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Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzenau, Lichtenstcin-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden ktandeSamiSbezirke: Altstadt-Waldenburg, BrLunsdorf, Callenberg, St. Cgidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langenleuba-Niederhain, Langan- leuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, OelSnitz i. E, Reichenbach, Remfe, Rochsburg, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. 286. Freitag, Sen S. Dezember 1904. Witterungsbericht, ausgenommen am 8. Dezember, Rachm. 3 llhr. Vorometerstani» 753 moa reduziert auf den Meeresspiegel. Thermometerstaud 4- 6' 6. (Morgens 8 llhr 4" 5' 6. Tiefste Nachttemperatur > 4,»* 6.) HenchtigksMs Kehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 59*/v. Tauvuukr — I,i" 6. Windrichtung: Südwest. Niederschlagsmenge in den letzten 24 Stunden bis früh 7 llhr: 5,, MM Daher Witternngsausstchtm für den 9. Dezember: Bewölkt bis halbheiter mit Neigung zu Niederschlägen. Bekanntmachung. Aus Anlaß deS Einzugs Ihrer Durchlauchten des Fürsten und der Fürstin zu Schön burg-Waldenburg hier sollen nächsten Sonnabend und Sonntag die öffentlichen Gebäude mit Fahnen geschmückt werden. Die Bewohnerschaft wird ersucht, ihre Anteilnahme an dem hohen Festtage ebenfalls durch Beflaggen der Häuser zum Ausdruck zu bringen. Waldenburg, den 8. Dezember 1904. Der Stadtrat. Kretschmer, Bürgermeister. Bekanntmachung. Aus Anlaß der EinzugSfcierlichkeiten für Se. Durchlaucht den Fürsten und Hochdesien Turchl. Gemahlin Fürstin von Schönburg-Waldenburg bleibt der Schaller der Fürst liche« Sparkasse Sonnabend, den 10. Dezember v., Nachmittags geschloffen. Waldenburg, den 8. Dezember 1904. Die Fürstlich Schönburgische Sparkassenverwaltung. Krug. Schneider. "Waldenburg, 8. Dezember 1904. Im Reichstage hat der Abg. Bebel in einer langen, langen Rede von neuem vorgebracht, was er bereits über den Herero-Ausstand in Deutsch-Südwcstasrika früher gesagt, er hat sich auch i» bekannter Weise über auswärtige Politik und nationale Angelegenheiten geäußert; aber cs stimmt nicht, wie er glaubt, daß im deutschen Volle alle diese Dinge aufgesaßl werden! Ter Hinweis aus die internationalen Ideen zieht nicht mehr, wenigstens nicht mehr so, wie früher, und wenn der Abg. Bebel sich auch sträubt, in seinem Älter auf gewonnene Uederzcugungen zu verzichte», auch ihm wird nicht die Erkenntnis erspart bleiben, daß jede Zeit ihren Einfluß geltend macht, daß wichtige Ereignisse diel mehr wirken, wie theoretische Belehrungen einst bestimmender Per sönlichkeiten. Der Abg. Bebel hat zweifellos eine gewaltige Autorität bei seinen Gesinnungsgenoffen, aber — alle Ersatz- Wahlen zum Reichstage zeigen es — die Zahl dieser Ge sinnungsgenossen verringert sich, ein Merkzeichen, daß eS eben weniger Wähler sind, die für Reckt halten, was der Abg. Bebel sprach. Es sind namentlich seine Anschauungen über den Herero- Ausstand, die gerade in den breiten Volksschichlen verstimmt haben. Die Entschuldigungen für diese bestialischen Schwarzen, die Frauen und Kinder in scheußlichster Weise ermordet haben, gehen auch einem Manne, der sich sonst leicht leiten läßt, über die Hutschnur; er versteht es einfach nicht, wie in sozialistischen Blättern der Herero-Aufstand mit dem Frei heits-Kampf der Buren auf eine gleiche Stufe gestellt werden konnte. Tausende von Freiwilligen haben sich aus den breiten Volksschichten, die der Abg. Bebel als seine Anhänger reklamiert, für den afrikanischen Feldzug gemeldet, eine statt- liche Zahl steht den Schwarzen gegenüber in Wehr und Waffen, und den Angehörigen dieser Mannschaften ist es keineswegs einerlei, was über ihre Verwandten gesagt wird. Es hat ja mitunter geschienen, als ob in Deutschland das Nationalgcfühl in der Abnahme begriffen wäre, aber solche Vorkommnisse beweisen denn doch, daß