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69. Jahrgang. Donnerstag, den 22. Januar 1903 Nr. 10. Verantwortlicher Redakteur: Paul JeljNL. - Mil achtseitkzem „Illustrierte« Anterhaltungsblatt". - Druckt und Verlag von Carl Jelpre in Dippoldiswalde. Mit land- und hauswirtschaftlicher Monats-Beilage. Die .Weitzeritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal : Dienstag, Donners tag und Sonnabend und wird an den vorhergehcn- denAbenden ausgegeben. Preis vierteljährlich 1 M. 2b Pfg-, zwcimunatlich 84 Pfg., cinmonatiich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. Alle Postan stalten, Postboten, sowie unsere Austräger nehmen Inserate, welche bei d«r bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 12 Pfg., solche aus unserer Amtshaupt mannschaft mit 10 Pfg. die Spaitzeile oder deren Raum berechnet. - Ta- bcllarische und kompli zierte Inserate mit ent sprechende m Aufschlag. — Eingesandt, im redaktio nellen Teile, die Spalten zeile 20 Pfg. MHerih-Mtung Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. Amtsvlatt für die Königliche UmtshauptmamMt, das Königliche Umtsgericht und den Stadtrat za Dippoldiswalde. FelSverPachtmig Die städtischen Feldparzellen Nr. 627 und 628 am Elender Wege (früher Herrn Liebscher gehörig) sollen Sonnabend, den 24. Januar 1903, vormittags 11 Ahr, im Sitzungszimmer des Rathauses öffentlich verpachtet werden. Pachtbedingungen werden im Termin bekannt gegeben. Dippoldiswalde, am 20. Januar 1903. Der Siadtrat. Voigt. Zu den schwebende» Etats- und Finanz fragen. Am vergangenen Montage hat gleichzeitig im Reichs tage und im preußischen Abgeordnetenhause die allgemeine Etatsdebatte begonnen, die in beiden Parlamenten zweifel los auch diesmal, wie dies nun einmal leidiger Brauch geworden ist, hundertlei Dinge mehr oder weniger be rühren wird, die mit den Etatsangelegenheiten so gut wie gar nicht Zusammenhängen. Uni so lebhafter ist aber angesichts dieser herkömmlichen Abschweifung der ersten Etatslesung auf ganz andere Gebiete des öffentlichen Lebens zu wünschen, daß hierbei wenigstens die eigent lichen Etats- und Finanzprobleme im Reiche und in Preußen nicht zu kurz kommen. Spiegeln doch gerade die jetzigen neuen Etats im Reichstage und im preußischen Landtage genugsam die seit mehreren Jahren immer un günstiger gewordene finanzielle Lage des Reiches, resp. des preußischen Staates wider, welcher ja übrigens der mißliche Stand der Staatssinanzen auch in den meisten anderen deutschen Einzclstaaten entspricht. Es kann darum nur dringend erwartet werden, daß in den gesetzgebenden Körperschaften die bestehende Finanzmisere und die Frage, wie ihr erfolgverheißend abzuhelfen, jetzt eine recht reif liche und zugleich sachliche Erörterung erfahre, dies ist ge wiß viel notwendiger und von viel größerer praktischer Wichtigkeit, als wenn in den Generaldebatten über den Etat Vorgänge wie der „Fall Löhning" und sonstige weltcrschütternde Themata breitgetreten werden. Ganz besonders hat das unstreitig von den Reichsfinanzen zu gelten, die durch den Reichshaushaltsetat für l903 eine grelle Beleuchtung erfahren; derart, daß letzterer zu den ungünstigsten Budgets gehört, die je der deutschen Volks vertretung unterbreitet worden sind. 46 Millionen Mark Defizit aus dem Jahre 1902, geringere Ueberweisungcn des Reiches an die Einzelstaaten als sonst, steigende Aus gaben im ordentlichen