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An ihm wurde so gründlich herumkritisiert, genörgelt und getadelt, daß er den Fuß schließlich nur zögernd vorwärtssetzte und bald ganz still stand. Darauf nahmen ihn die Franzosen und deren Trabantenstaaten erst mal so richtig .in Arbeit", ohne daß er dabei schöner wurde; dann wurden ihm noch ein paar Knochen zerschlagen, man deformierte ihn erheblich und dann durfte er humpelnd, ungefährlich und in reichlich veränderter Gestalt seines Weges weiterziehen. Schön sieht er nach deutschen Begriffen nicht gerade aus! Aber man hat doch einen wichtigen Teil seines Wesens, nicht alle seine ursprünglichen Absichten bei dieser Prozedur in ihm zerstören können. Und dies ist: Zum erstenmal wird in einem europäischen Pakt das Wort „Vertragsrevision" überhaupt in den Mund ge nommen. Gewiß nur ganz theoretisch, gewiß nur sozu sagen als dünnes Himbeerwasser, gewiß nur als Möglich, keit, daß man sich in der beabsichtigten Vier-Mächte-Zu- sammenarbeit über die etwaige Methode der Behandlung eines ebenso abwegigen Revisionsbegehrens unterhält, — aber ein solches Revisionsbegehren deutscherseits ist dann doch nicht mehr ein solches „Verbrechen", das Frank reich, wie dessen damaliger Ministerpräsident äußerte, noch vor anderthalb Jahren schlankweg als einen Kriegs fall oder eine Kriegserklärung betrachten wollte. Und es war ver französischen Regierung höchst gleichgültig, daß ein solches Revisionsbegehren ja nach Artikel 19 des Völker bundstatuts an sich schon zulässig war. Die Umänderung des ursprünglichen Mussolini- Vorschlages besteht im wesentlichen darin, daß Frankreich ihn nun mit dem Völkerbund zusammen kettet. Gedacht war er aber ganz anders; denn die prak tische Unmöglichkeit, m Genf mit dem Völkerbund über haupt eine tackräftige und vernünftige Politik betreiben zu können, hat ja Mussolini veranlaßt, vorzuschlagen, das Schwergericht politischer Entscheidung auch ausdrücklich dorthin zu verlegen, wo es tatsächlich schon lag: In den Kreis der vier europäischen Großmächte, — abgesehen natürlich von Rußland. Wenn man sich aber auch hier nicht wieder nur im Kreise drehen wollte, dann durfte man — wie es gerade Mussolini so oft gesagt chatte — nicht mit geschlossenen Augen am Revisions problem vorübergehen, weil dies ja an den Grund- lagen des gegenwärtigen Europas rüttelte. Wirklich an packen konnte man dieses Problem aber auch nur außer halb des Völkerbundes. Den dabei im Hintergrund stehenden Amerikanern kam es natürlich nur auf einen anderen Punkt des Mussolini-Vorschlages an, nämlich auf den darin vorgesehenen politischen Waffenstillstand für Europa, wodurch die Abrüstungskonferenz bessere Aussichten erhalten mußte; für Völkerbund und Revision haben sie wenig Interesse. Den eigentlichen Kern des Viermächte-Plans also machte Frankreich unter Einsetzung seiner Trabanten zum Angriffspunkt und es ist unleugbar, daß es der Pariser Regierung und der KleinenEntente auch gelang, sehr weitgehende Erfolge zu erzielen. Fast alles, besonders jegliche praktische Revision der Friedensdiktate, ist unbedingt in Einklang mit dem Völkerbundstatut ge bracht und damit ist eine solche Revision um so schwerer geworden oder geblieben, als sogar der Staat, gegen den sich ein Nevisionsbegehren etwa hinsichtlich der Grenz ziehungen richtet, durch ein Nein dem Willen aller anderen erfolgreich entgegentreten kann. Die Außenminister der Kleinen Entente haben durchaus recht, wenn sie sagen, die Kompetenz des Völkerbundes bleibe auch nach Abschluß des Viermächte-Paktes „absolutunaniastbar". Sie hätten außerdem von Frankreich „formelle Garantien" gegen alle Versuche einer Revision der Friedensverträge erhalten und sie schließen mit der „Feststellung", daß für ihre Staaten die Frage einer Revision ihrer Grenzen „nicht existiere". Schon anläßlich der französischen Kammerdebatte wurde auch bekannt, daß die Pariser Regierung „in besonders feierlicher Form" ihren — Be dingungen zum Viermächte-Pakt Ausdruck verleihen werde. Die Kleine Entente könne also, so hieß es in Paris, ganz