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Sächsische Volkszeitung : 23.02.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-02-23
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192202230
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19220223
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19220223
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-02
- Tag 1922-02-23
-
Monat
1922-02
-
Jahr
1922
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 23.02.1922
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Nr. 4L 21. Jahrg. Fernsprecher: Neda»«,« 32723 - «eschäst.stekle 32722 Postscheckkont«; Dresden Nr. 1479? siicklWe Donnerstag, 2L. Februar 1S22 «evaktto« «>>d «eschäft»fte»«: Dresden1«. tz»ld»t«ftrak« 4« D o lfszeliun a «eniastzr«»», «leüeljLhricch »4 »weimonatllch »« 4». monatlich 8 ^ frei Hau», «kinzelmnnmec M ». Dt« »üchsttch« »oir»,«>tl»K, erichecnc sechsmal tuSchentltch. — Sprecbliunde de« NeSaNiom S bis N Mir nachm. Nicht an»- »raaiich gnückverlangte nnd mit Rückporto nicht versehene «intendiingen an die Redaktion werden nicht ansbewahrt «n,Nnnabme von Ne>chä'>kw,ue'k,en ch- N^von 'rM».°-?Oifeck-"nbsch"'tgr'S-ibw Vetn<ene ».««st ^a.l,e>-an,ewc> ^ "cherdem Porten,Ichian. — gin .»w utUN- ae'chrwnene ow>e durch .rern abbeler bet tU-dersendu„a d rch die Posl atcherdem Pon^ n^ wie, de» reges »ich. twernebmen LL<'!7l"7L„'SL^^ » »— Line epochemachende Lntdeekung Dresden, 22 Februar. Unter der ttcherschrist: Re v olntl onäre Nefo rmv orschlä ge in d er ka t b o l i s cbe n Ki r ch c und versehen m>t den viel» rbeine ndcn Unte, titeln: A ufsetien e rreacn de Erklär »ngenetneSli öderen Geistlichen — Erncncrunn der Kircde vonGriind o u t — Aufaabe aller poliit'che» und territorialen Herr» tchattsan lprüche — l! eberwindn » g der artstote! > sch n Philosophie — veröfs ntlichen die «TieSdcner N u str» Nachrichten vom 2t. Febiuar die Aeußcr>»iaen eines lioben (tzeisillch n, der >m Gefolge eines Kardinals »ach Nom kam un« einem Vei'.retcr ccS gioßen Bologneer Blatte« „Nesto del Carlino" g.macht haben soll. Dieie AcubriUtigen tollen sict, auf eine Reform der kalhott'ch-n Küche an Haupt und Gliedern beruhe» und einen io weitciehenoc» Cwra ter tragen, daß ihie Durch,ühnina e uc Rcvo luiioii iniurhaiv der Küche bidenteii würde nnd sic seien aeeianet in lmholischen und n>cbt« katbolitchen Kreisen Aussehen zn erregen, wie sie la auch schon teil» weise hett'ge Proteste, teckwciie bewundtluve Zustlmmunz gesundeu hätten. Tie „Auslandspost" bat sich der Mühe unterzogen, die'c AkiibeiuugkN des bobcn Geistlichen in» Dcnt che zu üocr>,tze>', dieser .Ausland?voll* eninebmen die „Dresdener 'Neuest,» Nachrichten lene Nrogrammpunk e, die wir hiermit nach dem Worilanl in letztgenanntem Blulte jolgeu lass,»: „Seit vier Jahrhunderte» — erklärte der Geistliche — seit Luther im Norden znin Ausruf aiifgerufcu, besteht die römische Kirche nur noch als Gegenreformation, und sie hat sich gegen die geistige und po iiis.he Freiheit im Namen einer Übermensch-- liehen Autorität aufgerichtet und nimmt aus Grund göttlichen Rechtes die völlige Beherrschung der Geister für sich in Anspruch. Das Ergebnis ist trotz verschiedener tastender Versuche ein voll ständiges Mißverständnis zwischen ihr und der von Demokratie gekränkten und nach Demokratie verlangenden modernen Welt. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: entweder die Kirche verbleibt in einer reaktionären Haltung, die sic ganz isoliert, oder sie belebt alle seelischen und geistigen Kräfte, bildet sich um und strahlt das Licht der Kultur und die Wärme des Glaubens au«, übertrumpft die Reformation und die Gegenreformation und lehrt durch da» Christentum die innere Disziplin Fr-u»ne und wird zur großen Erzieherin der modernen Seele, die zwischen der bürgerlich genügsamen Skeptik und den tollkühn blinden Irrlehren des Sozialismus hin und her schivankt. Natürlich ist das eine Ausfassung, die die Italiener zunächst erschrecken must, aber unter den Katholiken, die in protestantischen Ländern leben, ist bei den gebildete» Laien und selbst bei den, Geistlichen jetzt eine klarere und weitherzigere Auffassung des Christentums weit verbreitet. WaS nun die notwendigen Neuerungen betrifft, sv würden sie hauptsächlich in folgendem bestehen: 1. Endgültige Aufgabe jeder Form von politischer oder territorialer Herrschaft. 2. Lossagung von der aristotelischen Philosophie, dir im modernen Denken nicht mehr lebendig ist. 3. Stärkere Betonung des bleibenden ethischen Grundge halts des Christentums als einer Weltanschauung der Reinheit, der Schlichtheit, der helfende» Menschenliebe, der Einiglcit, der Vergeistigung des LebrnskanipfcS. Natürlich läßt sich eine derartige geistige Reform nicht in ivenigen Jahren von einem Manne bewirken, aber das Ent scheidende wäre ein erstmaliges Vorgehen, das ein entschlossenes Abrücken von der Vergangenheit darstellt. Einstweilen könnten schon verschiedene Reformen angebahnt werden, wie sie von den besten Katholiken für wünschenswert gehalten werden: Liturgie: Annäherung des ltultuS an Sprache und Gebräuche der Gläubigen an Stelle deS heutigen automatischen Formel wesens. Hierarchie: Verzicht aus sn-iwilltge Gefangenschaft des Papstes im Vatikan: Abschaffung aller Eiinichiuugeu und Bräuche, die noch aus den Zeiten stammen, in denen der Vatikan der Sitz eines Herrschers war. Der Klerus schlägt selbst diejenigen vor, die der Ernennung zn Bisckiöien würdig sind, mag auch die end gültige Wahl von'Nom aus erfolgen. Will mau aus der Priester- lichen Ehelosigkeit bestehen, daun strenge Ueberwachung, zugleich aber eine starke Herabfetzung der Zahl der eigentlichen Priester und eine Heranziehung von solchen Gehilfe» für de» niederen Dienst, die nicht an das Zölibat gebunden wären. Freilich zur Ausgabe deS Priestertums und zum vollberechtigten Eintritt in das weltliche Leben, »mwanbluug der Gemeinden in wahre Ver einigungen der Gläubigen mit klar ausgeiprochenen Rechten und Pflichten besonders administrativcr Art. Einfluß auf die Sitten der Gemeindemitglieder, Ausschluß Unwürdiger. Studien: Einführung philosophischer und kritischer Metho den in deu höheren Unterricht. Diskussion der zeitgenössischen Lehren. Abschaffung aller vo» besonderen religiösen Orden ge leiteten Universitäten. Der Klerus muß »»bedingt aus der gleichen Bildungsstufe stehen wie die Gesellschaft, der er angehört, und Im Notfälle in der Lage sein, sein Brot auf Grund seiner welt lichen Ausbildung zu verdienen. Mönchstum: Der schwierigste Teil der Reform betrifft jeden falls die