in ihrem jetzigen Umfange zu erhalten. Unter anderem wurde empfohlen, die Stoppelfelder sofort nach der Ernte umzubrechen und mit geeigneten Futterpfl anzen zu besäen, LamitHerbst- futter in entsprechenden Mengen zur Verfügung steht. Der Landeskulturrat war sich dabei wohl bewusst und hat es auch ausdrücklich betont, dast eine solche Massnahme nur von Erfolg begleitet sein konnte, wenn baldigst reichliche Niederschläge eintreten würden. Das ist leider nicht geschehen. Die Be stellung der Felder ist infolgedessen umsonst erfolgt, den Unkosten steht kein Ertrag gegenüber. In einer Versammlung der Milchinteressenten in Leipzig ist nun gegen die Landwirte der Vor wurf erhoben worden, „sie schrieen bloss immer, aber keiner bemühe sich ernstlich, den Ratschlägen des Landeskulturrates nachzukommcn: mit der Futternot sei es gar nicht so schlimm, wenn nur rechtzeitig die geeigneten Massregeln getroffen würden". Demgegen über muss betont werden, da» die sächsischen Land wirte mit Recht behaupten können, dass sie sich keine Nachlässigkeit.in dieser Hinsicht haben zu schulden kommen lassen. Man möge einmal hinau». wandern durch die Fluren! Ueberall wird man be stellte Felder finden, von grünen Aeckern ist freilich nur selten etwas zu sehen, da die ausgestreuten Samen infolge der Trockenheit gar nicht zum Auf gang gelangt sind. Derartige jeder Begründung ent behrende Beschuldigungen müssen deshalb mit Ent rüstung zurückgewiesen werden." palitlsthe Nachrichten. Abreise des schwedischen Königspaares von Stettin. * Stettin, 30. August. Um 1>?/« Uhr begaben sich der König und die Königin von Schweden nach der Liegestelle des schwedischen Panzerschiffes „Oskar ll." an der Hakenterrasse. Der Kaiser, die Kaiserin und sämtliche anwesenden Prinzen und Prinzessinnen gaben den schwedischen Majestäten das Geleite. Die Verabschiedung war überaus herz lich. Nach 11 Uhr verliess das schwedische Panzer schiff den Hafen. Der Kampf in der Metallindustrie. Berlin, 30. August. (Eig. Drahtmelü.) Die für gestern anaekündigte Versammlung der Ber liner Metallindustriellen, in der über eine eventuelle Aussperrung Beschluss gefasst werden sollte, trug streng vertraulichen Charakter. Die Befchlüsse werden erst im Laufe des heutigen Tages bekanntgcgeben. In den Kreisen der Berliner Metallindustriellen fasst man Die Lage als ernst, aber nicht als kritisch auf. Wie es heisst, traten besonders die Vertreter der Berliner Firmen dem Gedanken einer Generalaussperrung ent, chi« - den entgegen. Im Gesamtverbandc wird diese Anschauung nrcht ganz geteilt. Der Metallarbeiter verband, der bei der Aussperrung in erster Linie in Frage kommt, hat in der letzten Zeit derartig an Mitgliedern gewonnen, dass er heute die halbe Million überschritten hat, doch werden die Kassenverhältnisse nicht so glänzend bezeichnet, um für Len Riesenkampf auszureichen. Fürstenbegegnung. * Rom, 30. August <E. D.l Aus Hofkreisen ver lautet. dass zwischen König Georg von England und König Victor Emanuel von Italien eine Zusammenkunft auf dem Mittelmeere statt finden werde, sobald der englische König seine Reise nach Indien angetreten haben werde. Das ganze Ge schwader wird den König begleiten, um der der Be grüssung zugeoen zu sein. Die Begegnung soll zwischen Neapel und Messina stattfinden. Drohender Erubcnarbeiterstreik in England. * London, 30. August. lE- D.j Ein neuer Riesenstreik droht in England auszubrechen. Es verlautet, dass die Verernigung der Gruben arbeiter