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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.10.1896
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-10-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18961028011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896102801
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896102801
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
- Bindung fehlerhaft: Seiten in falscher Reihenfolge
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-10
- Tag 1896-10-28
-
Monat
1896-10
-
Jahr
1896
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Morgtn-AuSgabe: Nachmittags 4llhL Ort den Filialen und Annahmestellen je rin« halbe Stunde früher. Anzeigen find stet» au di« Expedition zu richten. Dtvck ttstd Verlag v'i E. Potz in Leivzi- 350. -SHSMM .DMA _l Mittwoch den 2^. Oktober 1896. so. Jahrgang. Die «entgelt LMMlM-en de» MrkeNLismarck. * Zn d»u vielbesprochene Mitthellnngttt der „Hamb, slickchr." Über ein zwischen Deutschland und Rußland getroffene- Abkommen, da- bi- zum Jahre 1890 bestanden und jedem der beiden Staaten die wohlwollende Neu tralität des anderen im Falle eines Angriffes von dritter Seite gesichert habe, nimmt, Wie der Telegraph auS Berlin meldet, auch der „Reichsanzetger" Stellung, indem er folgende Erklärung veröffentlicht: „Bei der öffentlichen Besprechung der jüngsten „Enthüllungen" der „Hamburger Nachrichten" über die deutsch-russischen Beziehungen di« zum Jahre 1890 ist vielfach der Wunsch hervorgetreten, die lliktzttrnngmügeauch ihrerseits das Wort zur Sache ergreifen. Wir sind zn der Erklärung ermächtigt, daß die« nicht geschehen wird; hipldmatische Vorgänge der von den „Hamb. Nachr." erwähnten Art ge hören ihrer Natur nach zu den strengsten Staatsgeheimnissen. Sir gewissenhaft zu wahren, beruht auf einer internationalen Pflicht, deren Verletzung »ine Schädigung nichtiger Staat«- inttressen bedingen würde. Die kaiserlich« Negierung muh daher auf jede Klarstellung verzichten, sie wird jenen Aus lassungen gegenüber w«derFalschesbertchtig«n, noch Unvoll, ständiges ergänzen, in der Ueberzeugung, daß die Zuber« sicht in die Aufrichtigkeit und di« Vertragstreue der deutschen Politik bei anderen Mächten zu fest begründet ist, als daß sie durch derartige Enthüllungen erschüttert Werden könnte." Wenn wir noch daran gezweifelt hätten, daß die Mit- thrilung der „Hamb. Nachr.* in allen wesentlichen Puncten richtig sei, sd würde dieser Zweifel durch di« vorstehende Au-lassung gehoben werden. Sie ist eine Bestätigung in optima form», denn wenn rin Abkommen, wie das BiSmarckblatt «S dargestrllt hat, nicht bestanden hätte, so würde für di« kaiserlich» Regierung nicht die leiseste Pflicht vorhanden sein, die Mitthrilung nicht al- Phantasiegrbilde zu bezeichnen. Daß da- nicht geschieht und daß der „Reichs anzeiger" lediglich jede Klarstellung und die Berichtigung von Falschem, sowie dir Ergänzung von Unvollständigem zurück weist, ist eine vollgiltigr amtliche Bestätigung de- wesent lichen Inhalts der jüngsten Enthüllung BiSinarck'S. Ja, man darf noch weiter gehen und sagen: enthielte diese Enthüllung wirklich „Falsche«", so würden nicht nur andere Ausdrücke über die Enthüllung gebraucht sein, sondern eS würde auch die Androhung von Maß nahmen gegen dir Person nicht gefehlt haben, die