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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration^ Preis 22; Sgr. (- THU.) vicrttüäheüch, Z Thlr. sür La« ganze Jahr, ohne Er höhung, in alle» Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man pränumerirt auf diese» Literatur-Blatt in Berlin in der Expedition der Mg. Pr. StaatS-Zcilung (Zriedrichsßr. Nr. 72); in der Provinz so zvie im AuSlande bei de« Wohllöbl. Post - Aemtern. Literatur des Auslandes. 26. Berlin, Freitag den 28. Februar 1840 Schweden. Eine Reise in den Schwedischen Nord-Provinzen. Von X. Marinier. Derjenige Theil von Schweden, welcher den Namen Norrland führt, liegt von OU" ZG — V8" N. B. und begreift in seiner weiten Erstreckung die Provinzen Gästrikland, Helsingland, Medclpad, Angcr- mannland, Wester- und Norder-Botten. Das Land bietet eine Fülle von neuen und überraschenden Genüssen und ist reich an malerischen Prospekten und entzückenden Aussichten. Man trifft hier die hohen Berge °), denen der Schmelz der Blumen und der Sammet der Gräser abgeht, von deren Zinnen das Auge nur über weite Wüsten und unabsehbare Schncesclder schweift; hier die breiten Flüsse, die wie Ströme sich vom Nücke» der Gebirge stürzen und denen ein majestätischer und feierlicher Gang zuweilen das Ansehen des Meeres giebt; hier endlich die großen blühenden Tristen, mit Legionen von Birken bewachsen, die Seen, so reizend und frisch, wie sie die Muse von Wordsworth träumt, und Hütten, die wie Vogelnester an die User dieser Seen hingcstreut sind. Im äußersten Süden Norrlands liegt die freundliche Stadt Geste, rührig und lachend wie die Hoffnung in einem jungen Herzen, im äußersten Norden das Pastorat von Kättöffuanvo, schweigend und düster wie ein Gedanke, der sich in die lebensmüde Seele des Greises senkt. Von Kättössuando nach Haparanda steigt man den Fluß- Muonio und Tornea nieder. Das Land ist flach, einförmig, wenig angebaut und bewohnt; der Weg von Haparanda nach Umea aber »st nur ein großer Wald von Föhren und Tannen, in einer Aus. dehnung von Iso Stunden, hier und da von einigen bedeutenden Flüssen, denen noch die Brücken fehlen, durchkreuzt oder von Hohl wegen zerschnitten. Hohes Entzücken und tiefe Schwermutb bemäch tigt sich abwechselnd des Reisenden in dem heiligen Dunkel dieser Wälder, der Eindruck dieser erhabenen Einsamkeit wirkt mit Allmacht auf die Seele und nöthigt sie zur Sammlung; jedem böse» Gedanken, jeder stürmenden Leidenschaft ist hier der Zugang gewehrt- Die reine, balsamische Lust, die in den Locken spielt, scheint bis in das Herz zu dringen, das vielfache Rausche» der Wälder Wut de» Ohren wie Musik. Von allen Seite» ist überdies der Anblick der Welt und des menschlichen Treibens verschlossen, um ihn nur die grünen Wälder, die ihn unter ihren belaubten Wipfeln wie die Wände eines geheimmßrcichen Domes umfangen, über ihm das blaue Dach des Himmels. Die Volkssagen sprechen von einer jungen Fee mit schwcrmüthigem Auge, bewölkter Stirn, die man über die Rasen plätze schreiten sicht; sic bleibt am Anfänge der Baumgängc sinnend stehe», wirst einen Blick in die Ferne, senkt daun das Haupt und cntfernt sich mit einem tiefen Seufzer. Diese junge Fee ist der Genius der Träume, die den Reisenden in den Wäldern des Nor dens bcschlcichcn, ihm zuwcilc» durch einen der zahllosen Gänge des Gedankens das Gemälde der Welt zeigen, um ihn mit völliger Dahingebung in die uncntwcihtc Stille seiner Einsamkcit zurnckzu- führcii. Ich, für meinen Theil, glaube gewiß die seligen Genüsse nie zu vergessen, die ich auf jener Ncisd empfand durch eine Gegend, welche von Anderen so wenig besucht wird und von mir ihrer ganzen Länge nach durchforscht worden ist. Mit Tagesanbruch war ich mit den Zugvögeln auf, die aus dem Schoße der Haide» cmporflogen, i» den Lüsten segelten und durch ihr Geschrei den Reisenden zu grüßen schienen, der wie sie aus den Polargegenden kam, wie sie dem Süden zuwandcrte. Es war ein schöner Herbstmonat. Eine leichte Kruste versilberten Ems blinkte an den grünen Acsten der Tannen und schmolz vor den ersten Strahlen der Sonne; über meinem Haupte wölbte sich der reme Himmel, ein sanftes Licht drang allmälig durch die Krümmungen der Waldregion, lieber die ganze Natur war eine feierliche Stille ausgegoffen, so daß ihr Erwachen noch einer voll kommenen Ruhe glich; cs herrschte eine solche Harmonie zwischen den verschiedenen Tinten der Landschaft, jmcr melancholische» Klarheit eines Herbsttages und dem Grün der Gchölzc, daß das Ganze ein vollendetes Gemälde schien, an dem die Hand des geschickteste» Malers keinen einzigen Ton hätte hinzufügen, keinen einzigen Ucbergang '> 3- B- den Sulitetma in Pitua-La»»land; er erhebt