Erossbritanniens. die einen Teil des Rationalen Bundes von England ausmacht, am Sonnabend in einer in Cardiff abzuhaltenden Versammlung den Generalstreik beschliessen werde. In diesem Falle würden über 100000 Grubenarbeiter in Lancashire in den Ausstand treten. Man befürchtet daher wieder grössere Unruhen. Der Raudmürüer Kliemann geltsnüig. * Leipzig, 30. August. Wie wir heute früh durch Extrablätter bekannt geben konnten, hat der seit dem 19. August in Unter suchungshaft befindliche Kutscher Kliemann gestern abend dem die Untersuchung führenden Staatsanwalt ein umfassendes Geständnis abgelegt. Danach hat er Len Zigarrenhändler Beug in Der Zweinaundorfer Strasse 6 am 25. Juni d. I. er würgt und dann beraubt. Wir haben in den letzten Tagen bereits mehrfach über Liese Angelegenheit berichtet und unsere Leser auf dem Laufenden erhalten. Kliemann hat, wie wir hören, bis zum letzten Augenblick die Tat hart näckig geleugnet und immer behauptet, er sei völlig unschuldig. Die Staatsanwaltschaft hatte aber in den letzten Tagen so gravierendes Material herbei geschafft, dass die Täterschaft Kliemanns äusser Frage stand. Dennoch leugnete Kliemann auch gestern noch hartnäckig, und erst als ihm das Material vor gehalten und ihm dann nahegelegt wurde, doch sein Gewissen zu erleichtern, brach er völlig zusammen und legte ein umfassendes Geständnis ab. beeinflusst zu diesen — diesen immerhin für dein Alter merkwürdigen Ansichten?" „Nicht mit einem Wort. Es ist nur ihr Beispiel und ihre Person, die mir die Augen öffneten über mich selbst. Ich sah ein, dass ich nur aus meine und nie auf Kunos Weise glücklich werden kann. Onkel Gebhard will mir helfen, dass ich etwas Tüchtiges lerne, dann werde ich wie Kläre mein eigenes Brot verdienen und sehr stolz darauf sein. Aber du hast meine Frage nicht beantwortet, ob du Kläre nicht ebenso bewunderst wie ich." Alexander erhob sich und trat an die offene Fenstertür. „Es ist sehr beachtenswert, was sie leistet", er widerte er scheinbar kühl. „Na, höre mal so spricht man von dem ersten besten Dienstboten. Ach, stelle dich Loch nicht so, Alex, ich bin doch nicht blind und habe gesehen, wie gern du sie magst. Es ist ja auch ganz natürlich. Sag' mal, hast du eine Ahnung, was sie erlebt hat? Es muß etwas sehr Schreckliches, furchtbar Trauriges ge wesen sein, denn sie kann gar nicht davon sprechen. Als ich sie einmal fragte, wurde sie totenblass und bat mich, nie wieder Davon zu sprechen. Aber sie oer- sichert» mir, es sei nichts Unrechtes von ihrer Seite. Sie tut mir schrecklich leid." Alexander wandte sich jäh um und trat gerade vor seine Cousine. „Hulde, ich bin nicht hergekommen, um über Fräulein Hübner mit dir zu sprechen, sondern über ganz andere Dinge," sagte er mit Nachdruck. „Aber La Lu nun einmal Dieses Thema berührt hast und mir sehr viel ernster und verständiger zu sein scheinst, als ich bisher angenommen, will ich Dir ein Wort tm Vertrauen sagen. Es freut mich, Dass du Fräulein Hübner so gern hast, es ist ein Zeichen von deinem klaren Verstand und gesunden Urteil. Ich will keineswegs meine Verehrung für Liese Dame leugnen, du hast ganz richtig beobachtet, aber du wirst ein sehen, dass ich mit Aeusserungen darüber sehr vorsichtig sein muss. Und darum darfst du auch keine Bemer kungen zu anderen machen." „Alex," rief Hulde, beide Hände auf di« seinen legend, wobei sie ihm gerade in die Augen sah, „mir darfst du vertrauen, ich schweige wie das Grab! Nicht wahr, du hast Kläre