durch falsche Darstellung eines noch unbekannten Abkommen- Ver wirrung «»richteten. Daß die amtliche Erklärung aller starken Ausdrücke und jeder Drohung sich enthält, darf als Beweis dafür angesehen werden, daß die Enthüllung an maßgebender Stelle nicht nur al- inhaltlich correct, sondern auch als ein Act angesehen wird, der nicht gegen da« StaatSintereffe ver stößt. Wenn trotzdem jede Klarstellung abgelebnt wird, so geschieht dies wahrscheinlich au« Rücksicht auf den Grafen Caprivi, gegen den bekanntlich die „Hamb. Nachr." den Vorwurf erhoben haben, er habe die Vrrläugeruug des deutsch-russischen Abkommen- abgelehnt. Gleichzeitig mit der Berliner Depesche, welche über die Erklärung des „ReichSanzrigerS" berichtet, trifft eine Wiener Nachricht über eine weitere Meldung ein, dir der „N. Fr. Pr." über die Natur und die Geschichte de- deutsch-russischen Abkommens zugegangen ist. Diese Meldung lautet: „Das erwähnte Abkommen hat allerdings bestanden, und zwar nicht nur auf Grund mündlicher Vereinbarungen, sondern schriftlich, und ist von Ministern im Namen ihrer Monarchen vollzogen gewesen. Eine Mittheilung dieses Vertrages an die iibrigett Mächte hat Nicht stattgefunden. Der Inhalt deS 1884 aufsechsJahr« abgeschlossene» Vertrages ging zwar nicht soweit wie der des deutsch-österreichischen Bündnisses, das ein activrS militairisches Ein- greifen des einen Lontrahentrn fordert, sobald der andere von Ruß land angegriffen wird; aber es enthielt doch di« Verpflichtung zur .wohlwollenden Neutralität" für jede der betheiligien teiden Mächte, beispielsweise also, wenn Deutschland von Frank- reich oder Rußland von Oesterreich angegriffen würde. E« war die« der vieleMSHnt« zweite russische Strang auf dem deutschen Bogen. Et brachte Deutschland in die Lage, nach der österreichischen wie nach der russischen Seite hin Deckung in Gestalt einer Zwickmühle zu haben, die eS beliebig und ganz nach seinem Bedürfnisse nach der »inen oder anderen Seite hin auf- oder zu- ziehen konnte und die ihm außerdem vollständigste Sicherheit vor Frankreich gewährte. Diese für Deutschland so außerordentlich günstige und ihm die europäische Suprematie sichernde Sachlage änderte sich 1890. In diesem Jahre lies das 1884 geschloffene deutsch-russische Abkommen ab, sollte aber auf weitere sechs Jahre erneuert werden. Die Vorbereitungen waren schon so weit gediehen, daß nur noch die Unterschriften vorzunehmen waren. Da trat die Kanzlerkrisis ein, und eine- Tages erschien Schuwaloff beim Fürsten Bismarck und erklärte ihm, daß der Zar Bedenken trage, da« Geschäft abzuschließrn, wenn in «Deutschland rin anderer Staatsmann al« BiSmarck die Leitung der auswärtigen Angelegen- Helten bekäme. Dieser russische Zwischenfall entsprach genau der bekannten Aeußerung Alexander'« HI. bei seiner Berliner Anwesen heit im Jahr» vorher, al« er dem Fürsten BiSmarck erklärte, »r habe volle« Vertrauen zu ihm, aber wer garantirr, daß er Kanzler blrtbe? Als der Kanzlerwechsel dann vollzogen war, erklärte sich Rußland dennoch bereit, auch mit Laprivi abzuschlirßen, im offenbaren Bedürfnisse, daß selbst rin Staat wie Rußland eine« sicheren euro päischen Bundesgenossen nicht entbehren kann, und als solch»! kam für die russische Defensive, also abgesehen vom deutsch-österreichischen Bündnisse, Preußrn beziehungsweise Deutschland nach allen