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ZchönbilM Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SV Pf. Alle Postanstaltsn, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pü Inserate pro Zeile 1V Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Mittwoch, de» 1ö. Februar 38. 1882. "Waldenburg, 14. Februar 1882. Der deutsche Waarenhandel im Jahre L88L. Die Gestaltung des deutschen Ausfuhrhandels im vergangenen Jahre ist sowohl im Reichstage, wie neuerdings auch im preußischen Abgeordnetenhause wieder Gegenstand so weitläufiger Erörterungen ge wesen, daß es überflüssig erscheinen könnte, in dieser Sache Weiteres vorzubringen. Jndeß sind soeben seitens des statistischen Amtes die mit December nunmehr abschließenden Handelsausweise für 1881 veröffentlicht worden und da dürfte es doch ange bracht sein, uns die Hauptergebnisse des deutschen Außenhandels im vergangenen Jahre noch einmal zu vergegenwärtigen, denn erst jetzt sind wir im Stande, auf Grund vollständigen Materials die commercielleVewegung des ganzen verflossenen Jahres zu beurtheilen. Wenn nun die Gestaltung des Außenhandels völlig maßgebend wäre für die geschäftliche Lage eines Landes, so könnten wir mit dem Jahre 1881 sehr zufrieden sein. Auf allen Gebieten gewerblicher Thäligkeit zeigt sich eine durch Steigerung der Ein fuhr von Rohstoffen documentirte Erweiterung der Production, und die gleichzeitige Vermehrung des Exports von Fabrikaten läßt erkennen, daß unsere Gewerbe wenigstens auf den ausländischen Märkten im vergangenen Jahre flotten Absatz gefunden haben. Ob gleichzeitig auch der innere Markt an Consumlionskrast gewonnen hüt, läßt sich aus den Handelsausweisen allein allerdings nicht beurtheilen, aber der fast durchweg eingetrelene Rückgang der Einfuhr in den wichtigsten Erzeugnissen giebt die Gewähr, daß jedenfalls die ausländische Concurrenz wieder ein gut Stück weiter vom deutschen Markte verdrängt ist. Das wir dies lediglich der Zollreform des Jahres 1879 zu verdanken haben, wird von Niemand bestritten werden können, zumal aus den meisten gewerblichen Kreisen Berichte über eine er freuliche Steigerung des Absatzes auch auf dem inneren Markte vorliegen und unter diesen Verhält nissen die ausländische Concurrenz von Rechts wegen nicht hätte Nachlassen, sondern weiter erstarken müssen. Wenden wir uns nun zu den einzelnen Gewerbs zweigen, so ist es allseitig bekannt, daß die Eisen industrie im vergangenen Jahre wesentliche Fort schritte zum Bessern gemacht hat. Die Einfuhr fremder Eisenfabrikale ist gegen das Vorjahr, wenn wir von Roheisen absehen, wieder ein wenig zu- rückgegangen und zeigt jetzt nur noch minimale Ziffern, die gegenüber der fortgesetzt steigenden Aus fuhr gar nicht rn Betracht kommen können. In Roh eisen Hal diesmal wieder die Ausfuhr den Import um nahe an tausend Tonnen überstiegen. Abgesehen hiervon haben die bedeutendsten Exporte in Schienen, Draht, Schmiedeeisen und groben Eisenwaaren statt gefunden; auch in feine» Eisenwaaren ist jedoch trotz der angeblichen Gefährdung der Kleineisenindustrie durch den Zolltarif eine Vermehrung der Ausfuhr nachgewiesen. Für die Textilindustrie ist zunächst zu constatiren, daß die Einfuhr von Rohstoffen gegen das Vorjahr in allen Branchen beträchtlich zugenommen hat und somit auf eine entsprechende Steigerung der Production zu schließen ist. Bei Baumwolle beträgt der rechnungsmäßige Mehrver brauch 5000 Tonnen, bei Flachs und Hanf 8000 Tonnen, bei Jule 1100 Tonnen, bei Seide 3000 D.