sehr lieb? Ich habe es doch gesehen. Ach. es wäre zu entzückend, wenn wir später noch einmal Schwägerinnen würden!" Alexander entzog sich ihr mit einer jähen, fast erschrcctenen Bewegung. „Kind, was redest Lu da) Du bist ja ganz unver nünftig! Dein sonst gesunder Verstand muss Dir sagen, wie töricht solche Gedanken sind. Du weisst Loch, dass ich die grosse Staatskarriere machen will; da habe ich wahrhaftig andere Ziele und Pläne im Kopf. Du bist wohl ganz von Sinnen!" Hulde liess enttäuscht die Hände sinken. „So seid ihr Männer," sagte sie mit einem Seufzer. „Erst kommt immer die Karriere und zehnmal ihr selbst: wir kommen erst in letzter Linie. Darum können wir gar nichts Besseres tun, als uns so wenig wie möglich um euch zu kümmern, wo es auch auf Die Entscheidung unseres Wohls und Wehs ankommt." „Du hast doch hoffentlich noch niemand und am wenigsten zu Kläre selbst über diesen Uizsinn ge sprochen?" fragte Alexander besorgt. „Du kannst ruhig sein: als ich nur einmal die leiseste Andeutung a.^gen Kläre wagte, wurde sie fast grob und sagte noch energiichcr als Lu. Das sei Wahn sinn, sie dächte gar nicht daran. Aber weisst du, dar auf gebe ich nicht viel. Und eines sage ich Dir: du wirst nie eine bessere Frau als Kläre bekommen. Die so in jeder Beziehung zu Dir passt. Und sie ist doch eine entzückende Person! Oh, ihr Männer seid dumm, dass ihr nicht alles daransctzen könnt für eine grosse, echte, schöne Liebe!" „Liebes Kind, der Wert Des Mannes gipfelt in der Kraft seiner Leistungen für das Allgemeinwohl und den Kulturfortschritt. Glaubst Du, ein rechter Mann kann sich mit einer Liebe begnügen, sei sie auch noch so echt unD gross, dessen beste Arbeitsfähig keit brach liegen bleiben müsste? Dt« Liebe ist nicht das allein Erstrebenswerte, wie sich das so im Kopf eines jungen Mädchens ausmalt. Sie ist nur das krönende Ornament auf dem Bau unserer Lebens arbeit, und weh«, wenn dieser Bau nicht feste Funda mente hat! Der beste Kitt für diese Fundament« ist immer der vergossen« Schweiß und das Herzblut, das wir bei der Drangabe unserer ganzen Person ver giessen. Es ist eine alte, tiefe Mythe, dass man «in Liebstes lebend bei einem solchen Bau einmauern soll, um ihn widerstandsfähig zu machen gegen Feuer, feindliche Geschoss« und alles Toben der Elemente. Und sieh mal, bist du nicht auch im Begriff, dein« Liebe lebendig «inzusargen in die Grundmauern Ueber Die Person des Mörders erfahren wir noch folgendes: Kliemann ist «in recht übelbeleumundeter Mensch. Die EelLausgaben, die Kliemann an: Tage nach dem Morde gemacht hat, standen in gar keinem Verhältnis zu seinem Ver dienst. Kliemann war vor dieser Zeit nur wenige Tag« als Kutscher in einem Geschäft der Weststrasse in Arbeit gewesen und bekam bei seiner Entlassung nur einen geringen Betrag ausgezahlt. Vorher war Kliemann längere Zeit arbeitslos gewesen bzw. hatte er nur vorübergehend gearbeitet. Gespartes Geld stand ihm nicht zur Verfügung. Er hatte im Gegen- teil überall Schulden. Die Gläubiger liefen in seiner vorletzten Wohnung (in der Nähe des Beugschen Geschäftes) aus und ein. Auch seine Wirtin konnte nur schwer die wenigen Mark Miete von ihm erhalten. Bei seinem Einzuge in diese Wohnung suchte Klie mann die Wirtin schon um zwanzig Mark anzuborgen. In der Hauptsache war es Die Frau des Kliemann, die für den Lebensunter halt Sorge tragen musste. Der in den dreißiger Zähren stehende Mensch hatte seine Stellungen immer nur einige Tage inne, weil er erstens