Trabi- tlonen und nach politischen Bernunftgründrn immer al« nächster und sicherster in Betracht. Zu seinem Erstaunen erfuhr jedoch Schuwaloff mit seiner neuen Annäherung eine Zurückweisung von deutscher Seite mit der Begründung, daß Deutschland dies» complieirte Politik nach zwei Seiten hin nicht fortsetzen, sondern sich einfach auf sein Drei- bundSverhältntß beschränken wolle. Damit war die Er neuerung de» Abkommen« verworfen, und e« lief im Sommer 1890 stillschweigend ab. Es ist sehr wahrscheinlich, daß diese deutsche Sb- lehnung, die durch gleichzeitige Aufnahme eines rngland- und und polenfreundlichen EurseS in ihrer Zuspitzung gegen Ruß land verschärft wurde, Rußland bewogen hat, den jetzt vor- handenrn Anschluß an Frankreich zu suchen, um den deutschen Ausfall zu Lecken." Da nach Vieser Meldung da« deutsch-russische Abkommen den übrigen Mächten nicht mitgetheilt worden ist, so kann auch der sachliche Inhalt der Meldung nur von derselben Seite kommen, der die Enthüllungen der „Hamb. Nachr." entstammen. An der Form der Meldung hat aber jedenfalls die „N. Fr. Pr." ihren Antheil. Ihrer Ansicht entspricht eS, wenn gesagt wird, Fürst Bismarck habe Deutschland in die Lage bringen wollen, „nach der österreichischen, wie nach der russischen Seite hin Deckung in Gestalt einer Zwickmühle zu haben, die eS beliebig und ganz nach seinem Bedürfniß nach der «inen und der anderen Seite hin auf- oder zuziehen könnte"; der Absicht deS Fürsten BiSmarck würde e« entsprochen haben, wenn gesagt wäre: Der Deutsch-österreichische Vertrag zeigte eine Lücke insofern, als er Oesterreich-Ungarn zu einer bewaffneten Intervention bei einem Angriff Frankreichs allein auf Deutsch land nicht verpflichtete; diese Lücke mußte Deutschland durch rin Abkommen mit Rußland ausfüllen, und eS verging sich in keiner Weise gegen Oesterreich-Ungarn, indem e« Rußland im Falle eines Angriff« von österreichischer Seite, also in einem kann, denkbaren Falle, die wohlwollende Neu tralität Deutschland« zusicherte. Es ist ja begreiflich, daß man im ersten Augenblicke in Wien peinlich berührt war von der Enthüllung eine« solchen Abkommens. Erwägt man aber auf österreichischer Seite, daß dieses Abkommen dem stärksten Bollwerke deS Dreibünde«, Deutschland, Sicherheit auf alle Fälle gewährte und es dadurch in den Stand setzte, auf alle Fälle der Hort des europäischen Frieden- zu sein, während die wohlwollende Neutralität Rußland« in einem Angriffskriege Frankreich- gegen Deutsch land durch eine Zusicherung für einen außerhalb veS Bereiches aller Wahrscheinlichkeit liegenden Fall erkauft wurde, so wird man sich auch in Wien beruhigen und thatsächlich, wie der „Reichsanzeiger" sagt, an der Zuversicht auf die Aufrichtig keit und die Vertragstreue der deutschen Politik festhalten. Oder sollte Oesterreich-Ungarn jemals ohne Deutschlands Wissen Lust zu einem Angriffskriege gegen Rußland gehabt haben? Wenn da- zugestanden werden müßte, so hätte man in Wien am allerwenigsten Ursache, über deutsch-russische Ab kommen sich empfindlich zu zeigen. Der Zweck der BiSmarck'schen Enthüllung wird freilich weder durch den „Reichsanzeiger", noch durch die Meldung der „N. Fr. Pr." klarer. Aber da- deutsche Volk müßte für diese Enthüllung schon deshalb dankbar sein, weil sie auf die „Staatskunst" der Grafen Caprivi erst volle- Licht