beruhigt sein, ebenso wie die Opposition gegen den Pakt in Frankreich selbst! Und diese Empfehlung, di« von recht erheblicher Ge nugtuung spricht, hat auch einen objektiv vorhandenen Grund: Der ursprüngliche Mussolini-Plan ist dem fran zösischen Gegenentwurf derart nahegebracht worden, daß man dies schon fast als eine Verschmelzung bezeichnen kann, die allerdings den deutschen Wünschen nach einer Revision praktisch jedenfalls in äußerst geringem Maße Rechnung trägt. Aber wir wissen, daß ja, wenn schon der Leidensweg des Mussolini-Plans lang und schwierig war, dies alles für den Weg zur Revision noch tausendmal mehr ailt! Eine MMe für WMWWg. Zwei wichtige neue Reichsgesetze. Verabschiedung des Gesetzes zur Verminderung der Arbeitslosigkeit und des landwirtschaftlichen Entschuldungsgesetzes durch das Reichslabinett. Amtlich wird mitgeteilt: Das Reichskabinett beschäf tigte sich in mehrstündigen Verhandlungen mit den Fragen der Arbeitsbeschaffung. Verabschiedet wurde ein vom Reichsfinanzministerium vorgelegtes Gesetz zur Vermin derung der Arbeitslosigkeit, durch das der Reichsminister der Finanzen ermächtigt wird, Arbeitsschatzanweisungen im Gesamwe»^ bis zu einer Milliarde Mark zwecks Förderung von Jnstandsetzungs- und Ergänzungs arbeiten an öffentlichen Gebäuden sowie an privaten Wohngebäuden und Wohnungen, ferner für vorstädtischc Kleinsiedlungen, landwirtschaftliche Siedlungen, Fluß regulierungen, Gas-, Wasser- und Elektrizitätsversorgung, Tiefbauarbeiten und Sachleistungen an Hilfsbedürftige auszugeben. Das Gesetz enthält ferner Bestimmungen über die Steuerfreiheit für Ersatzbeschaffungen, für eine freiwillige Spende zur Förderung der nationalen Arbeit, für die Überführung weiblicher Arbeitskräfte in die Hauswirt schaft und für die Förderung der Eheschließung durch Ehestandshilfen und Ehestandsdarlehen. Der Reichs kanzler regte an, über die Vorschläge hinaus einige großzügige Arbeitsprojekte beschleunigt in Angriff zu nehmen, und zwar in erster Reihe ein umfassendes Bau programm für Hausreparaturen und Wiederherstellung einer gefunden Grundstücks- und Woynungswirtschast im Zusammenhang mit einer Neuregelung auf steuerlichem Gebiet durchzuführen, ferner die Schaffung eines Netzes von großen Verkehrs st ratzen, das den Ansprüchen des neuzeitlichen Kraftverkehrs entspricht und produktive Auswirkungen in weitestem Umfange für die Kraftver kehrsindustrien und die Treibstoffwirtschaft zuläßt, wobei eine organische Verbindung zwischen der Eisenbahn und Kraftverkehrswirtschaft unter maßgeblicher Beteiligung der Deutschen Reichsbahn gesellschaft hergestellt werden soll, sowie schließlich die nach haltige staatliche Förderung von zusätzlicher Produktion, insbesondere auch für den Export zum Ausgleich des Valutadumpings. Es wurde beschlossen, eine Kommission unter Führung des Neichsbankpräsidenten einzusetzen, die die mit diesem großzügigen Arbeitsbeschaffungsprogramm zusammen hängenden Finanzsragen bearbeiten und insbesondere allein und autoritativ bevollmächtigt sein soll, alle den Geld- und Kapitalmarkt betreffenden Angelegenheiten zu regeln und zu überwachen, damit nicht Störungen des Geld- und Kapitalmarktes durch falsche Dispositionen oder Eingriffe nichtverantwortlicher Stellen eintreten. Das Reichskabinett verabschiedete endlich noch das vom Reichsernährungsminister vorgelegte Gesetz zur Regelung der landwirtschaftlichen Schuldverhältnissc das eine grundlegende Neugestaltung des landwirtschaft lichen Kreditwesens enthält und für die Landwirtschaft eine wesentliche Erleichterung der Zinsenlast herbeiführt. Die nächste Kabinettssitzung findet erst nach den Pfingstfeiertagen statt. Dr. Goebbels über seine Eindrücke in Italien. Dank an Mussolini. Reichsminister Goebbels empfing in Rom Ver treter der italienischen Presse und gab ihnen eine Er klärung ab, in der er u. a. ausführte: Der stärkste Ein druck, den das junge faschistische Italien bei mir hinter lassen hat, ist Mussolini selbst. Er verkörpert in sich Willen und Geist in einer seltenen Harmonie. Bei ihm paaren sich Schärfe des