ßch bis zu S7SN Fuß und iü sa>on in seiner unteren Region suü beständig mit Schnee bedeckt, und von der Sviye seines beeisten Gimcts steht man, so weit da» Gesicht reicht, nur in Schnee gehiNtte Gebirge und Plateaus; auf mehrere Stunden i» der Umgegeud ist kein Haus zu finden. A. d- B. mildern können. Und bis jetzt, merkwürdig genug, war noch kein Schnee gefallen. Man glaubte, eine Fristung oder Prolongirung des Sommers zu sehen, was so reizende Anachronismen hervorbrachte; noch hüpfte das Haselhuhn um die Wurzeln der Bäume und pickte den Boden, als suchte es Grashalme, sein Nest zu baue»; der Auer hahn, dieser König in dcn Wäldern des Nordens, lustwandelte stolz in den Strahlen der Sonne, ohne Bcsorgniß vor den Fallstricken des Winters und der Jäger; an den Rändern des Fahrweges erhob das Waldglöckchen seine bläuliche Krone wie einen Amcthist, und man sah die Ackerbccren (eine dein Norden cigenthümlichc, dcn Erdbeeren verwandte Frucht), getäuscht durch die sommerliche Wärmc, in Blüthcn schießen, vergleichbar dcn Schwärmereien der Liebe oder Dichtkunst, dtc zu spät Wurzel fassen und bald unter der Last des Grcisenafters, diesem Winter des Menschenlebens, verkümmern. Ich war allein und keinem Zwange unterworfen. Zwei mnthige Rosse zogen mich mit aller Schnelligkeit auf einer Landstraße, die eben, fcstgetretcn und mit Kies bestreut war, wie eine Garten-Allee. Nach Belieben mäßigte ich dcn Lauf meiner Rosse, um ein neues Landschafts-Gemälde, das sich in der Ferne bildete, in Augenschein zu nehmen, oder dem Laufe der großen Flüsse Lapplands zu folgen, oder die malerische Wirkung eines Weilers, der auf einem Abhang erbaut war, zu beobachten; ich hielt an, um mit den braven Land- lcutcn, die mir uuterweges begegneten, zu plaudern und in ihre gastliche Hütte zu treten. Die Hausfrau brachte das Beste, was sie hatte, die frischeste Milch in einer Fapcnce-Tasse; der Bauer, mit dem ich von scincr Aerndte, seinen Feldern, seinem Vieh sprach, be gleitete mich, wen» ich weggehen wollte, bis an die äußerste Gränze seines kurzen GchegcS und sagte mit einem derben Händedrucke: Viilkomiuen eu -mnun smnx, sepd willkommen auch ein anderes Mal. — Abends gewährte diese ganze nordische Natur, so ernst und anziehend zugleich, einen noch großartigeren und geschlosseneren An blick. Entzückend war es, wenn die Strahlen der untcrgchendcn Sonne die versilberten Flächen der Flüsse, die glatte» Spiegel der Seen mit ihre»! Wirdcrschcin färbten und allmälig hinter dcn Vor hängen der Wälder verschwanden. Dann nahmen bei dem unge wissen Scheine des Mondes die hohen, aufgeschossenen Zweige der Tannen, die dürren, vom Alter morsch gewordenen oder vom Sturm zerbrochenen Baumstämme alle Arten von phantastischen Gestalte» an, die mir die Mährchcn meiner Kindheit oder die naiven Balladen des Deutschen Nordens zurückricfcn. AlSdann war Alles stumm und cin- gcschlafcn um mich. Ich hörte nur das Geräusch von den Rädern meines Wagens, der über die einsame Straße rollte, und die lieb kosenden Worte, die der Postillon von Zeit zu Zeit an seine Pferde richtete, um ihren Muth zu beleben. Sv hingtgebcn dem Reiz dieser Einsamkcit, gefcssclt von der Zaubcrwelt dieser stillen Nächte, fetzte ich meine Reise fort, ohne ihre Länge zu messen oder die Zeit zu berechnen, und wenn ich Vic Laterne des e'ümgisvui-vpurü, wo wir Halt machen sollten, schimmern sah, sagte ich: „Schont" und bedauerte, daß die Station zurück- gelegt war. — (Schluß folgt.) Frankreich. Der Französische Wcchselmäkler. (Schluß.) Treten Sic in einen Saal, in welchem sich viele Wcchselmäkler befinden, und bemerken einen Mann mit simpler Miene, der sich zu- rückzieht, um Sie durchzulaffcu, der sich in einem Winkel ganz ruhig verhält, der leise spricht, und der mit Vergnügen dem Spiele einer Violine oder dem Gesänge einer Dame zuhört, einen bescheidenen Mann also; nun! der ist kein Wcchselmäkler, Sehen Sic etwas weiter entfernt einen Mann mit ausdrucksvoller Physiognomie, mit einen: freien Benehmen, der mit Leichtigkeit und Ausdruck spricht^ der sich, mehr als nöthig ist, abmüht, seine Zuhörer zu überzeugen, dessen Gedankcn in Wort und Blick widerstrahlen, einen warmen und beredten Man»; nun! der ist kein Wcchselmäkler. 'Finden Sie in dcm dunkeln Winkel eines abgelegenen Saales eine Person mit spöttischem Wesen, von einigen ältlichen und häßlichen Frauen um geben, die sich mit ihm unterhalten, einen Mann, der in die Unter haltung schöne Worte, seine Scherze, geistreiche Rärhscl emfließen läßt; nun! der ist kein Wechsclmakler. Dieser Mann, der gar nicht spricht, der ist kein Wechsclmäklcr; dieser hier, der Ihnen ganz höflich antwortet, wenn Sie ihn etwas fragen, der ist kein