wirft und den Grimm begreiflich macht, den Fürst BiSmarck gegen seinen Nachfolger bei verschiedenen Gelegenheiten bis in die neueste Zeit bethätigt hat. Ein leichtherzigeres PreiSgeben der mit der größten diplomatischen Kunst von BiSmarck für Deutschland erworbenen Friedensgarantien läßt sich kaum denken, al- daS ablehnende Verhalten seine« Nachfolgers gegen da- Anerbieten einer Verlängerung de- deutsch-russischen Abkommen-, Und wenn Fürst BiSmarck durch seine Ent hüllung gar nichts Andere« beabsichtigt hätte, als ein« ein dringliche Mahnung, den durch jene Ablehnung begangenen schweren politischen Fehler nach Möglichkeit wieder gut zu machen, so wäre schon diese Absicht deS Danke- aller guten Deutschen Werth. Die „National-Ztg." ist freilich anderer Ansicht. Ein Berliner Telegramm meldet unS hierüber: „Die „Nat.-Ztg." sogt nach Citirung der heutigen Wiener Preß stimmen über den bekannten Artikel der „Hamb. Nachr.": Die Frage sei nicht zu unterdrücken, was derartige Preßtreibereien be zweckten. Zur Zeit Eaprivi's mochten ähnlich« Artikel al» berech- tigte Warnung, das Berhältniß zwischen Rußland nicht ohne Noth sich verschlechtern za lassen, aufzufassen sein, dem Fürsten Hohenlohe gegenüber bedarf es derartiger Mahnungen offenbar nicht. WaS wird also mit den Artikeln, wie der jüngste in den „Hamb.Nachr." beabsichtigt? Sehr viele Verehrer Bismarck's wären erfreut, zu erfahren, daß dieser nichts damit zu schaffen hätte." Fürst BiSmarck wird sich auS solchen „Verehrern" nicht viel machen uud ebensowenig jener überwiegende Theil der Deutschen, der staunend und dankbar sich eingeweiht sieht in eiue« der größten diplomatischen Meisterwerke BiSmarck'« und zugleich Einsicht in die Gründe erhält, die den jetzigen Zaren zu einer gewissen Kühle gegen Deutschland und Kaiser Wilhelm II. zu einem um so größeren, viel fach mißverstandenen Entgegenkommen veranlaßten. Zu herzlicher Freude wird e- aber dem Alten im Sachsenwalde gereichen, daß seine Enthüllungen wie ein eiskalter Wasser- strahl auf Frankreich wirken, wo man jetzt erst erkennt, daß der Zarenbesuch ein Geschenk von Caprivi'« Gnaden war. Wir fügen hieran den Wortlaut deS deutsch-öster reichischen Bündnisses in der Form, wie es am 4. Februar 1888 in Berlin und Wien veröffentlicht worden ist: Die Regierungen Deutschlands und der österrelchisch-iingarischen Monarchie haben sich zu der Veröffentlichung ihres am 7. Oktober 1879 abgeschlossenen Bündnisses entschlossen, um den Zweifeln rin Ende zu machen, welche an den rein defensiven Intentionen desselben auf verschiedenen Selten gehegt und zu den verschie- denen Zwecken verwerthrt werden. Beide verbündete Regierungen sind in ihrer Politik von dem Bestreben geleitet, den Frieden zu erhalten und Störungen desselben noch Möglichkeit abzuwehren; sie sind überzeugt, daß die Bekanntgabe deS Inhalt« ihres Bündniß- vertrages jeden Zweifel hierüber auSschlicßcn wird, und haben deshalb beschlossen, denselben zu veröffentlichen. Der Text lautet: In Erwägung, daß Ihre Majestäten der Deutsche Kaiser, König von Preußen, und der Kaiser von Oesterreich, König von Ungarn, es al« Ihr« unabweiSliche Monarchenpflicht erachten muffen, für die Sicherheit Ihrer Reiche und dir Ruhr Ihrer Völker unter allen Um- ständen Sorge zu tragen; In Erwägung, daß beide Monarchen, ähnlich wie in dem früher