Etat und die zur notdürftigen Bilanzierung des Etats in Aussicht genommene „Zuschuß- anleihe" von 95 Millionen Mark — das sind kleine Einzelstriche in dem überaus unerfreulichen Gesamt gemälde des Reichsetats für 1903! Verschiedene Momente haben vereint zu dessen ungünstiger Gestaltung beigetragen, nicht zum wenigsten die noch immer andauernde Stockung im deutschen Wirtschafts- und Erwerbsleben, unter der naturgemäß auch die Einnahmen des Reiches wie der Einzelstaaten zu leiden haben. Während so die Reichs einnahmen an einigen Punkten zurückgegangen sind, weisen umgekehrt die Ausgaben der Reichssinanzverwaltung mehrfach eine nicht unbeträchtliche Steigerung auf, außer dem müssen, wie schon erwähnt, bedeutende Neste der Reichsdefizits der zuletzt vorangegangcncn Jahre noch mit in das nene Etatsjahr hineingeschleppt werden. Ange sichts einer solchen Sachlage wird der Reichstag den neuen Etat vor allem vom Standpunkte strengster Sparsamkeit aus zu prüfen, und alle Forderungen, die nicht genug begründet sind, zu streichen haben. Freilich ist aber schon bei Aufstellung des Reichsbudgets nach dem Grundsätze weitgreifender Sparsamkeit verfahren worden, so daß dem Parlament schwerlich noch viel zu knausern übrig bleiben wird, das absolut Notwendige muß eben doch bewilligt werden. Es gilt also, sich noch nach anderen Mitteln umzusehen, um das drückende Reichsdisizit allgemach .herabzumindern und die Neichssinanzen wieder zu kräftigen, -wobei in erster Linie an neue Einnahmequellen zu denken wäre. Man wird ja jetzt hören, ob da die Reichs finanzverwaltung in dieser Beziehung schon irgendwelche bestimmtern Pläne in petto hat, was bislang hierüber verlautete, trug doch nur den Charakter bloßer Mut maßungen. Was die Erträgnisse aus den neuen Zöllen anbetrifst, so haben dieselben einstweilen noch außer Be tracht zu bleiben, es kann doch erst nach dem Inkraft treten des neuen Zolltarifs einigermaßen übersehen werden, was an Mehrerträgnissen desselben zur Bilanzierung des Neichsbudgets künftig verfügbar wird. Jedenfalls werden alle Bemühungen, die Reichsfinanzen wieder zu heben, so lange Stück- und Flickwerk bleiben müssen, als die definitive Neuregelung des finanziellen Verhältnisses des Reiches zu den Bundesstaaten auf sich warten läßt. Nur die nun schon seit Jahren angeregte Reichsfinanzreform, die Selbstständigmachung des Reiches in finanzieller Hin sicht und die endgiltige Neugestaltung seiner finanz politischen Beziehungen zu den Einzelstaaten, vermag aus dem gegenwärtigen Elend der steigenden Defizits und der fortgesetzten Vorgwirtschast im Reiche wieder herauszu helfen. Gern mag man zugestehen, daß augenblicklich die Zeiten zu einer derartigen einschneidenden Reformmaß nahme noch immer ungeeignete sind, einmal jedoch werden die verbündeten Regierungen und der Reichstag wohl oder übel ernstlich an diese dringliche Frage heranzutreten haben. — Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. In der Zeit vom 1. bis 15. Januar ist im gesamten Königreich der Milzbrand in 21, die Pferderäude und die Schafräude in je einen: Gehöfte aufgetreten. Der Verwaltungsbezirk der Amtshauptmann schaft Dippoldiswalde blieb in der Berichtszeit von an steckenden Tierkrankheiten verschont. — Die Baumwärterknrse in Bautzen und Rötha beginnen Heuer am 23. bez. 16. März. Bei den großen Vorteilen, welche die Möglichkeit der leichten