es für die meisten Deutschen eine Stelle gibt, über die sie nicht wegkommen, an der sie sich auf ihr Denken und Empfinden, das sie schon richtig leitet, verlaffen. Von nationalem Denken und Fühlen hält der Abg. Bebel nicht viel, die internationale Verbrüderung steht ihm obenan. Aber die Tatsachen sprechen dagegen, daß diese internationale Gemeinsamkeit in den bedeutenden europäischen Staaten Entgegenkommen findet. Die französischen Sozialisten sind und bleiben unter allen Umständen Franzosen, es hat kein Einziger von ihnen mit Erfolg wagen können, die An schauungen zu verteidigen, welche hierüber der Abg. Bebel hat. Die sozialistischen Abgeordneten in der Pariser Depu- tiertenkammcr haben sich mit ganz vereinzelten Ausnahmen immer für die Wehrkraft der Republik begeistert, es ist ihnen nie eingefallen, an ein internationales goldenes Zeitalter zu denken. Ein französischer radikaler Politiker, der cs riskieren wollte, offen und rückhaltlos Elsaß-Lothringen als deutsches Gebiet anzuerkennen, hätte bei seinen Freunden für immer ausgespielt. Und wie sind die englischen Arbeiter? Denen kommt in erster Reihe ihr Verdienst, sie pfeifen auf die Jnternationalität, wenn etwa ihr Einkommen darunter leiden sollte. DaS hat sich oft genug gezeigt. Von dem Stand punkte ist jeder Engländer nichts als ein praktischer Geschäfts mann, ganz gleich, ob Arbeitgeber oder Arbeiter. Aus den allerletzlen Wochen ist ja bekannt, daß cs gerade englische Kohlengruben-Verwaltungcn waren, welche an Rußland das Heizmaterial für die Kriegsschiffe verkauften, die gegen Japan, Englands Verbündeten, nach Ostasien fahren. Es stimmt nicht, daß Deutschland auf dem Wege ist, vom Nationalbcwußtsein abzulommen, das letztere ist im Gegen teil in der Zunahme begriffen, und wir denken, sein Wachs tum wird kräftiger und kräftiger werden. Ueber politische Pläne und Gedanken mag Meinungs-Verschiedenheit herrschen, denn schließlich steht doch J-ber unter dem Einfluß seiner Eziehung und sozialen Stellung, aber was deutsche Ehren art heißt und ist» darüber kann kein Zweifel bei alle» um- sichtigen Menschen obwalten. Wenn in den Burenkrieg seinerzeit deutsche Freiwillige hätten ziehen können, der Abg. Bebel würde über die Teilnahme auch der Arbeiter große Augen gemacht Haden. Der russisch-japanische Krieg. Während vor Port Arthur die blutigsten Kämpfe um Sein oder Nichtsein der Festung ausgefochten werden, verhindern auf dem nordmandschurischen Kriegsschauplätze heftige Schnee-! stürm» und die 20 und noch mehr Grade zählende furcht bare Kälte die Entfaltung umfassender Aktionen. Nach einer Meldung aus dem Hauptquartier des General Oku werden dir Häuser der in der Nähe der GefechtSlinie liegenden! Dörfer von den Japanern ausgebeffert und neue errichtet. Auck werden zahlreiche Brunnen gebohrt. Alles das wird dahin gedeutet, daß die Japaner in der gegenwärtigen Stellung zu überwintern gedenken. Der Befehlshaber der zweiten japanischen Armee, General Oku, soll übrigens lebens gefährlich erkrankt sein, so wird aus Petersburg gemeldet. Auf diese Nachricht ist in Anbetracht des Umstandes wenig zu geben, daß fast sämtliche Generale Japans wie Rußlands schon wiederholt tot gesagt worden sind, während sich hinter- nach herausstellte, daß sie sich des besten Wohlseins erfreu ten. Mit einem Fragezeichen möchten wir auch die Peters burger Nachricht von einem vereitelten Attentat auf den russischen Oberbefehlshaber General Kuropatkin begleiten. Ihr zufolge soll ein Chinese, der Explosivstoffe bei sich trug, versucht haben, den Wagen Kuropatkins in die Luft zu sprengen. Er wurde verhaftet, bevor er sein Vorhaben, Las er tingestanden haben soll, ausführen konnte. Ueber Port Arthur lauten die Nachrichten für die Ruffen recht ungünstig. Ein Petersburger Telegramm bestätigt im Wesentlichen die über den Stand der Dinge aus japanischer Quelle vorliegenden