bestandenen Bundesvrrhältnisse, Lurch festes Zusammenhalten beider Reiche, im Stande sein werden, diese Pflicht leichter und wirksamer zu erfüllen; In Erwägung schließlich, daß ein innige? Zusammengehen von Deutschland und Oesterreich-Ungarn Niemanden bedrohen kann, wohl aber geeignet ist, den durch die Berliner Stipulationen geschaffenen europäischen Frieden zu conso lidiren, haben Ihre Majestäten der Kaiser von Deutschland und der Kaiser von Oesterreich, König von Ungarn, indem Sie Einander feierlich versprechen, daß Sie Ihrem rein defensiven Ab kommen eine aggressive Tendenz nach keiner Richtung jemals beilegen wollen, einen Bund des Friedens und der gegenseitigen Vrrtheldigung zu knüpfen beschlossen. Zu diesem Zwecke haben u. s. w. (folgen die Namen der Bevoll mächtigten.) Artikel I. Sollte wider Verhoffen und gegen den aufrichtigen Wunsch der beiden Hohen Eontrahenten eines der beiden Reiche von Seiten Rußland« angegriffen werdep, so sind die Hohen Eontrahenten verpflichtet, Einander mit der gesämmten Kriegsmacht Ihrer Reiche beizustrhrn und demgemäß den Frieden nur gemeinsam uud über- «instimmeud zu schließen. Artikel II. Würde Einer der Hohen eontrahirenden Theile von einer anderen Macht angegriffeu werden, so verpflichtet sich hiermit der andere Hohe Eontrahent, dem Angreifer gegen Seinen Hohen Verbündeten nicht nur nicht beizustehen, sondern mindestens eine wohlwollende neutrale Haltung gegen den Hohen Mit- contrahenten zu beobachten. Wenn jedoch in solchem Falle die angreifende Macht von Seite Rußland«, sei es in Form einer actwen Cooperation, sei es durch militairische Maßnahmen, welche Len Angegriffenen bedrohen, unter- stützt werden sollte, so tritt dir im Artikel I dieses Vertrages stipulirte Verpflichtung des gegenseitigen Beistandes mit voller Heeresmacht auch in diesem Falle sofort in Kraft und die Krieg- sührung der beiden Hohen Eontrahenten wird auch dann eine ge meinsame bis zum gemeinsamen Friedensschluß. Artikel III. Dieser Vertrag soll in Gemäßheit seines friedlichen Charakters und um jede Mißdeutung auszuschließen, von beiden Hohen Eontrahenten geheim gehalten und einer dritten Macht nur im Einverständnisse beider Theile und nach Maßgabe jpecieller Einigung mitgetheilt werden. Bride Hohen Eontrahenten geben Sich nach den bei der Begegnung in Alexandrowo ausgesprochenen Gesinnungen des Kaisers Alexander der Hoffnung hin, daß die Rüstungen Rußlands sich als bedrohlich für Sie in Wirklichkeit nickt erweisen werden, und haben auS diesem Grunde zu einer Mittheilung für jetzt keinen Anlaß, sollte sich aber diese Hoffnung wider Erwarten als eine irrthümlicke erweisen, so würden die beiden Hohen Eontrahenten es al« eine Pflicht der Loyaliiät erkennen, den Kaiser Alexander mindesten« vertraulich darüber zu verständigen, daß sie einen An griff auf Einen von Ihnen als gegen Beide gerichtet betrachten müßten. Urkund dessen haben die Bevollmächtigten diesen Vertrag eigen- händig unterschrieben und ihre Wappen beigedrückt. Geschehen zu Wien, am 7. Oktober 1879. H. VII. P. Reuß. Andrassy. F-vttlet-n. Mußestunden an Lord. Von Eecpitotali»«te«a»t a. L. E. von Meßet». IV. »<rr»e«i. Wa» macken denn nur die Leut» während der Freizeit an Bord? Dies» Frage hört man häufiger aufwerfen, wenn von dem Leben und Treiben auf einem Kriegsschiff die Rede ist. — Womit