Erlangung eines tüchtigen, gut ausgebildeten Vaumwärters für die meisten Obstbautreibenden haben muß, machen wir auf die betreffende Bekanntmachung in heutiger Nummer dieser Zeitung besonders aufmerksam. Wo zur Zeit kein Vaum- wärter vorhanden, sollte es deshalb keine Gemeindebehörde und kein landwirtschaftlicher Verein versäumen, sich nun mehr umgehend nach geeigneten Persönlichkeiten umzu sehen und deren rechtzeitige Anmeldung zu veranlassen. — In der Hauptversammlung des Männer gesang- vereins verlas zunächst Herr Kassierer Schubert als Schriftführer den Jahresbericht, der erkennen ließ, daß den Vereinsmitgliedern durch die Pflege des Gesanges manch schöne Stunde bereitet worden. Der Kassenbericht des Herrn Aktuar Schmidt ergab einen Umsatz von 2000 Mark. Bei der Vorstandswahl fielen fast alle Stimmen auf die Herren Heil, Schmidt, Schäfer, Schiffner, Renger, Ing. Müller. Von dem Gesamtvorstande wurden sodann mehrere Anträge eingebracht und von der Ver sammlung angenommen. Das diesjährige Fastnachts- oergnügen soll am 23. Februar in der Reichskrone statt finden. — Bei günstigster Witterung feierte am Dienstag der Eisklub auf prächtig erleuchteter Schlütschuhüahn sein Stiftungsfest. Es war ein prächtiges Schauspiel, die wiegenden Gestalten auf der glatten Fläche nach dem Takte der Musik dahingleiten zu sehen. — Die Kaiserfcier, welche der hiesige König!. Sächs. Militäroercin für nächsten Sonntag vorbereitet, wird eine öffentliche sein. Mit einer für die Oefsentlichkeit berech neten Feier des Geburtstages des Kaisers dürfte man den Wünschen der Bewohnerschaft entsprechen. Wenigstens haben sich bisher öffentliche patriotische Veranstaltungen genannten Vereins immer eines sehr lebhaften Zuspruchs namentlich auch von Nichtmitgliedern, erfreut. Das Pro gramm für das geplante Fest — mit dem man sich jetzt bereits bekannt machen kann, da es, übrigens auch im Druck geschmackvoll ausgeführt, im Vorverkauf statt Ein laßkarte bei den Herren Produktenhändler Anders, Bäcker meister Baumgarten, Handelsmann Kalenda und Riemer- meister Nitzsche zu erlangen ist — darf als gehaltreich bezeichnet werden und verheißt einen unterhaltungsreichen Abend. Es weist neben einer Anzahl musikalischer Dar bietungen ein größeres und zwei kleinere Theaterstücke, sowie eine humoristische Soloszcne auf. Allem Anscheine nach wir» der Besuch der Festlichkeit ein sehr reger werden. - Mit der vom 6. bis mit 8. März stattfindenden Gcflügelausstellung wird auch wieder eine Verlosung verbunden sein, wozu die Lose bereits in Betrieb gesetzt sind. Diese Lotterie hat sich bei allen der bisherigen 17 Ausstellungen, die der Geslügelzüchtcrvcrein veranstaltete, großer Beliebtheit zu erfreuen gehabt. Und dies mit Recht, da die Gewinne im Verhältnis zum Einsatz recht nennenswert sind. So wird auch diesmal wieder der Hauptgewinn, 1 Hahn mit 4 Hühnern, den Wert von 25 Mk. repräsentieren und die vielen Gewinne, welche in 1,1 bestehen, nicht unter 10 Mk. betragen. Ebenso sind die Taubengewinne reichlich bemessen. Ueberhaupt aber muß nach den: behördlich genehmigten Verlosungsplan sämtliches Losgeld, nur mit Abzug der Stempelsteuer und der Druckkosten, zum Ankauf von Gewinnen verwendet werden. Glashütte. Vorigen Sonntag hatte sich eine An zahl Herren von: Verband Deutscher Uhrmacher hier ver sammelt, um in Gemeinschaft mit hiesigen Fachgenossen und dem Aufsichtsrate