Mönchsorden. In diesem Punkte sind unsere Ansichten klar und fest: mir verlangen Revision aller veralteten Ordens regeln, Verbot lebenslänglicher Gelübde, Aufhebung des Betteins, der Klausur, Regelung des Kollettiveigentums, Entschädigungen für diejenigen, die aus den Orden austreten. Nur« ii f Grund einer derartigen Einstellung wird die Kirche ihre Macht über die Gläubige» behalten können." Hierzu möchten wir folgendes bemerken: Bei uns löst diese j>:irs uoho» Gcisttlcheu ivrvec. heiligen Protest I.och bewundernde Zustimmung aus, sondern lediglich ungetrübte Heiterkeit. ES mag schon so sei», daß die „Dresdner Neuesten Nachrichten" sich bereits lange Zeit gewundert haben, daß in der gegenwärtigen Zeit des allgemeinen Revolutionsfiebers die katholische Kirche die einzige Institution ans Erden blieb, die nicht in diesen Revolutionstaume! hineingezogen wurde. Nicht nur in Florenz und Bologna, sonderu auch im Elbsloreuz spielen die „hohen Geistlichen" manchmal die sonderbarsten Rollen. Ge wöhnlich spielen sie die Rolle des „großen Unbekannten". Dem Bologneser Vertreter des Blattes „Resto del Carlino" ist nun tatsächlich jener hohe Geistliche erschienen, der sich in Begleitung eines Bologneser-Seidenpinschers befand. ES war aber gerade Fasching, der Heuer recht frühzeitig in Italien einsetzte. Es bat sich ein Spaßmacher den üblen Scherz erlaubt, in dcr Maske eines Geistlichen den Vertreter aus Bologna mit einem Faschings-' ulk hinein zn legen. Wir zweifeln nicht, daß die „Dresdner Neuesten Nachrichten" über diese tbre epochemachende Entdeckung einen gewissen Stolz hegen werden. In der Zeit der Masken- sreiheit sei eS deshalb nicht verübelt, wenn man hierzu sagt: „Einem jeden Narren gefällt seine Kappe". Bei diesem hohen Geistlichen, der in deu Blättern sein Wesen treibt, empfehlen wir jedesmal Vorsicht zu üben, mau lasse sich Tauszeuguis, polizei liches FührnngSatlest und andere Doknniente vor egen und sei vorsichtig, wenn es Karnevalszeit ist, doppelt vvr.ichtig, wenn wie in Dresden, zu gleicher Zeit Bockbier-Saison ist. Dulijäh Tagesschau Das MeichSkabinett hielt am Mittwoch bormittag eine Sitzung ab. u,n sich mit einer am Dienstag übergebenen Note dcr französischen Negierung, die Genueser Konferenz betreffend, zu beschäftigen. Die für Mittwoch angesetzien Verhandlungen im Reichs- verkehrsnrinisterium mit den Spitzenorgairisaiivnen der Eisen- babnbcamten und den Elewcrkschaften über das ArbeitSzciigesetz sind auf Anfang nächster Woche verschoben worden. Die letzten von der Russische» Nationalbank Veröffentlich ten Devisenkurse sind folgende: ein Pfund Sterling 2 MO MO Rubel, ein Dollar 080 000 Rubel, die deutsche Mark MM Rubel, ein goldenes Zehnrubelstück wird mit 2 700 OM Sowjetrnbel ge handelt. Die baberische Landeöbancrnkammer erklärte, es sei ihr unter keinen Umständen mehr möglich, auch nur Erörterungen über die Zweckmäßigkeit einer Getroideumlage oder veredelten llmlage zu pflegen. Sie lehn« mit allem Nachdruck eine Son- derbestcuerung der Landwirtschaft ab, wie sie ihr bisher tu g«. wattigem Umfange durch Zwang nnd Umlage zugemutet wor den sei. Römischen Mütterineldnirgen zufolge ist auch das Kabinett Giotttti neuerdings gescheitert. Mitte April oder Mai soll der Flugpostvcrkehr zwischen Berlin und Prag und zwischen