Angaben. Aus Tokio wird gemeldet, daß die Besatzung der Festung und ihrer Forts an Mann schaften Mangel leide, daß die Belagerungsarbeiten um die östlichen Forts rasche Fortschritte machten, und daß ein all gemeiner Sturm, von dem man den Fall Port Arthurs er warten dürfe, bevorstehe. Weiter wird gemeldet, daß die Beschießung der russischen Schiffe von dem 203 Meter-Hügel aus in wirksamer Weise fortgesetzt werde, und daß die „Poltawa" gesunken und der „Retwisan" schwer beschädigt worden sei. Diese Angaben werden von Petersburg aus im Wesentlichen bestätigt, indem von dort gemeldet wird, daß von allen Schiffen des russischen Geschwaders nur noch der Kreuzer „Rossija" manöverfähig sei. Dazu ist zu be merken, daß sich dieser Kreuzer niemals in Port Arthur be ¬ funden hat, sondern daß er zum Wladiwostok Geschwader ge hört. Auch die Angabe, daß die Ruffen bei ihren vergeb lichen Versuchen, den 203 Meter-Hügel wiederzugewinnen, 3000 Mann verloren hätten, trifft kaum zu, da neulich erst aus Tokio gemeldet wurde, die ganze Bcsatzungsarmee der Festung bestehe nur noch aus 4000 Mann. Japan hat die Organisation einer Miliz- und Freiwilligen- Truppe angeordnet. Die Stimmung in Japan ist laut einer Meldung der „Köln. Ztg." aus Tokio angesichts der unauf haltsam eintreffenden großen Transporte Verwundeter sehr ernst geworden. Tie höheren Beamten wurden Seitens der Regierung aufgefordert, ihren Einfluß aufzuwcndrn, um daS japanische Volk auf eine lange Tauer des Krieges vorzu bereiten. Ter Finanzminister kündigte eine Erhöhung der Steuern an. Londoner Blätter melden aus Petersburg, dort gelte Port Arthur für verloren und sein Fall für bevorstehend. Er folgt dieser, so wird daS Ostsecgeschwader zurückberufen wer den. Petersburger Berichte besagen, daß japanische Kauf- leute, unter ihnen ein Bruder deS höchsten Staatsbeamten Japans, Kohlen und andere Bedürfnisse für daS russische Port Arthur-Geschwader geliefert hätten. Tie Kohlen wurden von dem Bruder des Ministerpräsidenten Katsure geliefert, als im Oktober v. I. die japanischen Häuser die Handels beziehungen zu Rußland plötzlich mit der Erklärung abge brochen hatten: Wir beginnen demnächst den Krieg mit Rußland. Lediglich durch die Hilfe Katsurcs sei eS Port Arthur, das schlecht bekohlt und verproviantiert war, möglich gewesen, so lange auszuhalten. Politische Rundschau. Deutsche- Reich. Der Kaiser ist von seinem Ausflug nach Dessau und Wernigerode in Berlin wieder eingetroffen. Bei der Fest tafel im Dessauer Schlosse sagte der Kaiser u. a. auf die Begrüßungsansprache des Herzogs: Wer in Berlin durch die Siegesallee geht, der blickt mit Bewunderung zu der markigen Gestalt Albrechts deS Bären auf, der den Ruhm Deiner Ahnen begründet und die Mark dem Christentum und dem deutschen Westen gewonnen und dadurch die Grund- läge für die Entwicklung und Größe Preußens unter meinen Vorfahren geschaffen hat. Mit Vergnügen habe ich heute unter den alten Eichen gejagt, die von den Zeiten raunten, wo einst der alte Dessauer unter ihnen geritten ist und auch der große König geweilt hat. Zum Domänenstreit in Gotha wird mitgeteilt, daß sich der Herzog eine bindende Rechtshandlung bis zur Thron besteigung im nächsten Jahre Vorbehalten habe. Das war zu erwarten. Im deutschen Reichstage ist die erste Etatslesung in so leidenschaftsloser Weise vollzogen worden, wie es schon seit Jahren nicht mehr der Fall gewesen ist. Diejenigen, die Skandalszenen erwartet hatten und sich nun durch den Verlauf der Debatten enttäuscht sehen, meinen sogar, daß diese bleiern langweilig gewesen seien. In Wirklichkeit ist eine ruhige erste Etatsberatung eine Anerkennung der Re gierungspolitik und insofern von jedem Vaterlandsfreunde zu begrüßen. Den lebhaftesten Widerhall von allen Etatsreden hat die deS Reichskanzlers Grafen v. Bülow erweckt. Wie ungemein wichtig seine Erklärungen waren, daß wir mit