-Clr., bei Wolle 11,000 Tonnen. Allerdings ist hierbei der Ausfall der heimischen Production in Flachs, Hanf und Wolle nicht berücksichtigt, doch dürfte auch trotz der vermeintlichen Verminderung derselben in 1881 ein Mehrverbiauch dieser Roh stoffe stattgefunden haben. Die Garne zeigen im Allgemeinen eine Steigerung der Einfuhr lind einen Rückgang der Ausfuhr. Wenn dies auch an und für sich nicht bedauernswerth ist, da hieraus nur folgen kann, daß der innere Markl wieder mehr Textil-Fabrikate consumirt, als früher, so wird doch nicht zu bezweifeln sein, daß die Zollreform des Jahres 1879 gerade hinsichtlich der Garne nicht ausreichend gewesen ist. In Geweben ist die Ein fuhr im Allgemeinen hinter dem Vorjahre zurückge blieben, während der Export fast durchgängig eine wesentliche Zunahme aufweist. Ausgenommen ist hierin jedoch immer die Leinenindustrie, wo bekannt lich in Folge der unauskömmlichen Eingangszölls die Einfuhr von Monat zu Monat steigt und die Ausfuhr in ähnlichem Verhältniß zurückgeht. Eine sehr erfreuliche Entwickelung haben nach den Handelsausweiseu die chemischen Industrien genom men. Der Export ihrer werthvollsten Fabrikate ist fortdauernd im Steigen begriffen. Wir erwähnen als die bedeutsamsten Anilin- und andere Thcerfar- ben, Chlorkalium, Knochenkohle, Weuisteinsäure, Schwefelsäure, Superphosphate, Bleiweiß, Zündhöl zer, Alaun rc., in allen diesen Producten beträgt dis Exportsteigerung 20 und mehr Procent. Aehnliche Ergebnisse lassen sich von der Glasin dustrie, der Papierindustrie und der Thonindustrie berichten. Ueberall bei wenn auch mäßigem Rück gänge der Einfuhr eine entschiedene Steigerung des Exports, dis hin und wieder 50 und mehr Procent erreicht. Auch die anderen Metallindustrien, die Kupfer-, die Blei- und Zinkindustrie zeigen gleiche Resultate; und in der Lederindustrie ist neben grö ßerer Exportsteigerung in sogenannten Portefeuille- und feinen Lederwaaren, eine starke Zunahme des Import namentlich in Halbfabrikaten zu constatiren, auch mit eine Folge davon, daß man den Zoll auf Sohl- und anderes Leder zu gering bemessen Hal. Was schließlich die Land- und Forstwirthschaft anlangt, so gewähren die Handelsausweise hierin kein ganz so günstiges Bild. Der Getreideimport hat sich zwar im Ganzen in den Grenzen des Vor jahres gehalten und ist sogar in Roggen glücklicher weise beträchtlich zurückgegangen, aber gleichzeitig hat auch die Kartoffelausfuhr wesentlich nachgelassen und sehr bedenklich ist außerdem der fortgesetzte Rückgang des Mehlexports, dem man über kurz oder lang durch Nückzölle wird aufhelfen müssen. Be dauernswerth ist auch die Abnahme unserer Holz ausfuhr bei steigendem Import europäischer Hölzer. Hier dürfte eine Reform der Frachttarife wohl am Platze sein. "Waldenburg, 14. Februar 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser empfing am 13. d. in feierlicher Audienz in Gegenwart des Grafen Hatzfeld den neuen französischen Botschafter Courcel, welcher sein Be glaubigungsschreiben überreichte; der Botschafter wurde hierauf auch von der Kaiserin empfangen. Im Sitzungssaal der V. Abtheilung des Reichs tages trat am 13. d. Vormittag 10 Uhr der deutsche Landwirthschaftsrath zu seiner diesjährigen Ge neralversammlung unter Vorsitz des Ritterschasts- Directors v. Wedell-Malchow zusammen. Die Mit glieder waren sehr zahlreich zur Stelle, unter ihnen auch wieder der Vertreter Hamburgs und die Ver treter Elsaß-Lothringens. Der Vorsitzende eröffnete die Versammlung mit einem Hoch auf S. M. den Kaiser, die deutschen Bundesfürsten und die freien Städte, in welches die Versammlung begeistert