Gedankens und Klarheit der Linienführung. Er ist eine Persönlichkeit, die weit über das Maß des hergebrachten Talents hinausragt, mit einem Wort: ein politisches Genie. Besonders ansprechend bei ihm ist sein ungemein herz liches menschliches Wesen, das um so überraschender wirkt, als man sich gemeinhin unter ihm ausschließlich und nur einen Willens- und Tatmenschen vorstellt. ' Wenngleich der Duce als Mensch und als Persönlichkeit alles andere weit überragt, so stehen doch um ihn herum eine ganze Reihe von ausgezeichneten Männern, bei denen ich den unmittelbaren Eindruck gewinnen konnte, daß sie für das Regime und für die konsequente Fort setzung der faschistischen Politik von unschätzbarem Nutzen sind. Italien selbst bietet das imposante Bild von Zucht und Ordnung. Faschismus und Staat sind ein und dasselbe und beide werden verkörpert durch die Person Mussolinis. Ich habe das Bedürfnis, durch die italienische Presse dem bewundernswerten Duce, seiner Regierung und seiner Partei meine tiefe Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen für die so überaus herzliche Aufnahme, die ich in Italien gefunden habe. Reichsminister Goebbels äußerte vor Ver tretern der deutschen Presse sodann ähnliche Gedanken gänge wie vor der italienischen Presse. Er betonte ferner, daß es sich für die deutsche Regierung natürlich nicht darum handeln könne, die Formen des italienischen Faschismus einfach zu übernehmen oder nachzuahmen. Es sei nicht wünschenswert, daß nun alle Deutschen Mit glieder der Nationalsozialistischen Partei würden. Frei lich, die entscheidende Führung liegt, wie die Geschichte zeige, immer bei einer Minderheit, und daß diese führende Minderheit heute durch den Nationalsozialismus in Deutschland dargestellt werde, das stehe außer Frage. Der Faschismus sehe durchaus in die Zukunft und sei nicht reaktionär. Dasselbe aelte für den Na t i om alsorialismus. Wieder Verschleppungsmanöver in Genf. Die „Abrüstungskonferenz" soll um drei Wochen vertagt werden. Nach Genfer Meldungen wollen die Großmächte die Abrüstungskonferenz am 10. Juni ver tagen. Die Konferenz soll erst anfangs Juli wieder zusammentreten und bis in den August hinein tagen. Diese Vertagungspläne stotzen jedoch auf einen erheblichen Widerstand der amerikanischen Abordnung die eine pausenlose Weiterführung der Abrüstungskonfe renz verlangt. Deutschland selbst würde schließlich einer kurzen Unterbrechung der Konferenz von wenigen Tagen keinen Widerstand entgegensetzen, kann sich aber mit einer so langen neuen Verschleppung der seit 1>L Jahren schon andauernden Konferenz nicht einverstanden erklären. Auch eine kurze Verschiebung würde nach deutscher Auffassung zur Voraussetzung haben, daß ernsthafte Ergebnisse noch vor der am 12. Juni beginnenden Londoner Weltwirtschafts konferenz vorliegen. * Vertagung -es Hauptausschufses -er Abrüstungskonferenz. Das Präsidium der Abrüstungskonferenz faßte einen weittragenden Beschluß für die weiteren Arbeiten der Konferenz. Dangch wird das Präsidium nach dem Av- schluß der ersten Lesung des Abkommensentwurfs, sie voraussichtlich Mitte nächster Woche erfolgen soll, bevoll mächtigt, die zweite, endgültige Lesung des Abkommensentwurfs vorzubereiten und einen endgültigen Vertragstext auszuarbeiten. Das Präsidium hat einstimmig beschlossen, entsprechend der deutschen Formulierung den englischen Abkommenseniwurf nicht nur als Verhandlungsgrundlage, sondern als Grund lage des künftigen Abrüstungsabkommens anzunehmen. Weiter ist beschlossen worden, daß die Vorarbeiten des Präsidiums bis zum 27. Juni beendet sein sollen. Der Hauptausschuß vertagt sich nach dem Ab schluß der ersten Lesung Mitte nächster Woche bis zu diesem Zeitpunkt. Der Beschluß des Präsidiums wird dem Hauptaus schuß am Donnerstag zur Bestätigung vorgelegt werden; er gilt in keiner Weise als eine Vertagung der Konferenz. Vielmehr ist ausdrücklich festgestellt worden, daß die Konferenz weiter zusammenbleibt und die Arbeiten lediglich in einer engeren zusammengefaßten Form der Verbandlunaen allein durch das Vräüdium ver laufen.