Prag und Wien ausgenommen werden. In den letzten Trigen wurden Probeflüge veranstaltet, die gute Ergebnisse gehabt haben. Die zur Verwendung gelan genden Flugzeuge werden drei Passagiere, wenn nötig eventuell fünf außer zwei Begleitern aufnehmen, sowie IM Kilo Gepäck miisühren. Eine sachliche Auseinandersetzung n. Die Ueherschätzung des in protestantischem Sinn« auSgeleg- i«n „Gewissens" und der „Gewissensfreiheit" war ferner die Ursache einer gänzlich subjektiven und persönlichen Auffassung der „Religion". Jeder hast fick nach eigenem Gutdünken aus Grund dieses protestantischen Freiheitsbegriffes sein Verhältnis zu Gott selbst Aurechtgemacht. Wenn aber die Religio» nicht „von unten kommt", so sagt Stählt», nicht allein aus menschlichem Suchen nnd Ringen, sondern „von oben" (Offenbarung) kommt, dann ist eben der im protestantisclzen Sinn aufgefatzte Satz: „Religion ist Pribaisache" falsch. Dann gelt eben nicht mehr subjektive Meinungen, sondern objektive Nonnen. In demselben Augenblick, Ivo ein denkender Mensch erkennt, daß hinter allem Tasten und Suchen nach religiösen Begriffen, hinter allem Sstahn und Streit eine Wahrbeit ist, dann wandelt sich das Bild. Dann gibt es eben keine Gleichheit des Menschen gegenüber dieser höheren Welt. Eine Gleichheit der Menschen kann nur von der körperlichen Sphäre, nicht von der geistigen Welt be- hauvktzt werden, in der die größte Ungkeichkeit herrscht. Damit er wacht im modernen Men üben ein neues Verständnis für die Notwendigkeit einer Hierarchie, einer Abstufung zwischen „Füh rern" und „Folgenden", ganz analog dem Fübrerproblem i» unserer Jugendbewegung. — Alles uralte katholische Wahr heiten! — Mt dem Gedanken der Religion, die „die Wahrheit" von oben dem suchenden Menschengeist darreicht, ist die Idee der Kirche als Wekttirche gegeben, analog der Solidarität alles geisti- gen Lebens. Die Idee der Kirche ist nach StäblinS Worten die Solidarität aller Menschen aus Erden, in denen Christus wirkt. — Uralte katholische Wahrheit, die !eder KaieckriSnms in der Lehr« des k>. Glaubensartikels anSspricht von der einen Kirche als „Gemeinschaft der Heiligen". Stets bat die katholische Kirche gelehrt, daß sie in ihrer äußeren Verfassung der „mystische Leib" Christi ist, von dem Paulus im Epheserbrief spricht, daß aber zu der Seele dieses Leibes alle gehören, die „bona side" sind, auch wenn sie nicht dem äußeren Verband der Kirche angehörcn, aber „in Christus" lpben. Genau wie es im sozialen Leven „Priester" im weiteren Sinne gibt, d. h. Menschen, die durch helfendes Verstehen un- verstehendes Helfen an ihren Mitmenschen Priesterdienste leisten, die durch ihr soiinenhaftes, gütiges Wesen, durch duldendes Tra gen, durch hingebeude opferwillige Liebe Kräfte in ihrem Ncl»en» menschen entbinden und frei mache», so muß es in der echten Kirche „Mittler und Priester" geben. — Die Erfahrung lehrt ferner, daß eS in der Welt tatsächlich persönliche Kraftquellen und Kraftzentren gibt, d. h. Menschen, von deren hoher geestiger und sittlicher Kraft .Hunderte und Tausende Lickt und Kräfte empfan- gen. Diesen entsprechen in der Kirche die „Heiligen", di« leuchten den Vorbilder, die großen Ordensstifter, deren Geist noch nach Jahrliiinderten in ihren Schöpfungen, i» ihren geistigen Sühnen nnd Töchtern