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Freitag. Nr. «4. 16. August 1872. Weißerih-Ieitung. Amts-Matt für die Herichts-Aemter und Stadträtye zu Dippoldiswalde und Krauenstein. Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Dieser Blatt erscheint wöchentlich zwei Mal: Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post-Anstalten und die Agenturen. Preis Vierteljahr!. 1L'/» Ngr. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirksame Verbreitung finden, werden mit I Ngr. für die Spalten-Zeile berechnet. Tagesgeschichte. Altenberg, 14. August. Am 19. und 20. ds. MtS. werden hier ca. 40 Forstbeamte und Professoren aus Preußen zur Besichtigung der hiesigen Staats forstreviereinrichtungen Aufenthalt nehmen. Zu Ehren dieses Besuchs wird am 19. Nachm. 4 Uhr von Herrn Mark scheider Städter hier eine Ausstellung der in der Berg revier Altenberg vorkommenden Mineralien, namentlich nach der Reihenfolge ihrer Aufbereitung bis zum fertigen Zinn rc., arrangirt werden und zu gleicher Zeit eine Stroh - geflechtausftellung, sowie darnach auf dem so herrlichen Aussichtspunkte, dem Geisin gs berg, eine musikalische und gesellige Unterhaltung stattfinden; auch wird am 20., Nachm. 2 Uhr, die große Reichtroster Weitung in Zinnwald glänzend illuminirt sein und durch den wieder hergestellten Stollen vom Aschergraben aus befahren werden. An beiden Tagen sind übrigens die Pochmühlen, Wäschen, Röst- und Schmelzhütten hier im Betriebe, welche, ebenso wie die Ausstellung rc., von Hiesigen und Auswärtigen nach vorheriger Anmeldung besichtigt werden können. Dresden. Am 15. d. MtS. haben die Schieß übungen der sächs. Festungs-Artillerie vom Königstein aus nach dem Lilien st ein begonnen. Die weiteste Ent fernung betrug ca. 2000 Meter. — Aus Anlaß der erhöhten Lohn- und Futterpreise ist jetzt auch für das hiesige Droschkenwesen ein erhöhter Tarif eingetreten; es kostet eine einfache Tourfahrt (statt 4 Ngr.) jetzt 5 Ngr. Für Fahrten von 10—12 Uhr Nachts oder 5—7 Uhr früh ist das Doppelte, von 12 Uhr Nachts bis 5 Uhr früh das Dreifache zu entrichten. Berlin. Mit den Kaisern von Oesterreich und Rußland werden gleichzeitig der König von Wltrtemberg, die Großherzoge von Hessen, Mecklenburg und Olden burg in Berlin erwartet; der König von Sachsen wird sich wahrscheinlich durch den Kronprinzen Albert vertreten lassen. Zweifelhaft ist nur noch das Erscheinen des Königs Ludwig von Baiern. — Der deutsche Kaiser, der sich gegenwärtig in Gastein aufhält, wird dort am 28. August nach Ischl abreisen, woselbst ein Zusammentreffen mit dem österreichischen Kaiser stattfinden soll. Am 31. August wird dann Kaiser Wilhelm in Berlin eintreffen. — Aus Danzig schreibt man, daß die Arbeitsein stellungen auf den dortigen Schiffswerften immer größere Ausdehnungen annehmen. Baiern. Mit Spannung si»ht man hier der Neube setzung des erledigten Ministerpostens entgegen. Man hofft, daß der junge König, der durch den Vorschlag, den König von Preußen zum Kaiser des deutschen Reiche- zu proclamiren, den ersten Schritt zur Einigung Deutschlands that, keine reichsfeindliche Wahl treffen wird, indem er den Frhr. v. Gasser, jetzt Gesandter in Stuttgart, etwa dazu ernennen würde, sondern daß er Hrn. v. Lutz wählt, der erst kürzlich wieder gelegentlich deS Münchener Universitäts- Jubiläums seine deutsch-patriotische Gesinnung glänzend dar egte. — Der deutsche Kronprinz hat auf seiner Jn- pectionsreise der Königin-Mutter von Baiern in Hohen- chwangau einen Besuch gemacht, den man als gutes Zeichen Ar eine glückliche Erledigung der obigen Frage betrachtet. — Die bairische Gewehrfabrik in Amberg hat von der Reichsregierung den Auftrag erhallen, 100,000 Mauser-Gewehre für die Reichsarmee anzufertigen. Die bairische Armee behält ihr bisheriges Werder-Gewehr. Straßburg. Die Zahl der HeimathSmüden, welche vor dem Optionstermin noch auswandern wollen, wird ge ringere Verhältnisse annehmen, als man erwartete. Viele gehen nach Amerika und meiden das stark empfohlene Afrika, da die Erfahrungen der ersten Auswanderer sehr traurige waren. Die deutsche Regierung verfährt übrigens in Allem mit Mäßigung und Einsicht, trägt den Familienverhältnissen Rechnung und hofft, daß sich in nächster Zeit gar Vieles günstig gestalten werde, um das Bleiben nicht bereuen zu lassen. Die letzte Rate der Enschädigungen wurde jetzt ausgezahlt, wodurch Geld in Umlauf kommt und die Bauten gefördert werden; das Geschäftsleben nimmt erfreulichen Auf schwung, auch die Sparkassen werden stark benutzt, ein Be weis, daß bei den unteren Schichten der Gesellschaft der Geist der Ordnung wächst und kein Nothstand herrscht. Die Fortentwickelung des Schulwesens trägt wesentlich zum Schwinden vieler Vorurtheile bei und die Bevölkerung erkennt mit Dank diese Bemühungen der Regierung, die in ihrem Oberpräsidenten v. Möller großes Vertrauen und Achtung genießt. — Wenn irgend noch Vomrtheile und Haß vorhanden sind, so ist es die katholische Geistlichkeit, die solche Meinungen aufbringt und Unfrieden säet. Frankreich. Es stellt sich immer mehr heraus, daß die, auf die neue französische Anleihe gezeichneten 44 Milliarden nichts weiter waren, als ein glänzendes Feuer werk, das sich allmählich in Rauch auflösen wird. So find z. B. auch die in Kopenhagen gezeichneten 600 Millionen von der französischen Regierung sistirt worden, weil da die Unreellität auf der Hand lag. — Man schreibt, daß sich die französische Regierung lebhaft damit beschäftige, die 500 Millionen zu zahlen, welche die Räumung der Departe ments Marne und Haute-Marne nach sich ziehen sollen. Die Zahlungen sollen spätestens zwischen dem 5. und 10. Sept, erfolgen. j