der Deutschen Uhrmacherschule hier über die Feier des 25jährigen Bestehens derselben zu be raten. Dieselbe soll Mitte Juni stattsinden. Gleichzeitig soll auch der Verbandstag hier gehalten werden. Diese Tage dürsten eine große Teilnehmerzahl aus allen Gauen Deutschlands nach hier führen, da auch gewiß verschiedene frühere Schüler sich beteiligen werden. — Am Sonntag und Montag fanden im „Goldnen Glas" Vorführungen transparenter Bilder aus dem Leben Jesu statt, welche sehr gut besucht waren. Die mit er läuternden Erklärungen des Herrn Pfarrer Lindner vor geführten Bilder fanden viel Anerkennung; auch trugen die jedes Bild begleitenden passenden Gesänge der Schul kinder viel zu der weihevollen Stimmung bei. Dresden. Der Allgemeinzustand des Königs ist befriedigend. — Mit dem König werden die Königin- Witwe und Prinzeß Mathilde Mitte Februar bez. Anfang März an der Riviera Aufenthalt nehmen. Dresden. In frecher Weise wurden vorige Woche die Geräte zur Haustaufe der hiesigen Lukasgemeinde entwendet. In einem Hause hatte eine Taufe statt gefunden, wovon der Dieb Kenntnis gehabt hat, denn er begab sich alsbald nach der kirchlichen Handlung zu der betreffenden Familie und verlangte die Geräte. Die Dienstboten hielten den Dieb für den erwarteten Kirchen beamten, der die Geräte abholen sollte, und händigten ihm das Futteral mit den Taufgegenständen aus; ja man gab ihm sogar noch ein anständiges Trinkgeld. Die ent wendeten Geräte wurden alsbald wieder erlangt und der Spitzbube kam in Haft. — Vom königl. Schwurgericht Dresden wurde am 20. Januar der 20 Jahre alte, gering vorbestrafte Fabrikarbeiter Mar Richard Palmer aus Kreischa wegen Notzucht, begangen am 14. Oktober an der schon be jahrten Arbeitersehesrau Herzog aus Krebs, trotzdem ihm mildernde Umstände zuerkannt waren, zu 4 Jahren Ge fängnis, wovon 2 Monate als verbüßt gelten, und fünf jährigem Ehrcnrechtsverlust verurteilt, da Palmer die Tat mit einer großen Frechbeit und Frivolität ausgeführt habe. — Auf dem zur Zeit noch schwachen Eise der Mulde brach am Sonntag Nachmittag die 10jährige Stieftochter des Geschirrführers Härtel in Döbeln ein und ertrank vor den Augen der Spielkameraden. Oberschloltwitz. In der Nähe der Herrenmühle karambolierte der am Sonntag Abend von Glashütte kommende Zug mit einem mit Personen besetzten Kutsch geschirre. Letzteres wurde beim Passieren des dortigen Straßenüberganges erfaßt und bei Seite geschleudert. Außer starken Defekten am Kutschwagen und mehreren Kopfwunden des Geschirrführers sind weitere Verletzungen der Fahrgäste nicht erfolgt. Der Kutscher soll die Signale der Lokomotive überhört haben. Leipzig. Für die am 1. Oktober 1903 in der hiesigen Garnison aufzustellende Maschinengewehr- Abteilung sollen bei Möckern erbaut werden: ein Mannschaftsgebäude, ein Stallgebäude, eine Büchsen macherwerkstatt nebst Bcschlagschmicde, sowie ein Fahr- zcugschuppen nebst den erforderlichen Nebenräumen. Ein vorhandenes, im Privatbesitze befindliches Reithaus soll zum Zeitwerte angckauft werden. Die Gesamtkosten sind auf 340,000 M. veranschlagt. Nicht einbegriffen sind hierbei die Kosten des schon vorhandenen Bauplatzes. Die Stärke einer Maschinengewehr-Abteilung (eine solche soll auch in Dresden ausgestellt werden) beträgt: I Haupt mann, l Oberleutnant, 2 Leutnants. I Feldwebel, I Vize- feldmebel, 2 Sergeanten, 8 Unteroffiziere, I Trompeter,