fortlebt. — Die „echte und wahre (Gewissensfreiheit" kann nicht ..Ausgangspunkt", sondern darf nur „Endpunkt" des religiösen SuchenS und Ringens sein. Wahrhaft frei wird der Mensch nur durch Gehorsam, Durch unerbittliche» strengen Ernst gegenüber dem schwankende» nnd haltlosen moralischen Ich des Minie »scheu erweist man ihn« oft den größten Dienst. Mer nur der kann Gehorsam verlangen, wo cs um das Höchste in, Menschen, um seine Seele, seinen inwendigen Menschen geht, der „im Auftrag höherer Macht" zn dem Strauchelnden und Suchenden spricht. Stählin erwähnt hierbei die Worte des iJesmtenpaterS L'ippert, daß es die Aufgabe de» Seelsorgers sei, den Menschen durch Gehorsam frei zn niackwn und anznleiten, selbständig zu wevden. « .- ^ schönere und bessere Rechtfertigung des Beichtinstitut» geben, als sie der protestantische Pfarrer D. Siäh- stn in diesen letzten Ausführungen gibt? Naturgemäß erhob der Re A'N*' Sie werden nnr sagen: „Warum wirst di» mcht katholisch" Antwort: „Weil mich tiefe Gräben vün der katholischen Kirche trennen! In den folgenden Ausführungen zur Recht fertigung seines ablehnende» persönliche» Standpunkte» hob er nun merkwü^ngerwns« rm Widerspruch zu seine» früheren Dorten manches wieder auf. so z. daß er da, in der k.ttho- K/chei, Kirche herrschende Prinviz der „Identifikation" ablehnt, d. h. die Behailpinng. daß „das Heilige" an einem bestimmten Ort ist, obwohl er doch zuerst ansckxluttch geschildert batte, daß der moderne Mensch „das Heilige" im Raum, i» Abhandlung nsw. sehen will. Ferner lehnt er die absoluten Stzmbole de« Religiösen ab, denn jedes Symbol Habs nur einen bstimmten Wirkungs kreis. CM diese Ablehnung des „Absoluten" und des „Jdentifi- kaiionspriuzipT gemäß der Grundanschanung des Vortragenden von der „Relativität" alles Denkens auch von der Person Christi, in dein das Absolute mit erhabener Majestät in Erscheinung tritt? „Ich bin der Weg, (nicht ein Weg), die Wahrheit und das Leben." Welche Bedeutung hat dann ferner die Taufe und der Tanf- ainftrag Christi, der in absolutester Form als Vorbedingung des Heils ausgesprochen wird. — Tief schmerzlich berührte der Vor wurf. die katholische Dogmatik lehre zwar, daß Gottes Geist und seine Wirksamkeit in Menschenseelen nicht an die Kirche gebunden sei, daß diese Lehre aber von den katholischen Theologen nicht ehrlich gemeint sei. DnS ist meines Wissens der Vorwurf lwwuß- ter Unwahrhafttgkeit, der um so begreiflicher ist. als der Bor- tragende genaue Bekanntschaft mit katholische» Grnndanschannn» gen verriet. Die scharfe Verurteilung der Mischehen durch die katho lische .Mrche ist ihm ein weiterer „Graben". Besonders verletzt ibn die Bestimmung deS neuen kirchlichen Gesetzbuches (Canon l>3l Z 1), wonach der katholische Teil mit der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft bestraft werden müsse, falls er seine Kinder habe protestantisch erziehen lassen. Hierbei ist Stäbli» wohl ein Mißverständnis unterlaufen. Der genannte Canon sagt »nr. daß ein gerechter Grund, die eheliche Gemeinschaft mit der Billigung des Diözesanbischofs aufznheben. dann vorhanden ist. wenn der andere Erbteil der Kiirder in einer nicht katholischen Religion er zieht. Bon einer „Bestrafung", die in der Form der sogenannten Trennung von Tisch und Bett eintreten „müsse", sagt da» neue Kirchenrecht kein Wort. Die Stellrmg der katholischen Kirche zur Mischehe, die übrigens auch von den protestantische» Seelsorgern scharf verurteilt wird, wird erst dann verständlich, wenn man sich vor Augen hält, daß die Ehe nach katholischer Lehre ein heiliges Sakrament ist, das nach den Warten des Apostels Paulus zwei Meuchen so bindet, daß ihre Vereinigung das getreue Abbild der inneren und unanflüslichen Verbindung Christi mit der Kirche ist. Dieses eheliche Band ist unter Getauften nach katholischer Lehre stets ein sakramentales, zu dem die Kirche ihre Zustimmung nnd ibren Segen nnr dann erteilte, »venu vor Abschluß der Ebe die katholische Trauung nnd katholische Kindererziehnng seitens des nichtkatholischen Teils versprochen sind. Wird dieses Ver sprechen gebrochen, so ist für den katholisckien Teil ein „gesetz. mäßiger Grund" (legitim« causa) vorhanden, die eheliche Ge« meiiischaft anszugeben, weil eben die Voraussetzung anfhöci zn bestehen, unter der die Ehe zustandegekommen ist. Seibslvecständ- lich ist dem katholischen Eheteil der Abschluß einer neuen Eüe un möglich. Im Schluß seines VocirogeS zeigte also Stäüii», wie auch er unter der Herrsckwfi einer Reihe vulgärer protesianiischer Vorurteile und falscher Blickeinstellung zn karbolischen Grnndaii- schanunge» nnd Lebensmerten steht, im Widerspruch zu den Aus führungen des ersten Teils seiner Ausführungen. ('»egenüber der hohen Bedeutung des Mönchtums, das er für den moderne», vom weltlichen niedrigen Treiben angeekelteu Menschen die „große Versuchung" nannte, verherrlichte er die Auffassung Luthers von der Heiligkeit des natürlichen Berufs lebens. Hundert- nnd tausendmal ist dagegen protestiert wor den, daß i» katholischer Aufscissnng das Ordenswesen die alleinige wahre und vollkommene Form des Christenlebens darstelle. Der Marbnrger MeligionSpspcha!a»e Heiler hat in seinem große» Werk über das Gebet (S. 270> darauf ln »gewiesen, daß schon vor Luther die katholischen Mystiker Eckhart. Tauler, Birgitta von Schweden, die Weibe und de» Wert des hingebenden Berufsleben? gepriesen lwb>:„. Es gibt nur ein einziges Endziel der christ lichen Vollkommenheit für Klosterleute und Weltlente, die Liebe Gottes. In jedem katholischen Katechismus der ganzen Welt ist diese Lehre klar nnd deutlich ausgesprochen. „Die christliche Vollkommenheit besteht darin, daß nnr Gott über alles nnd alle? in Gott lieben." Besondere Mittel, die nnr angeraten werden nach dem Beispiel Jesu (Luk. 18. t8—22). der dem reichen Jüng ling. der „vollkommen" werden will, freiwillige Armut, Keusch heit nnd Gehorsam empfiehl:, sind die evangelischen „Räte", wie sie im OrdenSlebe» verwirklicht sind. Gerade In unserer Zeit, die von maßloser Habgier, furchtbarer Sexualität und frecher AutoritätSlosigkeit wie von Krebsgeschwüren zerfressen ist, tut das Beispiel not von Menschen, die zur Bändigung der drei großen unheimlichen Triebkräfte. Augenlust, Fleischeslust und Hochmut (Äutaritätslosigkett) völlig verzichten auf die Möglichkeit Hab und Gut zm besitzen, das sexuelle Triebleben zu befriedigen und in allem nur den eigenen Willen und der Laune zu folgen. Es i>t ein nicht cmSznrottendes protestantische» Vorurteil, da» auch
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