drei mal einstimmte. Die Tagesordnung begann mit dem Geschäftsbericht pro 1881. In dem verflossenen Geschäftsjahr war in dec Mitgliedsrzahl eine Ver änderung nicht eingetreten. Nach Erledigung einiger Kassenaugelegenheiten und Genehmigung des Etats begann der materielle Theil der Tagesordnung mit einem Referat des Prof. Richter (Tharand) über einen Antrag der Königlichen Landwirthschafts-Ge- sellschaft in Hannover, bstr. die Wahrungsfrage. In der Kirchencommission des preußischen Abgeordnetenhauses wuroen am 13. d. die Anträge des Centrums zu tz 1 der Kirchenvorlage bezüglich des Eides der Bisthumsverweser, des Aushörens der commiffarischen Vermögensverwaltung und die Aufhebung des Sperrgesetzes mit allen gegen 6 Stimmen abgelehnt, sodann wurde § 1 der Regie rungsvorlage mit 11 gegen 10 Stimmen abgelehnt. Das Centrum, der Fortschritt und die Secessionisten stimmten gegen, die Conservativen und die Frei- conservaliveu für die Regierungsvorlage, die Na tionalliberalen getheilt. Die Discussion der 1a. und 2 wurde verbunden. Der Cultusminister sprach sich gegen den Antrag Brüel aus, wonach in Fäl len, wo die Amtsentlassung erkannt würde, die Stelle, sofern dieselbe nicht inmittelst wieder besetzt ist, nicht mehr als durch Erkenntniß erledigt gelten soll. Der Antrag des Abg. Grimm (conservativ), wonach die rechtlichen Folgen der ergangenen Er kenntnisse auf der Unfähigkeit zur Bekleidung des Amts beschränkt bleiben sollen, sei eine Verbesserung, doch verdiene die Fassung der Regierungsvorlage den Vorzug. Die Commission nahm H 1a. nach dem Antrag Grimm, § 2 nach dem Antrag der Conservativen, wonach es für einen durch den König begnadigten Bischof der erneuten staatlichen Aner kennung nicht bedarf, an. Zur Zeit befinden sich die Eisenbahnchefs fast aller Bundesstaaten in Berlin, welche eine eigene Staatsbahnoerwallung besitzen. Es handelt sich hierbei um die alljährlich wiederkehrenden Tarif- berathungen. Die nothwendigen Tarifänderungen treten regelmäßig mit dem Beginn der Sommer und Winterfahrpläne ein. Der Redacteur des „Berl. Börsen-Courier" Klausner ist wegen Beleidigung des Hofpredigers vr. Stöcker zu 300 Mk. Geldstrafe verurtheilt worden. Oesterreich. Die Entscheidung über die Prager Universi tätsfrage ist gefallen. Das österreichische Herren haus hat am 10. Februar die Anträge der Majori tät seiner Unterrichls-Commission abgelehnt und ist den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses beigetreten. Damit ist also der lang gehegte Wunsch der Tsche chen auf eine eigene nationale Hochsch ule seiner Erfüllung entgegengeführt. Das „W. Fr.-Bl." schreibt: „Wenn wir seit Jahr und Tag für die eigene tschechische Hochschule eintraten, so geschah das wesentlich aus zwei Gründen, erstens weil wir mit dem Grafen Taaffe der Ansicht sin^, daß die Erfüllung dieses Herzenswunsches der Tschechen ein sehr wichtiges Mittel zur Verständigung zwischen diesen und den Deutschen ist und zweitens, weil wir in der Gründung einer Universität mit böhmi scher Unterrichtssprache, wie sich die Dinge nun einmal entwickelt haben, das einzige Mittel erblicken, um der Noth der deutschen Universität in Prag ein Ende zu machen. Das eins Moment erschien uns so wichtig wie das andere. Wenn wir von der neuen Hochschule segensreiche Folgen für das wissenschaft liche Leben in Prag erwarten, so haben wir dabei weniger die zukünftigen Leistungen oec tschechischen Universi'äl im Auge, als die Aenderung der Zu stände an der deutschen Carola-Ferdinandea, welche sich wieder, nachdem sie nicht weiter um ihre natio-