keine Arbeits lust hatte und weil er dann nicht ehrlich war. Die Polizei hat sich mit ihm wegen Unterschlagung und Hehlerei bereits früher beschäftigen müssen. Uebrigens ist Kliemann erst vor kurzem gerichtlich mit 6 Wochen Gefängnis bestraft worden. Er hatte einem aus ländischen Logiskollegen, der neben ihm wohnte, den Schreibtisch aufgebrochen und 20 <<t daraus entwendet. Damals schon, es war kurz nach Ostern, wurde Klie mann in Haft genommen. Er hat zwar nach seiner Verurteilung Berufung eingelegt, doch ist sie aus sichtslos, denn für den betreffenden Diebstahl kommt nur er in Frage. Schon seinen Pflegeeltern hat er schweren Kummer zugefügt: später hat er dann seine Frau in niederträchtiger Weise behandelt, so daß sich diese schließlich von ihm kennte. Nach verschiedenen Aussagen ist Kliemann ein heimtückischer, hinter listiger Mensch: an Tierquälereien fand er ein be sonderes Vergnügen. Auch gegen seine vorletzte Wirtin wurde Kliemann mehrere Male rabiat. Die Frau, die ihn nicht zum Ausziehen bewegen konnte, hatte vor ihm um polizeilichen Schutz gebeten. Nus Leipzig unü llmgegenü. Leipzig. 30. August. Wetterbericht der König!. Sachs. Landeswetterwarte zu Dresden. Voraussage für den 31. August. Nordwesttoinde, wolkig, kühl, teilweise Regen. Pöhl berg: Glänzender Sonnennnter- und -aufgang, Himmelssärbung gelb. Fichtelberg: Glänzender Sonnenunter- und -aufgang. Abendrot, Himmelsfärbung gelb. deines Zukunftsbaues? Du wirst seben. welche magische Kraft und Festigkeit ihm das gibt. Vielleicht sind wir beide in derselben Lag«. Dann wollen wir uns stumm die Hände drücken und uns ohne viel Worte verstehen." „O Alex!" rief Hulde. und ihre Augen glänzten wieder feucht. „Es ist doch anders bei mir. Ich kann mich nicht anders retten, aber du bringst Das Opfer freiwillig. Ich kämpfe um die Notdurft, aber Du aus Ehrgeiz für den grossen Ueberfluss." „Kind, unter Zwang stehen wir alle," erwiderte er mit schwerer Betonung. „Auf der großen Wage der höheren Gerechtigkeit fallen vielleicht unsere Motive in dieselbe Schale. Und nun lebe wohl, wir wollen Lute Freunde und Kameraden bleiben. Von dieser stunde an. die uns viel näher zusammen gebracht hat. weiß ich, dass du eine tapfere, kleine Seele bist, uns ich glaube, cs wird mal etwas Ordentliches aus dir. Und — sei recht lieb zu ihr und halte gute Freundschaft auch mit ihr. Sie ist innerlich einsam." „Za. das will ich tun. Alex. Ich hab« sie sehr lieb. Lebe wohl!" Alexander schloss seine Cousine herzlich in di« Arme und küsste sie auf die Stirn. „Armer Kuno, deine Sache steht schlecht." be merkte er dabei. „Aber ich hoffe, wenn ihr beide ausgereift seid, wendet sich Doch noch alles zum Guten. Du hast wahrscheinlich sehr recht, wenn du ihm die Sache nicht so leicht machst." * * * Am folgenden Tage, mitten in bedrängter Arbcitszeit. erhielt Alexander ein Billett von Sanna. Er las mit Erstaunen: Heut abend 6 Uhr St.-Annen-Gasse 44, drei Treppen, bei Frau Schneiderin Helbig. Die Person ist durchaus zuverlässig, war früher Zofe bei Mama. Bitte, klingle dreimal als Erkennungszeichen. Ich hoffe, pünktlich s«in zu können; sollt« ich aber bis einhalbsieben Uhr nicht da sein, wart« nicht länger, dann hatte W eine Abhaltung, und du mußt auf weitere Nachricht warten " Ein- Unterschrift trug das Gekritzel nicht. Dar sichtlich mit verstellter Handschrift geschrieben war. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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