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Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Weißerih-Ieitung. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile 8Pfg. Amts- und Anzeige-Alatt der Königlichen Gerichts-Aemter und Itadträthe zu Dippoldiswalde uud Fraueusteiu. Verantwortlicher Ledarteur: Tart Zehne in Dippoldiswalde. Monats-Bericht. Als die Friedensverhandlungen zwischen Deutschland und Frankreich in Brüssel sich in's Unendliche zogen, als die tolle Wirthschaft in Paris und die Unfähigkeit der Versailler Regierung in der Niederwerfung des Auf standes, den Ruin ganz Frankreichs herbeizuführen drohte, da riß unserm wackeren Reichskanzler der Faden der Geduld. Eine scharfe Note ging nach Versailles, Truppen wurden in Bewegung gesetzt, und alsbald er schien der französische Minister deS Auswärtigen, JuleS Favre, in der deutschen Stadt Frankfurt, nm mit Fürst Bismarck den definitiven Frieden zu unterhandeln, der nach wenigen Tagen am 10. Mai unterzeichnet wurde. Es ist eine Genugthuung für unseren nationalen Stolz, daß die Vertreter des vor Jahresfrist noch so hochmüthigen Frankreichs, nach einer deutschen. Stadt kommen müssen, um hier den endgültigen Frieden zu schließen. Wir können aber auch stolz sein auf unseren Reichskanzler, dessen gewohnter Energie und durch dringendem Verstände es gelang, binnen wenigen Tagen die unendlichen Schwierigkeiten zu heben, welche von französischer Seite dem Friedensschlüsse entgegengesetzt wurden, und Betreffs Zahlung der Kriegscontribution sogar noch bessere Bedingungen zu erlangen, als die Präliminarien enthielten. Mit Recht sagt die „Weser- Zeitung", daß dieser Friedensschluß von Frankfurt das glänzendste Juwel in der Fürstenkrone Bismarck's ist. Möge es unserer Nation beschieden sein, diesen „wetter festen Steuermann" noch lange an unserem Staatsruder zu sehen; die Rkeingauer haben ihn mit Recht „den guten Genius Deutschlands" genannt. Am 20. Mai wurden die Friedensurkunden in Frankfurt ausgetauscht. Zwei Tage darauf gelang es endlich den Versailler Regierungstruppen, in ihre Haupt stadt Paris einzudringen und die Jnsurrection nieder zuwerfen, nicht ohne daß die Aufrührer durch Inbrand setzung des altefl Königsschlosses der Tuillerien und ver schiedener Kirchen und, öffentlicher Gebäude ein Schand mal ihres Daseins zurückgelassen hätten. Erst zu Ende des Monats gelang die Unterdrückung des Aufstandes, und die Pariser hatten zu den Pfingsttagen den Schmerz, die Ruinen und rauchenden Trümmer ihrer Stadt zu sehen. Der trübe Himmel, ver seit Langem über den Verfassungszuständen unseres Nachbarlandes Oester reich lagert, hat sich unter dem neuen Ministerium wesentlich verschlechtert. In Folge einer Erklärung des Grafen Hohenwart im Perfassungsausschusse über die Selbstständigkeit BöhinenS, beschloß der Reichstag, eine Adresse, welche sich über die Lage de« Landes verbreitet, zu erlassen, Allein auch in dieser Adresse sind neue Gesichtspunkte darüber, wie die widersprechenden Wünsche der StaatSeinheit und der Autonomie der einzelnen Länder zu versöhnen seien, nicht enthalten. Welche Lösung diese Verfassungswirren noch finden werden, ist gar nicht abzusehen. , , Aus den übrigen europäischen Ländern ist kein Er- eigniß von besonderer Bedeutung zu berichten. Auffällig für viele Politiker sind die Freundschaftsbezeugungen zwischen Rußland und der Türkei, doch legt man diesen freundschaftlichen Beziehungen nur die Bedeutung eines friedlichen Einvernehmens nach dem Abschlüsse der Pontusconferenz bei. In den romanischen Staaten Italien und Spanien gährt e« fort, und die Staats schiffe schwanken zwischen UltramontanismuS und Revo lution hin und her. Auch dort bricht sich unter den besseren Geistern die Ueberzeugung Bahn, vaß es zu nächst auf sittliche und geistige Bildung des Volkes ankomme, um zu einem gedeihlichen Staatsleben zu kommen. Von der Betrachtung der deutschen Staats bildung hat man entnommen, daß der, durch die Waffen erfolge hevbeigeführten Verwirklichung der dentscheü Einheit, die Vorarbeit einer geistigen Thätigkeit voraus* gegangen ist, welche begonnen hat mit Leibnitz und sich fortgesetzt hat bis auf unsere Tage. —r. Tagesgefchichte. : Frauenstein. Das diesjährige, wie üblich am 2. und 3. Pfingsttage abgehaltene Königsschießen unseres Schützencorps war am ersten Tage ver bunden mit der Fahnenweihe des hiesigen Militär vereins. Früh war eine Reveille der Schützen durch die mit Fahnen, Flaggen, Kränzen und Guirlanden geschmückten Straßen der Stadt, und im Laufe de« Vormittags erschienen als liebe Gäste mehrere Militär vereine unserer Umgegend. Nachmittags 1 Uhr ordnete sich der Festzug, der sich nach dem königl. Schlosse und von dort zurück nach dem auf dem Markte gewählten, in der Nähe der Kirchenruine befindlichen Weiheplatze bewegte. Hier hielt unser Herr Superintendent v. Hasse eine, auf die jetzige Zeit und die Feier des Tages be zügliche und sehr passende Rede, worauf er die Weihe der Fahne vollzog und mit einem Hoch schloß, das unserm Kaiser Wilhelm, unserm König Johann, den Prinzen und Feldherren rc. galt, in das die Anwesenden freudig und lebhaft einstimmten. Der Zug bewegte sich hierauf nach dem Schießplätze, wo das Königsschießen begann, während die Nichttheilnehmer sich an Musik und Tanz oder in den Zelten belustigten, in denen un getrübte Heiterkeit herrschte. In gleicher Weise, wenn