beschäftigen sich die Mannschaften, was pflegen die Officier« in den Mußestunden »u thun-I Da« zu wissen erscheint Bielen nicht minder interessant, al« Berichte darüber, wie der Dienst gehandhabt wird, wa« da« Exerciren, die Fahrt u. s. w. mit sich bringt, und in der That ist dir Frage wichtig genug, da von der richtigen Ausnutzung der freien Zeit, der Stärkung zu neuer Tbätigkeit viel abhängt, soll sich bi« Besatzung wobl an Bord fühlen, den nicht leichten Dienst mit stets glrichbleibender Lust verrichten. Biel Zeit zur Ruhe ist am Tag» nicht gegeben, fie ist «her zweckentsprechend vrrtheilt und vollkommen ausreichend! Da ist zuerst Morgen- von »/<7 di- »/.8 Freizeit, tapn Mittags »ine solche von »/«IS bis »/«2 und Abend« schließlich do« »/«S bis »/«S Uhr. Eigentlich währt jede einzelne bi» zur vollen Stunde, jedoch hört mit den angegebenen Zeiten di» Erlaubniß zum Rauchen auf und es beginnt di» Bor- bereitung zum Dienst, so baß diese letzten Viertelstunde» di« UebergangSstadien bilden. „Backen und Banken", ruft auf entsprechendes Eommando d«r vootsmaunsmaat der Wach« nach »oraufgeaangenem Pfeifenstgaal durch das Luk in dir unteren Schiffsräume, wo es von den in den einzelnen Decken Wach« habenden Unter- osficieren wiederholt wird. Es bedeutet, daß die Backen (Tische) und Bänke, die für gewöhnlich, um nicht Platz weg- zunebmen, unter Deck aufgefangen düngen, heruntergrschlagen werden. Dieses wird von den sich regelmäßig darin ab lösenden Mannschaften einer Bank besorgt, welche sich darauf mit ihren Kaffeetöpfen (Morgen- und Abends) bezw. den größten Speisegesäßen (Mittag) nach der Kombüse (Küche) begeben, um dort Stoff zu volen. Sie stellen Brod- und die Buttrrbüchsen, sowie für jeden Mann einen Kumm, der als Trink- und Eßnapf dient, nebst Messer und Gabel aus den Tisch, decken also gewissermaßen, wenn auch von richtigem Tischdecken natürlich nicht die Rede ist und höchstens auf der Back der nicht an den anderen solchen vertheilten Unterofficiere ein derartige- Wäschestück prangt. DaS genannte Signal bedeutet gleichzeitig die Erlaubniß zum Rauchen, von der selbstredend der ausgiebigste Gebrauch gemacht wird. Streichhölzer »um Anzünden de« Glimm- stengelS oder der kurren Kalkpfeife giebt e« aber nicht, diese Errungenschaft der Menschheit ist in den Mannschaftsräumen wegen der Feuergefährlichkeit vorpönt. Statt ihrer wird eine brennende Lunte in einer hängenden Blechglocke sestgeklemmt, um die sich die Rauchbedürftigen wie di» Motten am Licht sammeln. Da- Essen selbst beginnt erst eiue Viertelstunde nach „Backen und Banken" auf entsprechendes Signal „Frühstück", „Alle Mann Mittag" oder „Abendbrod" und zwar wird täglich da« Mittagsmahl vorder von dem Eommanpanien, dem ersten und dem wachthabenden Ofsicier probirt. Äm Allgemeinen hört man nur sehr selten Klagen, und da- Essen, so einfach eS ist, mundet vortrefflich, wenn auch manche Ge richte »uweilen riner merkwürdigen Abneigung der gesämmten Mannschaften begegnen. Früher auf den langen Seetoureu kam das häufiger vor; da bildeten Pflaumen und Klöße «ine angenehme Abwechselung zwischen dem ewigen Schwabber (präservirtem Fisch) oder dem Lachs mit Reis bezw. Reis mit Lachs. Heutzutage, wo die Schiffe nicht so lange Fahrten machen, in den Häfen auch größtentheils Frisch-Proviant übernehmen, ist da« Einerlei nicht so groß, dir Portion dabei für den Mann reichlich, zumal wenn während der Fahrt einige Seekrank» den Anderen erlauben, sich auf ihre Kosten besser zu ernähren. Die Mahlzeiten der Ofsiciere finden zu denselben Zeiten statt, wie diejenigen der Mannschaften. Ein eigener kon traktlich engagirter Civil-Koch und -Steward sorgt unter Aufsicht eines Metzvorstandes dafür, daß etwas Ordentliches auf den Tisch kommt, wenn e« auch manchmal den etwa« verwöhnteren Gaumen nicht recht gemacht wird. Der Eommandant speist in der Regel für sich allein, oder mit dem Adjutanten, ebenso der Admiral mit dem Chef des Stabes und dem Flagglieutenant gleichfalls zu denselben Zeiten. Nach einer halben Stunde erfolgt daS Ablösen der Posten, die e-, hungrig wie sie sind, sehr übelnehmen, wenn „daS Verfangen" nickt rechtzeitig stattfindet, zumal das Alleinsein, wo -uf da« Abräumen gewartet wird, nicht zu den An nehmlichkeiten gekört. Di« Backfchasten der Woche müssen erst das Geschirr reinigen und wegstauen, bevor sie sich der allgemeinen Freiheit hingeben dürfen. Dicienige Mittag« wird meist schlafender Weise verbracht. Ta sieht man di» Matrosen glatt auf Deck in der Sonne liegen, di» Mütze als Kissen unter den Kopf oder gar als Sckutzsckirm über da- Gefickt gebreitet, daß man sich fragt, wie eS möglich ist, daß ein Mensch aus den barten Deck-Planken eS auch nur b Minuten in solcher Stellung auShalten kann. Und wir lang» liegen die Leute so? Eine Stunde und darÜberl Nicht immer ungestört, wenn ein Wacher sich zwischen all' den Beinen wie im Schwertertanz hindurchschlängelnd, beim Ueberbolen des Schiffe« einmal auf dieselben tritt, oder ein mißgünstiger, schalkhafter Kamerad e« sich nickt nehmen läßt, die in die Luft ragenden Nasen auf diese oder jene Weise zu kitzeln. Auch die Fußsohlen sind ein beliebtes Angriffsobject für der artige Scherz«. Nicht all« schlafen aber! Wie am Lande, so giebt eS auch an Bord stets enragirte Kartenfexe, di« jeden freien Augenblick benutzen, um ein Spielchen zu machen, fei es aus dem barten Deck, sei es auf dem Schooß eines der Mit- thuenden, oder dem Rücken eine« Schläfers, wobei meist Karte» von recht fragwürdiger Sauberkeit, die gar nicht kriegsschiffmäßig gebraßt und getoppt, d. h. gerade sind, rum Vorichein kommen. Singen und Harmonika-Spielen hört man Wochentags in der Mittagszeit sehr selten. Damit wird sonderbarerweise Rücksicht auf die Schlafbedürftigen gc noinmen, obwohl diese sich dadurch wahrscheinlich in ihrer Ruhe nicht stören lassen würden. Auch Morgen« wird nicht gesungen! Da denkt Jeder an den kommenden Dienst, überdies ist diese Freizeit die kürzeste, zumal während ihrer das Umziehen der Mannschaft in den TageSanzug erfolgt, das bei den eng im Zwischendeck i» Regalen stehenden Kleiderkisten nicht gerade bequem genannt werden kann. Ein ganz andere« Bild zeigt dagegen der Abend! Zwar müsse» sich die Leut« dann auch „für die Nackt" umziehen, des Tages Last liegt jedoch hinter ihnen, diese Freizeit ist die längst« und so sucht sich denn jeder die Stunden zu vertreiben, so gut »S geht. Da siebt mau die Kartrnspieler in vermehrter, wenn auch nicht verbesserter Auflage, dort lauscht «in zahl reicher Zuhörerkreis den abenteuerlichen, nicht immer bei der Wahrheit bleibenden Erzählungen eine- „Seemanns", d. b.
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